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25./27.10.2008 - Letzte Aktualisierung: 27.10.2008 Bundesliga

Klarer THW-Erfolg in Stralsund

Bundesliga, 10. Spieltag: 25.10.2008, Sa., 19.00: Stralsunder HV - THW Kiel: 22:43 (8:20)
Update #3 KN-Spielbericht, weitere Stimmen und Spielbericht ergänzt ...

Mit einem nie gefährdeten, klaren Erfolg beim Stralsunder HV und der alleinigen Tabellenführung verabschiedeten sich die Zebras am Samstag Abend in die Länderspiel-Pause. Drei Tage nach dem deutlichen 38:25 im Pokal gewann der THW Kiel in Neubrandenburg, wohin der SHV aufgrund der höheren Zuschauerkapazität ausgewichen war, noch deutlicher: Ein 43:22 (20:8) stand am Ende für hoch überlegene Kieler zu Buche, die in Torhüter Thierry Omeyer ihren überragenden Spieler hatten. Beste Torschützen waren Kapitän Stefan Lövgren und Filip Jicha mit je neun Toren.
Freundlich wurde der THW Kiel in der Neubrandenburger Jahnsporthalle von den 4.200 Zuschauern begrüßt, auch viele Kieler Anhänger hatten den Weg in die ausverkaufte Halle auf sich genommen, um ihren Klub beim Tabellenvorletzten zu unterstützen. Sie und die Heimfans bekamen einen THW Kiel zu sehen, bei dem die angeschlagenen Nikola Karabatic und Vid Kavticnik in der Startaufstellung standen, der aber ohne die verletzten Börge Lund und den "Pokal-Alptraum Stralsunds", Andreas Palicka, auskommen musste. Für Palicka kehrte Thierry Omeyer ins Tor zurück, Florian Hossner aus der zweiten Mannschaft des THW komplettierte das Torhüter-Duo und musste zunächst mitansehen, wie die Heimmannschaft engagiert in die Partie startete.

Wie zuletzt Pokal-Spiel am Mittwoch hielt Stralsund gut mit, als Nincevic einen Siebenmeter zum 4:4 (9.) verwandelte, kochte die Halle. Doch die Zebras blieben kühl, allen voran die Defensive und Thierry Omeyer, der sich fortan zu seiner inzwischen fast gewohnten Weltklasse-Form aufschwang. Lövgren per Siebenmeter, Marcus Ahlm vom Kreis, Kim Andersson in Unterzahl, noch einmal der sehr präsente Lövgren, eine Siebenmeter-Glanztat von Omeyer und Kavticnik mit einem sensationellen Tor von Außen - ohne einen einzigen Gegentreffer brannten die Kieler ein fünfminütiges Feuerwerk ab, dem die Gastgeber nichts entgegenzusetzen hatten. Das 10:4 (14.) sorgte für Ruhe in der Halle, die sich nach der Sprunggelenksverletzung des tschechischen Nationalspielers Bruna beinahe in einem Schockzustand befand.

Die Weichen auf einen klaren Auswärtssieg waren also früh gestellt - nach Berkas 7:13 wollten die Zebras schon vor der Pause für eine Vorentscheidung sorgen. Das taten sie eindrucksvoll - ein schier unüberwindbarer Omeyer hinter einer kaum Kompromisse eingehenden Abwehr, dazu Spiellaune und Übersicht im Angriff: Der THW Kiel holte sich immer wieder Szenenapplaus der Zuschauer ab, die nun auch die letzten Hoffnungen auf eine Sensation begraben mussten. Erneut blieben die Hausherren elf Minuten ohne eigenen Torerfolg, während der THW sich sukzessive absetzte. Kim Anderssons Heber aus dem Rückraum verdiente sich einen Schönheitspreis, während Filip Jicha und Lövgren eher schnörkellos zuschlugen. Kleins Kempa-Tor ließ Beifall aufbranden, dann setzte Jicha wieder ein Geschoss in die Maschen. Von 13:7 waren die Zebras auf 18:7 enteilt, überforderten mit ihrem Expresshandball das junge Stralsunder Team. Als kurz darauf der Halbzeitpfiff ertönte, hatten die Kieler nur acht Gegentreffer zugelassen - das berauschende 20:8 war die Vorentscheidung.

