04./05.05.2011 - Letzte Aktualisierung: 05.05.2011 | Bundesliga |
Update #2 | KN-Spielbericht und weitere Stimmen ergänzt... |
Der in der ersten Halbzeit agile Palmarsson und der inzwischen in die Partie gekommene Filip Jicha glichen zum 6:6 aus - doch erneut konterten die Gastgeber mit den Außen Grafenhorst und Weber. Nach Doboracs Treffer zum 10:8 (19.) nahm Gislason die Auszeit und ordnete eine offensivere Deckungsvariante an. Zudem brachte er Christian Zeitz - und der Halbrechte brachte den THW mit einer Rückraum-Fackel in den Winkel beim 10:11 (22.) wieder in Schlagdistanz. Nach Zeitz' Tempogegenstoß zum 11:12 (24.) war es aber wieder Quenstedt und der größere Wille der SCM-Abwehr, der die Sachsen-Anhaltiner wieder deutlich in Führung brachten. Die Kieler Verunsicherung wurde deutlich, als Jicha einen Siebenmeter weit über das Tor warf. Grafenhorst erhöhte auf 14:11, Zeitz verkürzte mit einem tollen Wackler (27.). Hinten hielt Omeyer dicht, doch seine Vorderleute kamen nun nicht mehr an Quenstedt im SCM-Tor vorbei: Der Keeper hielt Würfe von Zeitz, Jicha und erneut Zeitz, als Rojewski mit dem Pausenpiff zum 15:12 traf, riss es die Zuschauer in der Bördelandhalle förmlich von den Sitzen.
Noch blieben dem THW 30 Minuten, um für eine Wende im Spiel zu sorgen. Und die zweite Hälfte ließ sich nach Webers Siebenmeter zum 16:12 (33.) gut an. Jetzt wurde hinten ein wenig aggressiver gearbeitet, und vorne sorgten zweimal Ilic und einmal Jicha für den 15:17-Anschluss (35.). Als Klein eine Minute später zum 16:18 traf, versuchte er, seine Nebenleute zu pushen - doch ohne Erfolg. Es folgten ganz bittere zwölf Minuten, in denen die Kieler nicht mehr an Quenstedt und der klammernden Abwehr der Gastgeber vorbei kamen. Fahrkarten wurden in Reihe gezogen, technische Fehler, unkonzentrierte Abschlüsse reihten sich aneinander - und die Heimfans rieben sich angesichts des 23:16-Vorsprungs (49.) für ihr Team verwundert die Augen. Nur vier Tore hatte der SCM in 19 Minuten der zweiten Halbzeit vom THW kassiert, die Zebras strebten einem Debakel entgegen. Gut, dass Andreas Palicka in der Schlussphase einige freie Bälle parieren konnte. Gut, dass Momir Ilic mit Wut im Bauch endlich den direkten Weg zum Tor suchte und fand. Seine fünf Treffer in den letzten acht Minuten der Partie verhinderten eine höhere Niederlage. Dass SCM-Coach Carstens zwei Minuten vor dem Ende trotz des hohen Vorsprung eine Auszeit nahm, war eine unfaire Randnotiz - die aber angesichts dieser Kieler Leistung kaum ins Gewicht fiel.
Nun müssen die Zebras alles daran setzen, bis zum Wochenende wieder den Kopf frei zu bekommen. Tausende Fans werden ihnen beim "Lufthansa Final Four" den Rücken stärken - auch wenn die Zebras nach der Partie in Magdeburg wohl nicht mehr zu den heißesten Titelkandidaten gehören dürften.
(Christian Robohm)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten und den
Nachbericht der KN vom 6. Mai.
Das war ein hoch verdienter Sieg für Magdeburg. Ich hatte vorher gesagt, dass es für uns das schwerste Auswärtsspiel wird. Der Anfang war ganz ordentlich, wir haben es versäumt, früh in Führung zu gehen. Der SCM-Torhüter war sehr gut, wir haben aber schlecht geworfen, sechs- bis siebenmal auf den Bauch des Torwarts. Es war eine enttäuschende Leistung meiner Mannschaft.
Wir sind überglücklich, unser Torhüter war überragend, auch die Bauchschüsse muss man erst 'mal aushalten. Wir sind über uns hinausgewachsen. Das Publikum war super. Heute stimmte einfach alles. Zur Frage, ob seine Auszeit in der 58. Minute notwendig gewesen wäre: Ich gebe zu, dass das nicht meine glorreichste Tat war. So etwas macht man nicht.
Natürlich sind wir sehr unzufrieden, aber wir schauen nach vorn und auf das Final Four. Es sollte niemand den Fehler machen, uns abzuschreiben.
Natürlich war das eine enttäuschende Leistung von uns, dieses Spiel haben wir wohl mit unserer Angriffsleistung verloren. Wir schauen aber nach vorn, am Sonnabend beginnt alles neu.
