Der THW Kiel hat in der
Champions League
eine wichtige Hürde in Richtung Hauptrunde übersprungen. Beim
norwegischen Vertreter Drammen HK siegten die Zebras am Mittwochabend
ungefährdet mit 39:29 (22:15). Bei dem deutlichen Erfolg, für den
allein die Außen
Dominik Klein und
Vid Kavticnik zusammen 15 Tore beisteuerten,
konnte
Alfred Gislason sogar auf
Leistungsträger wie
Stefan Lövgren und
Marcus Ahlm verzichten.
Überraschenderweise stand der am Ellenbogen verletzte
Nikola Karabatic bei der Vorstellung
der Mannschaften dann doch auf dem Parkett der gut gefüllten
Drammenshalle. Der Franzose sollte aber nur im äußersten Notfall
eingesetzt werden.
Alfred Gislason
vertraute zudem gleich zu Beginn der vermeintlichen zweiten
Garnitur und startete mit
Zeitz
und
Lund im Rückraum sowie mit
Igor Anic am Kreis.
Es ging auch gleich gut los für den THW: Nach der einzigen
Führung für Drammen durch Thomas Larsson zeigte gleich
die Kieler Flügelzange, dass mit ihr zu rechnen sein würde:
Kavticnik schnappte sich einen
geblockten
Zeitz-Wurf und glich
aus,
Klein brachte die Gäste
nach schönem
Lund-Anspiel in Front.
Nachdem Lie Hansen per Strafwurf noch einmal der Ausgleich
gelang, sorgte
Jicha mit zwei
Rückraumtreffern sowie erneut die beiden flinken Kieler Außen
mit Gegenstößen für eine erste schnelle Führung - 6:2 für
den THW nach noch nicht einmal 6 Spielminuten.
Doch noch glaubten die Gastgeber an ihre Chance, und dieser
Glaube nahm umso mehr Gestalt an, als die Kieler im Aufbauspiel
einige Unkonzentriertheiten offenbarten. Durch zwei schnelle
Kontertore war Drammen schnell wieder auf 6:7 herangekommen.
Kavticnik erhöhte aus dem Rückraum
wieder, nach einer Zeitstrafe gegen
Zeitz
hatten die Norweger aber die Möglichkeit, weiter zu verkürzen.
Der THW aber stand gut in der Abwehr, blockte mehrere Wurfversuche
Drammens, hatte in
Omeyer den
deutlich besseren Torhüter und verteidigte den Vorsprung. Als
dann wiederum Thomas Larsson seine erste Zeitstrafe kassierte,
nutzten die Kieler ihre Überzahlsituation konsequent aus:
Zweimal
Kavticnik, einmal
Jicha und ein Tor des nur für
Siebenmeter eingesetzten Kapitäns
Stefan Lövgren
bedeuteten das 13:8 für den THW.
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Thomas Larsson sah in der 26. Minute nach
dritter Zeitstrafe die rote Karte.
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DHK-Trainer Bent Dahl sah nun frühzeitig alle Felle davonschwimmen
und versuchte alles. Doch auch seine genommene Auszeit und ein
Torhüterwechsel bewirkten nichts. Im Gegenteil: Thomas Larsson,
bis zu dem Zeitpunkt vierfacher Torschütze und einziger Gefahrenherd
im Rückraum, sah bereits nach 25 Minuten seine dritte Zeitstrafe,
nachdem er den heute gut auftrumpfenden
Igor Anic
nur unfair stoppen konnte. Beste Voraussetzungen also für den THW,
den Vorsprung weiter auszubauen. Besonders ein glänzend aufgelegter
Christian Zeitz, der vor allem mit tollen
Anspielen an den Kreis und auf die Außen zu überzeugen wusste, und
ein allein im ersten Durchgang siebenmal erfolgreicher
Dominik Klein erhöhten langsam weiter
für die Zebras. 22 Tore allein in der ersten Halbzeit - bereits
jetzt dürfte
Alfred Gislason klar gewesen
sein, dass er
Karabatic,
Ahlm
und
Lövgren auch im zweiten Durchgang
für das schwere Auswärtsspiel am Samstag gegen Melsungen schonen
konnte.
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Bard Nordhagen (hier mit der Nummer 10) war
mit 7 Toren der erfolgreichste Schütze Drammens.
