02.09.2013 | Handball international |
Auch traditionelle Handballnationen wie Dänemark und Schweden können Spitzenteams nicht finanzieren. So droht für Jahre eine deutsche Monokultur. "Alfred überblickt die internationalen Ligen. Dieser ausgezeichnete Kenntnisstand begründet seinen Vorschlag", sagt Gerd Butzeck, der Geschäftsführer der europäischen Kluborganisation Forum Club Handball. "Es muss was passieren", fordert Gislason. Mit einer Liga auf globaler Ebene könne man leichter Sponsoren akquirieren, argumentiert Gislason. "Viele Unternehmen agieren global, nicht nur in Europa, sie schauen auf Wachstumsmärkte", sagt er. Und auch die Suche nach einem TV-Sender fiele dann leichter: Zwei Monate vor dem ersten Spieltag der Champions League war noch unklar, welcher Sender das überträgt; der langjährige TV-Partner Eurosport ist nicht brennend interessiert. Man stehe in Verhandlungen, heißt es bei der Europäischen Handball-Föderation (EHF), dem Veranstalter der Champions League.
Als Phantast ist Gislason bisher nicht wahrgenommen worden. Ihm ist bewusst, dass Handball in den USA, dem größten Sportmarkt der Welt, so populär ist wie hierzulande Rugby oder Boßeln. Andererseits gibt es immer wieder hochtalentierte Spieler aus exotischen Ländern. Momentan steht der hochveranlagte Iraner Iman Jamali beim ungarischen Topklub Veszprem unter Vertrag. Der THW Kiel hat für die laufende Saison den tunesischen Rückraumshooter Wael Jallouz verpflichtet. Und in Frankreich tummeln sich einige Profis aus Argentinien, das für seine gute Nachwuchsarbeit gerühmt wird.
Freilich ist Gislason sehr bewusst, wie turmhoch die Hürden bis zu einer Weltliga auf Klubebene wären. Wenn nämlich deutsche Klubs in der Weltliga auf derartig lange Reisen gehen müssten, dann könnten sie nicht mehr, wie heute, 34 Partien in der Bundesliga bestreiten. Gislasons Idee, dass deutsche Weltligaklubs erst spät in die nationale Meisterschaft einsteigen, in einer zu schaffenden Play-Off-Runde, stößt naturgemäß auf massive Kritik bei den Verantwortlichen der Handball-Bundesliga (HBL).
"Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg für die Entwicklung unserer Sportart wäre", kommentiert HBL-Präsident Reiner Witte den Vorstoß des Star-Trainers. Er weist darauf hin, dass die Bundesliga im Wesentlichen die deutschen Klubs finanziere, auch der THW Kiel erlöse rund 80 Prozent seines Etats durch Ligaspiele. "Die deutsche Liga darf nicht darunter leiden. Ich glaube nicht, dass die HBL einen solchen Vorschlag durchgehen lassen würde", sagt auch Thorsten Storm, der Manager der Rhein-Neckar Löwen, der aber ansonsten die Idee charmant findet. "Wir müssen grundsätzlich über alle Möglichkeiten nachdenken. Warum nicht die Champions League über die Welt spielen?"
Ein noch größeres Hindernis stellen aber die Gräben zwischen den großen Dachverbänden des Handballs dar. Hassan Moustafa ist zwar begeistert. "Ich finde die Idee von Alfred Gislason gut", sagt der Präsident der Internationalen Handball-Föderation (IHF). "Wenn die Klubs eine gute Idee haben, dann hören wir uns das natürlich an", sagt der Ägypter. Schließlich hört sich "Weltliga" nach etwas an, für das seiner Vorstellung nach die IHF zuständig sein sollte - und womit die IHF vielleicht Geld verdienen könnte.
Die Reaktion der EHF als Veranstalter der Champions League, die nach Meinung Gislasons als einzige Organisation eine Weltliga vermarkten könnte, ist daher entsprechend kühl. In der Wiener EHF-Zentrale lässt der Pressesprecher ausrichten, man beschäftige sich derzeit nicht mit solchen Ideen. Dort verspürt man wenig Lust, mit Moustafa, der sich als Herrscher der Handballwelt betrachtet, gemeinsam eine Klubliga zu veranstalten. Zumal Moustafa, wenn er weiter handelt wie bisher, Verhandlungen mit potenziellen TV-Partnern oder Sponsoren für sich proklamieren würde. Die Funktionäre des Handballs betrachten Gislasons Idee nicht als Utopie. Sondern als Politikum, das den Status quo gefährdet.
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 24.08.2013)
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