16./17.11.2010 - Letzte Aktualisierung: 17.11.2010 | Bundesliga |
Update #2 | KN-Berichte und weitere Stimmen |
Schmerzhaft: Im Derby wurde Filip Jicha und seinen THW-Kollegen nichts geschenkt. |
Erzielte fünf wichtige Tore: Marcus Ahlm. |
Gislason hatte zu diesem Zeitpunkt längst auf die Löcher in der Abwehr reagiert, Daniel Kubes als Turm in der 6-0-Mauer aufgeboten. Nach Lijewskis 11:11 (22.) brach dann die große Zeit des THW an: Flink in der Abwehr, jetzt auch mit einem einige Male fein parierenden Omeyer, ging nun die Kieler Post ab. Ilic mit einem richtigen Pfund und Aron Palmarsson mit einem unglaublichen Tor nach einem Hamburger Schubser sorgten für das 13:11 der Kieler, die nun auch ein wenig Glück hatten: Hans Lindberg und Igor Vori scheiterten freistehend am Gebälk, der bereits zu diesem Punkt überragende Jicha markierte die erste Drei-Tore-Führung. Die sechsminütige Hamburger Torflaute beendete Lackovic in der 28. Minute, doch Omeyer hielt seinen Kasten bis zur Pause sauber - der in der ersten Hälfte starke Ahlm besorgte mit einem Doppelschlag die komfortabel wirkende 16:12-Pausenführung.
Anspannung auf der Bank: Das Spitzenspiel war nichts für schwache Nerven. |
Filip Jicha war der überragende Kieler auf der Platte. |
Auch in dieser hätte sich für den THW noch alles zum Guten wenden können, wenn Ilic, zuvor bereits zweimal von der Strafwurflinie an Bitter gescheitert, diesen einen Siebenmeter (59.) an dem großgewachsenen HSV-Torhüter vorbei gebracht hätte. Oder wenn auch in der Schlussphase auf die richtige Chance zum Torwurf gewartet worden wäre. So aber landete ein Pass von Fernandez in den vielen Armen der HSV-Defensive, Lijewski erzielte das 26:25 - der Sebastian-Vettel-Effekt kam auch beim HSV zum Tragen: 13 Sekunden vor dem Ende gingen die HSVer erst zum zweiten Mal in der Partie in Führung - doch das reichte, weil den Kielern auch noch das Glück fehlte: Aus 20 Metern versuchte Jicha doch noch das Unmögliche, doch sein mit letzter Kraft aufs Tor geschleuderter Wurf prallte hinter dem schon geschlagenen Bitter an den Pfosten.
Die Hamburger feierten ausgelassen den ersten Heimsieg gegen den THW seit sieben Jahren und die Eroberung der Tabellenspitze. Doch die Leistung der Zebras über weite Strecken der Partie zeigte eindrucksvoll, dass die schwarz-weißen Jäger aus der Landeshauptstadt auch in diesem Jahr wieder hungrig sind - die Saison ist noch lang. Nun müssen die Kieler schnell umdenken - das nächste Spitzenspiel wartet schon. Am kommenden Sonntag sind die Rhein-Neckar Löwen zu Gast in der Sparkassen-Arena. In diesem Spiel geht es um nichts weniger als die Tabellenführung in der Champions-League-Gruppe A. Anstoß ist um 17.15 Uhr, der nächste Kracher kann kommen!
(Christian Robohm)
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Glückwunsch an den HSV zu diesem Sieg. Es war ein interessantes Spiel. Trotz der Niederlage bin ich sehr stolz auf meine Mannschaft. Sie hat taktisch sehr gut gespielt und sich im Angriff die Chancen herausgearbeitet. Es spielten zwei Weltklasse-Mannschaften auf hohem Niveau gegeneinander, letztendlich scheiterten wir nur an Kleinigkeiten. Schade.
Wir hatten uns heute vorgenommen, endlich einmal zwei Punkte aus dem Heimspiel gegen Kiel zu holen. Wir haben ein geiles Spiel abgeliefert und können uns nun verdient freuen. Am Ende hatten wir auch etwas Glück, nachdem wir in der ersten Halbzeit die letzte Konsequenz vermissen lassen haben. In der zweiten Hälfte sind wir dann cool geblieben. Zwei Punkte gegen Kiel geholt zu haben, fühlt sich gut an. Wir sollten jetzt aber nicht sofort an die Meisterschaft denken - dann geht das schief.