Keinen Zweifel an der eigenen Überlegenheit ließen die Zebras auch zu Beginn der zweiten Halbzeit zu. Dreimal schlug die Achse Lövgren/Ahlm innerhalb von 93 Sekunden zu - das 24:10 nach 34 Minuten ließ nun auch das Bemühen des SHV, nicht zu deutlich unter die Räder zu kommen, in weite Ferne rücken. Zumal es dem THW offensichtlichen Spaß bereitete, in der Bundesliga-Handball-Diaspora Neubrandenburg Nachhilfestunden in Sachen Schnelligkeit, Spielwitz und Selbstbewusstsein zu geben, die Zebras zeigten zeitweise Zauberhandball, dem die Gastgeber scheinbar staunend zuschauten. Dennoch: Das Tor des Tages erzielte kein Zebra, sondern ein Stralsunder. Torhüter Levshin hatte gesehen, dass sich Omeyer etwas zu weit von seinem Kasten entfernt hatte - über das ganze Spielfeld segelte der Ball des SHV-Torhüter und schlug zum 16:29 ein.

Dann aber dirigierte wieder der THW Kiel, für den vier Minuten vor dem Ende Oberliga-Torwart Florian Hossner seine ersten Auswärtsminuten in der TOYOTA Handball-Bundesliga sammeln durfte. Auch er zeigte den Klassenunterschied, den beide Teams an diesem Abend präsentierten. In grandioser Manier entschärfte Hossner einen Tempogegenstoß, während auf der Gegenseite Henrik Lundström einmal mehr mit einem Kempatrick erfolgreich war und das 40. Kieler Tor erzielte. Das 43:22 war am Ende an Deutlichkeit nicht zu überbieten - der THW Kiel hatte bei seiner Neubrandenburg eindrucksvoll seine Rolle als Spitzenreiter untermauert und vor der Länderspielpause ein klares Signal an die Konkurrenz gesendet: Mit dem THW Kiel ist in dieser Saison wieder zu rechnen! Durch die 26:33-Niederlage der SG Flensburg-Handewitt beim SC Magdeburg steht der THW Kiel sogar erstmals in dieser Saison auch nach Minuspunkten allein an der Tabellenspitze der TOYOTA Handball-Bundesliga - ein perfekter Spieltag!

(Christian Robohm)

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Kompliment an meine Mannschaft. Wir wollten heute positiver als am Mittwoch auftreten, eine Einstellung wie im Barcelona-Spiel an den Tag legen und nicht so desinteressiert und emotionslos wie im Pokal-Spiel gegen Stralsund auftreten. Wir wollten sechzig Minuten guten Handball zeigen, das ist uns sehr gut gelungen. Stralsund konnte die Verlrtzung von Bruna nicht mehr kompensieren, da sie ja auch ansonsten von Verletzungen gebeutelt sind. Trotzdem haben die Zuschauer eine unwahrscheinlich positive und tolle Stimmung verbreitet - das war für uns wie eine Verpflichtung, bis zum Ende guten Handball zu zeigen.

gegenüber den KN:
Ich hatte die Order ausgegeben, das Spiel anzugehen, als wären wir in Barcelona, das hat die Mannschaft umgesetzt und von Beginn an Gas gegeben. Zum ersten Mal in dieser Saison kam kein Bruch ins Spiel. Ich wollte und musste Nikola Karabatic und Vid Kavticnik schonen. Vid hat einen Schlag aufs Knie bekommen, und Nikola hat Probleme mit der Schulter und den Ellenbogen. Filip Jicha hat ihn großartig ersetzt, er war total heiß.

