Ihre Hausaufgaben in der Königsklasse haben die Handballer des
THW Kiel am Donnerstag mit dem
31:28-Erfolg
in Györ gegen Zaporozhye gemacht. Bereits am Sonntag sind die
"Zebras" aber wieder in der DKB Handball-Bundesliga gefordert:
Beim wiedererstarkten Kellerkind HBW Balingen-Weilstetten müssen
die Kieler unbedingt gewinnen, um den knappen Vorsprung auf die
Konkurrenz zu halten. Der Anwurf in der Balinger Sparkassen-Arena
erfolgt um 15.00 Uhr, Sport1 überträgt die Partie live.
Als der HBW Balingen-Weilstetten 2006 in die erste Bundesliga
aufstieg, wurde die Mannschaft von Trainer Dr. Rolf Brack schnell
als Abstiegskandidat Nummer eins und Eintagsfliege abgestempelt.
Doch Balingen blieb drin und verhalf in den vergangenen sieben
Jahren mittlerweile aus der Liga nicht mehr wegzudenkenden
Leistungsträgern wie Nationalspieler Stefan Kneer, Magdeburgs
österreichischer Rechtsaußen Robert Weber, die Mittelmänner
Benjamin Herth und Martin Strobel oder Linkshänder Felix Lobedank
zu den ersten Bundesligaeinsätzen. Auch wenn es in einigen
Spielzeiten brenzlig war, wurde mit einem Platz zwischen 13 und
15 stehts die Klasse gehalten. Im nunmehr achten Jahr steht den
"Galliern von der Alb" aber das Zweitligawasser mittlerweile
bis zum Hals.
Vorzeitiges Ende der Ära Brack
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Markus Gaugisch beerbte Dr. Rolf Brack zum Jahreswechsel.
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HBW |
Dass die Ära von Erfolgstrainer Dr. Rolf Brack enden würde,
kristallisierte sich bereits im September heraus. Brack suchte
eine neue Herausforderung und fand sie in der Schweiz, wo er
einen Vertrag als neuer Nationaltrainer der Eidgenossen
ab dem 1. Juli 2014 unterschrieb. "Der Schweizerische Handball-Verband hat mit
ihm ganz bestimmt eine sehr gute Wahl getroffen. Mit dem Potential,
über das die Schweiz im Nachwuchs verfügt, kann eine starke
Mannschaft für die Zukunft geformt werden. Dafür ist Rolf Brack
auf jeden Fall der richtige Mann", war sich
Alfred Gislason
sicher. Als Nachfolger bei HBW wurde nur wenige Tage später
Markus Gaugisch vom Lokalrivalen und ehemaligen Erstliga-Club TV
Neuhausen präsentiert. "Wir sind sehr froh, einen so
renommierten Trainer verpflichten zu können, der aus der Region
kommt und für diese steht", sagt HBW-Geschäftsführer Bernd Karrer.
"Es war nicht einfach, für die Zeit nach Rolf Brack einen adäquaten
Nachfolger zu finden, der auch noch richtig gut zum HBW passt",
gibt Karrer zu. Die zehn Jahre mit Brack seien eine Ära gewesen.
15 sieglose Spiele in Serie
Indes: Am Ende sollten es für Dr. Rolf Brack "nur" neuneinhalb
Jahre gewesen sein. Grund dafür war die sportliche Talfahrt in
der Hinrunde, bis zur
EM-Pause sammelte
HBW nur acht von möglichen 40 Punkten und überwinterte damit
auf dem vorletzten Platz der DKB Handball-Bundesliga. Viermal
trennte sich Balingen unentschieden, einzig in Lübbecke (30:26)
und gegen Aufsteiger TV Emsdetten (32:21) gab es doppelte
Punktgewinne - beide Spiele fanden aber statt, bevor Brack seinen
Abschied zum Saisonende verkündete. Nach 15 sieglosen Spielen
in Serie zog der Verein zum Jahreswechsel die Reißleine.
"Das war nach neuneinhalb Jahren sehr guter Zusammenarbeit eine
extrem schwere Entscheidung", sagte HBW-Geschäftsführer Bernd
Karrer. Allerdings musste in seinen Augen die sportliche Talfahrt
schleunigst beendet werden: "Wir stecken dadurch in einer
schwierigen Situation und nun müssen wir ein Zeichen setzen!"
Markus Gaugisch übernahm daher ein halbes Jahr früher als
ursprünglich geplant seinen Posten als neuer Cheftrainer bei
den Balingern. "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm,
weil ich sicher bin, dass er gleich seinen Stempel aufdrücken
kann und wird", hoffte Karrer. Er sollte damit Recht behalten.
