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08./10.06.2013 - Letzte Aktualisierung: 10.06.2013 Bundesliga

THW wirft Großwallstadt aus der ersten Liga

Bundesliga, 34. Spieltag: 08.06.2013, Sa., 16.30: TV Großwallstadt - THW Kiel: 29:32 (10:16)
Update #2 KN-Bericht und Spielbericht ergänzt ...

Mit seinem 30. Saisonsieg verabschiedet sich der alte und neue Meister THW Kiel aus der Bundesligasaison 2012/13. Ein 32:29 (16:10)-Sieg, der für den gastgebenden TV Großwallstadt in der ausverkauften f.a.n. frankenstolz arena in Aschaffenburg den erstmaligen Abstieg aus der stärksten Liga der Welt bedeutet. Mitte der zweiten Halbzeit hatten die Franken zum zwischenzeitlichen 23:23 ausgeglichen und waren zu dem Zeitpunkt in der Tabelle am langjährigen Rivalen VfL Gummersbach (26:28 gegen Neuhausen) vorbei gezogen. Doch die "Zebras", bei denen Marko Vujin mit 7/4 Treffern erfolgreichster Schütze war, schlugen zurück und besiegelten damit das Schicksal des TVG.
Großwallstadt braucht Handballwunder
Fast auf den Tag genau vor drei Jahren gab es schon einmal dieses Traditionsduell am letzten Bundesliga-Spieltag in Aschaffenburg: Am 5. Juni 2010 siegte der THW Kiel mit 27:24 und sorgte damit für rundum strahlende Gesichter in der f.a.n. frankenstolz arena. Denn damit sicherten sich die "Zebras" einst ihren 16. Meistertitel, während sich der TV Großwallstadt mit einem Tor Vorsprung auf die Füchse Berlin die Teilnahme am EHF-Cup sicherte.

Diesmal waren die Vorzeichen andere: Der THW Kiel stand bereits seit Wochen zum nunmehr 18. Mal als deutscher Meister fest, während der TV Großwallstadt ein Handballwunder benötigte, um noch den sportlichen Klassenerhalt zu schaffen. Ein Heimsieg (zuletzt 2001) oder ein Unentschieden (zuletzt 2004) gegen den Rekordmeister allein würde nicht reichen, denn der TVG war zudem auf die Schützenhilfe des bereits abgestiegenen TV Neuhausen angewiesen, der zeitgleich beim VfL Gummersbach mindestens einen Punkt mehr entführen musste als Großwallstadt gegen den THW.

