Das Team vom Wilhelmshavener HV. © WHV

Als der THW Kiel in der vergangenen Saison das Triple holte, standen Noka Serdarusic zeitweise nur noch acht gesunde Feldspieler zur Verfügung. Dieses personelle Szenario könnte dem Trainer des WHV, Michael Biegler, in dieser Spielzeit ebenfalls blühen. Die sportlichen Ziele sind in Wilhelmshaven indes ganz andere: Es zählt - wie jedes Jahr - nur der Klassenerhalt.

Nationalspieler Oliver Köhrmann ist mit 36/6 Treffern bester Torschütze beim WHV. © WHV

Nachdem die Jadehandballer 2006 nur durch ein Last-Second-Tor in der Relegation gegen Bayer Dormagen dem Abstieg in die Zweitklassigkeit entronnen, hatten sie in der vergangenen Spielzeit mit dem Abstiegskampf kaum etwas zu tun: Mit 24:44 Punkten landete Wilhelmshaven letztlich auf dem 11. Platz der Handball-Bundesliga und wiederholte damit die beste Vereinsplatzierung aus der Saison 2003/04. Ausgangslage für eine verhältnismäßig geruhsame Spielzeit war eine starke Hinrunde, durch die Wilhelmshaven bereits vor der WM-Pause 16 Punkte hamsterte. Den selben Plan hat Trainer Michael Biegler auch für diese Saison ausgegeben, warten die direkten Konkurrenten um den Klassenverbleib doch größtenteils in der heimischen Nordfrost-Arena auf seine Mannschaft. Ebenjene Halle, in der selbst der THW in vergangenen Jahren bis zur Schlusssirene um seine Punkte bangen musste und in der die SG Flensburg-Handewitt im letzten Mai mit 32:34 den Kürzeren zog.

Allerdings stehen Biegler in dieser Spielzeit nur 11 Feldspieler zur Verfügung. Der Saison-Etat wurde um 20% auf 2,0 Millionen Euro drastisch gekürzt, was sich vor allem im Kader der Niedersachsen widerspiegelt: Gleich sieben Spieler verließen im Sommer den Bundesligisten, unter ihnen auch die Leistungsträger Manuel Liniger (zu den Kadetten Schaffhausen), Jan Henrik Behrends (zu Amicitia Zürich) und David Katzirz (zum TUSEM Essen). Neu hinzu kam mit Linksaußen Michael Binder vom TBV Lemgo zunächst nur ein Bundesliga-erfahrener Profi, zudem das 19-jährige Kreisläufertalent Dominic Kelm von Zweitligaaufsteiger TSV Hannover-Anderten und als dritter Torhüter Holger Eilts von der SG Achim/Baden. Um den so dringend benötigten elften Feldspieler musste Michael Biegler lange kämpfen, ehe der Beirat der Wilhelmshavener Sportmarketing der Verpflichtung von Rückraumshooter Milan Vucicevic aus Wetzlar letztlich doch noch zustimmte. Der serbische 2,02m-Riese gilt als "Ostseehallenschreck", verließ er das Parkett doch bei seinen beiden Auftritten in Kiel stets als Sieger - sowohl 2003 mit dem slowenischen Club Prule Ljubljana 67 in der Champions League (siehe Spielbericht) als auch in der vergangenen Spielzeit mit dem VfL Gummersbach (siehe Spielbericht) konnte er das höchst seltene Gefühl eines Sieges über den THW Kiel in dessen "Wohnzimmer" genießen.

Noch ungeschlagen in der Ostseehalle: Milan Vucicevic. © WHV

Doch obwohl dem Wilhelmshavener Trainer für die 6 Positionen nur 11 Feldspieler zur Verfügung stehen, sieht Biegler dennoch jede Position doppelt besetzt: "Unsere Stärken liegen in der mannschaftlichen Geschlossenheit und der vielseitigen Einsetzbarkeit unserer Spieler", so der 46-Jährige, "alle wissen, worum es im Abstiegskampf geht, denn alle sind Abstiegskampf erfahren." Diese Erfahrung bescherte dem WHV zuletzt beim 25:24 gegen Essen und vor allem zuvor beim 26:26-Remis in Balingen auch wichtige Zähler, als Linksaußen Christian Köhrmann in der Schlusssekunde die Nerven behielt und den vielumjubelten Ausgleichstreffer erzielte. Sechs Punkte aus sechs Spielen für die Jadehandballer, gelangen zudem bereits ein überzeugender 28:22-Sieg über GWD Minden und ein weiterer Auswärtspunkt beim TuS N-Lübbecke. Während man beim 25:35 in der Flensburger Campushalle erwartungsgemäß Lehrgeld bezahlte, tat aber die knappe 22:24-Heimniederlage gegen den VfL Gummersbach ein bisschen weh: Mitte der zweiten Halbzeit führten die Gastgeber um den überragenden Nationalspieler Oliver Köhrmann bereits mit 16:13, ehe sich die Wilhelmshavener Angreifer an einer 6:0-Abwehr des VfL doch noch die Zähne ausbissen (siehe auch Gegnerkurve Wilhelmshaven und Tabelle der TOYOTA-HBL).

