16./17.03.2008 - Letzte Aktualisierung: 17.03.2008 | Bundesliga |
Update #2 | Spielbericht der KN, weitere Stimmen, Fotos und Spielbericht ergänzt... |
Tolle Stimmung in der ausverkauften Porsche-Arena in Stuttgart. |
Chi-Hyo Cho erzielte die ersten sechs Treffer für Balingen. |
Denn Balingen fand nun ins Spiel. Oftmals mit zwei Kreisläufern sowie mit Brack und Strobel gleich beiden Mittelmännern agierte der Gastgeber im Angriff. Die beiden torgefährlichen Rückraumspieler konnten sich allerdings noch nicht richtig in Szene setzen, mussten sie aber auch nicht, da Chi-Hyo Cho auf der rechten Seite das Spiel an sich riss. Der 37-jährige Südkoreaner nutzte seine Freiheiten, glich zunächst wieder aus und brachte Balingen im Alleingang nach 12 Minuten sogar erstmals in Führung - Cho 6, Kiel 5.
Der THW scheiterte beim Strafwurf gegen Christian Ramota insgesamt sechs Mal. Hier tritt Henrik Lundström an. |
Auf die Tore des Linkshänders waren die Gastgeber aber mittlerweile gar nicht mehr angewiesen, denn die beiden Jungnationalspieler Martin Strobel und Stefan Kneer fanden nun langsam besser ins Spiel, konnte den Kieler Mittelblock nun endlich überwinden. In diesem stand neben Nikola Karabatic mittlerweile Marcus Ahlm, nachdem Filip Jicha sich am Knöchel verletzte und dieser getapet werden musste.
Kim Andersson erzielte fünf Treffer. |
Nikola Karabatic drehte in der zweiten Halbzeit auf. |
Und die Hoffnungen des HBW und seiner Fans wurden nach Wiederanpfiff gleich noch viel größer: Stefan Kneer bezwang Thierry Omeyer zweimal und schaffte den Ausgleich, Bürkle brachte nach tollen Anspiel von Cho sogar die 19:18-Führung für Balingen. Analog zum ersten Durchgang schafften die Kieler zwar nun wieder postwendende Ausgleichstreffer, doch scheiterten sie auch wieder mit Strafwürfen an Ramota - diesmal Lundström und Szilagyi. Die Partie war nun aber kampfbetonter, Balingen kämpfte um jeden Zentimeter und schien bei Abprallern auch wacher zu sein als die Zebras. Symptomatisch eine Szene in der 38. Minute, als der THW in der Abwehr in Ballbesitz kam, Kneer aber Dominik Klein den Ball abluchsen konnte, auf den sich dann gleichzeitig die mitgelaufenen Strobel und Kavticnik warfen - Ergebnis: Ballbesitz für Balingen.
Serdarusic und sein Team beim frühen Time-Out in der zweiten Halbzeit: "Wir können hier die Meisterschaft verspielen!" |
Auch Thierry Omeyer steigerte sich im zweiten Durchgang. |
HBW-Trainer Dr. Rolf Brack nahm nun seine Auszeit, um den Rückstand in den letzten Spielminuten nicht noch anwachsen zu lassen. In den nächsten Angriffen wechselte er für Christian Ramota mit Martin Strobel einen siebten Felspieler ein, dessen Bruder konnte am Kreis dann endlich die achtminütige Torflaute beenden. Zur weiteren Ergebniskosmetik kam es dann aber nicht mehr, die Zebras brachten die Führung in der Schlussphase routiniert nach Hause und verteidigten damit den einen Zähler Vorsprung auf Flensburg.
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Wir freuen uns, dass wir hier gewonnen haben, aber ich sehe es sicherlich nicht falsch, wenn ich sage, dass wir ein hässliches Handballspiel gesehen haben. Auch wir haben dazu beigetragen. Wir haben versucht zu gewinnen, ohne uns groß anzustrengen. Ab der 40. Minute haben wir dann begriffen, dass wir das Spiel auch verlieren können. Dann haben wir einen Zahn zugelegt und in der Abwehr besser gespielt.Ich möchte mich bei Daniel, dem Sohn von Rolf Brack bedanken - er hat zwölf Versuche gebraucht, um sein erstes Tor zu werfen. Das hat uns sehr geholfen.