Viele knappe Niederlagen
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Kreisläufer Christoph Theuerkauf erzielte bislang
71/11 Saisontreffer.
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HBW |
Warum die Balinger Mannschaft, die mit Rückkehrer Martin Strobel
(aus Lemgo) und Rückraumspieler Fabian Böhm (Essen) zwei starke
Neuzugänge zu Saisonbeginn präsentierte und die wir Ihnen bereits
im
Vorbericht zum Hinrundenspiel
ausführlich vorgestellt hatten, so tief in den Abstiegsstrudel
geriet, hat vielerlei Gründe und lässt sich nicht nur an
Bracks Abschiedsverkündung festmachen. Oftmals fehlte auch einfach
ein Quäntchen Glück, wie beispielsweise bei der 28:29-Auswärtsniederlage
bei den Füchsen Berlin, gleichzeitig letztes Spiel unter Brack.
Oder aber bei den vier Punkteteilungen, bei denen Balingen auch
hätte gewinnen können. In den wichtigen Vier-Punkte-Spielen gegen
Mitkonkurrenten im Tabellenkeller fehlten zudem häufig wichtige
Leistungsträger, so fehlte beim 24:26 in Minden ausgerechnet
der zum Nationalspieler gereifte Linkshänder Kai Häfner, der
Balingen allerdings zum Saisonende Richtung Hannover verlassen
wird.
Aufbruchstimmung unter Gaugisch
Doch mit dem neuen Kalenderjahr und dem neuen Trainer kehrte
sofort Aufbruchstimmung bei den Balingern ein. Nach dem Auftakttraining
unter Gaugisch war Karrer sofort Feuer und Flamme: "Natürlich wurden
einige Sachen anders gemacht, das war ja aber auch zu erwarten.
Alle waren mit Feuereifer mit dabei. Interessant war zu sehen, dass
ein jüngerer Trainer, der auch mal in der 1. Bundesliga gespielt hat,
auch mal etwas mitmacht. Das kommt bei den Spielern gut an. Alle sind
zu 200 Prozent motiviert, um den Klassenerhalt gemeinsam anzugehen."
Gaugisch zeigte sich, wenngleich die Situation "brenzlig" wäre,
ebenfalls guter Dinge: "Wir müssen von Spiel zu Spiel schauen. Das
Wichtigste wird sein, erst einmal auf Augenhöhe dran zu sein. Dann
müssen wir uns die Chance erarbeiten, dass wir es in der eigenen
Hand haben." Neben dem Coach gab es auch im
Kader
zwei Änderungen. Der in der Vorsaison lange verletzte Sascha Ilitsch,
der zu Saisonbeginn zum Sammeln von Spielpraxis für ein Jahr an
Neuhausen ausgeliehen wurde, kehrte zusammen mit Gaugisch ein halbes
Jahr früher als geplant an die alte Wirkungsstätte zurück. Und im
Tor vertraut Balingen neben
Nikolaos Katsigiannis nun auf die
Reflexe Bastian Rutschmanns: Während Matthias Puhle sich dem
VfL Gummersbach anschloss, wird Rutschmann aber nur ein halbes
Jahr beim HBW bleiben, ehe er sich in der kommenden
Spielzeit für ein Jahr lang den Rhein-Neckar Löwen anschließen
wird.
Blitzstart ins neue Kalenderjahr
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Torhüter Bastian Rutschmann hilft für ein halbes Jahr in Balingen aus.
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HBW |
Und der 31-jährige Keeper, der in Göppingen zuletzt hinter
Marinovic und Prost nur die dritte Geige spielte, wurde schnell
zum Faktor in Balingen: Mit mehreren Glanztaten verhalf Rutschmann
seinem neuen Verein direkt nach der
EM-Pause
zu einem 31:26-Heimsieg gegen Lübbecke - der Auftakt zu einer
starken Serie. Denn Balingen ließ ein Unentschieden in Emsdetten,
einen Heimsieg gegen Hannover und ein unerwartetes 26:26-Remis
beim HSV Hamburg folgen. Da waren sie wieder, die "Gallier von
der Alb", die aufgrund ihrer oftmals unorthodoxen Spielweise und
eines unbändigen Kampfeswillen immer zu einem Stolperstein auch
für Spitzenclubs werden können - was im Dezember 2009 auch der
THW Kiel schon einmal erleben musste, als er in der Balinger
Sparkassen-Arena mit
37:39 unterlag.
