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Daumen hoch: Thierry Omeyer
kassierte nur 15 Gegentreffer in 60 Minuten.
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Der THW Kiel bleibt weiter in der Erfolgsspur. Am
frühen Samstagabend siegten die "Zebras" in der ausverkauften
Sparkassen-Arena gegen Altmeister TV Großwallstadt
mühelos mit 28:15 (16:9). Früh stellten die Kieler durch
ihre starke Abwehr die Weichen auf Sieg und führten nach einer
Viertelstunde bereits mit 9:2. Obwohl der Rekordmeister
in der Folgezeit viele hochkarätige Chancen ausließ, geriet
der Sieg niemals in Gefahr.
Am Ende musste der starke
Thierry Omeyer
lediglich 15 Mal hinter sich greifen. Weniger Gegentore kassierten
die "Zebras" zuletzt am 24. November 1999 beim
27:14-Erfolg über den VfL Gummersbach.
Großwallstadt ohne Köhrmann
Mit nur zwölf Spielern war der TV Großwallstadt in den
Norden gereist. Zu Hause geblieben war auch der erfahrene Spielmacher
Oliver Köhrmann, der sich bei der bitteren 25:31-Heimpleite
gegen die TSV Hannover-Burgdorf am Mittwoch eine Rückenverletzung
zugezogen hatte. Somit sollte Linkshänder
Steffen Weinhold zunächst
das Spiel der Mainfranken leiten. Trainer Peter David überraschte
zudem mit dem etatmäßigen Kreisläufer Jens Tiedtke auf Linksaußen
sowie dem jungen
Andreas Wolff im Tor statt des erfahrenen Martin Galia.
Alfred Gislason, der auf die beiden
Verletzten
Tobias Reichmann und
Daniel Kubes (Zerrung) verzichten musste, begann
hingegen standesgemäß mit
Narcisse;
Andersson und
Jicha
im Rückraum,
Sprenger und
Klein
auf den Außenpositionen,
Marcus Ahlm am Kreis
und
Thierry Omeyer im Tor. In der Abwehr
entschied sich der Isländer erneut für die offensive 3:2:1-Variante
mit
Filip Jicha auf vorgezogener Position.
Großwallstadt mit langen Angriffen
Und an dieser Deckung bissen sich die Gäste von Beginn an die
Zähne aus. Ohne Oliver Köhrmann ließ der Tabellen-Dreizehnte
jegliche Kreativität vermissen - vielmehr war man darauf bedacht,
nur nicht den Ball zu verlieren, ja keinen Gegenstoß zu kassieren.
Gute Tormöglichkeiten vermochten die Gäste sich in ihren ellenlangen
Angriffsbemühungen nicht zu erarbeiten, das Schiedsrichtergespann
Schulze/Tönnies unterband das nur selten zielgerichtete Aufbauspiel
der Franken aber auch nicht. Beispielhaft hierfür waren die ersten
sechs Spielminuten, in denen der THW Kiel gerade einmal rund 15
Sekunden lang in Ballbesitz war. Der TV Großwallstadt passte
harmlos quer, Stefan Kneer nahm sich zwei Verlegenheitswürfe aus
dem Rückraum. Lediglich Michael Spatz hatte von außen eine passable
Tormöglichkeit, scheiterte aber an
Thierry Omeyer.
Und der THW? Der rannte nach seinen beiden Ballgewinnen sofort
nach vorne und ging per zweiter Welle durch
Andersson
und
Ahlm mit 2:0 in Führung.
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Linkshänder Moritz Schäpsmeier war mit drei Treffern zusammen
mit Maximilian Holst bester Großwallstädter Feldtorschütze.
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In der siebten Spielminute mussten die "Zebras" dann erstmals
aus dem eigenen Aufbauspiel zum Erfolg kommen, was ihnen durch
einen Pass von
Jicha auf den Torschützen
Sprenger zum 3:0 auch gelang. Zwei
Minuten und zwei Fehlwürfe Tiedtkes später durften auch die
Gäste erstmals jubeln: Schäpsmeier überwand
Omeyer
von außen und ließ wenig später noch einen Treffer aus dem Rückraum
zum 2:4-Anschluss folgen. Doch dies blieb nur ein Strohfeuer der
Mainfranken, denn nun drehte der THW auf:
Sprenger
verwertete ein
Narcisse-Anspiel artistisch
zum 5:2,
Jicha traf nach eigenen Steal im
Konter selbst zum 6:2, und der Tscheche ließ noch drei weitere Treffer
folgen. Beim 7:2 profitierte er vom Ballgewinn
Kleins,
der seinen Mitspieler auf die Reise schickte. Beim 8:2 wurde
Jicha
von
Andersson in Szene gesetzt, beim 9:2 schließlich
traf er erneut per Gegenstoß. Die Partie schien bereits in der 16. Minute
entschieden.
