Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Packender hätte das
Nordderby nicht zu ende
gehen können. 59:58 Minuten lang duellierten sich der THW Kiel
und die SG Flensburg-Handewitt nach allen Regeln der Kunst:
Es wurde geklammert, gezerrt, gekämpft - hart, aber zumeist fair.
Doch zwei Sekunden vor dem Abpfiff ließen die Akteure ihrer
Anspannung noch einmal freien Lauf.
Marcus Ahlm
hatte für die Zebras gerade zum 26:26-Ausgleich getroffen, als
Stefan Lövgren Flensburgs Johnny Jensen
bei dessen Ausführung der schnellen Mitte zu Boden streckte.
Die nachfolgenden tumultartigen Szenen ließen den Schlusspfiff
eines hochdramatischen Bundesliga-Schlagers in der kochenden
Ostseehalle untergehen. Die beiden Hauptdarsteller des
Schlussaktes wurden vom aufmerksamen Schiedsrichtergespann
Lars Geipel und Marcus Helbig mit der Roten Karte zum
Abkühlen unter die Dusche geschickt.
"Ja, ich habe ihn unglücklich getroffen", gestand
Lövgren
später und erläuterte, "ich wollte ein ähnliches Tor wie im Endspiel
der Europameisterschaft 2002 zwischen Deutschland und Schweden
verhindern." Jensen hätte mit einem direkten Wurf aus dem Mittelkreis
in das freie Kieler Tor - THW-Trainer
Noka Serdarusic
hatte im Angriff zuvor mit
Sebastian Preiß
einen siebten Feldspieler für Torwart
Mattias Andersson
eingewechselt - doch noch den Siegtreffer erzielen können. "Ich spürte
plötzlich eine ganze Horde Männer in meinem Rücken, einen im Bauch,
einen auf dem Kopf", schilderte Jensen die Szene aus seiner Sicht.
Doch das norwegische Raubein gab zu, dass er in umgekehrter Situation
wohl ähnlich gehandelt hätte. Schon vor dem abschließenden Auslaufen
hatten sich die beiden Streithähne wieder vertragen.
Dass die Flensburger möglicherweise um den Sieg gebracht wurden,
davon wollte hinterher niemand mehr reden. Auch SG-Geschäftsführer
Thorsten Storm machte Lövgren
keinen Vorwurf. "Wir hätten das genauso gemacht", war sich der
ehemalige Kieler Marketingleiter sicher. "Natürlich war das ein
klares Foul, aber in dieser Phase ganz normal und nicht der
Rede wert", befand Kiels Manager Uwe Schwenker.
Und für THW-Trainer Noka Serdarusic waren
die Schlusssekunden gar der Höhepunkt eines echten Handball-Krimis:
"So eine riesige Schubserei gehört wohl zu so einem Spiel dazu
und war für mich die Krönung des Spiels." Das finale Unentschieden
war zweifelsohne gerecht, darin waren sich alle Beteiligten einig.
Spekulationen, der SG hätte nach diesen Foul und der Vereitelung
einer klaren Torchance noch ein Siebenmeter zugestanden, erteilten
die Unparteiischen Lars Geipel und Marcus Helbig eine klare Absage
und behielten trotz aller Hitzigkeit kühlen Kopf:
Lövgren sah für das Foul vollkommen zu
Recht die Rote Karte, Jensen für seine Reaktion in Form eines energischen
Schubsers auch. Zu diesem Zeitpunkt war die Begegnung noch nicht beendet,
allerdings hatten die beiden Schiedsrichter das Spiel für die "Schnelle
Mitte" zuvor noch nicht wieder freigegeben. So wurde das Foul
Lövgrens nicht mit einem Freiwurf oder
einem Siebenmeter bestraft, sondern die Begegnung für beendet
erklärt. "Da wir die Begegnung noch nicht freigegeben hatten,
blieb uns nur diese Möglichkeit", bestätigte Geipel nach Spielende
die Entscheidung.
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra" von living sports)