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22./23.10.2010 - Letzte Aktualisierung: 23.10.2010 Bundesliga

THW deklassiert Aufsteiger HSG Ahlen-Hamm

Bundesliga, 9. Spieltag: 22.10.2010, Fr., 19.45: HSG Ahlen-Hamm - THW Kiel: 23:36 (7:21)
Update #3 KN-Spielbericht, Fotos, Spielbericht und Stimmen ergänzt ...

Momir Ilic trumpfte in Hamm groß auf und erzählte 10/3 Treffer.
Klicken Sie zum Vergrößern! Momir Ilic trumpfte in Hamm groß auf und erzählte 10/3 Treffer.
Mit einem deutlichen Kantersieg hat der THW Kiel seine Tabellenführung in der TOYOTA Handball-Bundesliga untermauert. Am Freitagabend gewannen die "Zebras" beim überforderten Aufsteiger HSG Ahlen-Hamm nach einer grandiosen ersten Halbzeit mit 36:23 (21:7). Bester Torschütze bei den Kielern war Momir Ilic mit 10/3 Treffern, bei den Westfalen war Spielmacher Chen Pomeranz achtmal erfolgreich.
Nach dem müh- und glanzlosen 32:27-Erfolg am Mittwoch beim DHC Rheinland wollten die Kieler im zweiten Pflichtspiel binnen 48 Stunden erneut schnell für klare Verhältnisse sorgen. Bei Aufsteiger HSG Ahlen-Hamm, am Mittwoch überraschend bei Zweitligist Dessau-Roßlauer HV aus dem Pokal geflogen, standen die Chancen dafür ziemlich gut, denn in die lange Verletztenliste der Westfalen mit Frank Schumann, Einar Holmgeirsson, Jiri Hynek und Tomas Mrkva reihte sich nun auch noch Torhüter Martin Ziemer mit einer Fußverletzung ein. Für ihn rückte Carsten Schröder aus der Oberliga-Mannschaft des ASV Hamm ins Team, nahm aber erst einmal auf der Bank Platz.

Marcus Ahlm hatte nach fünf Treffern in den ersten zwanzig Minuten bereits Feierabend.
Klicken Sie zum Vergrößern! Marcus Ahlm hatte nach fünf Treffern in den ersten zwanzig Minuten bereits Feierabend.
Alfred Gislason begann ohne den zuletzt stark auftrumpfenden Aron Palmarsson, der sich im Abschlusstraining eine leichte Zerrung zugezogen hatte und nur im Notfall eingesetzt werden sollte. Filip Jicha bekleidete stattdessen zunächst die Spielmacher-Position, Momir Ilic startete auf der Königsposition daneben. Und Jicha war es auch, der nach zwei Minuten den ersten Treffer erzielte und auch das zweite THW-Tor nachlegte. Die HSG Ahlen-Hamm glich aber durch einen Schlagwurf Hocks und einen Treffer von Kreisläufer Clößner zum 2:2 aus, die 2.500 Zuschauer in der seit Wochen ausverkauften Maxipark-Arena in Hamm erhoben sich bereits jetzt begeistert von ihren Sitzen.

Doch die Konzentration bei den Gastgeber ließ alsbald ein wenig nach, im Angriff fanden sie nur selten Mittel gegen die sattelfeste Kieler 6:0-Abwehr. Nach dem 3:2 durch Christian Zeitz
Chen Pomeranz versucht, an Christian Zeitz vorbeizukommen. Der Israeli trumpfte erst in der zweiten Halbzeit auf.
Klicken Sie zum Vergrößern! Chen Pomeranz versucht, an Christian Zeitz vorbeizukommen. Der Israeli trumpfte erst in der zweiten Halbzeit auf.
trafen die "Zebras" nach Ballgewinnen in der Abwehr durch Gegenstöße von Jicha und Sprenger schnell zum 5:2. Rückraumspieler Marcus Hock ließ die HSG mit seinem zweiten Tor zum 3:5 noch einmal hoffen, doch dann lief gar nichts mehr zusammen bei den Westfalen. Der THW zeigte jetzt höchste Spielkultur in seinen Angriffen, erhöhte durch zweimal Ahlm, einmal Jicha und einen Gegenstoß Sprengers nach weitem Omeyer-Pass auf 9:3. HSG-Trainer Jens Pfänder sah sich bereits nach neuneinhalb Minuten gezwungen, seine Auszeit zu nehmen, brachte mit Maik Machulla für Chen Pomeranz einen neuen Spielmacher. Doch dessen erster Schlagwurf war ein gefundenes Fressen für Thierry Omeyer, und der THW zog nach zwei weiteren Treffern Ahlms nach jeweils schönem Anspiel Ilics und einen Schlagwurf von Zeitz gar auf 12:3 davon. Erst danach konnte Marcus Hock die achtminütige Torflaute seiner Mannschaft beenden, leitete damit aber weitere zehn Minuten ohne Gastgebertor ein. Die Westfalen waren dem Rekordmeister in den ersten 30 Minuten in allen Belangen unterlegen, hatten zudem mit insgesamt sieben (!) Aluminiumtreffern der Rückraumachse Hock/Pomeranz/Schröder bis zur Pausensirene sehr viel Pech.

