Als Spitzenreiter der DKB Handball-Bundesliga geht der THW
Kiel ins Weihnachtsfest. Durch einen deutlichen 36:19 (17:8)-Erfolg
am Sonntagnachmittag gegen den VfL Gummersbach nutzten die "Zebras"
den Ausrutscher der Rhein-Neckar Löwen vom Samstag (26:26 gegen Göppingen)
und kehren damit an die Tabellenspitze zurück. Garant für den Sieg
war eine starke Deckung mit den beiden grandios aufgelegten
Torhütern Thierry Omeyer und
Andreas Palicka. Beste Torschützen
für den THW waren Momir Ilic und
Filip Jicha mit jeweils sieben Treffern.
Zerfahrener Beginn auf beiden Seiten
Zum letzten Heimspiel des Jahres musste Alfred Gislason
erneut auf den angeschlagenen Daniel Narcisse verzichten,
der aber zum Nordderby am Mittwoch bei der SG Flensburg-Handewitt voraussichtlich
wieder auflaufen kann. Somit starteten die "Zebras" mit
Aron Palmarsson, Momir Ilic
und Christian Zeitz im Rückraum,
Gudjon Valur Sigurdsson und Christian Sprenger
auf außen, Rene Toft Hansen am Kreis
und Thierry Omeyer im Tor. Die 10.285
Handballfans in der Sparkassen-Arena sahen aber eine zerfahrene
Anfangsphase, in der beiden Mannschaften nicht viel gelingen wollte.
Nach Ballverlusten, Fehlwürfen und technischen Fehlern hüben wir drüben war es
letztlich Momir Ilic, dem in der dritten
Minute der erste Treffer der Partie gelang. Gummersbachs Neuzugang
Fredrik Larsson traf im Nachwurf zum
Ausgleich, doch Christian Sprenger mit
einem Doppelschlag - einmal nach Vorarbeit Palmarssons
und einmal per Gegenstoß nach weitem Omeyer-Pass
-, eine Parade Omeyers gegen Gaubatz und
ein weiterer Konter von Sigurdsson sorgten
schnell für eine 4:1-Führung.
Rezar hält Gummersbach zunächst im Spiel
Thierry Omeyer entschärfte
früh zwei Siebenmeter und zeigte auch sonst viele starke
Paraden.
Früh zeigte sich, dass die Gäste ihre liebe Mühe mit der
6:0-Deckung des THW mit Ilic und
Toft Hansen im Mittelblock haben
würden. Kreisläufer Kopco war weitestgehend abgemeldet,
Fredrik Larsson noch nicht komplett
ins Spielgeschehen integriert, und auch Shooter Barna Putics
fand nicht in die Partie. Dennoch konnten die Oberberger
durch Gaubatz und Pfahl bis zur zehnten Minute auf 5:3
verkürzen. Der Grund dafür hatte einen Namen: VfL-Keeper
Aljosa Rezar erwischte einen starken Start, parierte gegen
Toft Hansen sowie einen Gegenstoß
Sigurdssons und konnte ein
Zeitz-Geschoss sogar festhalten.
Mit Ilic-Hattrick zum 11:3
Doch als die Kieler nach zehn Minuten endlich ihre Wurfarme
justiert hatten, sorgten sie im eigenen Wohnzimmer schnell
für klare Verhältnisse - auch dank eines glänzend aufgelegten
Thierry Omeyer, der unter anderem
zwe Siebenmeter parierte und in Zusammenarbeit mit der
aufmerksamen Deckung vor allem Nationalspieler Adrian Pfahl
merklich entnervte. Mit einem 107km/h-Hammer läutete
Christian Zeitz den Kieler
Zwischenspurt ein, und der Linkshänder ließ gleich noch
eine zweite "Fackel" zum 7:3 folgen. Und nachdem der
von Zeitz geschickte
Sigurdsson per Gegenstoß
erhöhte, sorgte Momir Ilic mit
einem lupenreinen Hattrick bis zur 18. Spielminute schon
für so etwas wie eine Vorentscheidung - der THW führte
mittlerweile deutlich mit 11:3.
Dabei sorgten die "Zebras" auch durch ihren Einsatz und
ihre Spielfreude für Sonderapplaus und ließen so die eine
oder andere misslungene Aktion schnell wieder vergessen
machen. So beispielsweise, als ein Gegenstoßpass
Omeyers einen Tick zu weit
geraten war, Gudjon Valur Sigurdsson
den Ball aber doch noch von der Torauslinie kratzen konnte,
ihn im hohen Bogen zurück ins Spiel brachte, wo ihn dann
Rene Toft Hansen aus der Luft pflückte.