Jicha kugelt sich Finger aus
Doch die
Jicha-Gala wurde jäh und schmerzhaft
gestoppt. Beim nächsten Großwallstädter Angriff versuchte der Tscheche,
den Ball von Stefan Kneer zu stibitzen. Dabei kugelte er sich allerdings
einen Finger aus und musste zur Behandlung auf die Bank. Für ihn kam
Momir Ilic in die Partie,
Daniel Narcisse
übernahm den Part an der Spitze der Verteidigung. Doch
Jichas
Ausfall änderte nichts an der Dominanz der Kieler, die durch
Ahlm und
Sprenger
nach weitem
Omeyer-Pass gar auf 11:3 (18.) erhöhten.
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Momir Ilic war mit 6/3 Treffern
bester Torschütze.
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Mittlerweile war bei den Gästen Martin Galia für den glücklosen
Wolff
zwischen die Pfosten gekommen, auf der Spielmacherposition versuchte
sich nun Linksaußen Maximilian Holst. Und immerhin kam der TVG nun auch
zu Toren: Nach vier Fehlversuchen gelang Stefan Kneer sein erster Treffer
zum 4:11, auch
Weinhold und zweimal Spatz vom Siebenmeterpunkt sorgten
in den folgenden Minuten dafür, dass der Kieler Vorsprung nicht weiter
anwuchs. Größter Faktor hierfür war aber die nachlassende Konzentration
bei den "Zebras". So scheiterte
Dominik Klein
gleich zweimal per Gegenstoß an Martin Galia, auch
Ahlm
und
Ilic erlaubten sich Fehlwürfe. Dennoch:
Nach
Zeitz' Treffer von Rechtsaußen zum 16:8
und dem Verkürzen Großwallstadts durch Holst war zum Seitenwechsel alles
im Lot bei den Kielern.
THW mit Ladehemmungen im zweiten Durchgang
Ein wenig mulmig war den THW-Fans daher nur wegen der Verletzung
Filip Jichas. Doch auch hier konnten
die Zuschauer durchatmen, denn der Tscheche stand zu Beginn des
zweiten Durchgangs wieder auf dem Parkett - wie auch
Henrik Lundström,
der den heute unglücklich agierenden
Dominik Klein
ersetzte. Doch auch der schwedische Linksaußen scheiterte gleich
mit seinem ersten freien Wurf an Martin Galia. Es war der Auftakt
zu einer Viertelstunde, die man nicht gerade als "Handball-Feinkost"
bezeichnen dürfte. Auf beiden Seiten reihten sich nun technische
Fehler, Stürmerfouls und Fehlwürfe aneinander, selbst die
starken Siebenmeterschützen
Ilic und
Spatz konnten vom Punkt keinen Treffer landen. So dauerte es fast
acht Minuten, ehe
Lundström mit einem
Heber das erste Kieler Tor in der zweiten Halbzeit markierte. Es
war der Treffer zum 17:10, denn auch der TV Großwallstadt hatte
zuvor lediglich einmal durch den jungen Cornelius Maas treffen können.
Erst jetzt nahm das Spiel wieder Tempo auf, Spatz und
Sprenger setzten die nächsten Treffer.
Da Jicha, Andersson
und Narcisse aber im starken Martin Galia,
der allein fünf Gegenstöße parieren konnte, ihren Meister fanden,
robbten sich die Gäste sogar etwas heran: Durch Holst und einen
Rückhand-Notwurf Weinholds stand es nach 45 Minuten nur noch 19:14
für die Kieler.
9:1-Lauf in der Schlussphase
Die THW-Fans in der Sparkassen-Arena waren in den vergangenen
Minuten hart auf die Probe gestellt und mittlerweile
etwas unruhig geworden. Doch die Mannschaft schaltete nun doch
noch einmal einen Gang herauf und versöhnte so ihr Publikum.