Frust auf der Bank des Gastgebers.
Klicken Sie zum Vergrößern! Frust auf der Bank des Gastgebers.
Der THW Kiel kannte kein Pardon mit dem Aufsteiger und baute seinen Vorsprung weiter konsequent bis auf 17:4 (24.) aus - bei diesem Treffer des immer mehr aufdrehenden Ilics rutschte dessen glücklosem Landsmann Srdjan Djordjevic der Ball am kurzen Pfosten durch, ohne eine einzige Parade ließ er sich nun entnervt durch Carsten Schröder auswechseln. Mittlerweile durften Marcus Ahlm nach fünf Treffern in zwanzig Minuten und Christian Sprenger bereits Feierabend machen, es kamen Dragicevic und Reichmann in die Partie. Die Zuschauer wurden langsam ungeduldig und skandierten nach einem etwas uninspirierten Fehlwurf Pomeranz' erstmals "Wir wollen euch kämpfen sehen". Diese Aufforderung schien zumindest ein wenig zu fruchten: Linksaußen Andreas Simon schaffte den fünften Treffer und auch Chen Pomeranz lief langsam warm und traf bis zum Seitenwechsel noch zweimal. Dennoch behielt der THW das Heft in der Hand: Daniel Kubes fing einen Abwurf Schröders ab und erzielte per Gegenstoß das zwischenzeitliche 19:6, nach einem Treffer Dragicevics ging es schließlich mit einem mehr als deutlichen 21:7 für Schwarz-weiß in die Kabinen.

Andreas Palicka zeigte tolle Paraden im zweiten Durchgang - gegen die Strafwürfe von Chen Pomeranz war er aber machtlos.
Klicken Sie zum Vergrößern! Andreas Palicka zeigte tolle Paraden im zweiten Durchgang - gegen die Strafwürfe von Chen Pomeranz war er aber machtlos.
Nun hatte auch Thierry Omeyer Feierabend, Andreas Palicka und Jerome Fernandez rückten ins Team. Doch man merkte den Gastgebern an, dass sie sich trotz rücksichtslosen Rückstands noch einiges für die zweiten 30 Minuten vorgenommen hatten. Besonders der 21-jährige Linkshänder Lars Gudat blühte nun auf, traf nach Gegenstößen und auch aus dem Rückraum. Auf Seiten des THW war es anfangs in erster Linie Christian Zeitz zu verdanken, dass der Vorsprung der Kieler nicht dahinschmolz wie noch am Mittwoch in Dormagen: Vier der ersten fünf THW-Treffer nach dem Seitenwechsel setzte der Linkshänder und glänzte auch mit zwei Ballgewinnen in der Abwehr. Mittlerweile durfte auch Filip Jicha auf der Bank Platz nehmen, für ihn ließ Alfred Gislason nun Momir Ilic das Spiel führen. Dies tat der Serbe in beeindruckender Form, glänzte mit weiteren tollen Anspielen und vor allem gut gesetzten Würfen. Dass der Vorsprung der Kieler dennoch nicht weiter anwuchs, hatte zum einen mit der nicht mehr ganz so konsequenten Abwehrarbeit der Kieler, zum anderen aber auch mit den mutiger agierenden Westfalen zu tun, bei denen der immer stärker werdende Chen Pomeranz nicht nur glänzend Regie führte, sondern auch die herausgeholten Siebenmeter verwandelte und gar einen von Gudat eingeleiteten Kempatrick zum zwischenzeitlichen 19:31 abschloss. So waren letztlich auch die HSG-Fans mit ihrer Mannschaft wieder versöhnt, die letzten Spielminuten gab es daher trotz zweistelligen Rückstands Standing Ovations für den Aufsteiger. Das letzte Ausrufezeichen einer höchst unterhaltsamen, wenn auch nicht spannenden Partie setzte der gute Andreas Palicka mit einer Parade gegen den auf ihn zurasenden Thomas Rycharski, der zehn Minuten zuvor auf Forderung der Zuschauer von Jens Pfänder eingewechselt wurde.

