Durch den klaren Auswärtssieg am Samstag
in Großwallstadt
haben die Zebras die Tabellenführung der TOYOTA Handball-Bundesliga erklommen.
Nun nimmt die Saison mit drei Ligaspielen in 8 Tagen - u.a. gegen die
Spitzenclubs SC Magdeburg und Rhein-Neckar Löwen - richtig Fahrt auf.
Auftaktgegner dieses Dreierpacks ist am Mittwoch in der Ostseehalle GWD Minden,
angepfiffen wird die Partie um 20.15 Uhr. Aktuelle Zwischenstände und
Informationen rund ums Spiel bekommen Sie im Internet zeitnah unter
www.kn-online.de/liveticker.
Trainer Richard Ratka ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden, denn GWD Minden
steht vor seiner wohl schwierigsten Saison. Nicht nur von Handballstar
Stefan Kretzschmar als "Abstiegskandidat Nummer eins" gesehen, kämpfen die
Ostwestfalen um ihre Bundesliga-Existenz.
In der letzten Saison mit einem Heim-Remis gegen den VfL Gummersbach am
vorletzten Spieltag nur knapp dem Abstieg entronnen, wollten die
"Unabsteigbaren" in dieser Spielzeit eigentlich von Beginn an für
klare Verhältnisse sorgen. Allerdings: Während sich die Konkurrenz aus
dem vermutlich unteren Tabellendrittel zum Teil mit namhaften Akteuren
verstärken konnte, lief es für GWD auf dem Spielermarkt nicht wie
gewünscht. Die dänische Liga hatte in Ostwestfalen zwei Wunschkandidaten
ausgemacht. Ärgerlich für GWD, dass es sich bei Dimitri Kouzelev und
Snorri Gudjonsson ausgerechnet um zwei der Leistungsträger handelte,
die fortan für Aarhus GF beziehungsweise GOG Gudme auflaufen werden.
Ein Aderlass, der schwer zu verkraften sein würde, war man sich in
Ostwestfalen der prekären Lage durchaus bewusst. Doch große Sprünge
auf dem Transfermarkt waren ob des mit 2,1 Millionen Euro im
Bundesliga-Vergleich relativ geringen Etats nicht zu machen. "Priorität
hat im nächsten Spieljahr ein ausgeglichener Haushalt", machte Bredemeier
klar, dass bei den Personalplanungen der Blick in den klammen Geldbeutel
die Wünsche des Trainers überstimmen würde. Die letzte Saison hatte ein
200.000 Euro-Loch in die Vereinskassen der Mindener gerissen - und noch
immer drücken den Traditionsklub Altschulden. Zum Abbau dieser wurde
GWD bei der Lizenzerteilung verpflichtet - eine eingefahrene Situation.
 |
|
Der schwedische Kreisläufer Anders Henriksson ist der bislang einzige
"echte" Neuzugang Mindens.
©
GWD |
Und so füllte sich der
GWD-Kader nur mit drei Spielern aus der eigenen
Jugend und dem Kreisläufer Anders Henriksson, der vom Zweitligisten OHV
Aurich den Weg zu Ratka an die Weser fand. Einen Nachfolger für den
abgewanderten Snorri Gudjonsson fand GWD indes nicht. "Der Markt gibt
derzeit nichts her", erklärte Mindens Manager Horst Bredemeier den ob der
ausbleibenden Wechsel-Bestätigungen unruhiger werdenden Fans die Situation.
Und so müssen rund um die Kampa-Halle einmal mehr die jungen deutschen
Nachwuchsspieler die Kohlen aus dem Feuer holen. Die Lücken im Kader
lassen aber das Unternehmen Klassenerhalt zu einem wahren Puzzlespiel
werden. "Im Test gegen Nordhorn ist Rechtsaußen Einar Örn Jonsson
ausgefallen. Moritz Schäpsmeier musste dessen Position dann einnehmen.
Fiete Buschmann rückte zwangsläufig in den rechten Rückraum, fehlte uns
aber in der Mitte." Die taktischen Möglichkeiten der Mindener bei
kurzfristigen Ausfällen oder Schwächeperioden einzelner Spieler sind
begrenzt. Seiner Forderung nach einem gelernten Mittelmann verlieh dieses
Verschiebespiel im ersten Test Nachdruck. "Wir beobachten die Dinge
genau", hofft Ratka noch auf ein Transfer-"Wunder" nach Saisonbeginn,
wohl wissend, dass man kaum mit einem weiteren Neuzugang rechnen kann.
