01.-03.06.2006 - Letzte Aktualisierung: 03.06.2006 | Bundesliga |
Update #2 | KN-Vorbericht, living sports-Vorbericht und living sports-Bericht über Steinar Ege ergänzt... |
Das Team des VfL Gummersbach.
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VfL |
Ein Saison-Kehraus bedeutet aber gleichzeitig auch immer Abschied nehmen: Nach drei bzw. zwei Jahren beim THW Kiel werden Adrian Wagner und Frode Hagen am Samstag ihr letztes Pflichtspiel für den THW bestreiten. Während Wagner nach seinem im Heimspiel gegen den HSV erlittenen Muskelfaserriss nur sporadisch eingesetzt werden kann, brennt Frode Hagen auf seinen letzten Pflichtspieleinsatz für den THW. Da Viktor Szilagyi nach seinem Kreuzbandriss weiter pausiert, dürften auch die abwandernden Altenholzer Zweitspielrechtler Dennis Klockmann (Schwerin) und Christoph Schindler (Hildesheim) ein letztes Mal in die Ostseehalle einlaufen, um sich von ihren Kieler Fans zu verabschieden.
Doch auch die Gäste nehmen Abschied, und zwar von einem ganz Großen: Kyung-Shin Yoon, sechsfacher Torschützenkönig und mit über 2000 Feldtoren für den VfL in den vergangenen zehn Spielzeiten, verlässt Gummersbach und wechselt zur kommenden Saison zum HSV Hamburg (siehe auch die Dankesrede an Kyung-Shin Yoon). Sowieso befinden sich die Oberbergischen im Umbruch: Mit Ian Marko Fog, Alexander Mierzwa (Schweiz), Michael Hegemann (TBV Lemgo), Cedric Burdet (Montpellier) und Frank von Behren (SG Flensburg Handewitt) wird auch der ehemalige Kieler Torhüter Steinar Ege den Verein verlassen, zum dänischen Club FC Kopenhagen wechseln und seinen Abschied vom VfL ausgerechnet in seinem alten "Wohnzimmer" der Ostseehalle feiern, in dem der Norweger 2000 und 2002 Deutscher Meister wurde.
Hütet in der nächsten Saison das Tor des VfL: Nandor Fazekas. |
Auch wenn es in diesem Jahr - zum fünfzehnten Mal in Folge - wieder nicht zu einem Titel bei den Oberbergischen gereicht hat, so absolvierte der VfL in dieser Spielzeit doch seine erfolgreichste Saison seit dem Gewinn der zwölften Meisterschaft 1991. In der Bundesliga steht Gummersbach definitiv als die beste deutsche Mannschaft außerhalb Schleswig-Holsteins fest, im DHB-Pokal scheiterte man erst im Viertelfinale nach Verlängerung beim späteren Finalisten und THW-Bezwinger Kronau/Östringen, und im EHF-Pokal fehlte lediglich ein Tor, um den Cup-Sieger TBV Lemgo im Halbfinale aus dem Wettbewerb zu schmeißen. Einzig Mitte April schien Gummersbach zu schwächeln, als man nach einer indiskutablen Leistung beim "alten Rivalen" TV Großwallstadt mit 20:32 deklassiert wurde, doch in den letzten Wochen fand der VfL zurück in die Erfolgsspur: Gegen Nordhorn siegte man locker mit 31:25, es folgte ein 29:29-Unentschieden beim stark auftrumpfenden Pokalsieger HSV Hamburg und ein 28:24-Sieg über den SC Magdeburg. Am vergangenen Wochenende gab es im "Endspiel um die Vizemeisterschaft" gegen die SG Flensburg-Handewitt ein 31:31-Unentschieden, wodurch die Entscheidung auf den 34. Spieltag vertagt wurde (siehe auch Gegnerkurve VfL Gummersbach und Tabelle).
