20./21.04.2005 - Letzte Aktualisierung: 21.04.2005 | Bundesliga |
Update #4 | KN-Bericht, Stimmen und Spielbericht ergänzt |
Marcus Ahlm, der Mann des Tages, im DSF-Interview. Ahlm machte aus 13 Versuchen 12 Tore, das ist eine sensationelle Quote von 92,3%. 12 Treffer von Ahlm - das gab es noch nie in einem THW-Spiel. Das Maximum waren bisher 11 Tore beim 47:25-Rekordsieg in Minden in der Saison 2003/04. |
Doch die Gastgeber blieben dran: Stefan Kretzschmar, dem man seine Grippe zu keiner Zeit anmerkte, und ein von Sprenger abgeschlossener Tempo-Gegenstoß ließen die 8400 Zuschauer euphorischer werden. Der THW blieb allerdings gelassen und setzte sich mit drei schnellen Toren in Folge von Boquist, Pettersson und Ahlm auf 9:5 (8.) ab. Vor allem Christian Zeitz zeigte sich in der ersten Halbzeit von seiner besten Seite, sorgte mit mehreren Steals und etlichen Assists für Sicherheit im Kieler Angriffsspiel, ließ in der Abwehr allerdings manchmal die nötige Konsequenz vermissen - nach seiner Roten Karte im Pokalfinale aber verständlich. Er war es auch, der nach 13 Minuten die erste 5-Tore-Führung ermöglichte - Torschütze war erneut Marcus Ahlm, der heute Saugnäpfe an seinen Händen zu haben schien und eiskalt gegen Torsten Friedrich verwandelte. Dieser war mittlerweile für Johannes Bitter im Kasten, der bisher im Gegensatz zu dem guten, aber nicht überragenden Welthandballer Henning Fritz kaum etwas halten konnte. Fritz hielt besonders in den wenigen kritischen Momenten seinen Kasten sauber, zum Beispiel in der 22. Minute gegen den freistehenden Grafenhorst, als der SCM nach zwei Treffern in Folge Morgenluft witterte. So reichte eine bärenstarke Angriffsleistung - selbst Magdeburgs Versuch, mit dem vorgezogenen Yves Grafenhorst den Kieler Angriffswirbel zu unterbinden, scheiterte - sowie eine über weite Strecken gute Leistung in der Abwehr, um den SCM weiter auf Distanz zu halten. Mit seinem fünften Treffer im fünften Versuch sorgte Marcus Ahlm in letzter Sekunde für die 23:19-Pausenführung - bis dahin hatten 76% aller Wurfversuche ihren Weg in den Magdeburger Kasten gefunden.
Und der THW ließ auch zu Beginn des zweiten Durchgangs nicht locker: In der stärksten Phase von Johan Pettersson sorgte dieser fast im Alleingang zur Verwaltung des Vorsprungs, erzielte 5 der ersten 6 THW-Treffer im zweiten Durchgang. Er profitierte allerdings auch von ungeahnten Freiräumen, nachdem der stärker werdende Johannes Bitter und Christoph Theuerkauf sich zu sehr über strittige Entscheidungen des nicht immer souveränen Gespanns Fleisch/Rieber echauffierten und Zeitstrafen einheimsten. Über 27:22 und 29:23 baute der THW nach Toren des eher unauffälligen Frode Hagen und wieder einmal Marcus Ahlm seinen Vorsprung auf 31:24 aus (42.), in der Bördelandhalle war es mittlerweile merklich ruhiger geworden.
Doch Magdeburg steckte dennoch nicht auf: Drei Treffer in Folge zum 27:31 des nur in der zweiten Hälfte auffälligen Joel Abati ließen den SCM noch einmal hoffen. Zuvor hatte Stefan Lövgren die einzige Kieler Zeitstrafe bekommen, als er bei einem Tempo-Gegenstoß der Gastgeber den vergeblich herausgeeilten Henning Fritz mit einer vortrefflichen, aber natürlich regelwidrigen Fußabwehr ersetzte. Eine Schrecksekunde für den THW gab es in der 48. Minute, als sich Martin Boquist den kleinen Finger auskugelte und nicht mehr weiterspielen konnte. Aus dem Konzept brachte dies die Kieler aber nicht.