Und die Kieler machten auch nach dem 11:4-"Anschluss" durch
einen Sprem-Siebenmeter weiter: Mittlerweile mit
Filip Jicha auf Rückraummitte
und Patrick Wiencek am Kreis,
aber noch immer mit einer kompromisslosen 6:0-Deckung
ging die große Ilic-Show weiter.
Auch die Kieler Treffer 12, 13 und 14 gingen auf das
Konto des Serben, ehe Filip Jicha
mit einem Gegenstoß beim 15:5 (25.) bereits die erste
Zehn-Tore-Führung für die Kieler markierte. Immerhin
konnte der Altmeister durch zwei Krause-Treffer und
einen Sprem-Strafwurf bis zum Pausenpfiff noch leicht
auf 17:8 verkürzen. Die beiden letzten Kieler Treffer
gingen dabei auf das Konto Patrick Wienceks,
der nach Jicha-Anspiel mit einem
tollen Heber gegen seine alten Mannschaftskameraden den
letzten Glanzpunkt der ersten Halbzeit setzte.
Gislason mischt durch
Filip Jicha trumpfte in der
Schlussphase groß auf.
Für den zweiten Durchgang brachte Alfred Gislason
mit Marko Vujin, Marcus Ahlm,
Dominik Klein, Geburtstagskind Niclas Ekberg
und Torhüter Andreas Palicka gleich fünf frische Kräfte.
Und trotz des beinahe kompletten Wechsels bauten die "Zebras" den
Vorsprung durch einen fulminanten Vujin-Kracher
und einen Ekberg-Gegenstoß zunächst auch
auf 19:8 aus. Dann aber schlichen sich im Kieler Angriffsspiel einige
Unkonzentriertheiten ein: Schlecht vorbereitete Würfe von Vujin
und Palmarsson waren ein gefundenes Fressen
für Aljosa Rezar, durch einen Larsson-Stemmwurf
und drei Gegenstößen konnte Gummersbach innerhalb von nur zweieinhalb
Minuten auf 19:12 verkürzen. Grund genug für Alfred Gislason,
seine Auszeit zu nehmen.
Fünf Jicha-Treffer in den letzten vier Minuten
In der Folgezeit gingen seine Spieler auch wieder konzentrierter
zu Werke: Auch wenn im Angriff nicht alles gelang, wurden die Gäste
in der Folgezeit nicht mehr zum Kontern eingeladen. Und die Kieler
6:0-Deckung knüpfte nahtlos an die famoseLeistung des ersten Durchgangs
an - mit einem Andreas Palicka dahinter, der
aufmerksam alle Verlegenheitswürfe entschärfte und nebenbei auch die
eine oder andere Glanzparade zeigte. So pendelte sich der Vorsprung
der "Zebras" zwischen acht und zwölf Toren ein - bis zum 30:19 durch
Michal Kopco fünf Minuten vor Schluss. Denn danach zogen die Kieler
- mittlerweile mit der offensiven 3:2:1-Deckung - noch einmal das
Tempo an: Mit einem berauschenden 6:0-Lauf verabschiedeten sich die
Die Spieler des THW Kiel bedankten sich bei ihren Fans und wünschten
ihnen mit diesem Banner ein frohes Weihnachtsfest.
Kieler von ihren Fans, und insbesondere Filip Jicha
drückte dieser Schlussphase seinen Stempel auf. Der Tscheche, der
nach seiner Schulterverletzung aus dem Melsungen-Spiel
lange Zeit noch nach der richtigen Justierung in seinem Wurfarm suchte,
steuerte allein fünf Tore in den Schlussminuten bei, mit der Endsirene
sorgte er mit seinem exakt 100. Saisontreffer für ein drehbuchreifes Finale.
Der Rest waren Standing Ovations der Kieler Fans für ihren THW, der
das erfolgreichste Jahr seiner Vereinsgeschichte damit fast beendet
hat. Den Abschluss macht am kommenden Mittwoch ausgerechnet die
"Mutter aller Derbys" bei der SG Flensburg-Handewitt. In der "Flens-Arena"
wollen die "Zebras" die just gewonnene Tabellenführung in der
DKB Handball-Bundesliga mit in die fünfwöchige WM-Pause
nehmen. Der Anwurf am zweiten Weihnachtsfeiertag erfolgt um 18.30 Uhr,
Sport1 überträgt das Spitzenspiel live.
