Dem THW Kiel könnte am Sonnabend Historisches gelingen: Als erste Profi-Erstligamannschaft
im deutschen Sport könnten die Kieler eine Saison ohne Minuspunkte beenden. Die 68:0 Punkte
sind das Ziel - allerdings stellt sich den Kielern vor der großen Triple-Sause
eine Mannschaft in den Weg, die eine der besten der Rückserie ist: Der VfL Gummersbach
möchte den Durchmarsch der Kieler verhindern und sich so ebenfalls einen Eintrag in den
Handball-Geschichtsbüchern sichern. Das letzte Spiel der Saison wird am Sonnabend um
16.30 Uhr in der seit Monaten ausverkauften Sparkassen-Arena angepfiffen. Fans, die
keine Karte mehr bekommen haben, können das Spiel live bei Sport1 und bei der
Übertragung auf dem Rathausplatz verfolgen.
Am 26. Dezember 2011 trafen die beiden Traditionsvereine
aus Kiel und Gummersbach zum bisher letzten Mal
aufeinander. Aber auch am zweiten Weihnachtsfeiertag wurde bereits
Geschichte geschrieben. Durch den hart erkämpften
28:25-Sieg beim VfL
pulverisierte der THW den Startrekord des TBV Lemgo
und sicherte sich mit 36:0 Punkten einen Rekord für
die Ewigkeit. "Wir haben eine sehr gute erste Hälfte
gespielt, aber die Niederlage konnten wir nicht verhindern",
sagte Emir Kurtagic damals. Der Neu-Coach des VfL Gummersbach
war da erst 24 Tage im Amt - und für die Oberbergischen
schien es auch eine geschichtsträchtige Saison zu werden.
Allerdings im negativen Sinn, denn an diesem 26. Dezember
2011 schienen die Gummersbacher auf dem direkten Weg
in die zweite Liga.
Am Abgrund
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Auf dem jungen Kentin Mahe ruhen die VfL-Hoffnungen.
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HBL |
Platz 16, nur drei Siege gegen Großwallstadt, Hildesheim und Hüttenberg
und zwei Remis, eines davon gegen die Füchse Berlin, standen bei
den Blau-Weißen zu diesem Zeitpunkt auf dem Tableau.
Einer hatte den Absturz des Bundesliga-Dinosauriers, neben
dem THW und dem TV Großwallstadt die einzige Mannschaft,
die nie aus der Beletage abgestiegen ist, vorhergesehen:
Sport1-Experte Stefan Kretzschmar hatte bereits vor der
Saison darauf hingewiesen, dass Trainer Sead Hasanefendic
und der VfL nicht noch einmal so viele Abgänge verkraften
werde. Die schlechte Hinrunde - sie begann bereits in der
Endphase der vergangenen Saison. Mit einem Kraftakt
verhinderten Fans, Sponsoren und Gönner einmal mehr
den finanziellen Kollaps des chronisch klammen zwölffachen
Meisters. 2,3 Millionen Euro wurden innerhalb kürzester
Zeit aufgetrieben, um eine VfL-Insolvenz zu verhindern.
Eine beispiellose Rettungsaktion - doch die Spuren
des Geld-Kampfes waren auch zu Beginn dieser Saison zu
spüren. Um 500.000 Euro wurde der Etat gekürzt - und auch der
Kader, den wir Ihnen bereits im
Vorbericht zum Hinspiel
ausführlich vorgestellt hatten, litt darunter.
Letztes Spiel für Retter Kurtagic
Nach der
EM-Pause wurde deshalb noch einmal aufgerüstet und
mit Borko Ristovski ein zweiter, erfahrenerer Keeper von Vadar
Skopje nach Gummersbach gelotst. Doch auch der 30-jährige
änderte nichts daran, dass der VfL sich mit dem jüngsten Kader
der TOYOTA Handball-Bundesliga gegen den Abstieg stemmen musste
(siehe auch
Gegnerkader VfL Gummersbach).
Die Mammutaufgabe Nichtabstieg wurde Emir Kurtagic aufgebürdet.
Der bisherige Co-Trainer übernahm Anfang Dezember
vergangenen Jahres das Hauptamt an der Seitenlinie.
