13.01.2007 | WM 2007/Nationalmannschaft |
Die Handball-WM findet vom 19. Januar bis zum 4. Februar 2007 statt. |
Beide zählen spätestens seit dem gemeinsamen Gewinn des WM-Titels 1978 zu den Heroen, die den Handball-Boom hierzulande mitbegründeten. Es kommt im Grunde einem Wunder gleich, wenn 28 Jahre nach dem tragischen Unfall und exakt an seinem 53. Geburtstag Joachim Deckarm in der Berliner Max-Schmeling-Halle auf der Tribüne sitzen wird. Der 19. Januar 2007 ist nicht nur sein Ehrentag, sondern auch der Termin, an dem das deutsche National-Team bei der Heim-WM mit Brand als Coach das Eröffnungsspiel gegen Brasilien bestreitet.
Dass der Saarbrücker als Ehrengast dieses Ereignis bewusst miterleben kann, dürfte das schönste Geburtstagsgeschenk für den früheren Star sein. "Ich freue mich sehr über die Einladung." Nur zu gerne wäre er auch der Glücksbringer für DHB-Auswahl, um sie erneut als Ehrengast zwei Wochen später beim Endspiel am 4. Februar in Köln wieder anfeuern zu können. "Ich weiß zwar nicht, wie stark die Gegner sind. Das kann ich nicht wirklich einschätzen. Aber ich habe die Vermutung, dass wir, wenn wir keine Verletzten haben, bei der WM im eigenen Land eine gute Rolle spielen werden", sagt Deckarm.
Er spricht diese Sätze flüssig und klar. Das ist keineswegs selbstverständlich, die Spezialisten hatten den begnadeten und hoch intelligenten Handballer als "hoffnungslosen Pflegefall" fast schon abgeschrieben.
Wäre da nicht sein väterlicher Freund, Entdecker und Förderer Werner Hürter gewesen. Der pensionierte Polizeibeamte fing 1982 an, Deckarm systematisch zu aufzubauen. Der einstige Torjäger, der mit seiner Sprungkraft, seiner enormen Schnelligkeit und seinen variablen Würfen gegnerische Torhüter meist vor unlösbare Probleme gestellt und allein sechs Tore 1978 beim 20:15-Sieg im WM-Finale gegen Russland geschossen hatte, lernte wieder Denken, Essen, Sprechen, Gehen und Schreiben. "Ich kann, ich will, ich muss", lautet seither Deckarms Motto in seinem großen Kampf gegen ein Invaliden-Leben in völliger Abhängigkeit.
"Jo", wie ihn seine Kameraden liebevoll nennen, beweist auch mit seiner Behinderung eisernen Willen. Der laut Meistertrainer Vlado Stenzel "kompletteste Spieler wahrscheinlich aller Zeiten" zeichnet sich darüber hinaus durch seinen ansteckenden Optimismus.
So ist sein Ziel immer noch, einen Beruf auszuüben. "Es müsste eine sitzende Tätigkeit sein, etwa vor einem Computer. Ich würde mich nicht scheuen, dafür auch einen extra Lehrgang zu machen", sagt Deckarm. Scheu vor der Öffentlichkeit kennt er längst nicht mehr. Dazu beigetragen haben auch die Weltmeister von 1978, die noch bis vor kurzem zwei bis drei Mal pro Jahr Benefizspiele nicht zuletzt für den Deckarm-Fonds der deutschen Sporthilfe für Rehabilitation und Pflege ausgetragen haben.
So lassen sie ihren alten Freund nicht in Vergessenheit geraten, der am Seitenrand dank des nicht enden wollenden Beifalls und der vielen Autogrammwünsche immer wieder Kraft tankt. "Dass ich ein Motor und auch ein Vorbild für die Jugend bin, das ehrt mich", sagt Deckarm und betont immer wieder: "Mein ganzes Herz hängt an diesen Jungs." Damit unterstreicht nicht nur er auch heute noch, dass in dieser WM-Mannschaft von 1978 "ein ganz besonderer Geist herrschte". Diesen erhofft er sich nun für "die neuen, jungen Wilden" bei der WM 2007: "Ich wünsche Heiner Brands Mannschaft den Zusammenhalt, den wir damals hatten. Der Einzelne ist nicht wichtig. Ein guter Mannschaftsgeist muss über allem liegen."
(Von Gabriela Thoma, aus den Kieler Nachrichten vom 13.01.2007)
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