Bester Torschütze der Handball-Bundesliga: Gudjon Valur Sigurdsson. |
Keine andere Mannschaft konnte so häufig beim THW Kiel gewinnen wie der VfL Gummersbach. Die einzige aktuelle Bundesligamannschaft, die gegen den THW Kiel eine insgesamt positive Bilanz aufweisen kann (31:29 Siege in 62 Partien) gewann allerdings nur 7 von 31 Partien in der Kieler Ostseehalle, der letzte Triumph liegt gar über 13 Jahre zurück: Unter Interimscoach Uwe Schwenker verloren die Zebras am 8. Mai 1993 deutlich mit 15:22. Danach folgten unter Trainer Noka Serdarusic 12 Heimsiege in Folge, von den letzten elf Bundesligavergleichen konnte der VfL gar nur einmal in eigener Halle gewinnen. Im Hinspiel dieser Saison brachte der THW in einer spannenden Partie dem VfL in der ausverkauften KölnArena beim 34:32-Auswärtserfolg seine einzige Heimniederlage der Saison bei (siehe auch Gegnerdaten VfL Gummersbach).
Die Unparteiischen sind am Samstag die EHF-Schiedrichter Reiner und Bernd Methe (Vellmar).
(Sascha Krokowski)
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Lesen Sie bitte auch die Dankesrede an Kyung-Shin Yoon von Thomas Ammermann sowie den living sports-Vorbericht, den living sports-Bericht über Steinar Ege sowie den KN-Vorbericht.
Kyung-Shin Yoon bestreitet in der Kieler Ostseehalle sein letztes Spiel für den VfL. |
Danke, "Nick" Yoon,
(Von Thomas Ammermann)
Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Der sprunggewaltige Franzose Daniel Narcisse. |
Auswärts lief es allerdings nicht immer rund. Am schmerzlichsten war wohl die herbe Niederlage gegen den TV Großwallstadt, die die Oberbergischen endgültig aus den Titelträumen riss. In einer desolaten Vorstellung verlor der VfL mit zwölf Toren Differenz - selbst Trainer Kljaic, sonst nie um einen flotten Spruch verlegen, konnte nur mit nicht zu übersehenden Fakten kommentieren: "Heute ist bei uns alles schief gelaufen, die Abwehr war nicht im Bilde, die Torleute schwach und im Angriff fehlte die Bewegung. Außerdem fehlte bei uns der letzte Biss."
Das war allerdings nicht die einzige Niederlage, die den Gummersbachern zusetzte. Im DHB-Pokal schied man gegen die SG Kronau/Östringen aus, die auch den Zebras im Halbfinale des Wettbewerbs zum Verhängnis wurde. Auch hier fehlte, wie in der Bundesliga gegen den TV Großwallstadt, der letzte Biss. Hier fand Kljaic aber sofort die einzig passenden Worte: "Mit zweieinhalb Spielern kann man kein Spiel gewinnen, wir hatten zu viele Ausfälle. Im Handball kann man aber nur mit dem Kampf ein Spiel gewinnen, das war schon immer so. Das haben wir heute nicht begriffen."
Im EHF-Pokal traf man im Viertelfinale auf den späteren Sieger TBV Lemgo. Trotz einer zwischenzeitlichen Vier-Tore-Führung verpassten der VfL das Weiterkommen und scheiterte, wie so oft, an sich selber. "Dieses Duell hat unsere Dummheit entschieden. Wir lagen vier Tore vor und haben in Überzahl kein Tor gemacht, das war der größte Fehler", wusste auch der Trainer um die Schwächen seines Teams.