Ahlm gegen Abati lautete das Duell in der Schlussphase - nach dem Treffer des schwedischen Kreisläufers zum 36:30 (51.) für die Zebras scheiterten Lundström, Pettersson und zum einzigen Mal an diesem Abend auch Ahlm an Johannes Bitter, und der SCM war nach dem Tor von Abati zum 33:36 fünf Minuten vor dem Ende wieder im Geschäft. Den Spielern des THW stand aber der Siegeswillen ins Gesicht geschrieben: Marcus Ahlm mit seinem zwölften und letzten Treffer sowie der in der zweiten Hälfte unauffälligere Zeitz sorgten für die endgültige Entscheidung zugunsten der Gäste. Den Schlusspunkt setzte Johan Pettersson sicher per Siebenmeter - auch er hatte am Ende 12 Treffer auf seinem Konto.
Der THW festigt somit seinen Spitzenplatz in der Handball-Bundesliga, Flensburg bleibt nach einem souveränen 29:21-Sieg beim nächsten THW-Gegner Wetzlar allerdings dran (siehe Tabelle). "Wir können nur weiter unsere Spiele gewinnen", sagte SG-Manager Thorsten Storm. "Wer aber nach so einem schweren Final Four auch in Magdeburg gewinnt, hat es verdient Deutscher Meister zu werden."
(Sascha Krokowski)
Aus kiel4kiel.de:
39:35 - THW mit einer Hand an der Meisterschale
Das zum "Schlüsselspiel um die Deutsche Meisterschaft" hochstilisierte Duell des Tabellendritten SC Magdeburg und des Tabellenführers THW Kiel hatte am Mittwoch in den Fördestädtern einen souveränen Sieger gefunden und ließ sogar Thorsten Storm, Manager des Noch-Meisters und ärgsten Verfolgers SG Flensburg-Handewitt, kleinlaut verkünden: "Wer nach so einem schweren Final Four auch in Magdeburg gewinnt, hat es verdient, Deutscher Meister zu werden."
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Viele Leute haben von einem Schlüsselspiel geredet, ich habe bereits vor dem Spiel gesagt: Wenn wir in Magdeburg gewinnen, bleiben wir ein heißer Meisterschaftskandidat. Wir hatten heute den besseren Torwart gehabt. Wir sind hochmotiviert in die Partie gegangen. Von der ersten Minute an haben wir taktisch sehr gut gespielt. Wir hatten keine Probleme mit der Magdeburger 6:0-Deckung, bei der 5:1-Deckung stotterte es nur kurz. Nach der Halbzeit haben wir bis zum Schluss sehr guten Handball gespielt. Müdigkeit bei den Spielern gibt's für mich nicht.[Zur Verletzung von Boquist:]
Bei Martin Boquist ist das obere Gelenk des kleinen Fingers kaputt - aber es ist ja nur der kleine Finger, den kann man tapen und durchaus weiterspielen.[Zur möglichen Champions League Qualifikation Magdeburgs:]
Ich denke, ihr schafft das! Viel Glück!
Glückwunsch an den THW, dies war ein großer Schritt in Richtung Meisterschaft. Stefan Kretzschmar hatte im Vorfeld mit Fieber zu kämpfen. Aber ein großes Lob an meine Mannschaft in Bezug auf die kämpferische Leistung. Wir haben nicht gut gedeckt, zudem war Henning Fritz sehr stark. Unseren Torleuten fehlte indes ein bisschen. Aber wir haben nie aufgegeben, obwohl wir ständig einem Rückstand hinterherliefen. Ich bin extrem unzufrieden mit den Schiedsrichtern, die bei allen engen Entscheidungen für Kiel gepfiffen haben.