So darf sich der Mindener 13er-Kader kaum Verletzungen leisten, wenn
man mit GWD nicht von vornherein auf verlorenem Posten stehen möchte.
Trotz dieser Probleme verlief die Vorbereitung bei den Ostwestfalen
einigermaßen störungsfrei, wenn man von dem Schreckmoment absieht, in
dem Stephan Just sich eine Kapselverletzung am Daumen zuzog. Gleichwohl
zeigten die Testspiele aber auch, wie eng es für die Ostwestfalen in
dieser Saison werden dürfte. Nur zwei Siege - gegen eine Wilhelmshavener
B-Mannschaft und den TuS N-Lübbecke - gab es gegen Klassenkonkurrenten,
dem gegenüber standen aber auch Niederlagen gegen Bundesliga-Absteiger
Hildesheim. Dabei war ein guter Start in die neue Saison für GWD
eigentlich schon fast ein Muss. "Wir beginnen nicht gegen nahezu
unschlagbare Teams wie Kiel, Flensburg oder Hamburg, wie in den letzten
Jahren, sondern gegen einen direkten Konkurrenten", wollte Ratka gleich
im ersten Spiel sein Team "voll zur Sache gehen" sehen. Schließlich,
so der Trainer, wolle man allen Expertenmeinungen und Unkenrufen zum
Trotz zeigen, "dass wir auch mit dieser Mannschaft konkurrenzfähig
sind." Dieser Plan ging allerdings nicht auf. Mit 22:28 kassierte
Minden am ersten Spieltag eine derbe Pleite beim Wilhelmshavener HV,
die auch gleich das GWD-Hauptproblem schonungslos offen legte: "Stephan
Just hat über Nacht eine Bronchitis bekommen, wodurch er nur bedingt
eingesetzt werden konnte."
 |
Bester Torschütze gegen Gummersbach: Allrounder Stephan Just.
©
GWD |
Am zweiten Spieltag war eben dieser Stephan Just wieder fit und hätte
mit seinen 8 Treffern beim Heimspiel gegen den VfL Gummersbach maßgeblichen
Anteil daran, dass GWD beinahe die erste große Sensation der Saison
geglückt wäre. Vierzehn Minuten vor Schluss führte Minden mit 20:17,
doch letztlich gelang VfL-Kreisläufer Robert Gunnarsson zehn Sekunden
vor Schluss der 24:23-Siegtreffer für die Gäste. Eine bittere Niederlage
für die Ostwestfalen, denn selbst Gummersbachs Trainer
Alfred Gislason
sprach danach von einem unverdienten Sieg. Trotz der zweiten Pleite,
durch die Minden wie fünf weitere Bundesligisten noch ohne Punktgewinn
dasteht (siehe auch
Kurve Minden und
Tabelle), sah Richard Ratka aber, dass
seine Mannschaft zumindest bei Heimspielen mit den großen Teams mithalten
kann: "Wir haben gute Ansätze gezeigt. Außerdem hat sich wieder einmal
gezeigt, dass wir, solange wir unser Konzept nicht verlassen, erfolgreich
spielen."
Dennoch: Fehlende Alternativen, ein junger Kader. Zu beneiden ist Richard Ratka
wirklich nicht. Er sieht es realistisch: "Es wird eine der schwersten
Serien überhaupt für uns. Gibt es auch nur eine einzige Verletzung,
dann wird es richtig eng."
In der Ostseehalle wird es GWD indes auch mit allen Spielern an Bord
schwer haben, seine ersten Saisonpunkte zu ergattern. Den letzten Sieg in
Kiel feierte die damals noch unter dem Namen "Grün-Weiß Dankersen" firmierende
Mannschaft vor fast 24 Jahren, seitdem gab es größtenteils deutliche
Niederlagen an der Förde. In der vergangenen Saison aber hielt Minden beim
29:36 durch 24 Treffer des Trios Just/Kouzelev/Niemeyer
immerhin lange Zeit mit dem späteren Meister mit. Und insgeheim
keimt in Ostwestfalen die Hoffnung, dem großen THW Kiel noch einmal
ein Bein zu stellen - so wie in der Saison 2005/06, als GWD im
ersten Spiel nach der EM-Pause in eigener Halle sensationell mit
32:30 gewinnen konnte (siehe auch
Gegnerdaten Minden).
Die Schiedsrichter am Mittwoch sind
Christoph Immel (Tönisvorst) und Roland Klein (Ratingen).