Stralsunds Trainer Zdenek Vanek:
Eigentlich wollten wir heute das Tempo gehen, das wir im Pokalspiel an den Tag gelegt hatten. Das ist uns nicht gelungen. Die Verletzung von Bruna tat uns sehr weh, wir mussten danach die Abwehr umstellen - das ist gegen Kiel sehr schwer. Heute haben auch die ganz jungen Spieler ihre Chancen bekommen. Und auch die Zuschauer waren hervorragend. Wir lagen immer zwischen zehn und 15 Toren im Rückstand, und trotzdem standen sie auf den Rängen und klatschten. Schade, dass wir uns nicht besser präsentieren konnten. Ich bin froh, dass wir nun eine Pause haben.
THW-Manager Uwe Schwenker gegenüber den KN:
Dieses Team brennt und hat einen enormen Zusammenhalt. Als zum Beispiel unser Oberligatorhüter Hossner zum Schluss kam und einen schweren Ball hielt, freute sich die gesamte Besetzung auf der Bank.
THW-Torhüter Thierry Omeyer gegenüber den KN:
Wir wollten von Beginn an gut stehen und keine Schwächen zeigen wie im Pokalspiel. Das ist gelungen, deswegen haben wir den Gegner sicher beherrscht. An einen Sieg in Stralsund hatten wir schon vorher nicht gezweifelt, aber es war wichtig, konzentriert zu agieren, deswegen haben wir mit über 20 Toren gewonnen. Dann macht auch so ein Spiel Spaß.
THW-Kapitän Stefan Lövgren gegenüber den KN:
Unsere Abwehr stand gut, und für das hohe Tempo, das wir vorgelegt haben, war die Fehlerquote bemerkenswert gering. Heute war das mehr als gut.
THW-Linksaußen Dominik Klein gegenüber den KN:
Wenn man drei Tage vorher gegen das selbe Team gespielt hat, ist das eine andere Vorbereitung, da weiß man wie der Gegner spielt. Nach diesem schönen Spiel freue ich mich auf die Nationalmannschaft. Es macht Spaß, ein Teil der Mannschaft zu sein, mit der Bundestrainer Heiner Brand den Neuaufbau vorantreiben will.

10. Spieltag: 25.10.08, Sa., 19.00: Stralsunder HV - THW Kiel: 22:43 (8:20)

Logo Stralsunder HV:
Tsilimparis (n.e.), Levshin (1.-60., 11 Paraden, 1 Tor); Bruna, Präkels, Brandt (n.e.), Hoffmann (1), Samaras, Hinz (n.e.), Chantziaras (4), Berka (9), Gudz (4), Schwerin (1), Nincevic (2/1); Trainer: Vanek
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-55., 19/2 Paraden), Hossner (55.-60., 1 Parade); Andersson (6), Lundström (6), Kavticnik (3), Anic (3), Lövgren (9/3), Ahlm (4), Zeitz (1), Karabatic, Klein (2), Jicha (9); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Dedens/Geckert (Magdeburg)
Zeitstrafen:
Stralsund: 2 (2x Gudz (16.,60.));
THW: 1 (Karabatic (11.))
Siebenmeter:
Stralsund: 3/1 (Omeyer hält Nincevic (13.) und Chantziaras (43.));
THW: 3/3
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 2:2, 4:4 (10.), 4:10 (14.), 5:10, 5:12 (17.), 7:13 (18.), 7:18 (26.), 8:20;
2. Hz.: 9:20, 10:21, 10:24 (34.), 13:24, 13:26 (40.), 16:29 (46.), 16:32 (48.), 18:33 (49.), 18:39 (54.), 20:40 (56.), 22:43 .
Zuschauer:
4200 (ausverkauft) (Jahnsporthalle, Neubrandenburg)
Spielgraphik:
Spielgraphik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 27.10.2008:

Lehrstunde mit großer Unterhaltung

THW verzauberte Stralsunds Publikum
Neubrandenburg - Meister THW Kiel eilt in der Handball-Bundesliga weiter von Erfolg zu Erfolg. Auch beim krassen Außenseiter Stralsunder HV ließen die "Zebras" die Zügel nicht schleifen, agierten hoch konzentriert und bauten ihre Tabellenführung mit dem 43:22 (20:8)-Kantersieg weiter aus.

