Der THW Kiel hat sich auch durch die Feierlichkeiten nach dem
Champions-League-Sieg und dem feststehenden Triple nicht aus
dem Tritt bringen lassen: Beim Tabellenletzten Eintracht Hildesheim gewannen die Zebras
am Donnerstagabend klar und deutlich mit 35:24 (13:19). Bester Torschütze war
Dominik Klein,
der alle seiner 7/1 Treffer in der zweiten Halbzeit erzielte.
Durch den Erfolg in Hildesheim schraubten die Kieler ihren "Start"-Rekord auf 66:0 Punkte und
sind damit nur noch einen Sieg von der ersten perfekten Saison einer deutschen Erstliga-Profimannschaft
überhaupt entfernt. Dieser soll nun am kommenden Sonnabend gegen den VfL Gummersbach eingefahren
werden, bevor auf dem Rathausplatz die große Triple-Sause mit zehntausenden THW-Fans gefeiert wird.
Mit stehenden Ovationen wurden die Kieler in der Hildesheimer Sparkassen-Arena begrüßt: Der
Hallensprecher hatte den THW Kiel zuvor als "beste Mannschaft der Welt" gewürdigt - und das
Publikum zollte den Zebras so Respekt für ihre tolle Saison. Die Kieler
mussten in Niedersachsen auf Christian Zeitz verzichten,
der aus dem Champions-League-Finale eine Verletzung mitgenommen hatte.
Zeitz nahm als vierter Offizieller neben seinen Mannschaftskollegen
auf der Bank Platz.
Zudem verzichtete Alfred Gislason auf den ebenfalls angeschlagenen
Köln-Helden Thierry Omeyer.
Starker Beginn
 |
Etwas müde von den Feierlichkeiten stiegen die Zebras aus dem Mannschaftsbus. Später
spielten sie sich die Party-Nachwehen aus den Beinen.
©
Shorty |
Der THW schien die Strapazen der Feierlichkeiten erstaunlich gut weggesteckt zu haben:
Schnell führten die Zebras durch einen Doppelschlag von
Tobias Reichmann
und einen
Palmarsson-Treffer mit 3:0. Geschlagene viereinhalb Minuten
dauerte es, bis die Gastgeber durch Nikolov zum ersten Torerfolg kamen, den
Momir Ilic
postwendend konterte. Doch nun kamen die Gastgeber besser ins Spiel und nutzten einige
technische Fehler des THW zum 3:4- und 4:5-Anschluss (8.). Die Kieler ließen sich davon aber
nicht irritieren:
Kim Andersson, heute meist nur im Angriff eingesetzt,
und
Reichmann erhöhten wieder auf drei Tore. Noch einmal schlug die
Eintracht zurück: Herbold und Tzimourtos verkürzten erneut. Doch der Ausgleich sollte auch
nach Nikolovs 7:8-Anschlusstreffer (14.) nicht fallen - der THW zog das Tempo an und spielte sich
langsam, aber sicher die Müdigkeit aus den Beinen.
Kiel setzt sich ab
Marcus Ahlm vom Kreis,
Ilic aus dem Rückraum und
Henrik Lundström per Gegenstoß erhöhten mit einem Dreierpack nach
Fehlern der Hildesheimer auf 11:7 (16.), fortan nahm das Spiel trotz der Auszeit von Eintracht-Trainer
Oberbeck und den jeweils noch einmal auf zwei Tore Rückstand verkürzenden Nikolov (10:12, 19.) und
Tzimourtos (11:13, 21.) den erwarteten Verlauf. Auch, weil
Gislason nun
Filip Jicha auf die Platte schickte. Der Tscheche
führte sich gleich im ersten Angriff mit dem 14:11 ein, dann lochte
Andersson zweimal
gekonnt ein, ehe
Jicha mit einem Siebenmeter und einem in Zeitlupe
gelaufenen Tempogegenstoß 18:12 die Vorentscheidung erzielte. Als
Jicha
dann auch noch
Ahlm mustergültig zum 19:12 bediente, feierten die
vielen mitgereisten Kieler Fans trotz des Anschlusstreffers von Herbold zum Halbzeitstand schon
die weiter stehende Null.
Klein dreht auf
Zur zweiten Halbzeit kam
Dominik Klein für
Lundström -
und das sollte sich wenig später bemerkbar machen. Bis zur 41. Minute konnten die Gastgeber auch dank
eines starken Torwarts Schulz den Sechs-Tore-Pausenrückstand halten, dann schlugen die Zebras eiskalt
zu: Erst traf
Andersson mit seinem fünften Treffer zum 25:19,
dann legte
Klein los: Von außen und per Gegenstoß sowie von der
Siebenmeterlinie - sowohl
Jicha als auch
Ilic waren
zuvor an Schulz gescheitert - und erneut mit einem Gegenstoß erzielte der Linksaußen vier
Tore in sieben Minuten - nur unterbrochen von
Palmarssons Kracher
zum 29:19.
Ilic erhöhte wenig später auf 31:19 - jetzt wurde es richtig deutlich. Auch,
weil
Palicka immer besser in die Partie fand. Elf Paraden standen am Ende
auf dem Konto des Schweden.