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Für die zweite Halbzeit brachte Kiels Trainer aber einen neuen
Mann zwischen die Pfosten:
Andreas Palicka
feierte sein Champions League Debüt und krönte es mit insgesamt 12
Paraden. Spätestens als
Anic und
Zeitz
die Führung auf 26:17 (36.) ausgebaut hatten, verstummten auch
die letzten norwegischen Optimisten unter den Zuschauern.
Während sich Drammen anscheinend bereits mit der Niederlage
abgefunden hatte, ließen die Kieler im Angriff allerdings nun ein
wenig die Konsequenz des ersten Durchgangs vermissen. Da bei den
Gastgebern aber lediglich Linkshänder Nordhagen und Nationalspieler
Lie Hansen für Torgefahr sorgen konnten, wuchs der Kieler Vorsprung
dennoch auf zehn Tore an (30:20, 41.).
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Daniel Wessig kam in Drammen
zu seinen ersten beiden Champions-League-Toren.
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Alfred Gislason gönnte nun auch
Filip Jicha,
Vid Kavticnik
und
Dominik Klein einen frühen Feierabend.
Dadurch kam
Daniel Wessig zu seinem
Europapokal-Debüt für den THW und führte sich mit einem schönen
Solo zum 31:20 auch gleich gut ein. Trotz der sehr ungewöhnlichen
Formation, die nun für den deutschen Rekordmeister auf dem Parkett
stand, blieb der Vorsprung gegen Drammen aber konstant. Ab und an
zeigten die Zebras auch noch schöne Kombinationen, insbesondere
Igor Anic am Kreis zeigte
mit fünf Treffern, dass mit ihm auch in Zukunft zu rechnen sein
wird. Da auch die Gastgeber trotz längst entschiedener Partie
sich nicht hängen ließen und mit zwei Kempa-Tricks noch einmal
für Stimmung in der Drammenshalle sorgten, blieb es bis zum Schlusspfiff
ein unterhaltsames Spiel.
Letztlich siegte der THW souverän mit 39:29 und kann nach dem zweiten
Erfolg schon fast für die Hauptrunde der Königsklasse buchen. Immens
wichtig wird dennoch die nächste Partie in der Champions League, da
das Ergebnis des Spiels am 19. Oktober in Barcelona bereits in die
zweite Gruppenphase übernommen wird - sofern die beiden Favoriten die
ersten beiden Plätze der Gruppe C
unter sich ausmachen. Bis zum neuerlichen Duell im "Palau Blaugrana"
stehen für die Zebras allerdings noch zwei Bundesligaspiele bei MT
Melsungen (Samstag) und gegen die Füchse Berlin (Dienstag) auf dem
Programm.
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie auch den Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Drammens Trainer Bent Dahl gegenüber den KN:
Das war ein großes Erlebnis für meine Mannschaft. Wir
sind für das Kieler Niveau einfach nicht gut genug. Der
THW ist besser als Barcelona.
Es war wichtig, dass ich einigen Spielern eine Pause
gönnen konnte. Börge Lund hat
sehr gut gespielt, besonders in der Abwehr.
THW-Rückraumspieler Börge Lund gegenüber den KN:
Ein bisschen kam für mich hier Heimatgefühl auf.
Wir waren diszipliniert. Ich bin zufrieden mit meiner
Leistung im Angriff. Aber die Halben von Drammen haben
zu viele Tore gegen uns geworfen.
THW-Linksaußen Dominik Klein gegenüber den KN:
Egal wer auf dem Parkett steht, jeder gibt alles.
Dieses Spiel war darum eine Bestätigung dafür, wie wir
arbeiten. Es macht einfach Spaß, egal mit wem.
THW-Rückraumspieler Daniel Wessig gegenüber den KN:
Ein super Gefühl! Zuerst war die Aufregung natürlich groß. Aber
dann habe ich bei meiner Premiere sogar Tore geworfen.
Ex-"Zebra" und Ex-DHK-Spieler Frode Hagen gegenüber den KN:
Das war normal und hätte Drammen auch mit mir und Glenn
Solberg genau so passieren können. So ist die Mentalität
von Kiel: Kein Tralala, sondern immer 100 Prozent.
