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24./25.11.2013 - Letzte Aktualisierung: 25.11.2013 Bundesliga

76. Landesderby: THW in Flensburg ohne Chance

Bundesliga, 15. Spieltag: 24.11.2013, So., 15.00: SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 34:30 (21:14)
Update #3 KN-Bericht, weitere Stimmen, Fotos und Spielbericht ergänzt ...

Auch 10/4 Treffer von Marko Vujin reichten in der Flens Arena nicht.
Klicken Sie zum Vergrößern! Auch 10/4 Treffer von Marko Vujin reichten in der Flens Arena nicht.
Schwarzer Sonntag für den THW Kiel: Beim 76. Landesderby in der ausverkauften Flens Arena unterlagen die "Zebras" am Nachmittag einer starken SG Flensburg-Handewitt mit 30:34. Nach ausgeglichener Anfangsphase machten die Kieler im Angriff zu viele Fehler, scheiterten überdies zu oft an Torhüter Mattias Andersson und lagen bereits zur Pause mit 14:21 zurück. Auch insgesamt 19 Treffer von Marko Vujin und Filip Jicha halfen nichts - durch die 25. Derbyniederlage musste der THW Kiel auch die Tabellenführung der DKB Handball-Bundesliga an den Landesrivalen abtreten.
Die seit Wochen ausverkaufte Flens Arena brodelte schon lange vor Spielbeginn. Kein Wunder, hatten die Gastgeber doch nach ernüchterndem Saisonstart zuletzt 17:1 Punkte eingefahren und konnten mit einem Erfolg gegen den Erzrivalen - auch dank bereits einer mehr absolvierten Partie - gar die Tabellenspitze in der Liga erobern.
Anfangsphase auf Augenhöhe
Es war ein umkämpftes Derby von Anfang an. Hier setzt sich Filip Jicha durch.
Klicken Sie zum Vergrößern! Es war ein umkämpftes Derby von Anfang an. Hier setzt sich Filip Jicha durch.
Die elektrisierende Stimmung von den Rängen sprang auch sofort aufs Parkett über, denn gleich im ersten Kieler Angriff gab es den ersten Aufreger: Filip Jicha spielte den an den Kreis aufgelösten Niclas Ekberg frei, der aber unsanft vom unglücklich reinrutschenden Steffen Weinhold gebremst wurde. Die Schiedsrichter Fabian Baumgart und Sascha Wild schickten den zukünftigen Kieler folgerichtig sofort für zwei Minuten auf die Bank, und glücklicherweise ging es für Niclas Ekberg nach der Schrecksekunde weiter. Filip Jicha nutzte den resultierenden Siebenmeter zum 1:0 für die Gäste, doch Flensburg drehte in Unterzahl zunächst das Blatt: Eggert sorgte mit einem Dreher an Sjöstrand vorbei für das 1:1, Mattias Andersson lenkte ein Jicha-Geschoss an den Pfosten und Mogensen sorgte bei Passivspiel-Vorwarnzeichen mit einem unglaublichen Stemmwurf zum 2:1 für das erste große Ausrufzeichen auf dem Parkett und den Rängen. Die Kieler konnten die erste Überzahlsituation des Derbys nicht zum eigenen Vorteil nutzen - ein Zustand, der sich wie ein roter Faden durch die Partie ziehen sollte.

Steffen Weinhold spielte eine starke erste Halbzeit gegen seinen zukünftigen Verein.
Klicken Sie zum Vergrößern! Steffen Weinhold spielte eine starke erste Halbzeit gegen seinen zukünftigen Verein.
In der Anfangsphase agierten die "Zebras", die erneut mit ihrer 6:0-Deckung um Rene Toft Hansen und Patrick Wiencek im Mittelblock agierten, dennoch mindestens auf Augenhöhe mit den Gastgebern: Marko Vujin sorgte für das 2:2, und nachdem sein Abwehrpendant Christian Zeitz in einen Pass Mogensens auf Nenadics sprintete und damit das 3:2 durch Patrick Wiencek ermöglichte, lagen die Kieler wieder vorne. Diese hatten in Filip Jicha ihren Motor im Angriff, der zunächst nicht zu stoppen war und vier der ersten sechs THW-Treffer erzielte, während auf Seiten der SG sich besonders Steffen Weinhold hervor tat, der mit seinen zwei Durchbrüchen jeweils Strafwürfe für sein Team herausholte.