(Christian Robohm / Sascha Krokowski)
Lesen Sie bitte auch
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Aus dem offiziellen THW-Magazin "zebra", von living sports:
Zebra-Interview mit Arne Niemeyer: "Ich denke, wir sind gut auf die neue Saison vorbereitet."
 |
Torgarant im Rückraum: Arne Niemeyer.
|
Arne Niemeyer ist eine der Stützen von GWD Minden. Seit knapp zehn
Jahren spielt er im Dress der Grün-Weißen und fühlt sich im Trikot
der Weser-Städter noch immer wohl. Im Gespräch mit Zebra äußert
sich der 25-jährige Rückraumspieler unter anderem zu den Chancen
deutscher Nachwuchsspieler in Bundesliga und die verschiedene
Konzepte der Spielerförderung.
- Zebra:
-
Wie war die Vorbereitung zur neuen Saison?
- Arne Niemeyer:
-
Die Vorbereitung war wie immer hart, aber es ist
gut gelaufen. Ich denke, wir sind gut auf die neue
Saison vorbereitet.
- Zebra:
-
Im Mindener Kader stehen viele junge deutsche Spieler.
Woran liegt das?
- Arne Niemeyer:
-
Das Konzept von GWD beruht stark auf der Jugendarbeit.
Der Verein kann sich keine namhaften Spieler, ob Ausländer
oder Deutscher, leisten und holt deshalb Verstärkung
aus dem eigenen Verein. Das ist wohl ein Unikum in der
Liga, dass so viele Eigengewächse in einer Mannschaft spielen.
- Zebra:
-
Sie spielen bereits sehr lange in Minden...
- Arne Niemeyer:
-
Ich habe schon in der Jugend bei GWD gespielt, komme
aus der Region und fühle mich hier sehr wohl.
- Zebra:
-
Viele Vereine nutzen das Zweitspielrecht, um jungen
Handballern Spielpraxis zu ermöglichen. Ist das der
richtige Weg, um wieder mehr deutsche Spieler in die
Liga zu bekommen?
- Arne Niemeyer:
-
Man muss da eine gute Mischung finden. Bei einem Verein wie GWD
spielen allein aus finanzieller Sicht schon viele junge deutsche
Nachwuchsspieler. Eine Kooperation von einem Bundesligisten mit
einem Zweitligaverein wie es der THW Kiel mit dem TSV Altenholz
betreibt, halte ich für sehr gut. Ich habe auch eine zeitlang
ein Zweitspielrecht gehabt und neben GWD Minden auch noch in
Bielefeld gespielt. Spielpraxis ist wichtig. Nur auf der Bank
zu sitzen und mitzutrainieren bringt nichts.
- Zebra:
-
Können Sie den Ärger von Heiner Brand nachvollziehen, wenn er
sich über mangelnde Alternativen für die Nationalmannschaft
beschwert?
- Arne Niemeyer:
-
Das ist schwer zu beantworten. Solche Sachen sind meist Momentaufnahmen.
Es kommen vielleicht zwei, drei Verletzungen auf einmal und da
werden die Alternativen dann natürlich knapp. Aber das ist bei
den Deutschen sicher nicht anders als bei anderen Ländern. Ich
denke, dass genug Potenzial in Deutschland vorhanden ist und
sehe die Zukunft eher positiv.
- Zebra:
-
Sie haben vor ein paar Jahren selbst ihre ersten Spiele in der
Nationalmannschaft absolviert, standen zuletzt aber nicht mehr
im DHB-Kader. Wie sehen Sie Ihre Chancen auf eine Rückkehr in
das Team von Heiner Brand?
- Arne Niemeyer:
-
Darüber mache ich mir im Moment überhaupt keine Gedanken. Ich
hatte in der vergangenen Saison eine schwere Verletzung, die mich
sehr zurückgeworfen hat. Ich bin jetzt wieder auf dem Niveau
angelangt, auf dem ich vor der Verletzung war und muss meine
Leistungen bringen. Wenn ich es schaffe, wieder in den
Nationalmannschaftskader zu kommen, wäre es super und ich würde
mich freuen, aber auf meiner Position ist das sehr schwer.
- Zebra:
-
Kommen wir zum heutigen Spiel. Mit was für Ambitionen kommen
Sie nach Kiel?
- Arne Niemeyer:
-
Es ist der Traum eines jeden Handballers, einmal in Kiel zu
spielen. Auf die Kulisse und die Atmosphäre freut man sich
immer. Das Spiel gegen den THW Kiel soll Spaß machen und man
muss versuchen, das zu genießen. Vielleicht kann man die Kieler
etwas ärgern, aber die Chancen stehen bei weniger als 0,1
Prozent. Wir werden versuchen, uns gut aus der Affäre zu ziehen.