Wir kommen momentan einfach nicht in unser Spiel. Das ist eine schwierige Situation. Ich will meine Mannschaftskameraden nicht kritisieren, jeder muss bei sich selbst anfangen und erst einmal mit sich selbst klar kommen. Aber: Wir müssen mehr Emotionen zeigen.Das Siegergen kommt wieder, das ist ja nicht weg, das holen wir zum Wochenende wieder raus. Aber jetzt müssen wir das heute hier erstmal verarbeiten, wir müssen das analyiseren. Das ist es erst einmal nicht so leicht, aber wir werden am Wochenende wieder aufstehen, den Blick nach vorn richten und mit vielen Emotionen vor unseren vielen Fans auflaufen.
Wir wissen, was uns am Wochenende bevorsteht, aber ich freue mich auf die Emotionen in der O2-World und unsere schwarz-weiße Ecke, in die wir am Wochenende einen Pokal recken wollen.
Aus den Kieler Nachrichten vom 05.05.2011:
In Magdeburg herrschte bereits Minuten vor Abpfiff Karneval. Stehende Ovationen, Gesänge, Freude pur bei den rund 6700 Fans. Nach dem Abpfiff schlugen die Wogen der Begeisterung über, das SCM-Team feierte seinen jungen Torhüter Dario Quenstedt, der den THW-Angreifern mit 17 Paraden den Zahn gezogen hatte, lief anschließend eine Polonaise durch das Rund und klatschte mit den Zuschauern ab. Die Kieler suchten unterdessen Unterschlupf in ihren Kabinen, diese Niederlage hatte ihnen die Laune verdorben, vielen Spielern fehlten nach einer leblosen und enttäuschenden Leistung die Worte. "Das hatte ich mir hier ganz anders vorgestellt", erklärte Rechtsaußen Christian Sprenger, der das Handball- ABC in Magdeburg gelernt hatte. "Wir haben zu viele Bälle verworfen, dieses Spiel wurde im Angriff verloren."
Dabei hatte sich der THW nach dem Barcelona-Debakel in Ruhe auf die wichtige Partie beim SCM einstellen und vorbereiten wollen, war schon am Dienstag nach Sachsen-Anhalt gereist, hatte das Abschlusstraining ebenfalls hierher verlegt. Die Meldung eines bevorstehenden Transfers von Momir Ilic zum Ligarivalen Rhein-Neckar Löwen platzte dann in dieses Vorhaben hinein. Aufsichtsrat Klaus Elwardt aber dementierte mit Nachdruck. "Momir hat bei uns noch einen laufenden Vertrag bis 2013, und die kommenden zwei Jahre wird er auch bei uns spielen." Dabei bestätigte Elwardt, dass die Löwen wegen Ilic Kontakt zum THW aufgenommen hätten. "Es gibt aber keinen Grund, Momir ziehen zu lassen", so Elwardt, "außer die Löwen locken uns mit Millionensummen."
Auf dem Parkett startete der THW ordentlich, Aron Palmarsson sollte als Regisseur die Fäden ziehen, auf Halbrechts bekam Kim Andersson zunächst den Vorzug vor Christian Zeitz. Bis zur 20. Minute blieben die Kieler auf Augenhöhe, obwohl der junge Quenstedt schon in der Anfangsphase großartig hielt. Doch in dem Maße wie die Begeisterung, die Lust am Handball und am Kampf ins SCM-Team einkehrte, in diesem Maße ließ das Engagement beim THW nach. Während die Magdeburger um jeden Ball kämpften, das eigene Publikum mitrissen, haderten die Kieler mit sich und ihren Fehlversuchen.
Trainer Alfred Gislason wechselte durch - vergebens. Auf der anderen Seite kehrte Sicherheit ein. Rechtsaußen Robert Weber untermauerte seine Führung in der Bundesliga-Torschützenliste mit souverän verwandelten Siebenmetern (6), insgesamt brachte es der Österreicher auf neun Tore, treffsicher zeigten sich auch seine Mitspieler. Die Bördelandhalle wurde zum "achten Mann", jede gelungene SCM-Aktion steigerte den Lärmpegel. Beim 14:11 durch Yves Grafenhorst hatte Magdeburg erstmals drei Tore zwischen sich und den hohen Favoriten gebracht.
Das von den wenigen Kieler Fans erhoffte Aufbäumen blieb auch in der zweiten Halbzeit aus, zwar kämpfte sich der THW noch einmal auf 18:16 heran, dann aber brachen die Dämme. Fünf Tore in Folge sorgten bis zur 48. Minute für das 23:16 und eine gewisse Vorentscheidung. Weil Kiels Angreifer weiterhin beste Chancen ausließen, Quenstedt zum Helden machten, begann die SCM-Siegesfeier bereits weit vor dem Schlusspfiff. "Dass die Mannschaft viel Kraft gelassen hat, war mir klar", sagte THW-Manager Uli Derad mit leerem Blick, "dass sie sich aber nicht gegen die Niederlage gewehrt hat, das war sehr enttäuschend."
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 05.05.2011)
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