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18./19.12.2013 - Letzte Aktualisierung: 19.12.2013 Bundesliga

Kantersieg gegen Lemgo - THW zurück an der Tabellenspitze

Bundesliga, 14. Spieltag: 18.12.2013, Mi., 19.00: THW Kiel - TBV Lemgo: 38:25 (17:13)
Update #3 PK-Video, Highlights-Video, KN-Bericht, weitere Stimmen, Fotos und Spielbericht ergänzt ...

Wael Jallouz zeigte eine starke Leistung und erzielte 7/2 Treffer.
Klicken Sie zum Vergrößern! Wael Jallouz zeigte eine starke Leistung und erzielte 7/2 Treffer.
Mit einem deutlichen Kantersieg hat der THW Kiel die Tabellenführung in der DKB Handball-Bundesliga übernommen. Am Mittwochabend hatten die "Zebras" im Heimspiel gegen den TBV Lemgo nur in der Anfangsphase ihre Schwierigkeiten, drehten die Partie aber bereits bis zum 17:13-Pausenstand zu ihren Gunsten. In der zweiten Halbzeit brannten die Kieler dann ein unterhaltsames Handball-Feuerwerk ab, dem besonders Gudjon Valur Sigurdsson und Wael Jallouz mit jeweils sieben Treffern sowie der bärenstarke Torhüter Johan Sjöstrand ihren Stempel aufdrückten.
Lemgo mit viel Tempo zur Führung
10.285 Zuschauer in der ausverkauften Sparkassen-Arena wollten ihren THW Kiel zurück an die Tabellenspitze pushen, nachdem die SG Flensburg-Handewitt - mit weiterhin einer absolvierten Partie mehr auf dem Konto - am Dienstagabend einen Zähler bei Frisch Auf Göppingen (28:28) liegen gelassen hatte. Dass der TBV Lemgo, seit fünf Pflichtspielen ungeschlagen, allerdings ein sehr unangenehmer Gast sein kann, bekam Ende November bereits der HSV Hamburg beim 35:35-Remis zu spüren. Und die Lipperländer unterstrichen in der Anfangsphase eindrucksvoll ihre Ambitionen. Mit irrsinnigem Tempo spielte die Mannschaft von Trainer Niels Pfannenschmidt, die mit Ausnahme der Routiniers Kehrmann und Hermann auf Talente setzt, in der Sparkassen-Arena auf und hatte dadurch zunächst Vorteile. Hermann sorgte für den ersten Treffer, und nach einem technischen Fehler Sprengers und einem von Pekeler erkämpften Siebenmeter erhöhte Schneider auf 2:0 für die Gäste. Zwar gelang Vujin im Anschluss der erste Kieler Treffer, doch nachdem Kehrmann nach tollem Eins-gegen-Eins einen sehenswerten Dreher zeigte und nach einer Bauer-Parade gegen Palmarsson per Gegenstoß zur Stelle war, lag der zweimalige deutsche Meister bereits mit 4:1 vorne.

Alfred Gislason reagierte früh: Um mit Lemgos Tempo besser Schritt halten zu können, verzichtete der THW fortan auf einen Spezialistenwechsel - Aron Palmarsson spielte auch in der Abwehr statt Patrick Wiencek, die Deckung wurde zudem vom 6:0-Riegel in die offensive 3:2:1-Variante umgestellt. Doch trotz Sprengers Anschlusstreffer, einer Sjöstrand-Parade gegen Lemke und zweier Rückraumgeschosse von Vujin und Jicha legte Lemgo weiter vor: Florian Kehrmann traf vom Kreis zum 6:4, und nach einer Parade des gut startenden Bauer gegen Vujin und einer "Fackel" Lemkes war der Drei-Tore-Vorsprung für die Ostwestfalen wieder hergestellt.