Nur noch einen einzigen Treffer ließ die Kieler Deckung in der
Schlussviertelstunde zu, und so nahm der Kantersieg doch noch
Formen an. Mit einem Unterarmhammer begann
Christian Zeitz
den Torreigen,
Ilic ließ zwei verwandelte
Strafwürfe folgen. Derweil sorgte
Thierry Omeyer
für Jubelstürme, als er bei einem Siebenmeter Holsts auf der Torlinie
stehen blieb und den Wurf des Rechtshänders von dort parierte.
Noch einmal
Ilic, zweimal
Andersson
und ein Stemmwurf von
Zeitz schraubten
das Ergebnis schließlich auf 27:15. Und als die Zuschauer im
THW-"Wohnzimmer" sich bereits begeistert von ihren Sitzen erhoben
hatten, setzten
Omeyer und
Lundström in den letzten Sekunden
das Sahnehäubchen oben drauf: Einen weiten Pass des französischen
Keepers nahm der schwedische Linksaußen in der Luft an und verwandelte
per Kempatrick zum 28:15-Endstand.
Eigenen Bundesligarekord eingestellt - Champions League ruft
Mit dem niemals gefährdeten Erfolg über den TV Großwallstadt hat
der THW Kiel nicht nur seinen Startrekord auf mittlerweile 48:0
Punkte ausgebaut. Auch ein weiterer Bundesligarekord wurde am
Samstag eingestellt: Saisonübergreifend war dies der 27. Sieg in Folge
für die "Zebras" - dies gelang bislang in der Bundesligahistorie
erst einer Mannschaft, nämlich dem THW in der Saison 2008/09.
Bevor sich die Kieler aber aufmachen können, auch diese Rekordmarke
zu verbessern und ganz nebenbei einen weiteren Schritt Richtung
"verpöntes M-Wort" zu machen, steht nun erst einmal das
Achtelfinale in der "VELUX EHF Champions League" auf dem Spielplan:
Am Mittwoch sind die Kieler beim polnischen Meister Orlen Wisla
Plock zu Gast, bereits am nächsten Sonntag steht in der
Sparkassen-Arena-Kiel das entscheidende Rückspiel an.
(Sascha Krokowski)
Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel.
Lesen Sie bitte auch den ausführlichen Spielbericht der KN.
TVG-Trainer Peter David:
Die Abwehr des THW ist momentan Perfektion pur. Wir haben uns wirklich gut
vorbereitet, um diese Abwehr zu knacken. Aber aus dem Rückraum haben wir
nur drei Tore gemacht, das ist in Kiel einfach zu wenig. Der THW hat eine
hoch motivierte Mannschaft, die über 60 Minuten eine hohe Qualität hat. In
der ersten Halbzeit haben uns die Kieler überrannt. In dieser Verfassung,
die der THW hat, kann ich mir nicht vorstellen, wer den Kielern noch Punkte
rauben soll.
Meine Mannschaft hat gekämpft, in der Halbzeitpause haben wir uns aufgepuscht.
Wir wollten dranbleiben und Schritt halten. Das ist uns bis zum 14:19 in der
45. Minute gelungen. Dann haben wir die Big Points nicht genutzt: In Überzahl
landet der Wurf von Steffen Weinhold am Pfosten, Zeitz
macht im Gegenzug das 20:14, wir machen den Siebenmeter nicht rein, und dann
fällt alles in sich zusammen. Allerdings haben wir ohne unsere etatmäßigen
Mittelmänner Oliver Köhrmann und Moritz Liebald gespielt.
Der einzige, der heute super gespielt hat, war Martin Galia. Das war eine
hervorragende Leistung, er hat uns im Spiel gehalten. Schade, dass wir so
hoch verloren haben. Zum Schluss haben wir viele unnötige Fehler gemacht.
Es war das erwartet schwere Spiel. Wir waren gewarnt, weil Großwallstadt
zuletzt in Flensburg stark gespielt hat. Ich bin sehr zufrieden mit meiner
Mannschaft - bis auf den Punkt, dass wir in der zweiten Halbzeit sehr viel
verworfen haben. Aber man muss anerkennen, dass Galia überragend war. Aber
auch unsere Torhüterleistung war überragend. Bis auf die Fehlwürfe haben
wir ein richtig gutes Spiel gezeigt. Vor allem waren meine Spieler 60
Minuten konzentriert. Kompliment an die Mannschaft, das war richtig gut.