Wir haben ein Spiel gesehen, wo 60 Minuten gefightet wurde. Wir lagen sogar noch am Anfang der zweiten Halbzeit in Führung, aber der Substanzverlust war sehr hoch. Mit der zweiten und dritten Welle war ich nicht zufrieden und unser Rückzugsverhalten hätte von Anfang an besser sein müssen. Außerdem sind drei Kontertore gegen Kiel einfach zu wenig. Es war ein offener Schlagabtausch.
Es war ein Highlight für uns hier zu spielen. Ich habe in vielen Augen Glanz gesehen. Wir haben lange Zeit mitgehalten, aber der THW hat eine größere Qualität und eine höhere Substanz.
In der Halbzeitpause hatten wir die Köpfe unten. Unser Trainer hat uns dann im ungewöhnlich frühen Timeout in der zweiten Halbzeit gesagt, dass wir hier die Meisterschaft verspielen können, wenn wir nicht konzentriert arbeiten und die richtige Einstellung zeigen.Wir haben in der ersten Halbzeit fünf Siebenmeter vergeben, auch einige freie verworfen. Wir mussten gegen die aggressive Deckung der Balinger den Ball viel mehr laufen lassen.
[Frage: Wenn Sie zwei Tore in Rückstand gegangen wären, hätten Sie das Spiel noch kippen können?]
Ich habe in meinen eineinhalb Jahren in Kiel gelernt, dass der THW immer noch ein Spiel drehen kann.
Wolfgang Strobel im HBL.TV-Interview. |
Wir haben heute ein sehr gutes Spiel gezeigt und dem THW alles abverlangt. Damit hatten sie sicherlich nicht gerechnet, leider hat es trotzdem nicht zu mehr gereicht. Wir waren heute eindeutig zu oft in Unterzahl. Gegen solch eine Weltklasse-Mannschaft reicht es dann nicht.[Frage: Hätte der vergebene Konter von Daniel Sauer die Vorentscheidung für Sie sein können?]
Nein, keine Schuldzuweisung an ihn, auch dann wäre es bis zum Ende eng geblieben.[Frage: Warum haben Sie Ahlm nie in den Griff bekommen?]
Durch unsere offensive Deckung wollten wir die Rückraumspieler des THW in den Griff bekommen und hofften, dass wir Ahlm so in den Griff kriegen. Aber das war leider nicht der Fall.
Wir wussten, dass Balingen eine enorme kämpferische Einstellung zeigen würde, sie haben gekämpft ohne Ende und wir haben uns ein wenig schwer getan, weil Balingen unseren Angriff zerrissen hat. Wir wussten, dass Balingen hart spielen würde, damit war zu rechnen. Ein schönes Spiel war es sicher nicht.[Zu seiner Verletzung:]
Ich bin leicht umgeknickt, aber vom Gefühl her ist alles in Ordnung.[Frage: Gibt es einen CL-Wunschgegner?]
Dazu will ich eigentlich nichts sagen. Natürlich wäre es schön, gegen ein ausländisches Team zu spielen, aber wenn es dann der HSV oder möglicherweise Gummersbach, wenn sie es denn schaffen, wird, ist es auch ok.
Da spielen die Weltbesten in einer Weltauswahl zusammen, das ist nicht einfach. Beim 22:21 habe ich leichtfertig den Konter vergeben, sonst wäre vielleicht mehr drin gewesen.In der ersten Halbzeit hatten wir vom Positionsangriff aus nur fünf Tore, und beim Rückzug hätten wir schneller sein müssen, denn was der THW beim Konter spielt, ist schon Weltklasse.
Ich weiß nicht, ob das Spiel der Balinger etwas mit Handball zu tun hat. In der Abwehr haben sie brutal zugeschlagen und hätten deutlich mehr Strafzeiten bekommen müssen. Vor allem Sauer und Wolfgang Strobel sind keine Handballer, das sind reine Kämpfer. Anfangs haben wir das Spiel wohl zu leicht genommen.
Wir hatten uns vorgenommen, insgesamt nur 15 Tore der Kieler zulassen. Aber wir haben schon in der ersten Halbzeit 13 Kontertore bekommen. Das war zu viel. Wir haben uns eine ganze Woche damit beschäftigt, eine Taktik auszutüfteln, um diese Kieler zu stoppen. Aber das war leider vergeblich. Am Ende waren wir einfach zu müde.