Jetzt gegen Gummersbach
Ein Wermutstropfen mischte sich aber in die Freude über den längst feststehenden Sieg:
Tobias Reichmann musste in seinem vorletzten THW-Spiel angeschlagen vom
Platz, für ihn rückte
Christian Sprenger nach.
Andersson
erhöhte derweil auf 34:31 (56.) - die Eintracht nutzte nach dem letzten Kieler Treffer
von
Ilic die Schlussminute noch zur Ergebniskorrektur. Die Null bleibt also
auch vor dem 34. und letzten Spieltag am Sonnabend hinter den THW-Pluspunkten stehen. Nur noch ein
Sieg fehlt den Kielern zur historischen, perfekten Saison: Dieser soll nun am Sonnabend gegen Gummersbach
angepiffen werden. Die Sparkassen-Arena in Kiel ist seit Monaten ausverkauft, auf dem Rathausplatz können
THW-Fans die Partie (Anpfiff: 16.30 Uhr) im Vorfeld der großen Triple-Sause live auf einer
Großbildleinwand verfolgen (siehe
Extra-Bericht). Auf geht's, THW!
(Christian Robohm)
Bitte lesen Sie auch
Ich bin sehr zufrieden, dass wir heute die zwei Punkte
geholt haben. Ich freue mich über die weiße Weste.
Wir haben ordentlich gespielt. Wir hatten uns vorgenommen,
nach den zwei freien Tagen hier ein schönes Spiel zu zeigen.
Ich muss der Mannschaft ein Lob aussprechen, dass sie die
Konzentration hochgehalten und den Gegner ernstgenommen hat.
Es war hier in der Halle eine sehr schöne Atmosphäre und ich bin sehr froh.
Frage: Mussten Sie Ihre Mannschaft heute motivieren?
Heute morgen hat man schon gemerkt, dass wieder Handball
auf dem Plan steht. Wir haben uns vorgenommen, in den letzten beiden
Spielen Vollgas zu geben, damit kein Beigeschmack aufkommt.
Die Vorbereitung war wie vor jedem Spiel, außer, dass das Abschlusstraining ausfiel.
Frage: Sind Sie der Meinung, dass Sie diese Saison toppen können?
Wenn wir das nächste Spiel verlieren, können wir es toppen. Ich möchte aber
die Null halten, weil ich weiß, wie schwierig es sein wird, diese Chance noch einmal zu bekommen.
Eintracht-Trainer Gerald Oberbeck:
Es war eine ordentliche Leistung von uns. Durch die
Verletzten haben viele junge Leute Einsatzzeiten bekommen.
Ich bin mit dem Spiel zufrieden. Heute haben fünf
aus der eigenen Jugend gespielt, die Mannschaft hat
große Klasse. Der Dank geht auch an die Sponsoren,
die das hier alles möglich machen. Dafür, dass wir nur vier Punkte eingefahren haben,
wurden wir hervorragend verabschiedet. Die Jungs gehen jetzt schnell duschen,
wir verzichten auf das Auslaufen, dann gehen sie an die Theke,
und es gibt Freibier und ein großes Feuerwerk.
Eintracht Hildesheim:-
Klockmann (1.-17., 2 Paraden)),
Schulz (17.-60., 10 Paraden);
Tzimourtos (3/1),
Nikolov (4),
Hoffmann,
Herbold (5/3),
Quist (3),
Weißbach,
Flödl,
Lötterle,
Ivakno (1)
Behnke (2),
v. Hermanni (3),
Eichenberger (3);
Trainer: Oberbeck
THW Kiel:-
Omeyer (n.e.),
Palicka (1.-60., 11 Paraden);
Andersson (6),
Lundström (1),
Sprenger,
Ahlm (2),
Kubes,
Reichmann (5),
Palmarsson (3),
Narcisse (1),
Ilic (6/2),
Klein (7/1),
Jicha (4/1);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Peter Behrens / Marc Fasthoff
- Zeitstrafen:
-
Hildesheim: 1 (von Hermanni (33.));
THW: 2 (2x Kubes (24., 50.))
- Siebenmeter:
-
Hildesheim: 4/4;
THW: 6/4 (Schulz hält Jicha (33.) und
Ilic (41.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:1 (3.), 0:2 (3.), 0:3 (4.), 1:3 (5.), 1:4 (6.), 2:4 (6.),
3:4 (7.), 3:5 (8.), 4:5 (8.), 4:6 (10.), 4:7 (10.), 5:7 (11.), 6:7 (12.),
6:8 (13.), 7:8 (14.), 7:9 (15.), 7:10 (16.), 7:11 (16.), 8:11 (17.),
8:12 (17.), 9:12 (18.), 10:12 (19.), 10:13 (20.), 11:13 (21.), 11:14 (22.),
11:15 (24.), 11:16 (26.), 12:16 (26.),
12:17 (28.), 12:18 (28.), 12:19 (30.), 13:19 (30.);
2. Hz.: 13:20 (31.), 14:20 (32.), 14:21 (34.), 14:22 (35.), 15:22 (35.),
15:23 (36.), 16:23 (37.), 16:24 (37.), 17:24 (38.), 18:24 (40.), 19:24 (41.),
19:25 (41.), 19:26 (42.), 19:27 (44.), 19:28 (48.), 19:29 (48.), 19:30 (49.),
19:31 (50.), 19:32 (51.), 20:32 (52.), 20:33 (53.), 21:33 (56.), 21:34 (56.),
22:34 (58.), 24:35.