Wir haben uns vorgenommen, unsere Form bis zum Ende zu halten. Ich hoffe,
dass es so bleibt.
In Plock gibt es eine neue, sehr große Halle, die gegen uns ausverkauft
sein wird. Die Handballbegeisterung dort ist riesig. Wisla hat eine sehr
gute Mannschaft aufgebaut, die eine gute Mischung aus Talenten und älteren,
erfahreneren Spielern hat. Wenn wir so spielen wie in den vergangenen Wochen
und nicht so viel verwerfen wie heute, können wir dort gewinnen. Es wird
schwierig, aber wir wollen natürlich mit einem Sieg vorlegen.
TVG-Manager Uli Wolf:
Wenn wir Spiele wie gegen Gummersbach und Hannover zu Hause liegen lassen,
rutscht man in die untere Tabellenregion. Das wollten wir unbedingt
verhindern, haben das aber leider nicht getan. Jetzt sitzen wir unten drin.
Es war nicht zu erwarten, dass wir in Kiel Punkte holen. Die müssen wir
woanders einfahren. Die Mannschaft hat es in der Hand, da unten rauszukommen.
Das haben wir uns vorgenommen.
THW-Kapitän Marcus Ahlm gegenüber den KN:
Diesen Erfolg haben wir uns in der Abwehr verdient. Wir haben nur
15 Tore bekommen, das sagt alles. Wir sind zwar selten an den Ball
gekommen, haben aber trotzdem nie die Geduld verloren. Der einzige
Vorwurf, den wir uns machen können, ist der, dass unsere Torausbeute
nicht stimmt. Aber - Galia hat auch ein wirklich gutes Spiel gemacht.
THW-Spielmacher Aron Palmarsson gegenüber den KN:
Großwallstadt durfte unglaublich lange Angriffe spielen. Eigentlich
hat unsere offensive Deckung den Sinn, ein Zeitspiel zu unterbinden.
Das hat nicht geklappt. Wir hatten den Ball nicht sehr oft, haben aber
trotzdem mit 13 Toren Vorsprung gewonnen - damit können wir zufrieden sein.
Das war ein komisches Spiel, in dem wir einen phänomenalen Start erwischt
haben. Leider haben wir die Chance verpasst, uns schnell deutlicher abzusetzen.
In der zweiten Halbzeit hat Galia fast alles gehalten. Trotzdem hatte ich
nie das Gefühl, dass das Spiel noch kippen könnte. Es fühlte sich für mich
immer so an, als hätten wir es fest in unseren Händen.
TVG-Rechtsaußen Michael Spatz gegenüber den KN:
Wir haben nur 15 Tore geworfen, das ist sehr ärgerlich. Wir
wollten die erste und zweite Welle der Kieler unterbinden, das
ist uns in der ersten Halbzeit gar nicht gelungen. Gelegentlich
stand unsere Abwehr aber ganz gut. Angesichts unserer personellen
Situation können wir einigermaßen zufrieden sein.
Video: Die Pressekonferenz
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-60., 12/2 Paraden),
Palicka (n.e.);
Andersson (4),
Lundström (3),
Dragicevic (n.e.),
Sprenger (4),
Ahlm (2),
Zeitz (3),
Palmarsson,
Narcisse,
Ilic (6/3),
Klein (2),
Jicha (4);
Trainer: Gislason
- TV Großwallstadt:
-
Galia (16.-60., 11/1 Paraden),
Wolff (1.-16. und bei einem Siebenmeter, keine Parade);
Spatz (4/2),
Weinhold (2),
Kneer (1),
Tiedtke (1),
Holst (3),
Larsson,
Jakobsson,
Schäpsmeier (3),
Kaufmann,
Maas (1);
Trainer: David
- Schiedsrichter:
-
Robert Schulze / Tobias Tönnies
- Zeitstrafen:
-
THW: 3 (Ahlm (13.),
Andersson (41.),
Narcisse (45.));
TVG: 5 (2x Jakobsson (14., 31.), Larsson (25.),
Kneer (36.), Tiedtke (49.))
- Siebenmeter:
-
THW: 4/3 (Galia hält Ilic (32.));
TVG: 4/2 (Omeyer hält Spatz (38.)
und Holst (50.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 3:0 (7.), 3:1, 4:1, 4:2 (10.), 9:2 (16.),
9:3, 11:3, 11:4, 12:4 (20.), 12:5, 13:5, 13:7 (25.),
15:7, 15:8, 16:8, 16:9;
2. Hz.: 16:10, 17:10 (38.), 17:11, 18:11, 18:12, 19:12,
19:14 (44.), 23:14 (53.), 23:15, 28:15.