Und dennoch blickt Kljaic auf ein erfolgreiches Jahr in Gummersbach zurück. Denn der Kroate hat die eigens aufgestellte Saisonvorgabe erreicht: die Qualifikation für die Champions League. Für den Trainer ist allein die Teilnahme schon eine große Ehre. "Wenn mir jemand anbieten würde, den EHF-Pokalsieg und den Deutschen Pokal gegen die Teilnahme an der Champions League zu tauschen, ich würde nicht lange überlegen. Die Champions League ist einfach die Krone des Handballs." Als Kljaic Anfang der Saison aus Minden nach Gummersbach kam, überraschte er die Journalisten mit der Kampfansage, er wolle mit dem VfL Gummersbach Meister werden. Nach einem fünften Platz und 17 Punkten Rückstand auf den Meister THW Kiel hörte sich das aber eher wie ein Wunschtraum an. "Ich setze mir immer die höchsten Ziele. Andere sagen, dass sie Fünfter werden wollen und lassen sich wie Helden feiern, wenn sie besser sind. Das brauche ich nicht", sagt Kljaic auf seine ihm ganz eigene Art - offen, direkt und kämpferisch.
(aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra")
Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Letztes Bundesligaspiel für den zweifachen Meister mit dem THW: Steinar Ege. |
Der Abschied Eges aus dem Land, in dem er neun Jahre lang gelebt hat, ist Grund genug, alles noch einmal Revue passieren zu lassen. 1997 kam der damals 25-Jährige nach Deutschland zum VfL Gummersbach. Doch mit seinem ersten Verein im neuen Land hatte er nicht das ganz große Los gezogen. Die wirtschaftliche Lage beim VfL war damals so schlecht, dass der Verein sich nur mit Müh und Not über Wasser halten konnte - auch für Ege eine äußerst schwere Zeit. Vier Monate blieb das Gehalt aus, die Wohnung wurde gekündigt und das Auto wurde abgeholt - so hatte sich der norwegische Nationalspieler sein Leben als Handballprofi nicht vorgestellt.
1999 wurde er dann ein Zebra und gewann in den vier Jahren u.a. jeweils drei Mal die Deutsche Meisterschaft und den DHB-Pokal und stand 2000 gegen den FC Barcelona im Finale um die Champions League. Doch strahlte für Ege während seiner Zeit in Kiel nicht immer nur die Sonne. Im Mai 2001 musste er sich aufgrund eines Knorpelschadens im Knie operieren lassen und fiel mehr als ein Jahr aus. Ein Jahr, das zu den Tiefpunkten seiner Karriere gehört. "Ich bin durch die Hölle gegangen", beschreibt er seine damalige Gefühlslage.
Aufgrund seiner schweren Verletzung holte sich der THW Kiel mit Mattias Andersson einen dritten Torwart und Ege verlor den dadurch entstandenen Konkurrenzkampf. Er wechselte zum CBM Galdar, einem spanischen Erstligaclub von der Urlaubsinsel Gran Canaria. Dort in der spanischen Sonne tankte er genügend Energie, um wieder zurück in die deutsche Handball-Bundesliga zu kommen und sein Können noch einmal unter Beweis zu stellen. Beim VfL Gummersbach gelangte er wieder zu altbekannter Stärke und zog auch seinem Ex-Club, dem THW Kiel, bei so manchem Spiel den letzten Zahn.
Nun verlässt Steinar Ege den Bundesligazirkus und zieht ein wenig näher an seine Heimat Norwegen. Ab Juli heißt sein neuer Arbeitgeber FC Kopenhagen. Der Trainer des Tabellenvierten der dänischen Elitserie, Magnus Andersson, weiß um die Qualitäten des Neuzugangs. "Steinar ist ein Torhüter von absoluter Weltklasse und daher ist er ein richtiger Siegertyp." Neben der Siegermentalität zeichnet sich der 193-fache Nationalspieler auch durch seinen Kampfwillen aus. "Man muss kämpfen und sein Bestes zeigen, um ein Spiel zu gewinnen. Das ist das Faszinierende am Sport. Es wäre nichts für die Zuschauer, wenn man nur seine Krawatte hinter das Tor hängt und dann trotzdem gewinnt."