Dass der WHV sich personell auf äußerst dünnem Eis bewegt, war den Verantwortlichen sicher von Anfang an klar. So ließ die erste prekäre Situation nicht lange auf sich warten, dass es aber ausgerechnet auf der dreifach besetzten Torhüterposition Probleme geben würde, war sicher nicht vorherzusehen. Neuzugang Holger Eilts musste sich bereits zu Beginn der Vorbereitung einer Kreuzbandoperation unterziehen, Anfang September traf es nun auch Jendrik Meyer: Der 25-jährige Keeper wurde Anfang September in Hameln auf offener Straße von zwei Männern überfallen und zusammengeschlagen und fällt wegen eines Bruchs der Augenhöhle mehrere Wochen aus. So musste Wilhelmshaven doch noch einmal auf dem Transfermarkt reagieren und sicherte sich bis Jahresende die Dienste von Nils Babin - der 20-Jährige wird per Zweitspielrecht aber auch weiterhin für Zweitligist TV Emsdetten auflaufen können.

Siebenmeter-Spezialist Tobias Schröder. © WHV

Der Wilhelmshavener HV verfügt sicherlich über einen erstligareifen Kader - wenn aber Leistungsträger wie Oliver Köhrmann, Milan Vucicevic oder Rechtsaußen Gylfi Gylfason ausfallen, kann es sehr schnell eng werden für die Niedersachsen. In Kiel kann Michael Biegler immerhin voraussichtlich auf alle seine Feldspieler zurückgreifen, während beim THW Kiel sowohl Christian Zeitz als auch Filip Jicha neben dem langzeitverletzten Daniel Wessig fehlen werden. Trotzdem gelten die Zebras am Mittwoch als klarer Favorit, dafür spricht auch die Statistik der bisherigen Duelle: In bislang zehn Bundesligavergleichen konnte der WHV lediglich einmal in eigener Halle einen Punkt holen. Dies gelang ihnen gleich im allerersten Duell im Dezember 2002, als man sich ein 29:29-Unentschieden erkämpfte. Seitdem gab es aber 9 Siege in Folge für den THW. Allerdings mussten die Zebras - besonders in der Nordfrost-Arena - häufig um die beiden Punkte kämpfen, während in der Ostseehalle bisher 5 deutliche Siege zu Buche stehen. Den klarsten Erfolg gab es in der vergangenen Spielzeit, als das THW-Rumpfteam eine Woche nach dem Champions League Sieg das WHV-Rumpfteam mit 40:20 an die Wand spielte und Moritz Weltgen drei seiner bislang vier Bundesligatreffer erzielte (siehe auch Gegnerdaten Wilhelmshaven).

Die Schiedsrichter am Mittwoch sind Hagen Becker und Axel Hack (Halberstadt).

(Sascha Krokowski)

Lesen Sie bitte auch

• den Zebra-Bericht "Drama um Meyer"
• den KN-Vorbericht zum Spiel

Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...

 

Aus dem offiziellen THW-Magazin "zebra", von living sports:

Drama um Meyer

Der WHV bewegt sich personell auf äußerst dünnem Eis. So ließ die erste prekäre Situation nicht lange auf sich warten - aber ausgerechnet auf der dreifach besetzten Torhüterposition.

Neuzugang Holger Eilts musste sich bereits zu Beginn der Vorbereitung einer Kreuzbandoperation unterziehen, fällt deshalb bis auf weiteres aus. Ein unfassbarer Zwischenfall brachte die Niedersachsen nun in eine äußerst unangenehme Lage. Es traf mit Jendrick Meyer den zweiten Torhüter hinter Adam Weiner. Bei einem Besuch in der Stadt seines letzten Vereins VfL Hameln wurde Meyer Opfer eines Verbrechens. Ein nächtlicher Bummel mit seiner Freundin durch die Rattenfängerstadt endete für den 25-Jährigen im Krankenhaus. Auf offener Straße hatten zwei Männer den WHV-Keeper überfallen, ihn brutal zusammengeschlagen. Meyer wurde dabei übel zugerichtet. "Erhebliche Verletzungen im Gesichtsbereich" stellte der Polizeibericht aus der Nacht, der mit einer Feier begann und so böse endete, fest. Tatsächlich hatte Meyer einen Jochbeinbruch und einen Bluterguss an der Netzhaut davon getragen, am schlimmsten aber erwies sich der Bruch der Augenhöhle, der eine Operation des jungen Torhüters unumgänglich machte. Da an einen Einsatz Meyers in der nächsten Zeit nicht zu denken ist, musste der TOYOTA Handball-Bundesligist trotz der engen Finanzdecke noch einmal reagieren. Schließlich stand Weiner nun vor der ungewöhnlichen Aufgabe, allein das Tor des WHV hüten zu müssen. Dies gelang ihm zwar gegen Gummersbach exzellent, das Risiko einer Verletzung des letzten etatmäßigen Keepers schwebte allerdings immer wie ein Damoklesschwert über den Niedersachsen. Auf der Suche nach einem kurzfristig spielberechtigten Ersatz für Meyer und Eilts wurden die Wilhelmshavener beim Zweitligisten TV Emsdetten fündig. Bis zum Ende der Saison verpflichtete der Bundesligist Nils Babin. Da dieser erst 20 Jahre alt ist, konnte er mit einem Zweitspielrecht für den Bundesligisten ausgestattet werden. Seit dem Heimspiel gegen Essen am vergangenen Wochenende kann Babin eingesetzt werden - und Meyer und Eilts sich wieder in aller Ruhe um ihre Genesung kümmern.