Anderssons Paraden bringen Vier-Tore-Lauf der SG
Mattias Andersson ebnete mit seinen Paraden den Weg zur deutlichen Flensburger Pausenführung.
Klicken Sie zum Vergrößern! Mattias Andersson ebnete mit seinen Paraden den Weg zur deutlichen Flensburger Pausenführung.
Bis zum 6:5 durch einen Jicha-Sprungwurf blieben die Kieler auf Kurs und hatten mit einem Gegenstoß sogar die Chance zu erhöhen. Doch nun wurde Mattias Andersson erstmals zum Faktor, indem er den Wiencek-Konter parierte und in den nächsten Kieler Angriffen auch gegen Vujin und Palmarsson zur Stelle war. Die SG bestrafte dies konsequent per zweiter Welle, Mogensen und zweimal der bärenstarke Weinhold sorgten flugs für das 8:6 aus Sicht der Gastgeber. Im Anschluss blieb dann sogar noch Filip Jicha zweiter Sieger im Siebenmeter-Duell mit Andersson, und auf der Gegenseite sorgte Lasse Svan gar für das 9:6 - die Flens Arena tobte.

Zunächst aber blieb der THW noch in Reichweite: Vujin verwandelte einen von Ekberg erkämpften Strafwurf, Palmarsson traf von der linken Seite zum 8:10 - in Unterzahl, nachdem Toft Hansen eine fragwürdige Zeitstrafe kassiert hatte. Doch die SG Flensburg-Handewitt hatte mittlerweile längst Lunte gerochen, bei den Gastgebern klappte nun alles. Mit einem tollen Heber gegen den für den glücklosen Sjöstrand eingewechselten Palicka sorgte Svan für das 11:8, und weil Palmarsson im Angriff zweimal zu überhastet abschloss, sorgten Weinhold per Durchbruch und Eggert mit einem weiteren sehenswerten Heber gar für das 13:8.