In den letzten fünf bis acht Minuten der ersten Halbzeit waren wir entscheidend in Rückstand geraten. Die Stimmung war in der Kabine daher nicht so besonders. Aber wir hatten uns dann geschworen, das Herz in beide Hände zu nehmen und alles Menschenmögliche noch zu versuchen. Jeder von uns hat um jede Situation gekämpft, die Spieler haben sich in der Abwehr sehr stark bewegt. Damit haben wir uns die nötige Luft verschafft, wenn wir mal im Angriff nicht die richtige Lösung fanden. Ich freue mich sehr für die Jungs. Aber wir wissen, dass wir ein Heimspiel hatten und dass es noch ein Rückspiel gibt. Dies heute war nur eine Etappe, aber ich bin froh, dass wir sie bestanden haben.
Die Atmosphäre hier war klasse, das macht unsere Sportart auch aus. Es war für uns heute mehr drin, wir hätten auch mehr verdient gehabt. Der HSV Hamburg ist jetzt definitiv die Mannschaft der Stunde, aber die Saison ist noch lang.
Die Stimmung war heute noch gigantischer als beim letzten Heimspiel. Zwei taktische Schachzüge von Martin Schwalb hielt ich heute für entscheidend. Zum einen die Umstellung auf die 3-2-1-Deckung, durch die wir stärker in die Zweikämpfe fanden. Zum anderen war auch der Wechsel im Tor zurück auf Jogi Bitter mitentscheidend.
Wir müssen nicht enttäuscht sein, schließlich haben wir hier super gespielt. Am Ende gewinnen wir solche Spiele oft, diesmal sollte es nicht sein. Schade, dass ich gegen Jogi Bitter am Ende nicht mehr getroffen habe. Gegen ihn treffe ich eigentlich meistens. Aber wenn es wirklich wichtig wird, dann klappt das bestimmt auch wieder.
Diese Spiele werden immer in den letzten zehn Minuten entschieden, das war diesmal nicht anders. Wir hatten uns zur Halbzeit eine tolle Ausgangsposition erarbeitet, aber deshalb können wir unser Spiel nicht ändern. Wir geben immer Gas, das ist unser Spiel, das werden wir nach dieser Niederlage auch nicht ändern. Für die Meisterschaft bedeutet diese Niederlage nicht viel.
Wir haben eine phantastische zweite Halbzeit gespielt. In der ersten waren wir aber auch nicht so schlecht, wie das Ergebnis es aussagt. Da war auch eine Portion Pech dabei. Schließlich hatten wir noch drei Lattenknaller. Dieser Sieg war sehr wichtig. Da wir in der Rückrunde die schweren Spiele alle auswärts haben, müssen wir die Heimspiele unbedingt gewinnen.
So ist Sport. Wir brauchen jetzt aber keine Krisensitzung, auch wenn wir natürlich traurig sind. Wir haben gut gespielt, die letzten fünf Minuten haben uns die beiden Punkte gekostet. Klar waren wir am Ende müde, aber die Hamburger auch - das darf keine Ausrede sein. Mein letzter Wurf war eher eine sportliche Geste.
Das waren vier Punkte für uns, mehr aber auch nicht. Kiel ist in der Lage, bis zum Saisonende alle Spiele zu gewinnen und Meister zu werden. Es war nur ein Ligaspiel.
Das war auf keinen Fall eine Vorentscheidung, wir müssen auf dem Boden bleiben. Am Ende haben wir glücklich gewonnen, uns den Sieg aber auch verdient, weil wir immer an uns geglaubt haben. Wir haben in der zweiten Halbzeit wie die Teufel gebissen.