Es war sehr wichtig für uns, dass wir heute gut spielen. Wir wollten
eine gute Abwehr hinlegen, das ist uns gelungen. Beide Torhüter haben
überragend gehalten. Bis auf ein paar Phasen, in denen wir zu viel
riskiert haben oder überhastet geworfen haben, haben wir auch sehr
gut im Angriff gespielt.
Das letzte Heimspiel in diesem Jahr: Es war schön, dieses Jahr mit
den großartigen Leistungen so abzuschließen. Ich habe mich über die
Riesen-Atmosphäre heute gefreut.
Ich möchte mich bei den Zuschauern für ihre großartige Unterstützung
in diesem Jahr bedanken. Jetzt steht das große Derby in Flensburg an.
Wichtig war, dass Filip nach und nach die
Sicherheit im Wurf gefunden hat. Es war das erste Mal seit dem
Melsungen-Spiel, dass er überhaupt geworfen hat.
Frohes Fest und einen guten Rutsch!
VfL-Trainer Emir Kurtagic:
Glückwunsch zum überragenden Sieg des THW. Wir hatten uns vorgenommen,
mehr Gegenwehr zu leisten. Zu Beginn des Spiels hat
Omeyer zwei, drei sehr gute Bälle gehalten
und der THW konnte schnell Gegenstöße laufen. So wurde es zu Beginn
bereits relativ deutlich. Trotzdem bin ich enttäuscht von meiner Truppe,
weil sie nicht alles gegeben hat und mit dem Einsatz gekämpft hat. Wir
müssen dieses Spiel jetzt abhaken, denn wir haben am Mittwoch gegen
Minden bereits ein Endspiel. Weihnachten werde ich meine Aufgaben
erledigen, aber sicherlich auch ein wenig Zeit finden, mit Freunden
und Familie Weihnachten zu feiern. Ich wünsche allen unseren Fans und
den Zuschauern in Kiel ein frohes Fest und einen guten Rutsch.
gegenüber Sport1:
Die letzten Minuten waren enttäuschend. Wir haben zum Ende zu viele
Bälle weggeworfen. Unsere einfachen Fehler führten zu Tempogegenstößen.
So verloren wir dann mit 17, als vielleicht unter zehn Toren Rückstand
zu bleiben.
[Liegt es hauptsächlich an den Verletzten?]
Es hängt nicht alles an den Verletzten. Wenn sie nicht da sind, müssen
wir eben ohne sie spielen, aber sicherlich sind wir in der Hinrunde
unter unseren Möglichkeiten geblieben.
Der größte Moment des Jahres war der Champions-League-Sieg, weil er
so hart erkämpft war. Ich gratuliere meiner Mannschaft zum heutigen
Sieg und wünsche dem VfL alles Gute für 2013. Ich wünsche unseren
Zuschauern ein frohes Fest, einen guten Rutsch und bedanke mich für
die großartige Unterstützung. Ich hoffe, wir sehen uns am 3. Februar
zum Testspiel gegen Kim Andersson und KIF
Kolding-Kopenhagen wieder.
[War das heute so leicht zu erwarten?]
Nein, das war nicht zu erwarten. Wir haben sehr gut gespielt,
eine super erste Halbzeit gespielt, alles hat geklappt, daher die klare
Führung zur Pause gegen die Gummersbacher, die auch Probleme imt den
vielen Verletzten haben.
[Jetzt wartet Flensburg...]
Das wird ein Topspiel. Für uns geht es um Platz eins, den wir auch
zum Jahresende behalten wollen. Uns erwartet ein hartes Spiel bis zur
60. Minute.
Es war uns wichtig, sich bei den Fans zu bedanken. Sie haben uns
toll unterstützt, auch auswärts ist auf sie Verlass. Wir alle,
Mannschaft, Verein und Fans haben Großartiges geleistet, darauf
können wir stolz sein. Ob die Tabellenführung wichtig ist? Für den
Verein bestimmt, für mich nicht - ich will am Ende Erster sein.
VfL-Kreisläufer Jörg Lützelberger gegenüber den KN:
Wir haben bereits nach fünf Minuten die Chance auf einen
Sieg abgegeben. Aus Sicht der Kieler war es dann nur
noch ein Trainingsspiel. Wir können nicht zufrieden sein,
in unserer Verfassung ist es aber auch nicht unser Anspruch,
hier zu punkten.