Ich habe mir meinen Wechsel nach Balingen sehr gut überlegt und bin bestätigt worden. Diese Mannschaft hat das Potenzial für größere Aufgaben. Deshalb werde ich hier wohl auch noch zwei Jahre länger bleiben.
Aus den Kieler Nachrichten vom 17.03.2008:
HBW-Trainer Rolf Brack hatte vor dem Spiel das "Wunder von Stuttgart" beschworen, der Hallensprecher den "Geist von Cottbus" aus der Flasche geholt. Tags zuvor hatte der Tabellenletzte der Fußball-Bundesliga den FC Bayern München besiegt. Und die Balinger wollten dieses Kunststück wiederholen. Für den THW Kiel hatten sie ihre Schwäbische Alb verlassen, um in der nagelneuen Porsche-Arena zu spielen. Doch wer glaubte, die Badener hätten damit ihren Heimvorteil aufgegeben, der irrte. Mit Bussen hatten sie ihre Fans aus dem 80 Kilometer entfernten Balingen nach Stuttgart transportiert, und der Aufwand lohnte sich. Mit stehenden Ovationen verabschiedete die Fans ihr Team zur Pause in die Kabine - es stand ja nur 16:18.
Mit sechs Deutschen und dem Südkoreaner Chi-Hyo Cho boten sie den "Zebras" die Stirn. Vor allem Cho war nicht zu halten. Der Linkshänder warf die ersten sechs Tore für die Hausherren. Erst als Dominik Klein den 168-fachen Nationalspieler in Manndeckung nahm, fanden die koreanischen Festspiele ein Ende. Insgesamt wirkte die THW-Deckung um Thierry Omeyer aber nicht auf der Höhe des Geschehens. Zudem musste Filip Jicha, der in der 13. Minute umgeknickt war, das Feld vorzeitig räumen.
Gut für den Rekordmeister, dass auf das flotte Angriffsspiel Verlass war. Bejubelten die Brack-Schützlinge noch einen Treffer, zappelte der Ball schon wieder in ihrem Netz. Die Kieler wollten mit ihrer Schnelligkeit auch den Schlägen der Balinger aus dem Weg gehen. Mit einem zuverlässigen Siebenmeterschützen hätten sie die Partie schon im ersten Durchgang entscheiden können. Doch gestern setzte sich eine unglaubliche Strafwurf-Bilanz fort. Die Erben von Nikolaj Jacobsen und Johan Petersson nutzten von zehn Versuchen nur vier. Zunächst verwarfen Nikola Karabatic, Stefan Lövgren und Vid Kavticnik. Christian Ramota wurde als Held gefeiert, doch diese Bälle hätte auch eine Schaufensterpuppe gehalten, was der Ex-Nationaltorhüter anders sah: "Das ist völliger Schwachsinn. Ich habe mich auf jeden Wurf gut vorbereitet."
In seiner Not wechselte Noka Serdarusic, dessen Gestik aufgrund seiner schweren Rippenprellung sparsam ausfiel, für die Strafwürfe Henrik Lundström ein. Der Schwede setzte den ersten an die Latte, traf mit dem zweiten und scheiterte mit dem dritten direkt nach Wiederanpfiff. 21:20 führten die Balinger, als dem THW der siebte Siebenmeter zugesprochen wurde. Diesmal sollte Viktor Szilagyi, der das unschöne Ringen bis dato im Pullover verfolgt hatte, werfen. Doch dem Österreicher rutschte der Ball aus der Hand, und Ramota wurde endgültig zum "Siebenmeter- Killer".
Den einfachen Weg zum Erfolg hatten sich die Kieler verbaut, also mussten sie sich über den Kampf ins Ziel quälen. In der 40. Minute wachten sie endlich auf. Sie bauten einen Riegel um den Torkreis auf, Omeyer fand zu gewohnter Form, Karabatic nahm das Heft in die Hand, und die Balinger, denen nur noch vier Tore gelingen sollten, ließen die Flügel hängen. Ein Arbeitssieg. Aber auch für den gab es zwei Punkte.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 17.03.2008)
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