Zeitz sorgt mit zwei Steals für den Ausgleich
Mit einer feinen Einzelaktion zum 5:7 weckte Aron Palmarsson seine Mannschaft aus der anfänglichen Lethargie. Nur vier Sekunden später sprintete Christian Zeitz in einen Kehrmann-Pass und vollstreckte den Gegenstoß selbst zum 6:7-Anschluss. Als Sjöstrand erneut gegen Lemke zur Stelle war, Zeitz einen Querpass des Spielmachers Herth abfing und im Konter gegen Bauer traf, hatten die "Zebras" in der 13. Spielminute erstmals ausgeglichen. Zwar gelang Kehrmann mit seinem bereits vierten Treffer noch einmal eine Gästeführung, doch nach Sprengers frechem Leger zum 8:8 nahm Pfannenschmidt nach 14 Minuten seine erste Auszeit.
THW zieht nach Lemgos Auszeit davon
Marko Vujin erzielte sechs seiner sieben Treffer vor der Pause.
Klicken Sie zum Vergrößern! Marko Vujin erzielte sechs seiner sieben Treffer vor der Pause.
Für den starken, aber bereits müden Kehrmann kam beim TBV nun Arnoldus Haenen auf Rechtsaußen. Der Niederländer verwarf aber gleich seine erste Chance, und auf der Gegenseite traf Vujin trotz Bedrängnis zur ersten Kieler Führung. Dann parierte Sjöstrand gegen Schneider, während Vujin mit einem tollen Sprungwurf aus der Rückraummitte auf 10:8 erhöhte. Und die "Zebras" bekamen sogar zweimal die Chance, auf drei Treffer zu erhöhen, doch Dominik Klein scheiterte zunächst an Bauer, ehe der Linksaußen einen erweiterten Gegenstoß aus elf Metern neben das Tor setzte und Haenen auf der Gegenseite verkürzen konnte.

Alfred Gislason brachte Gudjon Valur Sigurdsson für Klein in die Partie, und der Isländer sorgte sogleich für Akzente: Nach einer Bauer-Parade gegen Vujin sorgte Sigurdsson spektakulär per Nachwurf zum 11:9, ehe er kurz darauf vom Kreis auch das 12:9 folgen ließ. Zwar scheiterte Christian Zeitz nach seinem bereits dritten Steal im Gegenstoß an Bauer, doch als Palmarsson in der Abwehr einen Schneider-Wurf abblockte und Jicha den Ball auf der Gegenseite zum 13:9 in den Winkel jagte, legte Pfannenschmidt keine sieben Spielminuten nach der ersten Auszeit erneut eine grüne Karte auf den Zeitnehmertisch.