THW ohne drei Leistungsträger
Doch immerhin: Nach der höchsten Bundesliga-Niederlage der Vereinsgeschichte (20:38 in Göppingen) hatte man in Unterfranken beim 33:28-Erfolg in Lübbecke zuletzt Moral bewiesen. Es machte sich ein kleines bisschen Hoffnung breit, zumal Großwallstadts Linkshänder Runar Karason sich rechtzeitig zum Saisonausklang wieder fit meldete, während die Kieler nach 60 Pflichtspielen in dieser Saison auf dem Zahnfleisch krochen: Alfred Gislason fehlten in Aschaffenburg mit Marcus Ahlm (Oberschenkelverletzung), Aron Palmarsson (Knieoperation) und Christian Zeitz (Mittelhandbruch) gleich drei Leistungsträger, zudem ging es für den THW Kiel selbst um nichts mehr in dieser Partie.
Konzentrierter Beginn der "Zebras"
Der THW Kiel zeigte vor 4.200 Zuschauern in der ausverkauften f.a.n. frankenstolz arena aber von Beginn an, dass man nicht gewillt war, die Zügel schleifen zu lassen und damit die Entscheidung im Abstiegskampf zu beeinflussen. Die 6:0-Deckung um Rene Toft Hansen und Momir Ilic funktionierte gut, dahinter erwischte auch Thierry Omeyer einen guten Start. Großwallstadt hingegen wirkte nervös, was sich beispielsweise nach dem 2:1 durch Momir Ilic zeigte: Joakim Larsson unterlief direkt beim Anwurf ein Schrittfehler, und Marko Vujin rauschte per Gegenstoß zum 3:1 davon, ehe der von einer Zeitstrafe zurückgekehrte Toft Hansen nach tollem Rückhandpass Ilics gar auf 4:1 erhöhte.
Klare Pausenführung für den THW
In der Folgezeit hielt Großwallstadt zwar dagegen, doch der THW Kiel ließ die Gastgeber aber nicht zum Ausgleich kommen. Sprenger wurde von Vujin zum 5:2 bedient, Ilic und Vujin verwandelten ihre Siebenmeter, Sigurdsson und Toft Hansen trafen per Gegenstoß. Und nachdem Rechtshänder Patrick Schmidt, der Karason früh im rechten Rückraum beerbte, in der 22. Minute zum 10:13-Anschluss traf, sollte dies der letzte Treffer der Gastgeber im ersten Durchgang bleiben. Nach zwei Toren Vujins und einem Ekberg-Siebenmeter zum 16:10-Halbzeitstand schien der Abstieg des Altmeisters schon zur Pause beinahe besiegelt.
Großwallstadt dreht nach Seitenwechsel auf
Indes: In Aschaffenburg machte mittlerweile das Ergebnis aus Gummersbach die Runde. Der VfL lag gegen den TV Neuhausen zur Pause überraschend ebenfalls mit sechs Treffern hinten, und diese Entwicklung setzte neue Kräfte bei den Zuschauern und auch bei der Mannschaft von Peter David und Peter Meisinger frei. Tor um Tor robbte sich der TVG an den THW heran, obwohl der mittlerweile zwischen den Pfosten stehende Andreas Palicka einige hochkarätige Chancen entschärfte. So parierte der Schwede zweimal gegen den völlig freien Michael Spatz und verhinderte damit den 22:22-Ausgleich. Im Gegenzug holte Narcisse nach einem Wackler einen Siebenmeter heraus, und Ekberg traf zum 23:21 für die "Zebras", die gerade auf eine 3:2:1-Deckung umgestellt hatten. Doch die Hoffnung des TVG auf den Klassenerhalt erreichte einen neuen Höchststand, als der starke Linksaußen Max Holst per Strafwurf den erneuten Anschluss schaffte und nach einem Ballverlust von Narcisse per Gegenstoß tatsächlich erstmals seit dem 1:1 zum 23:23 egalisierte. Die f.a.n frankenstolz arena stand Kopf - nach 47 Spielminuten war der TV Großwallstadt virtuell gerettet.
THW mit dem besseren Ende
Dann allerdings handelte sich David Graubner eine Zeitstrafe ein, in Überzahl sorgten Sprenger und Narcisse für das 25:23 für den THW. Graubner verkürzte zwar, doch nachdem Palicka gegen Karason zur Stelle war und Larsson vom Kreis nur den Pfosten traf, waren die Kieler durch einen Jicha-Sprungwurf und einen Sigurdsson-Gegenstoß wieder auf 27:24 enteilt. Der TVG versuchte in den Schlussminuten noch einmal alles, verkürzte mit offensiver Manndeckung 100 Sekunden vor Schluss noch einmal von 24:29 auf 27:29. Doch die "Zebras" ließen nichts mehr anbrennen: Sprenger, Narcisse und Ilic besiegelten mit ihren Treffern den erstmaligen Abstieg des TV Großwallstadt aus der DKB Handball-Bundesliga. Die rundum glücklichen Gesichter gab es diesmal woanders: In der Eugen-Haas-Halle in Gummersbach, wo der gastgebende VfL trotz einer 26:28-Niederlage gegen den stark auftrumpfenden TV Neuhausen den Klassenerhalt feiern konnte.
Double-Feier auf dem Kieler Rathausplatz
Gefeiert wird natürlich auch in Kiel: Auf dem Rathausplatz werden am Samstagabend mehr als 15.000 schwarz-weiße Fans erwartet, wenn die Mannschaft des Double-Siegers - nach dem Flug von Aschaffenburg nach Holtenau und der Busfahrt zur Sparkassen-Arena geht es im kurzen Autokorso über die Rathausstraße direkt zu den Fans - sich für eine grandiose Spielzeit feiern lässt.