- Zuschauer:
-
2614 (ausverkauft) (Sparkassen Arena, Hildesheim)
- Spielgrafik:
-
Aus den Kieler Nachrichten vom 01.06.2012:
Schaulaufen der Feierbiester
THW lässt auch in Hildesheim nicht locker
Hildesheim. Triple-Sieger THW Kiel ließ sich gestern
Abend auf seinem Weg zur perfekten Saison auch von
Eintracht Hildesheim nicht aufhalten. Die "Zebras"
gewannen ihre letzte Bundesliga-Auswärtspartie beim
Absteiger mit 35:24 (19:13) Toren und schraubten die
Rekordmarke auf 66:0 Punkte.
Dabei boten sie eine ordentliche Vorstellung - trotz der
rauschenden Zwei-Tages-Party am Ballermann auf
Mallorca, die sie sich nach dem Champions-League-Triumph
am Sonntag über Atletico Madrid gegönnt hatten;
trotz schwerer Beine, Schlafdefizit und Reisestrapazen.
Das Adrenalin im Blut war die Brücke, auf der die Kieler zum
33. Saisonerfolg eilten. Hildesheims Anhang hatte phasenweise
seine helle Freude am Auftritt der Überflieger.
Den ewigen Bundesligarekord haben die "Zebras" gestern
bereits geknackt, es war die eigene Marke von 65:3
Zählern, den sie 2009 aufgestellt und gemeinsam mit dem
TBV Lemgo gehalten hatten. Zwei Punkte fehlen ihnen
jetzt noch bis zur "Unsterblichkeit". Morgen (16.30 Uhr)
treten die "Unbesiegbaren" ihren letzten Saison-Beutezug
in Kiel gegen den VfL Gummersbach an.
Ein Feuerwerk gab es im Voraus. Kaum war der Schlusspfiff
in Hildesheim verhallt, krachte es vor der Arena, Raketen
stiegen in die Luft, der Himmel leuchtete in bunten Farben. Es hätte gepasst
aber die Knallerei galt nicht dem THW, sondern dem Saison-Kehraus der Gastgeber.
Eintracht-Gesellschafter Carsten Paulick hatte gezündelt.
Der Zahnarzt absolviert gerade eine Ausbildung zum
Hobby-Pyrotechniker. Für das Zertifikat fehlte ihm noch
eine Probefeuerwerk.
Die "Zebras" waren am frühen Mittwochabend in Hamburg
gelandet, danach ging es mit dem Bus nach Hildesheim.
Morgens hatte Alfred Gislason noch eine Trainingseinheit
angesetzt. Die Spieler hätten beim Wiedersehen am
Mittwoch einen guten Eindruck gemacht, sagte Gislason,
der nach den Kölner Triumphen zwei Tage in seinem
Landhaus in der Nähe von Magdeburg entspannt hatte.
Verzichten musste er auf Torhüter Thierry Omeyer, dessen
Wadenverletzung beim Final Four wieder aufgebrochen
war. Außerdem fehlte Christian Zeitz (Knöchel).
Kieler Europacup-Glanz füllte die Arena des Absteigers
erst mit Anlaufschwierigkeiten, die Mallorca-Feierbiester
suchten ihren Rhythmus, den sie dann Ende der
Halbzeit fanden. Die zweiten 30 Minuten gerieten zum
Schaulaufen, die Hildesheimer waren chancenlos. Als sie
zwischen der 41. und 50. Minute torlos blieben, rauschte
der THW-Express im Eiltempo davon. Beste Kieler Torschützen
eines engagierten Teams waren Dominik Klein
(7), Momir Ilic (7/2) und Kim Andersson
(6). "Es war eine
schwierige Situation, deswegen muss ich meine Mannschaft
für ihren Einsatz loben", resümierte Gislason.
Morgen verabschiedet sich die wohl beste THW-Mannschaft
aller Zeiten vom eigenen Publikum, in der aktuellen
Besetzung wird sie danach nie mehr zu sehen sein. Fünf
Spieler verlassen den Rekordmeister. Fest steht jetzt auch,
dass Milutin Dragicevic sein Kieler Trikot auszieht, den
Club damit vor Ablauf seines Vertrages im Juni 2014 verlassen
wird. Man habe sich vernünftig geeinigt, erklärte Manager
Klaus Elwardt, Dragicevic
sei ab dem 1. Juli nicht mehr auf der THW-Gehaltsliste.
Der künftige Verein des Serben ist nicht bekannt. Optionen
gibt es in Dänemark und in seiner Heimat Serbien.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 01.06.2012)