Sjöstrand-Show bringt Halbzeitführung
Während beim THW nun Wael Jallouz in Abwehr und Angriff für Aron Palmarsson spielte, versuchte es der TBV Lemgo in der Folgezeit mit einem siebten Feldspieler gegen die Kieler 3:2:1-Deckung. Johan Sjöstrand war zwar bei den Würfen von Pekeler und Hermann zur Stelle, Kapital aus dem verwaisten Kasten der Gäste konnten die Kieler allerdings noch nicht schlagen. Immerhin aber verbreiteten die "Zebras" keine Hektik und trugen ihre Angriffe weiter mit Ruhe vor. So holte Jallouz einen Siebenmeter heraus, den Vujin zum 14:9 verwandelte. Und auch als Hermann und Pekeler kurzzeitig verkürzten, blieb der THW am Drücker: Vujin sorgte mit seinem bereits sechsten Treffer für das 15:11, ehe Wael Jallouz mit seinem krachenden Sprungwurf zum 16:11 für besondere Emotionen in der Sparkassen-Arena sorgte. Doch obwohl Johan Sjöstrand bis zum Seitenwechsel noch vier weitere Paraden folgen ließ, blieb den Lipperländern durch Schneiders Treffer mit der Sirene zum 17:13-Pausenstand noch ein Funke Resthoffnung auf eine Überraschung.
Sigurdssons Tore brechen Lemgo das Genick
Benjamin Herth kommt bei Sigurdssons kuriosem Treffer einen Tick zu spät.
Klicken Sie zum Vergrößern! Benjamin Herth kommt bei Sigurdssons kuriosem Treffer einen Tick zu spät.
Diese Hoffnung jedoch verflüchtigte sich nach Wiederanpfiff sehr schnell: Johan Sjöstrand zeigte gegen Schneider seine bereits 12. Parade, dann unterlief dem jungen Linkshänder Julian Possehl ein Stürmerfoul. Gudjon Valur Sigurdsson reagierte gedankenschnell und warf den Ball vom eigenen Torkreis auf den verwaisten Kasten der Gäste. Benjamin Herth, Lemgos Mann im roten Leibchen, sprintete noch zurück und versuchte den Ball zu erreichen - vergeblich, die Sparkassen-Arena jubelte über Sigurdssons Treffer zum 18:13. Doch dies war noch gar nichts verglichen mit dem folgenden Geniestreich des 34-jährigen Isländers: Nachdem Sjöstrand einmal mehr gegen Schneider zur Stelle war und Jicha das Ergebnis auf 19:13 gestellt hatte, versuchte der TBV - weiterhin mit sieben Feldspielern - einen Kempatrick. Doch Sigurdsson war bei Herths für Kehrmann gedachten Pass zur Stelle und warf den Ball im Sprung direkt nach dem Abfangen Richtung Lemgoer Tor. Unter bangen Blicken von 10.285 Handballfans trudelte der Ball trotz Herths verzweifelter Grätsche auf der Torlinie tatsächlich über die Linie - das 20:13 dürfte wohl das Kempator aus weitester Torentfernung in der Handballgeschichte gewesen sein.
Jallouz tankt Selbstvertrauen
Eine Minute später, nachdem Johan Sjöstrand eine fantastische Doppelparade gegen Lemke und Schneider gezeigt hatte und Toft Hansen das Ergebnis auf 21:13 gestellt hatte, war die Partie auch schon entschieden. Doch die Handballparty in der Sparkassen-Arena war noch lange nicht beendet - dafür sorgten auch die Gäste, die auch jetzt das Gaspedal nicht fanden, es aber auch gar nicht suchten. So kamen die Fans voll auf ihre Kosten, als auch Christian Sprenger aus der eigenen Hälfte zum 22:15 ins leere Tor traf und das rote Leibchen beim TBV endgültig wieder eingemottet wurde. Und nachdem Aron Palmarsson drei atemberaubende Treffer markiert hatte - das 26:17 erzielte der isländische Spielmacher mit einem Sprunghüftwurf aus vollem Lauf -, kamen die Publikumslieblinge Christian Zeitz und Wael Jallouz zurück ins Spiel. Und besonders Kiels tunesischer Neuzugang wusste die Massen zu begeistern. Mit jeder gelungenen Aktion wuchs das Selbstvertrauen von "Willi" an, der sprunggewaltige Rechtshänder hatte einige. Die Sparkassen-Arena bebte nach seinen vier tollen Sprungwürfen zum 30:20, und Jallouz durfte sogar zwei Siebenmeter werfen - erfolgreich, versteht sich.

Auch Alfred Gislason - hier nach  Sigurdssons kuriosem Kempatreffer - hatte in der zweiten Halbzeit eine Menge Spaß.
Klicken Sie zum Vergrößern! Auch Alfred Gislason - hier nach Sigurdssons kuriosem Kempatreffer - hatte in der zweiten Halbzeit eine Menge Spaß.
Aber auch die anderen Akteure des THW zeigten sich von ihrer Schokoladenseite: Fantastisch, wie Sigurdsson einen Kempapass Palmarssons per Dreher (!) zum 27:17 abschloss. Großartig, wie Christian Zeitz Timm Schneider mit einer Wurffinte ausstiegen ließ und per Durchbruch für das 29:19 sorgte. Und toll, wie Johan Sjöstrand auch Landsmann Rickard Lönn mit seinen Paraden fast zur Verzweiflung brachte. Am Ende parierte der Kieler Keeper die Hälfte aller Feldwürfe des TBV.