Aus den Kieler Nachrichten vom 21.04.2005:
Für einen kurzen Moment dürfte sich Henning Fritz gefühlt haben wie in der heimischen Ostseehalle. Dem Blumen-Glückwunsch von SCM-Manager Bernd-Uwe Hildebrandt zur Welthandballer-Wahl folgten lang anhaltende stehende Ovationen der 8000 für ihren "verlorenen Sohn". Henning Fritz zeigte sich gerührt. "Das ist schon ein tolles Gefühl, in der alten Heimat solch einen warmen Empfang zu bekommen. Überwältigend." Überwältigend waren wenige Minuten später auch die Paraden des "Weltbesten". Der THW hätte auch gewonnen, weil er mit Fritz den besseren Torhüter zwischen den Pfosten stehen gehabt habe, lobte Trainer Noka Serdarusic seinen Schlussmann.
Serdarusic hätte alle THW-Spieler von der Nummer eins bis 20 mit Lob überschütten können. Es gab keinen einzigen Ausfall im Team, nahezu alle Zebras agierten an der Leistungsgrenze. Und das nur drei Tage nach der deprimierenden Pokalfinal-Niederlage in Hamburg gegen die SG Flensburg-Handewitt (siehe Spielbericht). "Das Ergebnis aus Hamburg haben wir zurückgelassen, nicht aber die Leistung vom Finale", sagte Martin Boquist. Der zwölffache Torschütze Johan Pettersson ging noch weiter. "Ich habe schon einiges mit dem THW erlebt", schnappte der Schwede im Kabinengang nach Luft, "aber das war das beste Spiel, seit ich dieses Trikot trage."
Gut für die Psyche war, dass Kapitän Stefan Lövgren spielen konnte. Die im Pokal-Halbfinale erlittene Knöchelverletzung schien der Kapitän in der Kabine gelassen zu haben. Routiniert übernahm er Verantwortung und Spielregie im Kieler Angriff. Das Adrenalin schien die Schmerzen zu verdrängen, später humpelte Lövgren aus der Halle. "Im Spiel habe ich nichts gemerkt."
Befeuert wurde das herzerfrischende Kieler Angriffsspiel auch vom glänzenden Start seines Halbrechten. Christian Zeitz drückte der Partie in den Anfangsminuten mit vier "geklauten Bällen" und zwei ausgeschlafenen Toren den Stempel auf und gab die Richtung vor. Weltklasse der Treffer zum 2:0, als er sich den Ball in der Abwehr schnappte, zwei, drei Schritte lief und dann den zu weit vor seinem Tor postierten Johannes Bitter mit einem Heber überwand. Magdeburgs Schlussmann erholte sich von diesem Bubenstück lange Zeit nicht. So geriet das Tor der Gastgeber auch nach der Einwechslung von Torsten Friedrich zur Schießbude. Dabei war der Tabellendritte keineswegs ein gefundenes Fressen für die Zebras. Trotz des zwischenzeitlichen Sieben-Tore-Rückstandes (28:35; 49. Minute) ließ das Team von Trainer Alfred Gislason nicht locker und kämpfte gegen die drohende Niederlage. "Wir haben stark gespielt", betonte Kreisläufer Christian Theuerkauf. "Mit dieser Leistung schaffen wir sicher die Champions League, für den THW war's allerdings zu wenig." Das lag auch an seinem Kreisläufer-Pendant auf Kieler Seite. Marcus Ahlm deutete gestern erneut an, dass er unmittelbar auf dem Sprung zur absoluten Weltklasse ist. Zwölf Versuche, zwölf Volltreffer. Wenn Magdeburg Anstalten machte, näher zu kommen, war der 26-Jährige mit Bärenruhe und Entschlossenheit zur Stelle. Die Meisterträume reifen auch bei dem Schweden, Ahlm bleibt jedoch auf dem Teppich. "Wir haben eines der schwersten Auswärtsspiele gewonnen, mehr aber noch nicht.
Beim Titelkonkurrenten SG Flensburg-Handewitt wird Ernüchterung eingetreten sein, zum Trost ging ein wenig Geld in die eigene Spardose. 50 Kisten "Flens", die Manager Thorsten Storm dem SCM für einen Sieg versprochen hatte, bleiben nämlich an der Förde. Stattdessen stimmten zahlreich mitgereiste THW-Fans altbekannte Meistergesänge an. Es klang sehr bestimmt.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 21.04.2005)
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