SG wie im Rausch zur Pausenführung
Aron Palmarsson erzielte vier Treffer, konnte aber an seine zuletzt starken Leistungen nicht anknüpfen.
Klicken Sie zum Vergrößern! Aron Palmarsson erzielte vier Treffer, konnte aber an seine zuletzt starken Leistungen nicht anknüpfen.
Alfred Gislason hatte bereits seine erste Auszeit genommen, und der Abwärtstrend konnte tatsächlich etwas gestoppt werden - zweimal Vujin und Jicha verkürzten auf 14:11, nachdem Palicka gegen Mogensen parieren konnte. Doch es blieb ein kurzes Strohfeuer des Rekordmeisters, der auch eine weitere Überzahlchance nach Zeitstrafe gegen Knudsen ungenutzt ließ: Jicha scheiterte doppelt am überragenden Andersson, und Weinhold sorgte nicht nur für das 16:11, sondern auch für eine Zeitstrafe gegen Wiencek. Nachdem auch Vujin überhastet in Andersson seinen Meister fand, sorgte Lasse Svan im Gegenzug gar für die erste Sechs-Tore-Führung für Flensburg. Und bis zum Pausenpfiff mussten die "Zebras" noch weitere Demütigungen über sich ergehen lassen: So sah Rene Toft Hansen bereits seine zweite Zeitstrafe, auch Publikumsliebling Christian Zeitz musste noch für zwei Minuten runter. Zudem sorgten Eggert mit einem frechen Dreher vom Siebenmeterstrich und Weinhold mit bereits seinem fünften Treffer für Jubelstürme unter den heimischen Fans, die es schon lange nicht mehr auf ihren Sitzen hielt. Vujin und Jicha sorgten zwar mit ihren Toren für leichte Hoffnungsschimmer unter den mitgereisten schwarz-weißen Schlachtenbummlern, doch der Rückstand war bis zur Halbzeit beim 14:21 bereits auf ein gewaltiges Maß angewachsen.
THW lässt zu viele Chancen aus
Nach Wiederanpfiff versuchte es der THW mit einer neuen Angriffsvariante, um die offensive, aggressive 6:0-Deckung der Gastgeber aus den Angeln zu heben: Alfred Gislason verzichtete völlig auf seine etatmäßigen Außen, brachte in Christian Zeitz einen vierten Rückraumspieler, der wie Jicha auf der gegenüberliegenden Seite aber bis auf den Flügel auswich, und ließ Toft Hansen und Wiencek nun Seite an Seite am Kreis rackern. Den ersten Treffer des zweiten Durchgangs erzielte aber die SG, die durch Eggerts Dreher zum 22:14 nun sogar acht Tore in Führung lag. Doch die Gastgeber taten sich nun schwerer gegen die endlich wieder entschlossener wirkenden Kieler, die besonders in der Abwehr endlich stattfanden und ihre Gegenspieler nur noch aus schwierigen Positionen aufs Tor werfen ließen. Im Angriff aber ließen die "Zebras" weiterhin viele Chancen liegen: Mattias Andersson erteilte Jicha und Palmarsson gar die Höchststrafe, indem er die Rückraumwürfe festhalten konnte. Daher gelang es nach zwei schnellen Vujin-Treffern nicht, den Abstand groß zu verkürzen. Dennoch nahm Ljubomir Vranjes nach dem 17:23-"Anschluss" durch Aron Palmarsson nach 37 Minuten seine Auszeit.
Flensburg lässt nichts mehr anbrennen
Jubel bei Thomas Mogensen und Co.
Klicken Sie zum Vergrößern! Jubel bei Thomas Mogensen und Co.
Nach Wiederanpfiff sorgte der bislang unauffällige Drasko Nenadic für das wichtige 24:17 und ließ den Knoten bei den Flensburgern wieder platzen. Mogensen beantwortete Palmarssons Treffer mit einem wuchtigen Stemmwurf, und nachdem Nenadic Zeitz' Kreisanspiel antizipierte und per Gegenstoß auf 26:18 erhöhte, war nach 40 Minuten schon fast mehr als nur die Vorentscheidung gefallen. Der THW versuchte es zwar weiterhin mit der Brechstange, die unermüdlichen Jicha und Vujin versuchten es weiterhin aus allen Lagen. Und in der Abwehr stellte Gislason auf eine 5:1-Deckung mit dem vorgezogenen Jicha um. Indes: All dies half nicht, den Rückstand noch einmal entscheidend zu verkürzen. Zumal auch drei weitere Überzahlsituationen nicht zur Aufholjagd genutzt konnten, lagen die Gastgeber nach zwei Glandorf-Krachern nach 50 Minuten trotzdem noch mit 30:23 in Front. Erst in den letzten vier Minuten, nach dem 33:27 durch Mogensen, konnten die "Zebras" noch ein wenig Ergebniskosmetik betreiben: Palmarsson mit einem tollen Hüftwurf, der von Zeitz in Szene gesetzte Toft Hansen und Zeitz mit einem seiner unnachahmlichen Geschosse sorgten so für das etwas schmeichelhafte Endergebnis.
Am Mittwoch kommt Lübbecke
Traurige Gesichter beim THW nach dem Abpfiff.
Klicken Sie zum Vergrößern! Traurige Gesichter beim THW nach dem Abpfiff.
Die Tabellenführung ist damit erst einmal futsch für den neu formierten THW Kiel. Mit 24:4 Punkten haben die "Zebras" aber weiterhin die wenigsten Minuspunkte in der Liga und können daher spätestens im Nachholspiel gegen den TBV Lemgo am 18. Dezember wieder an der SG (25:5) vorbeiziehen. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg, auf dem weitere schwere Hürden wie Plock in der Champions League, die Füchse Berlin und der Bergische HC in der Liga sowie die Rhein-Neckar Löwen im Pokal auf den THW warten. Den Anfang macht aber erst einmal am kommenden Mittwoch das Heimspiel gegen den TuS N-Lübbecke. Viel Zeit, die schmerzhafte Derby-Niederlage zu verarbeiten, bleibt den Kielern somit nicht.