Am Sonnabend kommt Emsdetten
Das Kieler Publikum hatte daher allen Grund zum Feiern. Die "La Ola" schwappte bereits zehn Minuten vor Spielende durch die Sparkassen-Arena, und als Patrick Wiencek nach einem Pfostentreffer Jallouz' mit seinem Nachwurf für den erfolgreichen Schlusspunkt sorgte, feierten 10.285 längst stehende Zuschauer den neuen Tabellenführer der DKB Handball-Bundesliga. Dieser ist bereits am kommenden Sonnabend wieder im Einsatz. Um 19.00 Uhr ist dann Aufsteiger TV Emsdetten in der Sparkassen-Arena zu Gast. Für die Partie gegen das Kellerkind nutzen Dauerkarteninhaber bitte die Karte mit der Spielnummer 9.

(Sascha Krokowski)

Video: Höhepunkte des Spiels


Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Lemgo hat bisher eine tolle Saison gespielt. Wir waren ob der guten Leistungen gewarnt und haben uns richtig gut auf die heutige Aufgabe konzentriert. Allerdings sind wir schwer ins Spiel gekommen und hatten Glück, dass Lemgo nicht mit fünf oder sechs Toren weggezogen ist. Dann hatten wir Johan Sjöstrand, der einen sehr guten Tag hatte, und unsere Linkshänder sind im Angriff gut ins Spiel gekommen. Das war ein verdienter Sieg, mit dem 5:0-Lauf nach der Pause haben wir eine Vorentscheidung erzwungen. Sehr gefreut habe ich mich heute über Johans Leistung, der 50 Prozent der Bälle gehalten hat. Und natürlich über Wael Jallouz, der sehr gut gespielt und sein Potenzial angedeutet hat. Er hat noch ein wenig Mühe, in unser System zu finden. Aber er ist ein extrem netter Junge, der sich tierisch darüber freut, beim THW Kiel zu spielen.
Lemgos Trainer Niels Pfannenschmidt:
Glückwunsch an den THW Kiel zur Herbstmeisterschaft. Ich brauche nicht viel Worte verlieren, heute war das eine klare Sache. Wir sind gut in die Partie gekommen, später hat Johan Sjöstrand gefühlt 50 Bälle gehalten. Wir haben einfach zu viel verschossen und waren vielleicht auch zu mutig mit dem siebten Feldspieler. Man hat heute bei meiner Mannschaft den Substanzverlust bemerkt.
THW-Geschäftsführer Klaus Elwardt:
Unsere Fans hatten heute erneut ein feines Gespür für das, was die Mannschaft leistet. Einige haben zuletzt unsere Torhüter kritisch gesehen. Das heute war so etwas wie ein Signal, und ich hoffe natürlich, dass es so weiter geht. "Palle" hat am Sonntag beim Bergischen HC stark gehalten, und Johan war heute klasse. Ich hoffe auf einen Sieg am Sonnabend gegen Emsdetten, dann wollen wir in Ruhe Weihnachten feiern, und dann kommt es zum großen Showdown, dem - obwohl wir immer nur auf das nächste Spiel schauen - von allen Seiten entgegen gefiebert wird. Gefreut habe ich mich über Waels Auftreten heute. Er hat ein unglaublich sympathisches Auftreten, und wenn ich früher Christian Sprenger als schönsten Jubler der Bundesliga gesehen habe, so freut sich Wael doch momentan am meisten über seine Tore. Er kommt gut an und geht die Sache vollkommen unbekümmert an - ich glaube, deshalb wird er von den Fans auch so gefeiert.
THW-Rechtsaußen Christian Sprenger gegenüber den KN:
So leicht war es nicht. Das muss man sich natürlich erst erarbeiten. Über Jallouz: Das war sehr wichtig für ihn. Er kann es ja, das sehen wir auch jeden Tag im Training. Und das wird jetzt auch immer besser werden. Er hat heute ein super Spiel gemacht.
THW-Rückraumspieler Wael Jallouz gegenüber den KN:
Das war gut für mich, und ich hoffe, dass es in den nächsten Spielen immer besser wird. Alle meine Kollegen sind immer bei mir, eben wie eine richtige Mannschaft.
Lemgos Rückraumspieler Rolf Hermann gegenüber den KN:
Wir haben in der ersten Halbzeit gut mitgespielt. Dann fehlte auch die Substanz nach den letzten Spielen. Für uns ist das kein Weltuntergang. Wir wollten alle Spieler einsetzen, aber wie wir agiert haben, war das eine Mischung aus Müdigkeit und Respekt.
Video: Die Pressekonferenz