Die Chancen im Kampf um den Klassenerhalt sind durch den Ausfall der Torhüter nicht unbedingt gestiegen. Erwischt Weiner mal einen "schwarzen" Tag, lastet der gesamte Druck auf dem jungen Nachwuchs-Torhüter Babin. Eine Situation, die Trainer Michael Biegler überhaupt nicht behagen dürfte. Deshalb hofft er auf eine baldige Genesung seiner beiden verletzten Keeper. Indes: Eine Rückkehr von Eilts und Meyer in den Kader noch vor der EM-Pause ist unwahrscheinlich. Zebra wünscht den beiden: Gute Besserung!

(aus dem offiziellen THW-Magazin "zebra", von living sports)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.09.2007:

Auszüge aus "Filip Jicha fällt vier Monate aus"

THW-Rückraum-Ass wurde gestern operiert

Kiel - Am Freitag checkt der THW Kiel ein in die neue Saison in der Handball Champions League. Abflug nach Frankreich, dort steht bei Montpellier HB (Sonnabend, 19.15 Uhr) der erste Auftritt des Titelverteidigers auf europäischer Bühne auf dem Programm. Zuvor müssen die "Zebras" heute (20.15 Uhr, Ostseehalle) das Pflichtprogramm Bundesliga-Alltag gegen den Wilhelmshavener HV absolvieren.

Für einen Kieler wird der Flughafen-Drucker am Freitag keine Boarding Card ausspucken. Der tschechische Nationalspieler Filip Jicha muss zu Hause bleiben. Gestern wurde der 25-Jährige im Mare Klinikum am Außenmeniskus operiert.

[...]

Für Wilhelmshavens Trainer Michael Biegler muten solche Probleme vergleichsweise luxuriös an. Mit einem waghalsigen Mini-Kader von nur elf Feldspielern in die Saison gestartet, ereilte Biegler zuletzt ausgerechnet Unheil auf der Torwart-Position, als neben dem ohnehin ausgefallenen Holger Eilts (Kreuzband) Keeper Jendrik Meyer in Hameln auf offener Straße überfallen wurde und schwere Verletzungen (Jochbein- und Augenhöhlenbruch) davontrug. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten und des auf zwei Millionen gekürzten Jahresetats reagierten die Verantwortlichen und verpflichteten Nils Babin vom Zweitligisten TV Emsdetten per Zweitspielrecht für den Platz hinter Adam Weiner zwischen den Pfosten.

Jungen Spielern wie Babin oder Kreisläufer Dominic Kelm (19) sagt Trainer Biegler: "Wenn ihr einmal in Kiel gespielt habt, seid ihr richtige Handballer." Biegler weiß aber auch, "was in Kiel auf dem Feld rauf und runter läuft - wir müssen 60 Minuten lang am bestmöglichen Resultat arbeiten". Die Liste der angeschlagenen Spieler im WHV-Kader erleichtert diese Aufgabe nicht unbedingt. Hinter dem Einsatz der Rechtsaußen Gylfi Gylfason (Finger ausgekugelt) und Renato Rui (Leiste) steht ebenso ein Fragezeichen wie hinter Oliver Köhrmann (Schulter) und Kreisläufer Kristjan Ljubanovic (Fuß). Umgekehrte Vorzeichen also als in der vergangenen Saison, als ein Kieler Rumpfteam im Mai den WHV in der Ostseehalle mit 40:20 auf die Heimreise schickte.

(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 26.09.2007)

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THW Kiel - Wilhelmshavener HV:
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TV-, Radio- und Internet-Tips:

• TV: hbl.tv, Mi., ab 20.05 Uhr: THW Kiel - Wilhelmshavener HV live aus der Ostseehalle

• Radio: NDR 1 Welle Nord:
  Mi., ab 20.15: Liveeinblendungen THW Kiel - Wilhelmshavener HV
  (geplante Einblendungen um 20.30 Uhr, 21.00 Uhr, 21.30 Uhr und evtl. in der Schlussphase)
  Tip: Welle Nord kann man auch im Internet live hören!

• Internet: Die Kieler Nachrichten bieten einen Live-Ticker an unter www.kn-online.de.
  
• Internet: Eine Übersicht über verschiedene Live-Ticker finden Sie auf unserer Live-Ticker-Seite.