(Sascha Krokowski)

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Lesen Sie bitte auch


Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Glückwunsch an Flensburg zum verdienten Sieg. Es war wohl eines der fairsten Spiele zwischen diesen beiden Mannschaften überhaupt. Im Vergleich zu unserem letzten Auftritt hier haben wir heute gut begonnen. Dann haben wir jedoch eine Phase gehabt, in der wir viel zu viele Fehler gemacht haben. Das war dann auch entscheidend für den hohen Pausenrückstand. In der zweiten Hälfte hatten wir mehrfach die Möglichkeit, näher heran zu kommen. Aber auch dann haben wir wieder leichte Fehler gemacht und dafür gesorgt, dass wir keine Chance auf den Sieg hatten.
Flensburgs Trainer Ljubomir Vranjes:
Die erste Halbzeit war optimal. Wenn man gegen Kiel gewinnen will, muss das auch so sein. Ich bin sehr stolz auf meine Jungs. Es war hart heute, aber was sie zusammen mit unseren Fans gemacht haben: Hut ab! Trotzdem waren das heute nur zwei Punkte.
Flensburgs Geschäftsführer Dierk Schmäschke:
Unsere Spieler sind eine Einheit mit den Fans. Heute bin ich stolz auf den Trainer, die Mannschaft, die Fans und die SG. Aber der heutige Sieg ist nur eine Momentaufnahme, der Dezember wird nicht einfach.
THW-Geschäftsführer Klaus Elwardt:
Das Spiel und die Atmosphäre war eines Derbys würdig. Flensburg war einfach besser, deren Fehlerquote ging in der ersten Halbzeit gegen null - und unsere war viel zu hoch.
THW-Spielmacher Aron Palmarsson:
Unsere Abwehr hat nicht gut gestanden, und Flensburg hat vor allem von außen überragend getroffen.
THW-Linkshänder Christian Zeitz:
Wir haben zu viele einfache Fehler gemacht und zu viele Tore über außen bekommen. Hinzu kommt, dass Mattias ein sehr guter Torhüter ist, der sogar einige Bälle fangen konnte. Wenn man dann gegen Flensburg mit sechs oder sieben Toren hinten liegt, ist es schwer. Uns hat das Genick gebrochen, dass wir in der zweiten Halbzeit nicht dichter herangekommen sind. Die Flensburger Fans sind sehr gut, aber sie können nicht der Grund für unsere vielen Fehler sein. Jetzt werden wir uns vielleicht fünf Minuten länger ärgern, während sich die Liga freut. Aber dann geht es weiter.
THW-Kapitän Filip Jicha:
Wir haben zu Recht verloren, weil wir zu wenig dagegen gehalten haben. Jetzt fahren wir nach Hause, ärgern uns ein wenig darüber, dass wir die Liga wieder spannend gemacht haben, und schauen dann nach vorn.
THW-Mittelmann Rasmus Lauge gegenüber den KN:
Flensburg hat gut gespielt, wir nicht. Ich hätte den Kollegen heute gerne geholfen, leider konnte ich das nicht. Die Stimmung? Überragend. Aber die Flensburger sollen mal abwarten, was im Rückspiel in Kiel passieren wird.
THW-Rechtsaußen Niclas Ekberg gegenüber den KN:
Wir haben in der ersten Halbzeit zu viele Fehler gemacht, lagen hoch zurück. Deshalb mussten wir nach der Pause Spielweise und Rhythmus ändern. Das führte dann zu weiteren Fehlern.
Flensburgs Rückraumspieler Steffen Weinhold gegenüber den KN:
Der Sieg war verdient. Nach der Pause wurden wir müde, aber die Zuschauer haben uns ins Ziel getragen. Mein Wechsel nach Kiel? Es war für mich ein besonderes Spiel, aber nicht, weil ich zum THW gehen werde. Noch bin ich ein Flensburger, will mit der SG jedes Spiel gewinnen.
Flensburgs Abwehrchef Tobias Karlsson gegenüber den KN:
Ich war mir bis zum Ende nicht sicher, schließlich haben wir selbst ja erst vor drei Tagen einen Fünf-Tore-Rückstand gegen den HSV noch umgebogen. Wir standen in der Abwehr gut, Mattias (Andersson, d. Red.) war stark - die Grundlagen haben wir schon in der ersten Halbzeit gelegt.
Flensburgs Torhüter Mattias Andersson gegenüber den KN:
Gegen den THW kann eine Führung schnell wieder weg sein, da lässt sich ein Vorsprung nicht verwalten - und das haben wir auch nicht getan. Siege gegen Kiel schmecken besonders gut.