Der Spielerkreis des THW - zufrieden nach einer starken Leistung in Hamm.
Klicken Sie zum Vergrößern! Der Spielerkreis des THW - zufrieden nach einer starken Leistung in Hamm.
Die ersten Mammutwochen der Saison für den THW Kiel mit 13 Partien binnen 41 Tagen sind geschafft. Die Bilanz dieser Zeit von elf Siegen, einem Unentschieden gegen Barcelona und nur einer Niederlage in Berlin kann sich durchaus sehen lassen und unterstreicht die Vorgabe zu Saisonbeginn, dass der Rekordmeister wieder in allen drei Wettbewerben nach dem Titel greifen will. "Erst" am Dienstag, den 2. November steht das nächste Pflichtspiel für die Mannschaft von Alfred Gislason auf dem Plan, wenn man in der Bundesliga bei Altmeister TV Großwallstadt zu Gast ist. Für die Hälfte der Spieler in Reihen des THW bedeuten diese elf Tage aber alles andere als Urlaub, denn Dominik Klein Christian Sprenger, Filip Jicha, Daniel Kubes und Aron Palmarsson kämpfen in ihren Nationalteams um wichtige Punkte in den Qualifikationsgruppen zur Handball-Europameisterschaft 2012. Auch Momir Ilic, der für einen Lehrgang des EM-Gastgebers Serbien nominiert wurde, sowie Thierry Omeyer und Jerome Fernandez, die mit der bereits als Titelverteidiger qualifizierten "Equipe Tricolore" in zwei Testspielen auf Tunesien treffen, werden unterwegs sein.

(Sascha Krokowski)

 

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Ein Riesen-Kompliment an meine Mannschaft. Wir haben gesehen, wie schwer es hier ist, besonders gegen Spitzenmannschaften gingen die Spiele alle sehr eng aus. Wir haben überragend in Angriff und Abwehr gespielt. Vorgestern haben wir gespielt und heute alles gegeben. Hamm hat Probleme im Innenblock, das wussten wir und haben es in der ersten Halbzeit gut genutzt. Aron Palmarsson hat heute nicht gespielt, da er sich heute morgen beim Training eine leichte Zerrung zugezogen hat.
HSG-Trainer Jens Pfänder:
Glückwunsch an Kiel. Nach den vielen Pfostentreffern waren wir geknickt, aber mit zunehmender Spieldauer wurden wir besser. Allerdings hat Kiel dieses Spiel gnadenlos durchgezogen. Die körperliche Präsenz des THW ist beeindruckend. In der zweiten Halbzeit haben wir das Herz in beide Hände genommen. Das war positiv für die Mannschaft. Wir hoffen gegen Wetzlar einen Befreiungsschlag machen zu können.
THW-Geschäftsführer Uli Derad:
Kompliment an die Mannschaft. Sie hat in den letzten Tagen in Celje, Dormagen und hier mit einer Deutlichkeit gespielt. Ich bin begeistert von der Unterstützung der Fans für ihre Mannschaft hier. Das ist Handball pur.

9. Spieltag: 22.10.10, Fr., 19.45: HSG Ahlen-Hamm - THW Kiel: 23:36 (7:21)

Logo HSG Ahlen-Hamm:
C. Schröder (25.-30., keine Parade), Djordjevic (1.-25., 31.-60., 6 Paraden); Rycharski, Clößner (1), Machulla, Simon (2), Wiegers (3), Schmetz, M. Schröder (1), Hock (4), Gudat (4), Göde, Pomeranz (8/3), Lammers; Trainer: Pfänder
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-30., 7 Paraden), Palicka (31.-60., 10 Paraden); Lundström (n.e.), Dragicevic (2), Sprenger (2), Ahlm (5), Kubes (1), Reichmann (1), Zeitz (6), Palmarsson (n.e.), Ilic (10/3), Klein (2), Jicha (5), Fernandez (2); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Colin Hartmann / Stefan Schneider
Zeitstrafen:
HSG: 4 (Göde (20.), Schmetz (21.), Lammers (37.), Clößner (56.));
THW: 2 (2x Kubes (46., 53.))
Siebenmeter:
HSG: 3/3;
THW: 4/3 (Ilic gegen C. Schröder an die Latte (25.))
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 1:1, 1:2, 2:2 (5.), 2:5, 3:5 (7.), 3:12 (15.), 4:12, 4:17 (24.), 5:17, 5:18, 6:18, 6:19, 7:19, 7:21;
2. Hz.: 8:21, 8:22, 9:22, 9:23, 10:23, 10:24 (35.), 12:24, 12:25, 14:25 (42.), 14:26, 15:26, 15:28, 16:28, 16:29, 17:29, 17:30 (47.), 18:30, 18:31, 19:31, 19:32, 20:32 (53.), 21:33, 21:36, 23:36.
Zuschauer:
2.500 (ausverkauft) (Maxipark-Arena, Hamm)
Spielgrafik:
Spielgrafik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 23.10.2010:

