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28.12.2013 Mannschaft / Bundesliga

Kieler Nachrichten: THW überraschte den Trainer

Gislason hatte andere Teams an der Spitze erwartet - Individuelle Entwicklungen waren die Erfolgsbasis

Aus den Kieler Nachrichten vom 28.12.2013:

Kiel. Mit einem Neujahrsgruß in ihren Muttersprachen haben sich die THW-Handballer am Donnerstag von ihren Fans in die 40-tägige Punktspielpause verabschiedet - viele von ihnen in Richtung Europameisterschaft. Sie taten es nach einem beeindruckenden 35:24-Sieg über den HSV Handball in dem Wissen, die Bundesliga-Tabellenführung vor der SG Flensburg-Handewitt weiter gefestigt und die Erwartungen ihres Trainers Alfred Gislason im vergangenen halben Jahr übertroffen zu haben.
Für einen Rekordmeister und Titelverteidiger ist die Ligaspitze ein standesgemäßer Platz, doch vor dem Hintergrund des Umbaus des Teams zum Sommer hatte Gislason andere Mannschaften, die auf ein eingespieltes Kollektiv zurückgreifen konnten, vor sich erwartet: "Man hofft natürlich immer, dass das System funktioniert. Aber nach dem Abgang von vier wichtigen Spielern, der Operation von Aron (Palmarsson, d. Red.) vor und der Verletzung von Rasmus (Lauge, d. Red.) im Laufe der Saison hätte ich nicht gedacht, dass wir am Jahresende mit nur vier Minuspunkten an der Spitze stehen." Vom ersten Spiel an hatte der THW die Tabellenführung inne, musste diese nur zwischenzeitlich an Flensburg abgeben, als das Landesderby am 24. November in der Flens-Arena (30:34) verloren ging. Rechtzeitig vor Weihnachten eroberten die Kieler die Spitze aber mit dem klaren Sieg über Lemgo (38:25) wieder zurück.

Nach dem 20. Spieltag hat sich das Schleswig-Holstein-Duo Kiel und Flensburg deutlich an der Spitze abgesetzt. Hamburg und die Rhein-Neckar Löwen folgen erst in einem Respektabstand von fünf Punkten auf den THW. Dennoch sieht Gislason eine Liga, die enger zusammen gerückt ist. "Es ist spannend. Unter den ersten Zehn kann jeder jeden schlagen. Man muss sich in jedem Spiel voll konzentrieren." Dass das nicht immer gelingt, musste der THW am 9. Oktober erfahren, als er in Magdeburg klar vom Gegner dominiert wurde (31:34). Und bei den knappen Heimsiegen gegen den VfL Gummersbach (31:30) und die HSG Wetzlar (26:25) zum Saisonbeginn musste zweimal auch das Glück Pate stehen, um die Bilanz des THW zu retten.

Trotz der Tabellenspitze sieht Gislason andere Mannschaften gegenüber den Kielern im Vorteil. Der HSV hätte mit seinem Kader von 19 Spielern eine qualitative Breite, die Kiel nicht aufbieten kann: "Es wird immer behauptet, wir seien auf jeder Position doppelt gut besetzt. Tatsächlich können wir Verletzungen nicht so kompensieren wie Hamburg. Die Belastung liegt auf wenigen Schultern. Wir haben eine gut eingespielte erste Sieben. Für uns war es Glück im Unglück, dass Aron wieder fit war, als Rasmus sich verletzte. Aron ist zu einer großen Spielerpersönlichkeit gereift. Trotzdem hätte ich ihm und Filip (Jicha, d. Red.) gern mehr Pausen gegönnt. Jetzt muss ich hoffen, dass alle Spieler gesund von der Europameisterschaft in Dänemark zurückkommen." Eine Erhöhung des Kaders von 14 auf 16 Spieler würde sich Gislason zudem für die Zukunft wünschen.

Grundlage für die gute Leistung der Kieler in den vergangenen Monaten war nicht nur die Tatsache, dass sich die Spieler schneller als erwartet zum Team gefunden haben, auch die individuellen Entwicklungen beeindruckten. "Es ist erstaunlich, wie sich Rene (Toft Hansen, d. Red.) und Patrick (Wiencek, d. Red.) nach dem Weggang von Marcus Ahlm im Mittelblock gefunden haben." Vor allem Wiencek erstaunte den Trainer. Er agierte zuletzt ohne "blöde Fouls" und war immer am Mann dran.

Lachen muss der Trainer über die immer wieder von außen eröffnete Diskussion um die Torhüter beim THW. Vor allem nach der überragenden Leistung von Johan Sjöstrand im Spiel gegen den HSV konnte er sich die Ironie nicht verkneifen: "Für einen ganz schlechten Torhüter hat er gar nicht so schlecht gehalten." Die Statistiken sprächen selbst im Vergleich mit den hoch gelobten Torhütern von den Rhein-Neckar Löwen und den Füchsen Berlin für die THW-Torhüter Sjöstrand und Andreas Palicka. "Sie sind vielleicht nicht so spektakulär wie Thierry (Omeyer, d. Red.). Aber die beiden werden zu Unrecht von vielen kritisiert."

Während auch Marko Vujin im THW-Gefüge zu einer immer stärkeren Größe wird, hat Wael Jallouz in seinem ersten THW-Jahr noch Spiel nach oben. Der Tunesier muss laut Gislason lernen, nicht zu dicht an der Abwehr zu agieren, früher abzuspringen und seine Wurfkraft und Sprunggewalt auszuspielen, um so als einer von zwei Rechtshändern Filip Jicha mehr entlasten zu können. Dagegen kämpfe auf der anderen Rückraumseite Christian Zeitz mit Handproblemen. "Das ist nicht ungefährlich in der Doppelbelastung mit der Champions League. Denn trotz der aktuellen Top-Position in der Gruppe ist dort noch nichts entschieden. Nach dem Spiel in Kopenhagen im Februar wissen wir mehr."

Vorher gehen die Blicke des THW aber zur EM in Dänemark (12. bis 26. Februar), bei dem die Kieler Akteure in den Nationalteams von Dänemark, Schweden, Island, Tschechien und Serbien vertreten sind. Zudem reist Wael Jallouz mit der tunesischen Nationalmannschaft zum Afrika-Cup (15. bis 25. Januar.), während die verbliebenen Spieler am 13. Januar wieder zum Trainingsauftakt in Kiel zusammen kommen. Erster Pflichtspieltermin ist dann am 4. Februar beim # VfL Gummersbach.

(von Ralf Abratis, aus den Kieler Nachrichten vom 28.12.2013)


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