15. Spieltag: 24.11.13, So., 15.00: SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 34:30 (21:14)

Logo SG Flensburg-Handewitt:
Andersson (1.-60., 17/1 Paraden), Rasmussen (bei einem Siebenmeter, keine Parade); Karlsson, Nenadic (2), Eggert (9/3), Glandorf (2), Mogensen (6), Svan (6), Weinhold (5), Heinl (n.e.), Gustafsson (n.e.), Gottfridsson, Radivojevic, Knudsen (4); Trainer: Vranjes
Logo THW Kiel:
Sjöstrand (1.-15., 25.-51., 5 Paraden), Palicka (15.-25., 51.-60., 3 Paraden); Toft Hansen (1), Sigurdsson (3), Sprenger, Wiencek (1), Ekberg (1), Zeitz (1), Jallouz (n.e.), Palmarsson (4), Klein (n.e.), Jicha (9/1), Vujin (10/4); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Fabian Baumgart / Sascha Wild
Zeitstrafen:
Flensburg: 7 (Weinhold (1.), Svan (10.), 2x Knudsen (21., 46.), Mogensen (33.), Eggert (43.), Karlsson (49.));
THW: 4 (2x Toft Hansen (16., 26.), Wiencek (23.), Zeitz (29.))
Siebenmeter:
Flensburg: 3/3;
THW: 6/5 (Andersson hält Jicha (14.))
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 2:1, 2:2, 2:3, 3:3 (5.), 3:4, 4:4, 4:5, 5:5, 5:6 (12.), 9:6 (15.), 9:7, 10:7, 10:8, 13:8 (19.), 13:9, 14:9, 14:10, 14:11, 17:11 (24.), 17:12, 18:12, 18:13, 20:13, 20:14, 21:14;
2. Hz.: 22:14, 22:16, 23:16 (35.), 23:17, 24:17, 24:18, 26:18 (40.), 26:19, 27:19, 27:21, 28:21 (45.), 28:22, 29:22, 29:23, 30:23 (50.), 30:24, 31:24, 31:26, 32:26 (55.), 32:27, 33:27, 33:29, 34:29, 34:30.
Zuschauer:
6.300 (ausverkauft) (Flens Arena, Flensburg)
Spielgrafik:
Spielgrafik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 25.11.2013:

SG stößt Zebras vom Thron

Handballmeister THW Kiel gibt nach 30:34-Niederlage die Tabellenführung an die Sieger ab
Flensburg. Nach dem verdienten 34:30 (21:14)-Sieg gegen den THW Kiel löste die SG Flensburg-Handewitt gestern Nachmittag die Zebras als Tabellenführer der Handball-Bundesliga ab. Die Besiegten gaben sich als faire Verlierer, haderten anschließend aber mit den Unparteiischen Fabian Baumgart und Sascha Wild.

Wer es mit dem THW hielt, erlebte einen entspannten Start. Die Zebras spielten in der ausverkauften "Hölle Nord" eiskalt auf, gut sortiert in der Deckung, diszipliniert im Angriff. Jeder Fehler, das wussten sie nur zu gut, verwandelt sich an diesem besonderen Ort innerhalb von Sekunden in ein Gegentor. Die ersten Emotionen waren in dieser elften Minute bereits überstanden. So hatte Bald-Kieler Steffen Weinhold in Minute eins seinen Bald-Kollegen Niclas Ekberg am Kreis gefällt. Während sich der Rechtsaußen vor Schmerzen krümmte, schlich Weinhold zur Strafbank. "Die Zeitstrafe war berechtigt", sollte der reuige Sünder später sagen. "Aber es war keine Absicht, ich kam einen Schritt zu spät und bin ihm dabei auf den Fuß getreten."