- Zuschauer:
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10.288 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena-Kiel, Kiel)
- Spielgrafik:
-
Aus den Kieler Nachrichten vom 12.03.2012:
15 THW-Gegentore: Weniger gab es zuletzt 1999
Eine bärenstarke Abwehr, ein überragender Torhüter
Thierry Omeyer - auf diesem Fundament errichtete
der THW Kiel seinen 28:15 (16:9)-Heimsieg gegen den TV Großwallstadt. Die
"Zebras" führen die Tabelle der Handball-Bundesliga nun mit 48:0 Punkten
an und knackten nebenbei noch zwei weitere Serien: Saisonübergreifend hat der
Rekordmeister nun 27 Liga-Spiele in Folge gewonnen. Und um einen Gegner zu finden,
der in Kiel so selten getroffen hat, muss lange im Archiv zurückgeblättert werden,
um Vergleichbares zu finden. Am 24. November 1999 erging es dem VfL Gummersbach
bei seiner
14:27-Niederlage in der Kieler Arena ähnlich.
Hätten die Franken nicht in Torhüter Martin Galia ihren besten Spieler gehabt,
der THW-Sieg wäre noch deutlicher ausgefallen. So sorgte der Tscheche mit seinen
starken Reflexen dafür, dass die Kieler in der zweiten Halbzeit acht Minuten lang
auf ihren ersten Treffer warten mussten. Erfolgreichster Schütze der Kieler war
Momir Ilic (6/3).
(aus den Kieler Nachrichten vom 12.03.2012)
Aus den Kieler Nachrichten vom 12.03.2012:
Beton-Abwehr ließ TVG verzweifeln
Auch Zeitspiel kein Rezept: THW Kiel bewies Geduld und siegte 28:15
Kiel. In der Regel enden die Heimspiele des THW Kiel
in der Handball-Bundesliga in dieser Saison mit deutlichen
Siegen. Das war am Sonnabend beim 28:15 (16:9)-Erfolg gegen
den TV Großwallstadt nicht anders. Trotzdem, auch dieser Abend
hatte eine unterhaltsame Geschichte zu erzählen. Thema diesmal:
Das Zeitspiel und seine Auswüchse.
In der Kieler Arena ist es mittlerweile Alltag geworden, dass
die Gäste es mit einer Fußball-Weisheit halten: So lange wir den
Ball haben, kann der Gegner kein Tor machen. Der TV Großwallstadt
hat diese Taktik perfektioniert. In den ersten acht Minuten wäre
es dem Team von Peter David gar nicht aufgefallen, wenn beim Aufbau
des Spielfeldes das Tor der Kieler vergessen worden wäre. Der
Querpass, im Handball ein eher unübliches Stilmittel, bestimmte
maßgeblich die Spielzüge der Franken, denen von Beginn an daran
gelegen war, den Schaden zu begrenzen. Um solchen Gegnern zu begegnen,
haben die "Zebras" inzwischen eine offensive Deckungsvariante
einstudiert und eine gewisse Perfektion dabei erlangt, den permanenten
Querpass zu unterbrechen.
Gegen Großwallstadt gelang es aus zwei Gründen trotzdem nicht. Der
Tabellen-Fünfzehnte zog sich bei seinem Pass-Spiel so weit vom
Kieler Tor zurück, dass ihm beim geruhsamen Kreiseln auch die Spitze
der Kieler 3:2:1-Abwehr nicht im Weg stand. Eine Situation, für die
das Regelwerk das "passive Spiel" (Zeitspiel) vorsieht. Ist nicht
erkennbar, dass die angreifende Mannschaft innerhalb von 30 bis 45
Sekunden ein Tor erzielen will, sollen die Schiedsrichter den Arm heben,
um ihr auf diesem Weg mitzuteilen, dass es nun höchste Zeit sei, die
Passivität zu beenden. Die Unparteiischen Robert Schulze und Tobias
Tönnies hoben in der 28. Minute erstmals ermahnend den rechten Arm und
ernteten einen spöttischen Applaus der 10 285 Zuschauer, die bis dato
mit Kopfschütteln das seltsame Treiben auf dem Spielfeld verfolgt hatten.
