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19.-21.08.2000 - Letzte Aktualisierung: 21.08.2000 Bundesliga

Unglaublich! THW demontiert Mitfavorit Lemgo in eigener Halle!

Ege Weltklasse - THW wie im Rausch

Bundesliga, 3. Spieltag: 19.08.2000, Sa., 19.30: TBV Lemgo - THW Kiel: 25:29 (11:15)
Was für ein denkwürdiger Tag für den THW: In Lemgo zu punkten, das ist schon ein Erlebnis, das dem THW bisher nicht zu oft vergönnt war. Aber beim Mitfavoriten um den Titel mit 29:25 (15:11) zu gewinnen und den TBV dabei zu demontieren - der THW führte teilweise mit zehn Toren - das ist einfach unglaublich!
Ausgeglichener Start in der Lipperlandhalle: Der TBV Lemgo legte durch Stephan, Baumgartner und Zerbe vor, der THW zog stets nach, Tore durch Jacobsen, Olsson und Perunicic. Nach sieben Minuten stand es 3:3, eine Minute später 4:4, nach zwölf Minuten 6:6. Dann konnte der THW mit 8:6 in Führung gehen (15. Minute), Nenad Perunicic hatte da schon dreimal getroffen.

Doch dann unüberlegte Würfe des THW und Lemgos spanischer Nationaltorhüter Fort Mauri zeigte einige gute Paraden. Durch zwei Tore von Kehrmann und eines von Lause erlangte der Gastgeber die Führung zurück, die er aber postwendend wieder abgab, in der 23. Minute führten nun die Zebras wieder (10:9). Bis dahin sahen die 3800 Zuschauer in der ausverkauften Lipperlandhalle eine ausgeglichene Partie auf höchstem Niveau. Doch dann folgte der Einbruch des TBV, der THW dagegen setzte systematisch sein Spiel fort, inszenierte eine Handballdemonstration und baute seine Führung bis zur 25. Minute auf 14:10 aus.

Ein wichtiger Grundstein hierfür war Steinar Ege, der schon in dieser frühen Phase mit elf Paraden von "hunderprozentigen Würfen" glänzen konnte. In der letzten Minute verkürzte Marc Baumgartner auf 11:14, doch eine Sekunde vor Schluß erneut ein Strafwurf für den THW, den Nikolaj Jacobsen gegen den extra eingewechselten Lutz Grosser sicher verwandelte. Das war der sechste Treffer des Dänen - genauso viele hatte bis zur Pause auch Nenad Perunicic erzielt.
Kam ins Grübeln: Lemgos Trainer Chevtsov
Kam ins Grübeln: Lemgos Trainer Chevtsov
Lemgo deckte zum Großteil offensiv, nahm Staffan Olsson oder Morten Bjerre auf Mann. Der angeschlagene Max Wislander, der mit Fort Mauri bei einigen Würfen Probleme hatte, wurde nur sporadisch eingesetzt. Volle Spielzeit erhielt dagegen Jonas Ernelind, THW-Nezugang auf Rechtsaußen.

Nach der Pause setzte der THW seine starke Leistung gegen ein nicht überzeugend auftretenden TBV fort, Stefan Lövgren markierte mit seinem zweiten Treffer das 16:11 (32.). Dann bauten die Zebras ihren Vorsprung weiter aus, 20:14 führte der Deutsche Meister nach 38 Minuten, hielt diesen Acht-Tore-Vorsprung weiter (45. Minute: 24:16-Führung). Chevtsov versuchte Mitte der zweiten Halbzeit, das Ruder noch einmal herumzureissen, brachte für den spanischen Nationaltorhüter Fort Mauri den erfahren Lutz Grosser, der sich in der Vorjahren oft als "THW-Schreck" profilieren konnte. Doch auch der blieb im Lemgoer Kasten mehr als wirkungslos, mußte in der 45. Minute wieder auf die Bank

Auf der Gegenseite glänzte dagegen sein Kollege Steinar Ege, der die Lemgoer zur Verzweiflung trieb. Überragend auch Nikolaj Jacobsen und Nenad Perunicic mit je acht Toren bis zur 45. Minute. Das war eine Demontage des Titelaspiranten aus Ostwestfalen, die Lipperlandhalle war totenstill.
Mann des Abends: Steinar Ege
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Die restliche Viertelstunde brachte der THW locker nach Hause. Nach 51 Minuten führte man gar mit zehn Toren: 27:17, drei Minuten vor Abpfiff dann immer noch eine 29:21-Führung. Lemgo verkürzte bis zum Schlußpfiff zwar noch auf 29:25, doch das war reine Ergebniskosmetik. Beste Schützen beim THW waren Nikolaj Jacobsen und Nenad Perunicic mit je zehn Toren, doch überragender Mann des Abends war Steinar Ege (Foto), der mit sage und schreibe 20 Paraden den TBV-Angriff fast alleine stoppte! Bei Lemgo waren Baumgartner (7), Zerbe (6) und Stephan (5/4) am erfolgreichsten.

Der THW war Lemgo in allen Belangen überlegen, glänzte durch mannschaftliche Geschlossenheit und Siegeswillen und überzeugte auch im individuellen Bereich: Nikolaj Jacobsen zeigte wieder einmal Wurfbrillanz und Eiseskälte, zudem ließ Nenad Perunicic nach zuletzt schwankenden Leistung endlich wieder seine großen Möglichkeiten mehr als durchscheinen: Zehnmal traf er aus dem Rückraum, wirkte hochmotiviert und spielte zudem sehr mannschaftsdienlich, ein toller Auftritt des Montenegriners. THW-Spielmacher Stefan Lövgren kurbelte das Spiel ununterbrochen an und am Kreis sorgten Petersen und Wislander für die nötige Unruhe. Prunkstück war jedoch die 6:0-Abwehr mit dem Mittelblock Perunicic, Petersen, Wislander und Olsson, hinter der Steinar Ege eine Weltklasse-Leistung zeigte.

Die Flensburger Mannschaft, die sich das Spiel in der Lipperlandhalle auf der Anreise nach Wuppertal ansah, soll nach Abpfiff übrigens etwas bedrückt ausgesehen haben...

Freitagnachmittag bestanden noch schwere Zweifel, ob Max überhaupt auflaufen könnte, er war in der Schlußphase des Spiels gegen Dormagen umgeknickt. Doch THW-Physiotherapeut Hauke Mommsen brachte Wislander mit einer Lymphdrainage wieder auf die Beine: "Ganz schmerzfrei ist Max nicht, aber er wird durchhalten."

Stimmen zum Spiel:

Lemgos Trainer Iouri Chevtsov:
[Frage: Warum haben sie an der 5:1-Deckung festgehalten, die gegen den THW offensichtlich nicht funktionierte?]
Für mich war es die richtige Taktik.
In der ersten Hälfte hatten wir überhaupt keine Probleme in der Abwehr. Die Gegentore fielen von Außen. Ich habe das 5:1 auf Olsson abgestellt, weil ich unbedingt gewinnen wollte.
THW-Trainer Noka Serdarusic:
So können wir nicht jeden Tag spielen. Es kommt selten vor, daß ich in Lobeshymnen ausbreche, aber heute habe ich eine absolut klasse Vorstellung meiner Mannschaft gesehen und sogar ein paar Mal geklatscht. Sowas sieht man nicht alle Tage. Das war ganz stark, die Abwehr super, der Angriff klasse und Torhüter Steinar Ege weltklasse, als nichts anderes kann man diese Leistung bezeichnen.

[Zur Abwehrleistung:]
Wir haben am Freitag noch ein Mal die offensive 3-2-1-Abwehr geübt. Aber vor dem Spiel habe ich mich für die defensivere 6:0-Formation entschieden. Das war schließlich unser Trumpf.

Von unseren 29 Toren fielen zehn nach Gegenstößen. Lemgo hat die meisten Treffer durch duch seinen Angriff kassiert, der zehn bis zwölf Bälle verschenkt hat. Wir haben die Lemgoer Deckung jedenfalls nicht so ausgespielt, wie wir es eigentlich wollten.

Lemgos Manager Fynn Holpert:
Kiel hat heute gezeigt, daß es die absolute Spitzenmannschaft in Europa ist.

Für uns kam die Partie zu früh. Daniel Stephan und Achim Schürmann benötigen nach den langen Pausen noch einige Zeit. Zudem ist die Verbindung mit Marc Baumgartner an den Kreis noch nicht automatisiert.

[Und mit Galgenhumor:]
Es hat doch ein Gutes, daß die Liga auf 20 Teams aufgestockt wurde, so hat der THW noch die Möglichkeit zu stolpern.

THW-Manager Uwe Schwenker:
Wir haben in den psychologisch wichtigen Momenten kurz vor und nach der Halbzeit die einfachen Tore erzielt. Da hat Steinar sie allein aus dem Tritt gebracht.

Ich freue mich über den Saisonstart nach Maß. Wir nur nun auch noch gegen Großwallstadt und Hameln gewinnen, dann hätten wir tatsächlich einen Traumstart hingelegt. Aber: Wir stehen vor einer Marathonsaison. Wenn man nach fünf Kilometern führt, ist nichts gewonnen. Entscheidend ist, wer bei Kilometer 42 über die Ziellinie läuft.

[Zur Superleistung von Steinar Ege:]
Ich wußte, daß Steinar ein Supertorwart ist. Da konnten wir nichts falsch machen. Zudem ist damals ein Ausländerplatz freigeworden und Steinar ist sechs Jahre jünger als Goran. Ich freue mich, daß Goran in Schwartau zum "Volkshelden" avanciert ist, jetzt sind alle zufrieden...

[Und zur Leistung von Lemgo:]
Diese Partie kam für uns zu einem günstigen Zeitpunkt. Daniel Stephan und Achim Schürmann merkt man die langen Verletzungspausen an, sie sind noch nicht so weit.

THW-Torhüter Steinar Ege:
Lemgo mußte für jedes Tor hart arbeiten, wir haben viele leichte gemacht.

Ich bin konzentriert in die Partie gegangen. Außerdem hat die Niederlage des letzten Jahres noch tief gesessen. Da mußten wir etwas gut machen, und das ist gelungen, weil ich mich auf meine Abwehr verlassen kann. Die hat mir prima geholfen.

Über den Sieg freue ich mich einen Tag, aber dann schauen wir wieder nach vorn.

Wuppertals Trainer Bob Hanning, auch Co-Trainer der Nationalmannschaft:
Das war Handball der Zukunft mit einem sensationellen Egenstoß. Eine Demonstration. Ich glaube, ich habe schon jetzt den alten und neuen Meister gesehen.

Pressestimmen:

Kieler Nachrichten:
"Lehrstunde für Lemgo - ein Schock für die Liga"
sport.de:
"Kieler Meisterleistung in Lemgo", "THW Kiel scheint erneut zu einem Durchmarsch in der 1. Handball-Bundesliga anzusetzen"
sid:
"Lehrstunde für den TBV Lemgo", "Der deutsche Handball-Meister THW Kiel zeigte ... wie es richtig geht.", "Der deutsche Handball-Meister ist zu Beginn der Saison in bestechender Form.",

Stimmen aus dem Internet:

Nach dem tollen Sieg waren die THW-Fans im Internet euphorisch: "Was für ein Samstag!" Einige wähnen im Glücksgefühl sogar schon die deutsche Meisterschaft sicher: "Deutscher Meister wird nur der THW! Das Spiel in Lemgo zeigt, daß man sich auf unser Team verlassen kann. Selbst den Ausfall von Max hat die Truppe weggesteckt. Herzlichen Glückwunsch!"
Auch die Fans von anderen Vereinen wie z.B. aus Nettelstedt waren überzeugt von der Leistung des THW: "Bin als Nettelstedter gestern ausnahmsweise mal fremdgegangen. Ich war in Lemgo und muß sagen, das war eine Handballdemonstration. Der absolute Wahnsinn, so wird der THW wieder Meister. Eigentlich schade, aber wer so gut ist, hat's einfach verdient."
Selbst die Flensbuger Fans erkannten die grandiose Leistung an: "Dieser deutliche sieg hat mich doch ziemlich überrascht. Ihr seid momentan anscheinend echt gut drauf. Auch wenn die saison noch jung ist, würde ich wetten, daß es am Ende wieder einen Zweikampf zwischen dem THW und der SG gibt. Auch wenn Ihr es nicht glauben könnt, ich als SG-fan zolle dem THW für diesen klaren sieg meinen Respekt!"
Und ein Lemgoer Fan schrieb im THW-Fan-Forum: "Ich muß sagen, alle Achtung! Ihr habt wirklich super gespielt und verdient gewonnen! Aber was ich am besten fand, waren die THW-Fans! Ich habe das erste Mal seit langem in der Ecke gesessen, wo die meisten THW-Fans waren und es war supilustig (trotz des für uns nicht so tollen Ergebnisses, heul, schluchz)! Und wie ihr alle drauf seid! Einfach klasse! Da kann ich mir ja vorstellen, wie es in der Ostseehalle zugeht! Ich würde sagen, da komme ich doch auch mal vorbei!"

3. Spieltag: 19.08.00, Sa., 19.30: TBV Lemgo - THW Kiel: 25:29 (11:15)

Logo TBV Lemgo:
Mauri (1.-38., 45.-60.), Grosser (38.-45.); Schürmann, Stephan (5/4), Ganschow (2), Sinjak, Zerbe (6) Koke, Lause (1), Baumgartner (7), Kehrmann (2), Walther (1); Trainer: Chevtsov
Logo THW Kiel:
Ege (1.-56.), Geerken (56.-60.); Wislander (2), Jacobsen (10/4), Ernelind (2), Schwenke, Bjerre, Perunicic (10), Petersen, Lövgren (4), Schmidt, Olsson (1); Trainer: Serdarusic
Schiedsrichter:
Lemme / Ullrich (Magdeburg)
Zeitstrafen:
Lemgo: 3 (Schürmann, Walther, Zerbe);
THW: 5 (Perunicic, zweimal Petersen, Lövgren, Olsson)
Siebenmeter:
Lemgo: 5/4 (Baumgartner scheitert an Geerken);
THW: 5/4 (Jacobsen scheitert an Mauri)
Spielfilm:
1. Hz.: 1:0, 3:3, 4:4, 6:6, 6:8, 9:8, 9:10, 9:12, 10:14, 11:14, 11:15;
2. Hz.: 11:16, 13:16, 14:18, 14:22, 15:22, 15:23, 16:23, 16:24, 17:27, 19:28, 21:29, 25:29
Zuschauer:
3800 (ausverkauft) (Lipperlandhalle, Lemgo)


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