14. Spieltag: 18.12.13, Mi., 19.00: THW Kiel - TBV Lemgo: 38:25 (17:13)

Logo THW Kiel:
Sjöstrand (1.-60., 24 Paraden), Palicka (n.e.); Toft Hansen (2), Sigurdsson (7), Sprenger (4), Wiencek (1), Ekberg (n.e.), Zeitz (3), Jallouz (7/2), Palmarsson (4), Klein, Jicha (3), Vujin (7/1); Trainer: Gislason
Logo TBV Lemgo:
Bauer (1.-26., 46.-60., 10 Paraden), Dresrüsse (26.-46., 4 Paraden); Lönn (1), Bechtloff, Kehrmann (5), Possehl (2), Schneider (5/1), Hermann (4), Pekeler (3), Lemke (1), Herth (1), Haenen (1), Zieker (1), Niemeyer (1); Trainer: Pfannenschmidt
Schiedsrichter:
Hanspeter Brodbeck / Simon Reich
Zeitstrafen:
THW: 0;
Lemgo: 2 (Pekeler (37.), Possehl (49.))
Siebenmeter:
THW: 3/3;
Lemgo: 1/1
Spielfilm:
1. Hz.: 0:2, 1:2, 1:4 (5.), 2:4, 2:5, 3:5, 3:6, 4:6, 4:7 (10.), 7:7, 7:8 (14.), 10:8 (17.), 10:9, 14:9 (23.), 14:11, 16:11, 16:12, 17:12, 17:13;
2. Hz.: 21:13 (35.), 21:15, 24:15 (40.), 24:16, 25:16, 25:17, 27:17 (44.), 27:18, 28:18, 28:19, 29:19, 29:20, 32:20 (49.), 32:21, 33:21, 33:22, 35:22 (54.), 35:23, 36:23, 36:24, 37:24, 37:25, 38:25.
Zuschauer:
10.285 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena, Kiel)
Spielgrafik:
Spielgrafik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 19.12.2013:

THW-Tore zum Genießen

Handballmeister spielte sich mit 38:25-Sieg gegen Lemgo zurück an die Ligaspitze
Kiel. Tabellenführer! Herbstmeister! Der THW Kiel hat sich mit einem 38:25 (17:13)-Sieg über den TBV Lemgo zurück an die Spitze der Handball-Bundesliga katapultiert. In einer Partie, prallgefüllt mit unterhaltsamen Zungenschnalzern, wurde der Tabellen-Neunte phasenweise vorgeführt. Die Ostwestfalen, als Überraschungsteam der vergangenen Wochen angereist, agierten mutig und mit offenem Visier, gingen aber mit fliegenden Fahnen in der Kieler Arena unter.