Daher benötigte Balingen nur vier Spieltage, um den Rückstand
auf die Nichtabstiegszone von vier Punkten auf einen zu verkürzen.
Und so bekam der HBW bereits im Heimspiel gegen den
zuvor zehn Mal sieglosen Bergischen HC die Chance, die Abstiegsränge
zu verlassen. Aber gerade in dieser Partie agierte Balingen zu
nervös, kämpfte sich nach zwischenzeitlichem Fünf-Tore-Rückstand
zwar im zweiten Durchgang in die Partie, konnte aber eine
26:25-Führung vier Minuten vor Schluss nicht über die Zeit
retten, weil Ex-"Zebra"
Viktor Szilagyi
sich nicht mehr stoppen ließ. Durch die 27:29-Niederlage und das 28:30 am vergangenen
Wochenende bei der HSG Wetzlar beträgt der Rückstand auf Platz
15 daher wieder drei Zähler (siehe auch
Kurve Balingen
und
Tabelle).
Saison-Aus für Fabian Böhm
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Martin Strobel ist mit bislang 106/12 Saisontreffern bester Schütze
bei Balingen.
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HBW |
Die große Euphorie ist beim HBW erst einmal dahin, zumal
Fabian Böhm der Mannschaft in dieser Saison nicht mehr wird
helfen können: Der 24-Jährige, der in den vergangenen drei
Spielzeiten mit Dormagen, dem Bergischen HC und zuletzt
TuSEM Essen jeweils den Abstieg nicht verhindern konnte, fällt
aufgrund einer Schulterverletzung vier bis sechs Monate aus
und muss nun tatenlos dabei zusehen, wie seine Mannschaftskameraden
in den verbleibenden acht Ligaspielen noch so viele Punkte
wie möglich zu sammeln versuchen. 2007 und 2010 reichten dem
HBW 18 Zähler, um die Klasse zu halten. In dieser Saison würde
dies aller Voraussicht nach nicht reichen. "Diese Saison ist
die verrückteste, seit der HBW in die 1. Liga aufgestiegen
ist. Es gibt an jedem Spieltag Ergebnisse, mit denen man nicht
rechnen konnte. Deshalb gehe ich davon aus, dass zum
Klassenerhalt mehr als 20 Punkte notwendig sein werden", rechnet
Karrer vor. Somit benötigt sein Team noch mindestens sieben
Zähler. Chancenlos sieht sich Balingen auch gegen den Tabellenführer
nicht: "Immer wenn zwei Mannschaften gegeneinander spielen, geht
es um Punkte. Und es kann immer mal eine Überraschung geben. Wichtig
ist, dass wir wie beim Unentschieden gegen den HSV Hamburg unseren
Fahrplan zu 100 Prozent durchziehen. Dann wird sich zeigen, was
der THW anzubieten hat", so Gaugisch. Und auch Torhüter
Katsigiannis
gibt sich kämpferisch: "Wir brauchen jeden Punkt für den Klassenerhalt.
Da spielt der Name des Gegners keine Rolle."
THW will 16. Sieg im 17. Duell
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Nationalspieler Kai Häfner verlässt Balingen zum Saisonende
Richtung Hannover.
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HBW |
Der THW Kiel, der erst am Donnerstag die schwere
Champions-League-Partie in Ungarn gegen Zaporozhye absolvieren
musste, kommt den Balingern als Gegner daher gerade recht. Die
Voraussetzung ist ähnlich wie vor dem Auswärtscoup in Hamburg:
Ein Sieg wird nicht erwartet, kann aber erneute Euphorie beim
HBW entfachen. Für die "Zebras" indes zählt in Balingens
Sparkassen-Arena nur ein Sieg, bei einer Niederlage müssten die
Kieler gar die Tabellenführung an die Rhein-Neckar Löwen
abtreten. Daher werden
Filip Jicha
und Co. trotz müder Beine alles versuchen, um im 17. Pflichtduell mit
dem HBW den 16. Erfolg einzufahren. Im Hinspiel in Kiel hatte
der deutsche Rekordmeister im Oktober leichtes Spiel und
siegte nach einem Zwischenspurt Ende der ersten Halbzeit
deutlich mit
35:24 (20:12) (siehe auch
Gegnerdaten Balingen).
