Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 24.08.2013:
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Mit beeindruckender Sprungkraft kann Jallouz eine Flugshow bieten.
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Der THW Kiel schlägt ein neues Kapitel auf.
Mit
Wael Jallouz verpflichtete der Rekordmeister erstmals einen Tunesier.
Der Stern des Rechtshänders ging bei der Junioren-WM 2011 in Griechenland auf, als der Rückraumspieler sich mit seiner außergewöhnlichen Sprungkraft
und Wurfgewalt am Gewinn der Bronzemedaille beteiligte.
Den Kielern fiel
Jallouz im August vergangenen Jahres erneut
auf, als er beim Super Globe in Katar in der Gruppenphase
acht Tore gegen die Zebras warf. Der 22-Jährige war seinerzeit von seinem Arbeitgeber
AS Hammamet an den Asienmeister Mudhar
ausgeliehen worden.
Jallouz, an
dem auch der FC
Barcelona und die
Rhein-Neckar Löwen großes Interesse gehabt haben sollen, nutzte
die Bühne in der Wüste ein
drucksvoll.
Bundesweit macht er zu Jahresbeginn erneut Schlagzeilen,
als er bei der WM in Spanien die
deutsche Mannschaft nahezu
im Alleingang besiegte (25:23).
Jallouz, der zu diesem Zeitpunkt bereits einen Drei-Jahres-Vertrag in Kiel unterschrieben
hatte, warf im Gruppenspiel in Granollers acht Tore
aus sehr großen Entfernungen.
"Da hat er uns ein paar ganz
schone Dinger reingeschweißt", sagte Linksaußen
Dominik Klein, der sich schon
in Spanien auf die Zusammenarbeit mit dem
neuen Teamkollegen freuen konnte.
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Wael Jallouz ist der erste Tunesier in Diensten des THW Kiel.
Der 22-Jährige kommt mit der Empfehlung einer starken Fitness an die Förde.
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Jallouz ist ein
sympathischer,
entspannter
Typ, der auch sehr pragmatisch
mit dem deutschen Winter und
dem Fastenmonat Ramadan
umgeht. Unmittelbar nach dem
WM-Turnier kam er nach Kiel,
um sich hier im Sportmedizinischen Institut der Uni auf Herz
und Nieren testen zu lassen. Ein
eisiger Wind fegte durch die
Stadt, auf den Straßen lag eine
geschlossene Schneedecke.
Und
Jallouz? Posierte
mit THW-Schal, Daunenjacke, Regenschirm
und einem Dauergrinsen vor Kreuzfahrtschiffen für ein Foto-Shooting.
"Das Wetter
und die Kälte werden
meine Leistungen
nicht beeinflussen",
verspricht er.
Auch die
Religion nicht. Als
Muslim müsste er sich
eigentlich an die Regeln des Ramadan halten.
Eine rund vierwöchige Fastenzeit im
Sommer, in der erst
nach Sonnenuntergang gegessen und getrunken werden darf.
Für einen Leistungssportler ein eher ungünstiger Tagesablauf,
deshalb will er sich
dem auch nicht unterwerfen. "Es kann nicht
der Sinn meiner Religion sein, dass die Gesundheit leidet, und ich meine
Arbeit nicht mehr richtig ausüben kann." Für ihn sei es nicht
wichtig, den Glauben durch Äußerlichkeiten zu beweisen.
"Ich trage ihn in meinem Herzen."
Als Sechsjähriger träumte er
noch von einer Tenniskarriere,
doch in den Straßen der tunesischen Hauptstadt ist der Handball die Volkssportart Nummer
eins "In anderen Städten spielen alle Fußball", sagt der 1,97-Meter-Hüne. "Bei uns werfen
wir mit Bällen auf Garagentore."
In Hammamet ist Jallouz
schon jetzt ein Star. Als er seinen Vertrag im Grand Hotel
"Le Sultan" unterschrieb, kamen der Bürgermeister und
mehr als 80 Medienvertreter,
darunter zahlreiche Kamerateams. Hachemi Hassouna,
Präsident von AS Hammamet,
adelte ihn als "Sohn der Stadt".
Vater Salem, der 15 Jahre
lang an einer Hotelrezeption
arbeitete und fließend Deutsch
spricht, ist fest davon überzeugt, dass sein ältester Sohn
die hohen Erwartungen erfüllen wird. "Er ist ein guter Junge, er schafft das."
Die Fußspuren, in die Wael Jallouz tritt,
sind allerdings große. Er wird das Trikot mit der Nummer 22 erben.
Das trug in Kiel auch schon der ehemalige Welthandballer Nikola Karabatic.
"Ich weiß, dass dieser Wechsel eine große Herausforderung ist", sagt Jallouz.
"Aber ich bin mutig genug, diesen Schritt zu wagen."
Jallouz, der in Melsdorf das Haus der Familie Omeyer bezogen hat,
die im Juni nach Montpellier zurückkehrte, bringt alle Voraussetzungen mit, um sich in der Bundesliga durchzusetzen.
Die Ärzte bestätigten ihm bei der Leistungsdiagnostik Werte, die Zebras in der Regel erst nach einem Jahr Trainingsarbeit mit
Alfred Gislason haben.
Das sagt Alfred Gislason
"Er bringt unglaubliche körperliche Fähigkeiten mit und kann einmal ein richtig Guter werden.
Wael wird sich aber noch an unseren Rhythmus gewöhnen müssen.
In der tunesischen Nationalmannschaft musste er sich im Spiel ohne Ball nicht viel bewegen, das geht bei uns nicht."
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 24.08.2013)