Es ist davon auszugehen, dass den erfahrenen Magdeburgern die
Zeitspiel-Regel bekannt ist. Unerklärlich deshalb, warum sie den
Großwallstädtern erlaubten, in aller Ruhe große Mengen Sand ins sonst
so flotte Spiel der Kieler zu streuen. Vielleicht hatten die Regel-Erfinder
auch dieses Gespann im Sinn, als sie entschieden, dass über Unparteiische
nun nicht mehr öffentlich geschimpft werden darf. Erst 48 Stunden nach
dem Abpfiff dürfen die Betroffenen sich zu fragwürdigen Pfiffen äußern.
Eine Ewigkeit im dichten Terminkalender der Handballer, die grundsätzlich
eher zu spontanen Wutausbrüchen neigen und in der Regel nicht nachtragend
sind. Die Schweigepflicht endet erst heute Abend um 20.28 Uhr. Dann werden
Tönnies/Schulze in Kiel aber kein Diskussionsthema mehr sein.
Das Zeitlupen-Spiel der Gäste erlaubte allerdings immer wieder einen
Seitenblick auf THW-Trainer Alfred Gislason,
dessen Körpersprache mehr sagte als tausend Worte. Wie ein Irrwisch fegte
er an der Linie auf und ab, wütend funkelte er die Unparteiischen an, die
es wohl als Mutprobe begriffen, auch im Angesicht des brodelnden Vulkans
nicht auf Passivität zu entscheiden. Dass es ein zähes Spiel werden würde,
war bereits nach acht Minuten klar. Acht Minuten, in denen die Kieler lediglich
60 Sekunden lang im Ballbesitz waren. Genug, um drei Tore zu erzielen. Sieben
Minuten reichten dagegen den Gästen nicht, um einmal zu treffen.
Das lag auch daran, dass mit den angeschlagenen Oliver Köhrmann und Moritz
Liebald die beiden Mittelmänner fehlten. Für die Rechtshänder musste mit
Steffen Weinhold ein Linkshänder aushelfen. Eine ungewohnte Situation für seine
Nebenleute, die auch zögerten, den Ball auf ihren Linksaußen abzuspielen. Die
Personalnot hatte es erforderlich gemacht, dass sich hier mit Jens Tiedtke ein
gelernter Kreisläufer versuchte. "Wir sind mit einer Rumpftruppe angereist",
sagte Manager Uli Wolf. "Und es war klar, dass wir die Punkte, die uns fehlen,
nicht in Kiel holen werden." Für die Franken zählte schon vor dem Abpfiff nur
der Abstiegs-Krimi am Freitag bei der HSG Wetzlar. Und für die Kieler, die neben
Tobias Reichmann (Armbruch) auf
Daniel Kubes (Wadenzerrung) verzichten mussten, war
nur wichtig, dass die Punkte 47 und 48 verbucht wurden.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 12.03.2012)
Aus den Kieler Nachrichten vom 12.03.2012:
Zähne locker, Kapsel kaputt
Der Schmerz ist ein alltäglicher Begleiter im Leben eines Handballers.
Bestes Beispiel ist in diesen Tagen
Filip Jicha.
Den
35:21-Sieg am Mittwoch gegen Balingen
bezahlte der Tscheche mit einem kräftigen Schlag ins Gesicht, der
seine Zähne lockerte.
Um Lücken im Gebiss zu vermeiden, trägt er
inzwischen eine Zahnschiene, die innerhalb kürzester Zeit für ihn
angefertigt worden war, und die ihn nun in den nächsten vier Wochen
auf dem Spielfeld begleiten wird. "Ein unangenehmes Gefühl", sagt
der 29-Jährige, der am Sonnabend einen weiteren Schaden an der Karosserie
hinnehmen musste. Erst stellte er mit vier Toren in Folge die Weichen auf
Sieg, dann musste er sich unter Schmerzen auswechseln lassen. "Ich habe
mir einmal den Daumen gebrochen, das hat nicht so weh getan", sagte
Jicha, dessen Zeigefinger der rechten Hand
sich im Trikot verfangen hatte. "Die Kapsel ist kaputt", so
Jicha, der zunächst Schlimmeres befürchtet
hatte. "Aber wer das als Handballer noch nicht erlebt hat, ist auch
keiner." Er tapte den lädierten Zeigefinger an den gesunden Mittelfinger
und ließ sich wieder einwechseln.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 12.03.2012)