Drammen HK (NOR
):-
Kolstad Holm (15.-30., 2 Paraden),
Carlsson (1.-15., 31.-60., 10/1 Paraden);
Hovind (2),
Spanne (3),
Tverdal (1),
Dullum (n.e.),
Nordhagen (7),
Lie Hansen (5/2),
Hykkerud (2),
Andersen (2),
Larsson (4),
Sörheim (1),
Hajdarevic (1),
Augensen (1);
Trainer: Dahl
THW Kiel:-
Omeyer (1.-30., 9 Paraden),
Palicka (31.-60., 12 Paraden);
Lund (3),
Wessig (2),
Andersson (1),
Lundström (2),
Kavticnik (7/1),
Anic (5),
Lövgren (2/2),
Ahlm (n.e.),
Zeitz (4),
Karabatic (n.e.),
Klein (8),
Jicha (5);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Arkadiusz Solodko / Leszek Solodko (Polen)
- Zeitstrafen:
-
DHK: 5 (3x Larsson (14.,23.,26.), Lie Hansen (41.), Hykkerud (57.));
THW: 4 (Zeitz (10.), Anic (20.), 2x Lund (39.,60.))
- Rote Karte:
-
DHK: Larsson (26.) nach dritter Zeitstrafe
- Siebenmeter:
-
DHK: 2/2;
THW: 4/3 (Carlsson hält Lövgren (39.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 1:0, 1:2, 2:2, 2:6 (6.), 3:6, 3:7, 6:7 (9.), 6:9, 7:9, 7:10, 8:10 (14.),
8:13, 9:13, 9:14, 10:14, 10:15, 11:15 (23.), 11:17, 12:17, 12:18, 13:18,
13:19, 14:19 (26.), 14:21, 15:21, 15:22;
2. Hz.: 16:22, 16:24, 17:24, 17:26 (36.), 18:26, 18:27, 19:27, 19:28, 20:28 (37.),
20:31 (44.), 21:31, 21:32, 23:32, 23:33, 24:33, 24:34, 25:34, 25:35 (50.),
26:35, 26:37 (53.), 28:37, 28:39, 29:39.
- Zuschauer:
-
1391 (Drammenshalle, Drammen (NOR))
Auch wenn am kommenden Wochenende auch in den anderen Pokalwettbwerben
gespielt wird, so haben die vier deutschen Vertreter im
EHF-Pokal und
Pokalsieger-Cup
noch spielfrei - sie werden erst in späteren Runden eingreifen.
Am Donnerstag wird die SG Flensburg-Handewitt ihr zweites Spiel
in der Gruppe F absolvieren.
Nach der knappen Niederlage am Sonntag in Veszprem ist nun in
der Campushalle unbedingt ein Sieg nötig. Gegner ist der isländische
Meister Haukar Hafnarfjördur, der mit einem knappen Sieg über
Zaporozhye (UKR) in den Wettbwerb startete. Der Anwurf ist um 19
Uhr, Eurosport überträgt diese Partie live.
Im Spitzenspiel der Gruppe D
treffen am Samstag die beiden am ersten Spieltage siegreichen
Vereine aufeinander: Der dänische Meister FC Kopenhagen mit den
ehemaligen Zebras Steinar Ege,
Pelle Linders und Martin Boquist
empfängt ab 16.10 Uhr den HSV Hamburg, Eurosport überträgt live.
Am Sonntag um 17.15 Uhr treten die Rhein-Neckar Löwen bereits
zum zweiten schweren Auswärtsspiel an: Nach dem Punktgewinn in
der Vorwoche in Zagreb ist man in der nächsten Schlüsselpartie
der Gruppe H beim
ungarischen Club SC Szeged zu Gast. Auch diese Begegnung wird
auf Eurosport übertragen.
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
Aus den Kieler Nachrichten vom 09.10.2008
THW konzentriert auf Angeltour
Beim 39:29-Erfolg in Drammen saß auch der zweite "Zebra"-Anzug - Wessig feiert CL-Debüt mit zwei Toren
Drammen - Der THW Kiel auf Angeltour in der Handball
Champions League. Gestern Abend im norwegischen
Drammen am Haken: Ein deutliches 39:29 (22:15) beim DHK, zwei
wichtige Punkte und ein ganzes Netz voller Spielpraxis.