(Das Gespräch führte Rika Finck, aus dem offiziellen THW-Magazin "zebra", von living sports)
Aus den Kieler Nachrichten vom 04.09.2007:
Ratka: "Wir haben in Kiel keine Chance"
Minden gibt sich vor dem Gastspiel beim THW Kiel keinen Illusionen hin
Minden - Morgen Abend geht in der Ostseehalle wieder das Licht
an. Ab 20.15 Uhr spielen dann der THW Kiel und GWD Minden um
Punkte in der Handball-Bundesliga. Unterschiedlicher hätten die
Traditionsklubs nicht in die neue Saison starten können. Während
die "Zebras" nach deutlichen Siegen gegen Melsungen (39:28)
und Großwallstadt (40:26) bereits
wieder an der Tabellenspitze stehen, hat sich der Deutsche Meister
der Jahre 1971 und 1977 erneut im Keller eingerichtet.
In der vergangenen Saison rettete sich GWD Minden (18:50
Punkte) nur mit einem hauchdünnen Vorsprung auf Absteiger
HSG Düsseldorf (17:51) über die Ziellinie. Die neue Saison begann
der Klub, der im Stadtteil Dankersen seine Wurzeln hat, mit
Niederlagen gegen Wilhelmshaven (22:28) und Gummersbach
(23:24) - Platz 15.
Doch gerade gegen den zwölffachen Meister zeigte die junge
GWD-Truppe am vergangenen Sonnabend ihr Potential. Dank
einer starken Abwehrleistung lag sie sogar mit 20:17 (46.) in Führung,
um in den letzten Sekunden durch einen Treffer von VfL-Kreisläufer
Robert Gunnarsson noch beide Punkte zu verlieren.
Eine unglückliche Niederlage, die sogar Gäste-Trainer Alfred Gislason
("diesen Sieg hatten wir nicht verdient") peinlich war.
Fehlende Routine bescheinigte Ratka anschließend seinem Talentschuppen,
in dem neun Spieler aus dem eigenen Nachwuchs
stammen. "In den entscheidenden Szenen fehlte uns die Cleverness.
Da haben einige zu überhastet reagiert", sagt der 71-fache Nationalspieler.
Einziger Neuzugang ist der Schwede Anders Henriksson. Der
Kreisläufer kam vom Zweitligisten OHV Aurich. Georg Auerswald,
Simon Witte (eigene Jugend) und Benjamin Göller (II.
Mannschaft) qualifizierten sich vereinsintern für den Ligakader.
"Uns sind aus finanzieller Sicht enge Grenzen gesteckt", sagt Ratka,
der mit Sorgen in die Zukunft blickt. "Inzwischen ist es sogar
für den VfL Gummersbach und den SC Magdeburg schwierig geworden,
Verstärkungen zu finden." Finanzstarke Vereine wie
der HSV Hamburg und die Rhein-Neckar Löwen hätten den Kuchen
auf dem Transfermarkt inzwischen deutlich verkleinert.
"Die Spieler werden wie in einem Trichter nach oben gezogen.
Für uns bleibt nichts mehr übrig", sagt der 43-Jährige, der
mit einem Spar-Etat von zwei Millionen Euro arbeiten
muss und deshalb auch die Pläne von Heiner Brand mit
Skepsis betrachtet. Angesichts der vielen Planstellen,
die in der Liga an Ausländer vergeben werden, wünscht
sich der Bundestrainer eine verbindliche Mindestanzahl
deutscher Spieler im Kader jedes Erstligisten. "Um diese
Quote zu erfüllen, würden die anderen Klubs uns auch
noch unsere Talente abkaufen", sagt Ratka, der sich vor
dem Gastspiel in der Ostseehalle als Realist gibt. "Auf
dem Papier steht zwar, dass wir in der gleichen Liga spielen.
Aber auf dem Feld sieht die Welt ganz anders aus. Wir
haben keine Chance, das steht fest."
Die Zahlen sprechen eine ähnliche Sprache. Im Dezember
1983 siegten die Ostwestfalen zuletzt (14:12) in
Kiel. THW-Trainer war damals Johann-Ingi Gunnarsson,
der Linksaußen hieß Uwe Schwenker.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 04.09.2007)
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
THW Kiel - GWD Minden:
Das Tippspiel ist nicht mehr verfügbar.
Mittippen!
Radio- und Internet-Tips: