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01./02.05.2002 - Letzte Aktualisierung: 02.05.2002 Bundesliga

THW gibt alles - Lemgo geht unter

Bundesliga, 29. Spieltag: 01.05.2002, Mi., 19.30: THW Kiel - TBV Lemgo: 27:25 (13:11)
Update #4

Piotr Przybecki - hier im Angriff - schied nach 25 Minuten erneut verletzt aus...
Klicken Sie zum Vergrößern! Piotr Przybecki - hier im Angriff - schied nach 25 Minuten erneut verletzt aus...
Der THW bleibt im Meisterschaftsrennen. Durch einen 27:25 (13:11)-Sieg über Lemgo verdrängte der THW Kiel mit einer unglaublichen Energieleistung die Ostwestfalen von Tabellenplatz zwei. Unglaubliches Pech hatte beim Erfolg Piotr Przybecki, der sich bei seinem ersten Einsatz in dieser Saison erneut verletzte und für den Rest der Spielzeit wohl ausfallen wird.
Der THW trat ohne die verletzten Lozano, Scheffler und Bjerre an. Dafür war erstmals in einem Pflichtspiel für den THW Piotr Przybecki mit dabei. Der polnische Nationalspieler wurde bei seinem Ostseehallendebüt mit riesigem Jubel von den Fans empfangen. Trotz der Euphorie - wohl auch ausgelöst durch den EHF-Pokalsieg - ging Lemgo zunächst mit 4:1 in Führung (6.). Obwohl Henning Fritz mehrere hundertprozentige Chancen der Lemgoer vereitelt hatte, konnten die Ostwestfalen durch Tore von Schwarzer, Zerbe und Baur (zweima) in Führung gehen, denn beim THW lief's in den ersten Minuten noch nicht rund.

Als dann aber Przybecki mit einem tollen Rückraumkracher sein erstes Tor in einem Pflichtspiel für den THW zum 2:4 (7.) erzielte, begann die Jagd auf den Titelfavoriten, der nicht unbedingt souverän wirkte. Dem TBV gelang nach zwei Lövgren-Toren zum 4:4 (8.) noch einmal mit dem 6:4 (9.) eine Zwei-Tore-Führung, die in der Folge aber dahinschmolz.

Der TBV leistete sich einfach noch deutlich mehr Fehler als der THW. Der Rückraum der Mannschaft, die vor zwei Wochen ihren Trainer Tluczynski demontiert hatte, war mehr als harmlos, die Außen nicht vorhanden. Am Ende des Spiels hatte der Rückraum eine Trefferquote von 8 Toren bei 30 Versuchen, von Außen gab es laut DSF-Statistik keinen einzigen Treffer zu verzeichnen. So konnte der THW über 5:6 (9.), 5:7 (13.) und 6:7 (15.) endlich wieder ausgleichen: 7:7 (15.). In Überzahl markierte Staffan Olsson zwei Minuten später dann mit dem 8:7 (17.) dann sogar die erste Führung für die Hausherren.

Leidensgenossen: Nikolaj Jacobsen spricht mit dem verletzten Piotr Przybecki.
Klicken Sie zum Vergrößern! Leidensgenossen: Nikolaj Jacobsen spricht mit dem verletzten Piotr Przybecki.
Lemgo gelang dann in der 19. Minute mit dem 9:8 durch Baur (Strafwurf) eine letzte Führung, doch der THW war - auch dank eines tollen Henning Fritz, der sich immer mehr steigerte - Herr der Lage. Lövgren glich per Gegenstoß zum 10:10 (21.) aus, Fritz parierte und Piotr Przybecki traf per toller Einzelaktion, bei der seine unglaubliche Dynamik sichtbar wurde, zum 11:9 (23.).

Schrecksekunde dann in der 25. Minute, als Piotr Przybecki umknickte und humpelnd das Spielfeld verlassen mußte - Totenstille in der Ostseehalle, was für ein unglaubliches Pech für den sympathischen Polen (siehe auch Sonderbericht). Nun mußte es Julio Fis auf der linken Rückraumposition richten. Der Kubaner erfüllte seine Rolle und war zum ersten Mal mit dem 13:10 erfolgreich (28.), nachdem Lemgo zuvor auf 10:11 (25.) durch den ersten und einzigen Treffer von Baumgartner (vom Kreis!) verkürzt hatte. Mit einer 13:11-Führung nach Tor von Markus Baur, der mit 13/6 Toren erfolgreichster Lemgoer war, ging es in die Pause.

Nach Wiederanpfiff war es dann Fis, der die ersten Akzente setzte. Der Kubaner traf zum 14:11 (31.u) nd war auch zum 15:12 (34.) erfolgreich. Nachdem Baur per Strafwurf zum 13:15 verkürzt hatte, nutzte der THW konsequent die schlechte Chancenverwertung der Gäste und erhöhte auf 18:13 (39.). Henning Fritz schien für den TBV nun fast unüberwindbar, fünf Minuten ließ der Keeper kein Tor von Lemgo zu, erst Baur brach mit dem 15:19 (44.) den Bann.

Die letzten Minuten mußte der THW in doppelter Unterzahl bestehen.
Klicken Sie zum Vergrößern! Die letzten Minuten mußte der THW in doppelter Unterzahl bestehen.
Als der THW durch drei weitere Kracher seines Kubaners und einen von Pettersson sicher verwandelten Siebenmeter von 20:16 (45.) auf 24:17 (50.) erhöhte hatte, schien die Partie entschieden. Doch weil sich nun beim THW die Ballverluste häuften und man zudem in Unterzahl war (Zeitstrafe Olsson), konnte Lemgo bis zur 56. Minute immerhin auf 22:25 herankommen. Als dann bei Strafwurf Pettersson (26:2, 56.) sieben Feldspieler der Hausherren auf der Platte waren, geriet der Erfolg doch noch einmal in Gefahr. Nach Zeitstrafe gegen Fis wegen des Wechselfehlers und Zeitstrafe Olsson (Foulspiel) mußte der THW zwei der verbleibenden fast vier Minuten in doppelter Unterzahl überstehen.

Jubel bei den Zebras nach dem tollen Kraftakt.
Jubel bei den Zebras nach dem tollen Kraftakt.
Baur verkürzte per Strafwurf und per Gegenstoß auf 24:26, noch waren 131 Sekunden zu spielen, der THW nahm eine Auszeit. Glück im Unglück hatten die Zebras dann, als man nach Fehlpaß Fis den Ball verlor, Tempelmeier sich beim Gegenstoß jedoch im Aus befand und der TBV nach Pfostentreffer von Wislander 40 Sekunden vor dem Ende erneut den Ball verlor. Preiß machte mit dem 27:24 neun Sekunden vor Abpfiff dann endgültig alles klar, das 25:27 durch Baur vom Kreis war nur noch für die Statistik interessant.

Stimmen zum Spiel:

Pressekonferenz. Von links: THW-Arzt Dr. Brandecker, THW-Manager Schwenker, THW-Trainer Serdarusic, Moderator Pipke, TBV-Manager Holpert, TBV-Beiratsvors. Reimann
Pressekonferenz. Von links: THW-Arzt Dr. Brandecker, THW-Manager Schwenker, THW-Trainer Serdarusic, Moderator Pipke, TBV-Manager Holpert, TBV-Beiratsvors. Reimann
TBV-Manager Fynn Holpert:
Der THW ist und bleibt eine Spitzenmannschaft. Der Sieg ist völlig verdient. Der THW hat gezeigt, was man mit Euphorie erreichen kann. Er konnte unser Tempo mitgehen. Der THW ist in der Lage Deutscher Meister zu werden...

Daß es noch knapp wurde in den letzten Minuten lag nur an den Unzulänglichkeiten des THW, die wir zuvor noch in größerem Maße gezeigt hatten. Wir haben zu viele Bälle verworfen, uns im Rückraum nicht gefunden, die Außen nicht eingebunden. Der Sieg des THW geht voll in Ordnung.

Aus unserem Matchball für die Meisterschaft ist nun wieder ein Dreikampf geworden.

THW-Trainer Noka Serdarusic:
Ich hätte dieses Ergebnis nicht unbedingt erwartet. Daß nach dem Barcelona-Spiel die Mannschaft erneut bereit war, alles zu geben, war entscheidend. Das Spiel war taktisch und technisch nicht unbedingt das Beste, aber das war bei uns auch klar, nachdem Lozano, Scheffler und Bjerre ausfielen und erstmals Przybecki spielen konnte.

Aber die Mannschaft hat Moral und einen unbedingten Willen zum Sieg gezeigt, das war entscheidend.

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bei Demetrio Lozano bedanken. Er hatte das eine große Ziel, Barca im Finale zu schlagen. Aber das er uns so trotz seiner Verletzung geholfen hat, ist nicht selbstverständlich.

THW-Manager Uwe Schwenker:
Erst einmal ein Riesenkompliment an die Mannschaft, sie hat Charakter- und Willensstärke bewiesen - trotz der Feierei und der Ausfälle. Sie ist in die Halle gekommen mit dem unbedingten Ziel, zwei Punkte zu holen, und hat das auch umgesetzt.

Dennoch ist unsere Restprogramm wahnsinnig schwer. In Großwallstadt hatten wir schon immer Probleme, zudem müssen wir noch nach Essen und Flensburg und zu Hause erwarten wir u.a. noch Nordhorn. Da kann man nicht davon ausgehen, Titelfavorit zu sein. Aber natürlich wird die Mannschaft in jeder Halle um jeden Quadratzentimeter kämpfen.

Ich ziehe den Hut vor der Mannschaft, die trotz unserer Verletzungen da oben steht. Was wäre möglich gewesen, wenn alle dabei gewesen wären? Hut ab, vor Mannschaft und Trainer, was sie bisher erreicht hat.

Wichtig war für uns natürlich auch der Sieg in der "persönlichen Champions League" gegen Barcelona. Das soll auf keinen Fall eine Abwertung des Magdeburger Erfolges sein. Riesenkompliment an Magdeburg, gerade wie man im Viertelfinale gegen Celje zurückkam. Aber für uns war es wichtig, daß Trauma Barcelona zu überwinden.

Ein Riesenkompliment geht heute auch ans Publikum, das uns von der ersten Minuten an unglaublich unterstützt hat.

TBV-Beiratsvorsitzender Paul Reimann:
Respekt vor der Leistung der Kieler nach solch einem Europapokalerfolg. Der TBV hat sich heute selbst geschlagen. Das einzig Positive war die Siebenmeterausbeute, die Statistik sieht ganz schlimm aus.

Ich bin mir sicher, daß wir heute hier in der Ostseehalle den deutschen Meister gesehen haben, auch wenn ich mich nicht festlegen möchte, welche der beiden Mannschaften es sein wird.

TBV-Spieler Daniel Stephan:
Immerhin haben wir in Kiel gespielt, das darf man auch nicht vergessen. Die spielen wie wir um die Meisterschaft mit.

Wir haben sicherlich nicht das umsetzen können, was wir uns vorgenommen haben, wir wollten das Tempo hoch halten, dabei haben wir allerdings sehr viele technische Fehler gemacht. Dabei wäre mit einer guten Leistung sicher ein Sieg drin gewesen.

[Frage: Zusammenhang mit der Trainerentlassung?]
Da ist mittlerweile so viel geschrieben worden, das muss auch einmal gut sein. Wir haben sehr viele Führungsspieler, die Mannschaft stand zudem schon von Beginn der Saison an in der Pflicht. Dieses Spiel jetzt an den Entscheidungen der vergangenen Wochen fest zu machen, ist nicht nachzuvollziehen.

Nachkarten zählt nicht, auch wenn man so ein Spiel wie in Kiel nicht sofort beiseite schieben kann.

Ich bin mir sicher, dass wir nach wie vor Meister werden können, weil wir alle fünf folgenden Spiele gewinnen werden. Wer am Ende der Saison oben steht, der hat es auch verdient. Und wenn wir das nicht sind, dann muss man so fair sein, dass ein anderes Team eben besser war. Immerhin spielen wir in der besten Liga der Welt und sind noch voll dabei, das vergessen viele Kritiker schon mal ganz gerne.


29. Spieltag: 01.05.02, Mi., 19.30: THW Kiel - TBV Lemgo: 27:25 (13:11)

Logo THW Kiel:
Fritz (1.-60.), Andersson (zwei 7m); Wislander (3), Preiß (3), Pettersson (6/5), Przybecki (2), Petersen, Lövgren (5), Schmidt, Scheffler, Wisotzki, Fis (6), Olsson (2); Trainer Serdarusic
Logo TBV Lemgo:
Ramota (1.-53.), Stange (53.-60. und ein 7m); Stephan (2), Tempelmeier (2), Schwarzer (3), Koke, Zerbe (3), Baumgartner (1), Fraatz (n.e.), Kehrmann (1), Baur (13/6), Walther; Trainer: Franke
Schiedsrichter:
Lemme / Ullrich (Magdeburg)
Zeitstrafen:
THW: 6 (Wislander, zweimal Lövgren, Fis, zweimal Olsson);
Lemgo: 4 (Stephan, Schwarzer, Zerbe, Baumgartner)
Siebenmeter:
THW: 5/5;
Lemgo: 6/6
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 1:1, 1:4, 4:4, 4:6, 5:6, 5:7, 8:7, 8:9, 11:9, 11:10, 13:10, 13:11;
2. Hz.: 14:11, 14:12, 15:12, 15:13, 18:13, 18:14, 19:14, 19:15, 20:15, 20:16, 21:16, 21:17, 24:17, 24:18, 25:18, 25:22, 26:22, 26:24, 27:24, 27:25
Zuschauer:
9730 (ausverkauft) (Ostseehalle, Kiel)
Spielgraphik:
Spielgraphik
Ausführliche Spielstatistiken:
Blatt 1 Blatt 2 Blatt 3


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