Aus den Kieler Nachrichten vom 17.11.2010:
Belohnung für die Hamburger Aufholjagd nach dem Vier-Tore-Halbzeitrückstand ist die Tabellenführung, im Meisterrennen zwischen den Topfavoriten der Liga hat jetzt das Team von Trainer Martin Schwalb die Nase vorn. Die Spieler des Rekordmeisters, die lange Zeit Rhythmus und Tempo der Partie bestimmen, schleichen enttäuscht in die Kabinen. Der Knockout in den letzten Sekunden hat sie schwer getroffen. Er habe ein riesige Partie gesehen, bilanziert Trainer Alfred Gislason: "Das waren heute zwei Weltklasseteams. Hamburg hat am Ende glücklich gewonnen, aber das ist kein Beinbruch."
Schon Minuten vor dem Anpfiff ist die Spannung in der Hamburger Arena spürbar, es knistert. Die HSV-Fans sind laut, wollen ihren Stars Sicherheit geben. Aber der Rekordmeister ist ebenfalls nicht allein gekommen, rund 2000 Anhänger machen sich bemerkbar: Es ist wie zuletzt immer in der prachtvollen Arena. Und so starten die Kieler mit dem Wissen um die eigene Stärke, der erfolgreichen Vergangenheit beim HSV, selbstbewusst, fast arrogant. Momir Ilic trifft aus dem Rückraum zum 1:0, die offensive Deckung ist präsent. Zwar scheitert Ilic mit einem Siebenmeter an Johannes Bitter, trifft aber im Nachwurf: 2:0. Es geht gut los für den THW, der HSV findet schwer ins Spiel, Präsident Andreas Rudolph, der sich einen Triumph über die Nordlichter so sehr wünscht, tobt schon nach fünf Minuten. Beim 4:4 ist der HSV wieder dran. Igor Vori trifft vom Kreis, HSV-Torhüter Johannes Bitter ist ein starker Rückhalt. Gislason reagiert, bringt Abwehrchef Daniel Kubes, stellt auf eine defensive 6:0-Deckung um. Vorne trifft der überragende Filip Jicha, Dominik Klein läuft zweimal hinter der HSV-Deckung ein, trifft gegen Bitter. Die Partie wogt hin und her, Blazenko Lackovic sorgt mit einem Kracher aus dem Rückraum in der 19. Minute für die erste Hamburger Führung.
Es soll vorerst die letzte bleiben. Zwar glänzt Bitter erneut mit einer Doppelparade gegen Ahlm und Fernandez, doch Kiel nimmt das Heft wieder in die Hand. Jetzt setzt Aron Palmarsson Akzente, auch THW-Torhüter Thierry Omeyer findet ins Spiel, Schwalb wechselt überraschend Per Sandström für Bitter ein. Ilic, Palmarsson und zweimal Marcus Ahlm treffen kurz vor der Halbzeitpause, die "Zebras" nehmen ein Vier-Tore-Polster mit in die Kabinen. "Die erste Halbzeit ging klar an den THW", erklärt Martin Schwalb später, "aber wir haben uns geschworen, dass wir weiter an uns glauben wollen. Das hat die Mannschaft umgesetzt."
Und wie. Die Hamburger kämpfen sich heran, Schwalb bringt mit Flohr, Duvnjak und Schröder frische Kräfte, Bitter kehrt ins Tor zurück. Nach Lackovic' 21:22 sind die Gastgeber in der 47. Minute wieder auf Tuchfühlung. Kiel kontert, der bärenstarke Marcus Ahlm trifft zweimal vom Kreis: 24:21. Dann folgt die alle in ihren Bann ziehende Schlussphase. Lackovic und Marcin Lijewski treffen. 25:25. Die Halle kocht. Als Dominik Klein von Stefan Schröder gefoult wird, entscheiden die Unparteiischen Fleisch/Rieber, die sich dem brillanten Spielniveau nahtlos anpassen, auf Strafwurf. Momir Ilic, der dreimal sicher verwandelt hat, scheitert an Bitter, Hamburg ist am Zug, verspielt den Ball - noch einmal Kiel. Doch das Anspiel von Fernandez an den Kreis kommt nicht an. Marcin Lijewski trifft zum 26:25, Filip Jicha scheitert mit dem letzten verzweifelten Versuch am Hamburger Außenpfosten. Aus, der HSV-Traum geht in Erfüllung.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 17.11.2010)
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