Zumindest kämpft Steinar Ege ein letztes Mal um den Sieg in einem Bundesliga-Spiel. Ein Drehbuchregisseur hätte den Ort von Eges letztem Bundesligaauftritt nicht besser wählen können. Die Zuschauer der Kieler Ostseehalle, die ihn vier Jahre lang bejubelten, dürfen sich als letztes Bundesligapublikum von ihrem "Stonie" verabschieden, ihm "Auf Wiedersehen" sagen und viel Glück für die Zukunft wünschen. Und dann werden bei Steinar Ege wohl wieder zwei Gesichter zu sehen sein: ein lachendes und ein weinendes Auge, wenn er das letzte Mal in den Gummersbacher Mannschaftsbus steigt.
(aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra")
Aus den Kieler Nachrichten vom 03.06.2006:
"Ich habe die Mannschaft in diesem Zustand erwartet", meint THW-Trainer Noka Serdarusic. Die meisten Spieler kehrten erst Donnerstag von einem fünftägigen Mallorca-Trip zurück. Um 17 Uhr trudelten die Zebras in Kiel ein, eine Stunde später bat Serdarusic zum Training. Seine Erkenntnis: "Wir werden heute nicht 60 Minuten lang unser normales Tempo spielen können." Der 55-Jährige weiß, dass sich seine Mannschaft einen intensiven Besuch der Party-Insel verdient hat. Dennoch wurmt es ihn, dass er heute vielleicht Ähnliches erleben muss, wie am vergangenen Sonnabend. Gezeichnet von einer spontanen Meisterfeier ging den Zebras bei der knappen 36:37-Niederlage in Magdeburg die Luft aus.
"Wir alle wollen unbedingt gewinnen", verspricht Vid Kavticnik, einer der jungen Partygänger des THW, die zwei Nächte länger unter spanischer Sonne feierten. "Das war ein ganz schön hartes Leben", meint der junge Slowene. "Aber wir haben unglaublich viel Spaß gehabt." Zurück in Melsdorf schlief der 22-Jährige elf Stunden lang. Inzwischen ist die Sorge um die eigene Form einer anderen gewichen. Kavticnik hat erfahren, dass die Zebras auf der Bühne singen müssen. Gestern Abend schnappte sich der Rechtsaußen nach dem Training und dem Hausputz sein Liederbuch. "Ich will unbedingt etwas Deutsches singen. Aber noch habe ich ein paar Probleme mit dem Text."
Auch Nikola Karabatic hatte das komplette Party-Programm gebucht. Eigentlich sollte der Franzose am Donnerstag am linken Ellenbogen operiert werden. Doch Mannschaftsarzt Dr. Frank Pries verlegte den Eingriff auf Dienstag. Für den Heilungsprozess wäre der mehrstündige Besuch der NDR-Bühne nicht förderlich gewesen.
Karabatic, mit 220 Saisontoren bester Schütze des THW, ist gegen Gummersbach also mit von der Partie. Ein Ziel, dass sich Adrian Wagner in seinem letzten Spiel gesetzt hatte. Vor zwei Wochen zog er sich gegen den HSV Hamburg einen Muskelfaserriss zu. Gestern testete der Linksaußen seinen lädierten Oberschenkel. Zu früh. "Ich habe leider zu viel gewollt und einen Rückschlag erlitten." Der 28-Jährige, der zum Zweitligisten Bayer Dormagen wechselt, will es sich trotz der Schmerzen aber nicht nehmen lassen, mit der Mannschaft in der Ostseehalle einzulaufen. "Vielleicht darf ich für einen Siebenmeter noch einmal von der Bank humpeln."
Der Gedanke, heute Abend mit Frode Hagen, Christoph Schindler und Dennis Klockmann auf dem Rathausplatz verabschiedet zu werden, löste bereits gestern Gänsehaut und belegte Stimme bei ihm aus. "Das wird mich ganz schön mitnehmen", weiß Wagner. "Wenn hier in den letzten Jahren Spieler verabschiedet wurden, war ich immer froh, dass ich noch nicht an der Reihe war." Jetzt ist es soweit.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 03.06.2006)
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