Handballmeister kehrt mit 36:19-Sieg gegen Gummersbach an die Tabellenspitze zurück
Kiel. Mit einem lockeren 36:19 (17:8)-Heimsieg gegen
einen überforderten VfL Gummersbach brachte sich
Handballmeister THW Kiel für das Derby bei der SG
Flensburg-Handewitt (18.30 Uhr/Sport1) am Mittwoch in
Schwung. Die "Zebras" lieferten gestern nicht nur eine
sehr konzentrierte Vorstellung ab, auch der Wurfarm von
Filip Jicha überstand den
finalen Härtetest vor dem Bundesliga-Gipfel, zu dem die
Kieler nach dem überraschenden Punktverlust der
Rhein-Neckar Löwen als neuer Tabellenführer anreisen werden.
"Ich bin bereit für Flensburg", sagte Jicha,
den zwei Wochen lang Schmerzen im Wurfarm geplagt hatten. "Gestern habe
ich im Training zum ersten Mal gemerkt, dass es wieder klappen könnte."
In der 42. Minute wollte der Tscheche es wissen. Der erste Wurf verfehlte
das Ziel noch um einen halben Meter, 60 Sekunden später passte es. Sein
Wurf zum 32:19 hatte dann schon wieder 105 Stundenkilometer. Es geschah
in der 58. Minute, es sollte sein 97. Saisontor sein. Nicht nur
Hallensprecher Rolf Körting hielt es für ausgeschlossen, dass
Jicha an diesem Nachmittag noch die 100-Tore-Marke
knacken würde, doch mit dem Schlusspfiff knallte er sein 100. Saisontor
aus dem Stand ins Netz.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der VfL Gummersbach schon längst aus dem
Geschehen verabschiedet. Die Gäste standen von Beginn an auf verlorenem
Posten. Die Kieler 6:0-Deckung hatte Wall-Niveau, dahinter lieferte
Thierry Omeyer in der ersten Halbzeit zwölf
Paraden ab. Im Sauseschritt eilten die Kieler auf 13:5 (21.) davon.
Momir Ilic hatte bis dato im Alleingang
mehr Tore (6) erzielt als der zwölfmalige Meister, der sich in einem
bedauernswerten Zustand präsentierte. Als der Serbe, an dem auch der
polnische Spitzenclub Wisla Plock Interesse haben soll, sich anschließend
ein kleines Päuschen gönnen wollte, erarbeitete sich
Patrick Wiencek einen Siebenmeter, und
Ilic musste doch einmal zurück aufs Feld.
Er tat es gerne und erfolgreich - 14:5, siebtes Ilic-Tor.
Ein weiterer Vater des Erfolges war Omeyer,
der in den ersten zehn Minuten bereits zwei Siebenmeter parierte. Einen
von Nationalspieler Adrian Pfahl, der völlig neben sich stand. Einen von
Neuzugang Fredrik Larsson, gegen den er auch
im Nachwurf gefeierter Sieger blieb. Der Schwede, in der Not kurzfristig
beim Kieler Champions-League-Sieger IK Sävehof ausgelöst, absolvierte
erst sein zweites Spiel in Diensten der Oberbergischen. Da dem Tabellen-16.
mit Christoph Schindler und Kentin Mahe
verletzungsbedingt beide Mittelleute fehlen, musste das Team von Emir
Kurtagic im Rückraum improvisieren. Larsson,
der gute Ansätze zeigte, fand als Regisseur aber keine Bindung zu seinen
Nebenleuten, was angesichts der kurzen Eingewöhnungsphase nicht
verwunderlich ist.
Fünf Neue, das blieb aber nicht ohne Folgen auf die Leichtigkeit des Spiels.
Der VfL robbte sich auf 12:19 (37.) heran und Gislason
sah sich genötigt, nun doch einmal eine Auszeit zu nehmen, um von seiner Mannschaft
mehr Ernsthaftigkeit und Konzentration einzufordern. Offenbar nahmen die "Zebras"
sich die klaren Worte zu Herzen und lieferten ein letztes Drittel ab, das für
Gummersbach demütigende Züge annehmen sollte.
Als der letzte Vorhang für ein einseitiges Treiben gefallen war, schlug das
Geschichtsbuch noch einmal seine Seiten auf. Auf dem Videowürfel liefen die
Szenen eines außergewöhnlichen Kieler Handballjahres ab, die "Zebras" schauten
andächtig zur Decke, einige VfL-Spieler und auch die meisten Zuschauer waren
geblieben, um sich zu erinnern. Als Ahlm ("ich hoffe,
meine Stimme hält durch") sich anschließend im Namen der Triple-Sieger beim
Publikum bedankte, wurde es in der gewaltigen Arena noch einmal besinnlich.
Weihnachtlich.