"Zebras" rasierten den Aufsteiger

Spaziergang zum 36:23 bei Ahlen-Hamm
Hamm. Ein bitterer Abend für die HSG Ahlen-Hamm. Der Aufsteiger hatte sich auf das erste Pflichtspiel gegen Handballmeister THW Kiel riesig gefreut, die 2500 Zuschauer fassende Maxipark-Arena war ausverkauft, die Fans bester Laune. Und dann rasierten die "Zebras" den Tabellenvorletzten beim 36:23 (21:7)-Sieg nach allen Regeln der Kunst.

Schon vor dem Anpfiff rollte die La-Ola-Welle durch die schmucke Halle, wer einen Sitzplatz erworben hatte, verzichtete in den ersten Minuten darauf, ihn zu nutzen. Erstaunlich, war das Team von Jens Pfänder ("das war heute Kaninchen und Schlange") nach einem katastrophalen Saisonstart mit 1:15 Punkten doch zwei Tage zuvor auch noch beim Zweitligisten Dessau-Roßlauer HV (28:32) aus dem Pokal geflogen. Aber die HSG-Fans wollten zumindest eine Mannschaft sehen, die sich wehrt. Lange vergeblich. Selten durfte Kreisläufer Marcus Ahlm seinen Job so ungehindert verrichten. Selten Filip Jicha, der vier der ersten sieben THW-Tore verbuchte, so ungestört werfen.

Sicher, den Westfalen fehlten verletzungsbedingt Schlüsselspieler. In der Deckung die Spezialisten Frank Schumann und Jiri Hynek. Im Tor die Stammkräfte Tomas Mrkva und Martin Ziemer. So war Pfänder gezwungen, Carsten Schröder aus dem Oberliga-Team zu berufen. Sicher, Marcus Hock & Co. scheiterten allein in der ersten Hälfte siebenmal an der Umrandung des Kieler Tores. Als Erklärungen für eine lange blutleere Vorstellung können diese Faktoren aber nicht dienen.

Eine intakte Mannschaft tritt anders auf. Eine zerrissene Truppe? Das wollte Mario Clößner nicht bestätigen. "Wir sind nach den vielen Niederlagen total verunsichert, das Pokal-Aus war für uns ja nur die Spitze des Eisberges." Der Kreisläufer erkannte einen "Drei-Klassen-Unterschied" und bedankte sich artig bei den Fans. "Unglaublich. Die feiern uns, obwohl wir so auf die Nüsse bekommen."

Auch die Köpfe der Hausherren bewegten sich gestern zu langsam. Bestes Beispiel war die 10. Minute, als Thierry Omeyer mit einem langen Pass Christian Sprenger bediente und der zum 9:3 traf. Bedenklich war nicht das Tor, auch nicht das sehenswerte Zuspiel. Symptomatisch war, dass der Rechtsaußen eine gefühlte Ewigkeit unbemerkt am Torkreis des bedauernswerten Srdjan Djordjevic warten durfte. Pfänder nahm eine Auszeit, hätte das Regelwerk es zugelassen, hätte der 51-Jährige vor der Pause noch einige Male unterbrochen. So musste er tatenlos erleben, wie Kiel auf 17:4 (19.) entschwand.

Alfred Gislason setzte vor der elftägigen Länderspielpause auf Rotation, schonte Aron Palmarsson, der sich am Morgen leicht gezerrt hatte. Ein sehr zufriedener THW-Trainer ("die erste Halbzeit war überragend") sah noch eine glänzende Show von Andreas Palicka und einen zehnfachen Torschützen Momir Ilic, der auf der Mitte spielte und vom Kreis traf. Die HSG-Fans freuten sich über die kleinen Dinge. Sie bejubelten wacker jedes Tor ihres Teams, das über weite Strecken dieses Publikum nicht verdient hatte. So blieb nur eine Frage ungeklärt: Warum nahm Pfänder in der 58. Minute noch eine Auszeit? Nicht, um sich von der Mannschaft zu verabschieden. Er machte es, weil er die zweite Halbzeit gewinnen wollte. "Es ist ein Unterschied, ob wir mit 17 oder 13 Toren Differenz verlieren." Auch Pfänder freute sich über die kleinen Dinge.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 23.10.2010)


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