Fanmobil vor Ort
Die Balinger Sparkassen-Arena wird am Sonntag voraussichtlich
ausverkauft sein, unter den Zuschauern werden aber auch viele
schwarz-weiße Fans erwartet. Diese können sich vor Ort mit
neuen und bewährten Fanartikeln, dem einen oder anderen
Schnäppchen und natürlich den
reduzierten Bundesliga-Trikots
eindecken - das beliebte THW-Fanmobil parkt direkt vor der Halle.
Die Schiedsrichter in der Balinger Sparkassen-Arena sind am Sonntag
Christian Moles und Lutz Pittner.
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Lesen Sie bitte auch
Aus den Kieler Nachrichten vom 22.03.2014:
Gaugisch: Ein Trainer mit Beamtenstatus
Balingen. Markus Gaugisch (39) sollte den Handball-Bundesligisten
HBW Balingen-Weilstetten erst in der nächsten Saison trainieren.
Doch nach 15 Spielen ohne Sieg wurde Dr. Rolf Brack (61), entlassen,
Gaugisch, der zuletzt den TV Neuhausen trainierte, musste im Dezember
übernehmen. Morgen (15 Uhr) erwarten seine "Gallier von der Alb" den
THW Kiel.
- Kieler Nachrichten:
-
Herr Gaugisch, Sie arbeiten als Gymnasiallehrer für Sport und
Deutsch. Wie lässt sich das mit dem Trainerjob vereinbaren?
- Markus Gaugisch:
-
Im Moment ist es wirklich brutal, Freizeit gibt es nicht. In der
kommenden Saison werde ich von 60 auf 30 Prozent reduzieren. Das
Minimum, um meinen Beamtenstatus nicht zu verlieren.
- Kieler Nachrichten:
-
Das hört sich nach einer guter Lösung an. Profi ja, aber eine
Versicherung inklusive...
- Markus Gaugisch:
-
... ist es auch. Das gibt mir als Trainer eine gewisse Gelassenheit.
Das Schlimmste, was was passieren kann, ist als Lehrer arbeiten zu
müssen. Und das ist nicht so schlimm.
- Kieler Nachrichten:
-
Passen Sie die Stundenpläne den Trainingszeiten an?
- Markus Gaugisch:
-
Die Schule kommt mir sehr entgegen, sonst würde es gar nicht gehen.
Sie hat eine große Handballtradition, was daran liegt, dass der
ehemalige Konrektor ein Kieler war. Das Kollegium kommt gelegentlich
zu den Spielen und die guten Schüler werden mit Freikarten belohnt
(lacht).
- Kieler Nachrichten:
-
Hatten Sie damit gerechnet, dass der THW Kiel den Umbruch so gut
verkraften würde?
- Markus Gaugisch:
-
Ein Wahnsinn, wie schnell der THW wieder dieses Niveau erreicht hat.
Anfangs hat Filip Jicha die Sache allein
in die Hand genommen, wenn es nötig war, aber jetzt ist die ganze
Mannschaft sehr stabil. Dafür muss man
Alfred Gislason und seinem Team großen
Respekt zollen.
- Kieler Nachrichten:
-
Der THW hatte am Donnerstag ein schweres Spiel.
Ein Vorteil für Balingen?
- Markus Gaugisch:
-
Nein, für diese Mannschaft ist es eher ein Nachteil, wenn sie einmal
nicht im Drei-Tage-Rhythmus spielt. An den ist sie seit Jahren gewohnt.
- Kieler Nachrichten:
-
Hat Balingen eine Chance?
- Markus Gaugisch:
-
Wir sind Profis, deshalb glauben wir daran. Aber erreicht der THW
Normalform, habe ich keine großen Hoffnungen.
(Das Gespräch führte Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 22.03.2014)
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
HBW Balingen-Weilstetten - THW Kiel:
Das Tippspiel ist nicht mehr verfügbar.
Mittippen!
TV-, Radio- und Internet-Tipps:
-
TV: Sport1:
So., ab 14.55 Uhr: HBW Balingen-Weilstetten - THW Kiel
live aus der Sparkassen-Arena, Balingen
-
Radio: NDR 1 Welle Nord:
So., ab 15.00 Uhr: Liveeinblendungen HBW Balingen-Weilstetten - THW Kiel
(geplante Einblendungen um 15.00 Uhr,
15.30 Uhr, 15.40 Uhr, 16.00 Uhr, 16.20 Uhr und in der Schlussphase
gegen 16.30 Uhr; nach dem Spiel Berichte und Stimmen der Beteiligten
um 17.00 Uhr, 17.30 Uhr sowie am Montagmorgen;
Reporter vor Ort ist Stefan Eilts)
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