Die Partie war im Vorwege von gegenseitiger Achtung geprägt. Lemgos junger Trainer Niels Pfannenschmidt bekundete Respekt vor der Kieler Atmosphäre, THW-Trainer Alfred Gislason zeigte sich beeindruckt von der Entwicklung der Gäste in dieser Saison. Doch mit dem Anpfiff war aller Respekt bei den Gästen verflogen. Mit viel Tempo legten sie los und eine schnelle Führung vor. Über 2:0 kamen sie beim 4:1 (5.) zum ersten Drei-Tore-Vorsprung. Verantwortlich dafür mit einem Doppelpack: Florian Kehrmann. Erst vernaschte er im Duell der beiden deutschen Weltmeister von 2007 Dominik Klein auf der Außenbahn, dann setzte er mit einem Tempogegenstoß noch einen drauf.

In der zehnten Minute gelang es dem künftigen Nationalspieler Finn Lemke noch einmal, den THW auf drei Tore zu distanzieren (7:4), als er seine komplette Körperlänge von 2,10 Meter in einen wuchtigen Rückraum-Wurf legte. Doch dann rüttelte sich das Kieler Team mit einigen Weckrufen selbst wach.

Zunächst war es Christian Zeitz, der mit zwei "Steals" in Folge den ersten Ausgleich herstellte (7:7, 13.), dann entlud sich die ganze Anspannung bei Aron Palmarsson in einem Lattenkracher, der als Abpraller bis hinauf an den Videowürfel flog.

Die Zebras galoppierten fortan davon, und als Filip Jicha auf 13:9 (21.) erhöht hatte, setzte Pfannenschmidt alles auf eine Karte und wechselte Torwart Thomas Bauer jeweils für einen siebten Feldspieler aus - zunächst scheinbar unbemerkt von den Kieler Spielern. Denn Torwart Johan Sjöstrand ließ nach einer Parade die seltene Gelegenheit ungenutzt, sich mit einem Wurf in den leeren Kasten in die Torschützenliste eintragen zu können. Dafür erntete er ein Raunen der Menge und den Dankesgruß seines Gegenübers Bauer.

Aufhalten ließen sich die Kieler aber nicht mehr. Insbesondere Wael Jallouz legte alle Hemmungen ab. Mit 115 km/h sprengte der Hammer von Hammamet beim 16:11 (26.) fast die Geschwindigkeitsmessung und brachte sich in Fahrt für einen Torrausch, der bis zum Spielende anhielt und mit sieben Treffern in seinem persönlichen Bundesliga-Rekord gipfelte.

Einen Eintrag in das Kuriositäten-Geschichtsbuch der Bundesliga verdiente sich Gudjon Valur Sigurdsson. Nachdem er zum Start in die zweite Hälfte mit einem Wurf über das ganze Feld ins freie Tor zum 18:13 (32.) erhöht hatte, kreiierte er zwei Minuten später einen Treffer, der auf der Presse-Tribüne den Namen "Abwehr-Kempa" erhielt. Mit einem Sprung in den eigenen Kreis fing Sigurdsson den Lemgoer Angriff ab, spielte den Ball im Flug zurück ins Feld und sah gebannt wie die Zehntausend in der Halle zu, wie das Spielgerät gemächlich über das Feld trottete und zum 20:13 ins Netz rollte. Der Sprint von Lemgos siebtem Feldspieler, Benjamin Herth, kam zu spät.

Spätestens jetzt hatten die Lemgoer ihre Linie verloren. Der THW agierte nach Belieben, Sigurdsson durfte sogar noch einen "echten" Kempa feiern, und Alfred Gislason, der sonst bis zur letzten Sekunde an der Außenlinie auf und ab tigert, lehnte sich bereits zwölf Minuten vor Schluss in seinem Sessel zurück - bereit zum Genießen.

Genießen, wie die La Ola durch das Rund schwappte. Genießen, wie Torwart Johan Sjöstrand mit insgesamt 25 Paraden den Gegner entnervte. Genießen, wie die Halle Jallouz mit "Willi, Willi"-Rufen feierte. Genießen, wie der Tunesier vor den Augen seiner angereisten Eltern zur Höchstform auflief. Und genießen, wie sich sein Team mit dem Kantersieg zurück an die Tabellenspitze spielte.

(von Ralf Abratis und Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 19.12.2013)


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