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21.06.2013 DHB-Pokal

Zebra-Journal: Final Four: Der neunte Streich

33:30 - "Zebras" drehten im Finale klaren Rückstand gegen die SG Flensburg um

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 15.06.2013:

Hamburg. Gesucht, gefunden: Der beste Spieler, der beste Torhüter, die beste Mannschaft - Mattias Andersson von der SG Flensburg-Handewitt wurde beim "Final Four" doppelt gekürt. Doch da der überragende Handballer der Pokal-Endrunde im Finale dem THW Kiel, der besten Mannschaft, 30:33 (16:12) unterlag, blieb ihm der Pokal als höchste Form der Ehrung verwehrt.
Dabei hatte es in der mit 13000 Zuschauern ausverkauften O2-World an diesem 14. April lange danach ausgesehen, dass Miss Germany, Caroline Noeding aus Niedersachsen, die Trophäe erstmals nach acht Jahren wieder an Flensburger überreichen würde. Während auf der Tribüne Biathlon-Olympiasiegerin Kati Wilhelm der SG die Daumen drückte, weil sie einst mit Steffen Weinhold studierte, spielte das Team von Ljubomir Vranjes zu ebener Erde wie entfesselt auf. Gestützt auf die Paraden von Andersson, der bereits tags zuvor gegen den HSV Hamburg (26:25 n. Verl.) der Turm in der Schlacht gewesen war.

In letzter Sekunde der regulären Spielzeit hatte er im ersten Halbfinale einen Wurf von Marcin Lijewski pariert und die Seinen in die Verlängerung gerettet. Andersson, der schließlich mit einer unglaublichen Quote von mehr als 60 Prozent zum gefeierten Helden werden sollte, ließ dann acht Minuten lang gar kein HSV-Tor mehr zu und stieß im Alleingang die Tür zum Finale auf. Hier traf die SG, wie in den beiden vergangenen Jahren, auf den THW Kiel. Der Titelverteidiger hatte es im Halbfinale leichter gehabt. Die "Zebras" gewannen gegen die MT Melsungen souverän 35:23 (16:14) und feierten den höchsten Final-Four-Sieg seit 15 Jahren. Seit dem 5. April 1998, als sie im Finale den favorisierten TV Niederwürzbach mit 30:15 deklassierten. "Sie haben uns diesmal ernst genommen", sagte Trainer Michael Roth, der mit seiner Mannschaft am 9. Dezember in Kiel gewinnen und einen der größten Erfolge der Vereinsgeschichte feiern konnte. Roth & Co waren geblieben, um das Finale als Zuschauer zu erleben: "Wir wollen hier noch etwas lernen." Auch die mit einem Sonderzug angereisten Fans der MT kamen am zweiten Tag zurück. Dieses Spektakel wollten sie, die zuletzt 1996 bei einem Final Four dabei sein durften, sich nicht entgehen lassen.

Sie sahen eine Flensburger Mannschaft, die den hohen Favoriten lange am Nasenring durch die Halle führte. Andersson absolvierte eine grandiose erste Halbzeit, die Deckung um Tobias Karlsson stand wie in Beton gegossen, und im Angriff waren die Flensburger stets einen Schritt schneller. Den Kielern fehlte Christian Zeitz, der sich gegen Melsungen die rechte Mittelhand gebrochen hatte. Der Linkshänder hätte trotzdem gerne mitgespielt, doch eine entsprechende Schiene ist im Handballsport nicht gestattet. Auch auf den Rängen gaben die SG-Fans, mit mehr als 1000 Tröten ausgestattet, zunächst den Ton an, obwohl die überwiegende Mehrheit im weiten Rund der gewaltigen Arena auf Seiten der "Zebras" zu stehen schien. Mit einer 16:12-Führung für die SG wurden die Seiten gewechselt.

In der Pause wählte eine Jury mit Ex-Nationalspieler Volker Zerbe, Gerd Hofele (Manager FA Göppingen) und Bundestrainer Martin Heuberger den besten Spieler und den besten Torwart des Turniers. Sie entschieden sich in beiden Fällen für Andersson, was zu diesem Zeitpunkt kein sonderlich kompliziertes Auswahlverfahren voraussetzte.

Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga, räumte nach dem Abpfiff ein, dass auch Aron Palmarsson ein chancenreicher Kandidat für die Wahl zum besten Spieler gewesen wäre. Aber die Jury konnte nicht wissen, dass der junge Isländer einen THW aus der Kabine führen würde, der einmal mehr seine Extraklasse unter Beweis stellte. "Ich hatte in der Kabine ein gutes Gefühl", sagte Torhüter Thierry Omeyer nach dem neunten Pokalsieg des THW. "Wir sind mit der Überzeugung zurückgekehrt, dass uns jetzt alles gelingen wird." Sollte dem so gewesen sein, wäre der Doppel-Olympiasieger gut beraten, sich nach dem Ende seiner Karriere als Wahrsager zu versuchen. Im ersten Durchgang war ihm, sonst ein verlässlicher SG-Schreck, nicht viel gelungen. Aber wer den Franzosen kennt, der weiß, dass ihn die Hitze eines Endspiels und die Größe des Gegners zusätzlich motivieren. Mit Andersson, den er einst aus dem Tor des THW Kiel verdrängt hatte, bot sich ihm ein solcher Gegner. Die beiden dominierten eine zweite Halbzeit, die Geschichte schreiben sollte. Von den ersten zehn Toren nach Wiederanpfiff warfen die Kieler neun, in der 43. Minute führte das Gislason-Ensemble ("Für solche Endspiele leben wir") bereits mit 21:17. Eine eindrucksvolle Show der besten Vereinsmannschaft der Welt, deren Einzelteile noch einmal gemeinsam den Pokal gewinnen wollten. Ihn begießen, obwohl das nur noch mit Flaschenbier möglich ist, lässt sich die Trophäe doch mittlerweile nicht mehr befüllen - das neue Modell hat keinen Deckel.

Spaziergang nach Hamburg

So leicht war der Weg zur Pokal-Endrunde in Hamburg für den THW Kiel, der sich zum 14. Mal qualifizieren konnte, lange nicht mehr gewesen. In den ersten beiden Runden hatten die Bundesligisten jeweils ein Freilos, anschließend feierte der Titelverteidiger leichte Siege gegen die Zweitligisten DHfK Leipzig (43:27), den von Torge Greve trainierten VfL Bad Schwartau (35:26) und den Bundesliga-Neuling GWD Minden (30:22). Pech hatten lediglich die Fans der "Zebras", musste sie doch in jeder Runde reisen, um ihre Idole zu sehen - Kiel gewann den "Pott" ohne Heimspiel. Der Achtelfinal-Erfolg in MindenA war der 17. Pokalsieg in Folge für den THW, der in diesem Wettbewerb am 7. Februar 2010 letztmalig verloren hatte - im Viertelfinale beim VfL Gummersbach mit 28:35 (12:21).

Neuer Modus im DHB-Pokal

Der nächste DHB-Pokalsieger wird probeweise nach einem neuen Modus ermittelt. Vorerst nur in der kommenden Saison haben die ersten sechs Mannschaften der Handball-Bundesliga in der ersten Runde ein Freilos. Die anderen zwölf Erstligisten starten gemeinsam mit den 20 Zweitligisten sowie 20 Landespokalsiegern in den Wettbewerb.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 15.06.2013)


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