Es stand 6:5 für die Kieler, die in Überzahl waren, als Filip Jicha einen Pass von Thomas Mogensen abfing - Gegenstoß, die Chance, erstmals mit zwei Toren in Führung zu gehen. Doch Patrick Wiencek scheiterte an Mattias Andersson, der bis dato kein Faktor gewesen war. Im Gegenzug hämmerte Mogensen den Ball ins Netz, nur 20 Sekunden später traf Weinhold zum 7:6 für die Hausherren, die zuletzt vor zwei Jahren ein Heimspiel in der Bundesliga verloren hatten. Ein Tor, ein Signal. Schien das Team von Ljubomir Vranjes anfangs etwas gebremst, zu respektvoll, legte es nun den Schalter um. Weinhold zum 8:6, Andersson parierte einen Siebenmeter von Jicha - die Halle, bis dato eine Spur ruhiger als gewohnt, wachte nun auf. Kaum ein Angriff, bei dem sich nicht alle Fans der SG von ihren Sitzen erhoben.

Mit Macht und Schwung rissen Mogensen & Co nun Lücken in die Kieler Deckung, die in der ersten Halbzeit ohne Torhüter auskommen musste. Johan Sjöstrand und Andreas Palicka wechselten sich in ihrer Rat- und Tatenlosigkeit ab, hielten bis zur Pause nur vier Bälle. Auf der anderen Seite wurden die Fäuste, die Andersson nach jeder seiner 18 Paraden ballte, zu einer Art Dauerschleife.

Mit dem starken Schweden im Rücken, der mit seinen Landsleuten im THW-Tor auch um Eintrittskarten für die EM 2014 in Dänemark streitet, verdichtete sich die Abwehr um Tobias Karlsson zur Wand. Nur Jicha (6) und Marko Vujin (5), die elf der 14 THW-Tore vor der Pause warfen, fanden gelegentlich eine Lücke, für alle anderen war der blau-rote Wall zu hoch. Ganz anders die Hausherren, die auf allen Positionen gefährlich waren. Besonders die überragenden Außen Anders Eggert und Lasse Svan schlüften wie Aale durch die Hintermannschaft der Kieler.

Mit Wiederanpfiff stellte Alfred Gislason um, ließ Vujin und Christian Zeitz auf der rechten Seite gemeinsam verteidigen, Sjöstrand hielt die ersten Bälle von Eggert. Hoffnung für den Rekordmeister? Nein, die Fehlerquote blieb zu hoch. Tauchten die Gäste einmal in Sichtweite der müder werdenden Flensburger auf, unterliefen ihnen leichte Fehler. Besonders im Anspiel an den Kreis landeten die Bälle zumeist an der falschen Adresse. Als Rene Toft Hansen sein erstes Tor warf, geschah dies in der 58. Minute, es stand 33:29 für die SG, das 76. Derby war längst zu Gunsten des neuen Tabellenführers entschieden.

Die Kieler gaben sich nach der zweiten Saisonniederlage als faire Verlierer, zogen den Hut vor einem an diesem Tag besseren Gegner. Doch zwischen den Zeilen war klar zu verstehen, dass das Gespann Baumgart/Wild sich auf einer nach unten offenen Sympathieskala weiter im freien Fall befindet. "Sie haben in den ersten elf Minuten gepfiffen", beantwortete Gislason die Frage nach ihrer Leistung diplomatisch. "Danach pfiffen bis zur Pause nur noch die Zuschauer." Baumgart/Wild hatten auch das Sagen, als der THW beim SC Magdeburg (31:34) unterlag, Liga-Niederlage Nummer eins in der Saison. "Um hier zu gewinnen, hätten wir eine Spitzenleistung gebraucht", sagte ein verärgerter Jicha. "Aber auch eine Spitzenleitung."