(Sascha Krokowski)

 

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34. Spieltag: 08.06.13, Sa., 16.30: TV Großwallstadt - THW Kiel: 29:32 (10:16)

Logo TV Großwallstadt:
Galia (37.-60. und ein Siebenmeter, 5 Paraden), Wolff (1.-37., 7/1 Paraden); Spatz (4), Bühler, Graubner (5), Eisenkrätzer, Holst (9/3), Larsson (4), Jakobsson, Köhrmann, Karason (1), Schmidt (2), Maas, Pomeranz (4); Trainer: David
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-30., 7 Paraden), Palicka (31.-60., 8 Paraden); Toft Hansen (3), Sigurdsson (2), Sprenger (4), Ahlm (n.e.), Wiencek (1), Ekberg (3/2), Zeitz (n.e.), Narcisse (5), Ilic (5/2), Klein, Jicha (2), Vujin (7/4); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Martin Harms / Jörg Mahlich
Zeitstrafen:
Großwallstadt: 5 (Spatz (8.), Jakobsson (11.), 2x Larsson (12., 27.), Graubner (47.));
THW: 4 (2x Toft Hansen (5., 56.), Sprenger (17.), Wiencek (32.))
Siebenmeter:
Großwallstadt: 3/3;
THW: 9/8 (Wolff hält Vujin (27.))
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 1:1, 1:4 (8.), 2:4, 2:5, 3:5, 3:6, 4:6, 4:7 (11.), 5:7, 5:8, 6:8, 6:9, 7:9, 7:10 (16.), 9:10 (19.), 9:13, 10:13 (22.), 10:16;
2. Hz.: 11:16, 11:17, 12:17, 12:18, 14:18 (36.), 14:19, 16:19, 16:20, 17:20, 17:21 (39.), 20:21 (43.), 20:22, 21:22, 21:23, 23:23 (47.), 23:25, 24:25, 24:29 (56.), 27:29 (59.), 27:30, 28:30, 28:31, 29:31, 29:32.
Zuschauer:
4.200 (ausverkauft) (f.a.n. frankenstolz arena, Aschaffenburg)
Spielgrafik:
Spielgrafik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 10.06.2013:

Ende einer Ära: TVG steigt ab

Gründungsmitglied der Handball-Bundesliga steht vor einem Scherbenhaufen - Gislason rechnet mit VfL-Bossen ab
Aschaffenburg. Großwallstadt trägt Trauer: Das Gründungsmitglied der Handball-Bundesliga ist abgestiegen. Ein Pünktchen fehlte dem Altmeister am Ende zum Klassenerhalt. Doch der Niedergang des ruhmreichen Klubs hatte sich schon lange vor der 29:32 (10:16)-Niederlage am Sonnabend gegen den THW Kiel angekündigt. Wie es beim TVG nun weitergeht, steht in den Sternen.

"Der Abstieg ist eine Katastrophe. Für den Verein, für die Spieler und für die Region", sagte Sportdirektor Peter Meisinger. "Ich habe die Hoffnung, dass es hier noch irgendwie weitergeht. Doch dafür muss noch einiges passieren." Nur zwei Spieler haben einen Vertrag, die Lizenz für die 2. Liga ist längst nicht gesichert.

Meisinger und die Spieler standen noch lange nach dem Schlusspfiff auf dem Parkett der Aschaffenburger Frankenstolz-Arena und kämpften mit den Tränen. Sie hatten bravourös gekämpft, hatten kurzzeitig sogar an die Rettung geglaubt - doch am Ende war alles umsonst. "Mit Blick auf das Ergebnis in Gummersbach hätte es für uns nicht schlimmer kommen können", sagte Kapitän Sverre Jakobsson.