Frohe Kunde für den THW war schon vor dem Anpfiff aus Magdeburg nach Neubrandenburg gedrungen. Dort nämlich hatte der heimische SCM Titelkonkurrent SG Flensburg-Handewitt mit 33:26 Toren vorgeführt und den Kielern freundliche Schrittmacherdienste geleistet. Trainer Alfred Gislason strahlte gleich zweifach. "Gut für uns, dass Flensburg Federn gelassen hat", sagte der Ex-Magdeburg-Coach, "ich bin allerdings auch schon länger Magdeburg-Anhänger, also freue ich mich besonders für meine ehemaligen Jungs." Wenige Stunden nach dem Triumph in Neubrandenburg lieferte Gislason seine Glückwünsche persönlich in Magdeburg ab, Kiels Trainer kehrte nicht nach Schleswig-Holstein zurück, sondern nutzte die günstige Gelegenheit zu einer Stippvisite in seiner damaligen Wirkungsstätte. In der Nähe besitzt der Isländer ein Haus.

Aufsteiger Stralsund war gegen den hochkarätigen Gast extra aus der heimischen, nur 1050 Fans fassenden Vogelsandhalle, in das 100 Kilometer entfernte Jahn-Sportforum nach Neubrandenburg umgezogen. Das Publikum, 4200 Menschen stark, darunter 200 aus Kiel, bewies tatsächlich großes Format, war extrem fair, machte einen Höllenlärm, doch auf der Bühne wurde nur der THW den hohen Erwartungen gerecht. Am Mittwoch zuvor, beim 38:25-Pokalsieg in der Sparkassen-Arena, hatte der Außenseiter trotz einer längeren THW-Hängepartei schon Handball-Prügel bezogen, am Sonnabend erteilten die "Zebras" den Gastgebern dagegen eine echte Lehrstunde. Tempo von Beginn an, eine fest zupackende 6:0-Abwehr, dahinter mit Thierry Omeyer ein Torhüter, der erneut einen großen Tag erwischte, insgesamt 19 Bälle festmachte und fünf Minuten vor dem Ende Oberligaspieler Florian Hossner Platz machte.

So war Stralsunds Anfangselan schon nach wenigen Minuten verpufft. Vom 4:4 zog der THW auf 10:4 (14. Minute) davon. Als sich dann Stralsunds Spielmacher und Bester, Michal Bruna, mit einer schweren Knöchelverletzung in die Hände der Physiotherapeuten verabschiedete, zogen die Verbliebenen bald das weiße Fähnchen aus der Tasche: ernsthafter Widerstand erloschen.

Kiel kam jetzt richtig in Schwung. Stefan Lövgren zog die Fäden, war zudem extrem torfährlich und gemeinsam mit Filip Jicha (je 9) erfolgreichster Schütze beim Meister. Viel Druck ging zudem von Kim Andersson aus, Marcus Ahlm rackerte am Kreis, die Außen trafen, Schwachpunkte gab es keine. Und wenn Gislason frische Spieler von der Bank ins Geschehen rotierte, lief der Spielfluss weiter auf Hochtouren. Dass hier eine Handball-Gala mit geringer Fehlerquote und sehr hohem Unterhaltungswert stattfand, registrierten schnell auch die Zuschauer. Als alles vorbei war, die geschlagenen SHV-Männer vom Parkett schlichen, verabschiedeten Stralsunds Fans die überraschten "Zebras" gemeinsam mit dem THW-Anhang mit stehenden Ovationen für eine bemerkenswerte Handball-Demonstration. "Die Zuschauer zahlen viel Geld, also sollen sie dafür etwas geboten bekommen", hatte Trainer Vanek vor dem Spiel bemerkt, gemeint hatte er etwas anderes.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 27.10.2008)


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