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 25.11.2013)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 25.11.2013:

In der Hölle Nord sorgen die Ultras für das Feuer

Ein Besuch in der heißesten Kurve der Liga
Flensburg. 14.15 Uhr, noch 45 Minuten bis zum Nordderby in der Handball-Bundesliga, doch die Nordkurve steht bereits wie eine Wand. Wer jetzt kommt, findet kein Durchkommen mehr in das Zentrum des Geschehens. Also bleibt mir nur die Rolle als Außenseiter. Keine schlechte Wahl - mit Respekt vor den Flensburger Ultras.

Die Hardcore-Fans bringen sich früh in Rage. Schrill begrüßen sie das Kieler Team mit "Scheiß-THW"-Parolen und Schmähgesängen gegen Christian Zeitz. Die Mannschaftsvorstellung der Kieler geht in einem gellenden Pfeifkonzert unter. Und mit dem Anpfiff steigern sich die Ultras in die Zwangsvorstellung, ungerecht behandelt zu werden. "Schieber, Schieber" ätzen sie gegen die Schiedsrichter schon in der Anfangsphase. Bis zur 12. Minute jagt die Nervosität durch den Block. Dann aber dreht Mattias Andersson auf, verwandelt ein 5:6 mit seinen Paraden in ein 9:6 und damit die Fan-Zweifel in Selbstbewusstsein.

Die Ultras lassen alle Zurückhaltung fallen, verschreien die Kieler als "Abschaum der Liga". Mit jedem SG-Tor wird die Brust auf den Rängen breiter. Der harte Kern fordert die Masse auf: "Steht auf, wenn ihr Flensburger seid!" Das Trommler-Duo lässt sich für spektakuläre Treffer feiern, als hätte es selbst Hand angelegt. In der Kieler Auszeit beweist die Halle dann sogar Sinn für stereophone Fan-Choreographie. "Flensburg" hallt es hier, "Handewitt" schallt es von drüben zurück.

Das Flensburger Team hat sich gefunden, das Publikum auch. Mit Szenenapplaus und Ovationen im Stehen werden sie zur Einheit. Daumen hoch und anerkennendes Schmunzeln zur Pause zeigen Flensburger Zufriedenheit auf den Rängen.

Mit dem Wiederanpfiff feiern sich die Zuschauer in einen Rausch. Der verloren gegangene Hotdog im Gedränge, das verspritzte Bier - das stört keinen hier. Der Fan-Express kommt in Fahrt, skandiert: "Hier regiert die Hölle Nord!" Ab der 45. Minute könnte das Gestühl meistbietend versteigert werden, sitzend verfolgt kaum noch einer das Spiel. Rhythmisches Klatschen treibt das SG-Team nach vorn. Fünf Minuten vor Schluss erreicht die Stimmung ekstatische Zustände, als Mattias Andersson einen versuchten Tempo-Gegenstoß der Kieler mitten im Feld abfängt. Eine Demütigung für den Meister - ganz nach dem Geschmack der Flensburger Fans. "Derbysieger, Derbysieger" hallt es durch das Viereck. Per Smartphones werden die letzten Sekunden gefilmt, Fotos von der Videowall zementieren den Endstand für den Facebook-Post. Der Schlusspfiff ist der Startschuss für den kollektiven Freudentaumel: High-Five, Faust-auf-Faust - Flensburg feiert die Übernahme der Tabellenführung.

Michael Knudsen wird von den Ultras als Zeremonien-Meister in den Block beordert. Die Mannschaft unterwirft sich dem Fanwillen. Auf Kommando setzen sich alle hin, selbst Thomas Mogensen - mitten im TV-Interview. Bis weit nach Spielende feiern Fans und Spieler gemeinsam. Die Stimmung ist gelöst. Anders Eggert sitzt entspannt inmitten der Anhänger auf der Tribüne, Steffen Weinhold strahlt für Fotos, Tobias Karlsson nimmt die Glückwünsche entgegen. Flensburg ist an diesem Abend mit sich im Reinen.

(von Ralf Abratis, aus den Kieler Nachrichten vom 25.11.2013)


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