Weil der VfL Gummersbach zeitgleich sein Heimspiel gegen den TV Neuhausen verlor, hätte ein Punkt gegen die Kieler am Ende gereicht. In der 47. Minute hatten die Gastgeber zum 23:23 ausgeglichen, zeitgleich lag der VfL gegen Neuhausen in eigener Halle 18:21 zurück. In diesen Sekunden war der VfL auf einem Abstiegsplatz, mit dem TVG und den Kielern der letzte "Dino", der seit Gründung der eingleisigen Bundesliga ununterbrochen im Oberhaus mitgespielt hatte. Doch die "Zebras" rafften sich noch einmal auf. Andreas Palicka, nach dem Seitenwechsel für Thierry Omeyer gekommen, hielt ein paar wichtige Bälle. Vorne machten Daniel Narcisse, ein Ex-Gummersbacher wie Patrick Wiencek, "Goggi" Sigurdsson und Momir Ilic, den Unterschied aus. Kiel, das wurde deutlich, wollte im Abstiegskampf keine unglückliche Rolle im Duell der anderen Traditionsclubs einnehmen.

"Wir haben das Versprechen eingehalten, das ich dem Kölner Express am Rande des Final4 gegeben habe", sagte Alfred Gislason, der vor seinem Wechsel zum THW im Sommer 2008 den VfL trainierte. "Aber ich schäme mich für die neue Geschäftsführung des VfL, die mit einem verdienten Spieler wie Vedran Zrnic so mies umgeht. Eigentlich hätten diese Personen das nicht verdient!" Frank Flatten hatte den Kapitän, trotz eines bis Juni 2015 laufenden Vertrages, wegen angeblich "unloyalen Verhaltens" erst kürzlich vor die Tür gesetzt.

Die Pleite des TV Großwallstadt gegen Kiel war nur der dramatische Schlussakkord einer desaströsen Saison. "Eine so engagierte Leistung wie heute hätten wir in einigen anderen Spielen zeigen müssen. Wir Spieler haben in dieser Saison Fehler gemacht, der Vorstand aber auch", sagte Jakobsson und sprach damit aus, was zuletzt immer offensichtlicher geworden war. Neben sportlicher Unbeständigkeit beschleunigte eine kontinuierliche Misswirtschaft in der TVG-Führungsetage den tiefen Fall des einstigen Vorzeigeklubs. Monatelang warteten die Spieler auf ihre Gehälter, vorübergehend traten sie sogar in den Streik. Die Zeiten, in denen die "Wällster" Titel en masse einheimsten und mit Spielern wie Kurt Klühspies, Martin Schwalb oder Uli Roth den deutschen Handball dominierten, sind längst vorbei.

Nach der zurückliegenden Seuchen-Saison droht der Verein nun auch sein letztes Tafelsilber, die talentierten Nachwuchsspieler, zu verlieren. "Ich werde mir jetzt auch einen neuen Verein suchen, mit mir hat aus dem Vorstand niemand gesprochen", sagte Jonathan Eisenkrätzer frustriert. Der 23-jährige Rückraumspieler steht sinnbildlich für die Zukunft des Klubs.

Noch drängender als die fehlenden Spielerverträge sind aber die finanziellen Probleme. Die Mainfranken bangen noch immer um die Lizenz für die 2. Liga. "Die Geldgeber haben uns die Nachbesserungen zugesichert. Zurzeit gilt die Lizenz aber als nicht erteilt", sagte Liga-Geschäftsführer Frank Bohmann. Stichtag ist der 12. Juni. Bei einem Lizenzentzug steigt der TVG in die 3. Liga ab und würde wieder auf einer Leistungsstufe mit dem THW Kiel stehen - dann allerdings mit der zweiten Mannschaft des Rekordmeisters. Bei einem Zweitliga-Spielrecht für den TVG käme es zu Duellen mit dem TSV Altenholz.

Ein solches Horrorszenario hält Meisinger nicht für ausgeschlossen. "Man muss auf soliden Füßen stehen, ansonsten sollte man die Finger davonlassen. Wenn es nicht geht, müssen wir aufgeben", sagte Meisinger, der sich im Sommer offiziell zurückziehen wird und dann nur noch als Berater zur Verfügung steht. Auch Trainer Peter David ("Ich bin als Trainer und Spieler noch nie abgestiegen") verlässt den Verein. Sein Nachfolger Khalid Khan steht vor einer schwierigen Aufgabe.

(von Ralf Abratis, Wolf Paarmann, Merle Schaack, Imke Schröder, aus den Kieler Nachrichten vom 10.06.2013)


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