Würde es nicht regnen und sowieso schon nachmittags
abendlich dämmern, man könnte angeblich die Lachse
springen sehen. Dort, wo der Fluss Drammenselva in den
Drammensfjorden mündet. Auf dem Handball-Spielfeld
ließen die "Zebras" aus Kiel gegen den Außenseiter aus
Drammen von Beginn an keinen Zweifel daran, dass ihnen
der Zwei-Punkte-Fisch an diesem Tag nicht mehr vom
Haken rutschen sollte. THW-Coach Alfred Gislason
schickte eine Start-Sieben mit Igor Anic,
Börge Lund in der Rückraum-Mitte und
Christian Zeitz auf das Feld,
schonte Marcus Ahlm und
Stefan Lövgren - und sollte
nicht enttäuscht werden. Beim 6:7 (9.) und 8:10 (15.)
wurde es in dem komischen Backsteinbau zum letzten
Mal knapp. Doch es war förmlich spürbar, wann der
THW das Tempo forcierte, aggressiv kreuzte und den Gegner
mit seiner eigenen Waffe schlug, das Spiel in die Breite
zog. Von den entstehenden Freiräumen profitierten zunächst
besonders die Außen, Dominik Klein
traf vor der Pause sieben-, Vid Kavticnik
sechsmal. Aber auch Filip Jicha,
Börge Lund und Zeitz
warteten geduldig auf ihre Chancen. Zu nennen sind dabei
Zeitz' sehenswerter Dreher
zum 15:10 (22.) oder ein schönes Anspiel auf
Klein (22:15, 28.).
In der zweiten Halbzeit ein ähnliches Bild: Auf der einen
Seite "Jugend forscht" mit einem DHK-Linksaußen Anders
Tverdal, der trotz seiner 20 Lenze eher daherkam wie
die 15-jährige Version des Zauber-Lehrlings Harry Potter,
dessen Tricks an diesem Tag allerdings wirkungslos
verpufften. Also blieb Drammen nur das Spiel über den
Rückraum. Doch eine zusätzliche Schwächung bedeutete
schon früh (26.) die Hinausstellung nach der dritten
Zeitstrafe des überaus auffälligen und viermal erfolgreichen
Halblinken Thomas Larsson - eine Mischung aus Übermut und
mangelndem Fingerspitzengefühl des ansonsten kaum geforderten
Schiedsrichter-Gespanns. Dennoch, insgesamt 18 Treffer
gelangen den norwegischen Halben, der variantenreiche
Bard Nordhagen traf allein siebenmal und sprach hinterher
fröhlich von einem "einstündigen Handball-Unterricht auf
höchstem Niveau".
Die 1391 Anwesenden, darunter eine robuste Fanschar mit
47 Kielern, beklatschte dennoch jede gelungene Aktion
ihrer Mannschaft frenetisch. Hinterließ jedoch auch
die Frage, wie, wann oder mit wem sich die zweite Hälfte
der Drammenshallen denn eigentlich füllen ließe.
Viele Aktionen jedenfalls hätten ein größeres Publikum
verdient gehabt, woran ausdrücklich auch der Gastgeber
mit einigen frechen Kempa-Tricks seinen Anteil hatte.
Doch im zweiten Abschnitt ließen sich die "Zebras" den
Zehn-Tore-Vorsprung trotzdem nicht mehr aus dem Netz
stehlen. "Von Beginn an konzentriert" nannte
Alfred Gislason
das, was er sah und gab seinen Schützlingen für heute
frei. Heute früh geht es von Oslo zurück nach Hamburg.
Einzig Lund nimmt einen
späteren Flieger und hat vorher noch einen Termin beim
Arzt der norwegischen Nationalmannschaft.
Ein Auftritt ohne Enttäuschungen also, bei dem irgendwie
alle ihre Sache gut machten. Ahlm-Vertreter
Igor Anic mit beherzten fünf
Toren ebenso wie Torwart Andreas Palicka,
der Thierry Omeyer die elf Paraden aus
dem ersten Abschnitt im zweiten kurzerhand nachmachte.
Einen besonders breiten Flugzeug-"Sessel" wird heute wohl
Daniel Wessig benötigen. In
der 43. Minute feierte der 20-Jährige, der ansonsten für
die Altenholzer-"Wölfe" auf Torejagd geht, seine internationale
THW-Feuerprobe und durfte zwei Treffer (mit viel Traute)
bejubeln. "Bis auf ein paar Kleinigkeiten, bin ich zufrieden",
strahlte Wessig später
am Ende eines Angelausflugs an den norwegischen Drammensfjorden.
(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 09.10.2008)