Nach dem Rauswurf von Sead Hasanefendic, der die
Oberbergischen in den zwei Jahren zuvor zu zwei Siegen
im Europapokal der Pokalsieger geführt hatte, sollte
Kurtagic mit dem Job auf Zeit die sportliche Zukunft
des VfL retten. Heute endet diese Tätigkeit, denn
mit der Verpflichtung von Jan Gorr hatte sich der
VfL noch vor dem Hasanefendic-Aus für einen neuen Coach zur nächsten Saison entschieden.
Mannschaft der Stunde in der HBL
Kurtagic startete mit zwei Punkten Rückstand auf einen
Nichtabstiegsplatz und einer völlig verunsicherten Mannschaft
in das Jahr 2012. Doch die holte sich mit dem 33:32 beim
TV Großwallstadt gleich nach der
EM-Pause zwei
"Big Points" - und eine Menge Selbstbewusstsein. Es
folgten sechs Siege aus sieben Spielen - der VfL
entwickelte sich rasant zur Mannschaft der Stunde
in der TOYOTA Handball-Bundesliga. Spätestens nach
dem 38:30 in Göppingen spürte man ein lautes Aufatmen
in der handballverrückten Region am Rhein: Mit den
Punkten 29 und 30 hatte sich der VfL am eigenen Schopf
aus dem Abstiegssumpf befreit und es bis auf Platz zehn der
Tabelle geschafft. Die neue Stärke der Gummersbacher
bekamen dabei auch die Flensburger zu spüren, die hart
für ihren 32:30-Auswärtserfolg kämpfen mussten.
Vollkommen überrascht von der neuen Stärke des VfL
waren hingegen die Rhein-Neckar Löwen: Wenige Tage,
nachdem diese durch einen Sieg gegen den HSV Hamburg
wieder an die direkte Champions-League-Qualifikation
glaubten, rissen die Blau-Weißen die Mannheimer in
deren eigener Halle durch ein 33:32 aus allen Königsklassen-Träumen
(siehe auch
Gegnerkurve VfL Gummersbach und
Tabelle der TOYOTA HBL).
Stress um eine Halle
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Bester VfL-Torschütze: Adrian Pfahl erzielte bisher 210/28 Treffer. Pfahl wird
den Verein am Ende der kommenden Saison in Richtung HSV verlassen.
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HBL |
Den Klassenerhalt geschafft, im Europapokal sogar ins Finale
gegen Flensburg eingezogen, blickt man nun in Gummersbach
mit erwartungsfroher Freude auf die Zukunft. Allerdings:
für die Entwicklung des Vereins so wichtige Hallen-Neubauprojekt
verzögert sich, erst zu Beginn der Saison 2013/2014 soll die
neue Arena bezugsfertig sein. Ein Problem für die Gummersbacher,
denn die altehrwürdige Eugen-Haas-Halle entspricht nicht
mehr den Bestimmungen der HBL. Der VfL bot an, die
Fernsehspiele in anderen, tauglichen Hallen auszutragen - die
Liga lehnte diesen Kompromissvorschlag ab. Einen Totalumzug
will man aus Rücksicht auf die Fans aber für diese eine
Spielzeit auf gar keinen Fall - jetzt überlegen die
Gummersbacher Stadtväter, noch einmal in die Eugen-Haas-Halle
zu investieren und diese HBL-tauglich zu machen.
Lizenz mit Auflagen
Auch das Lizenzverfahren brachte den Oberbergischen wieder
schlechte Nachrichten: Sie erhielten die Spielgenehmigung
nur unter Auflagen. Doch so schlimm wie im vergangenen
Jahr waren die Nachrichten aus der HBL-Zentrale nicht: "Nachdem
wir in der vergangenen Saison das absolute Aus nur mit
Mühe verhindern konnten, war uns allen klar, dass wir
in diesem Jahr nicht einfach durchgewunken werden", kommentierte
Manager Axel Geerken die Auflagen. Geerken kümmert
sich längst um die Zusammenstellung eines schlagkräftigen
Kaders für die kommende Spielzeit. In diesem Konzept
spielt der ehemalige Kieler Kreisläufer
Igor Anic
keine Rolle mehr: Der Franzose wechselt zurück in seine Heimat
nach Rennes. Für ihn verpflichtete Geerken den slowakische
Nationalspieler Michal Kopco von Tatran Presov. Verlängert
wurde hingegen mit Rückraumspieler Barna Putics. Und auch
Kurtagic, Retter des Traditionsvereins, bleibt dem VfL
erhalten: Er kümmert sich ab dem 1. Juli um die Nachwuchsarbeit
der Blau-Weißen - damit dem fünffachen Europapokalsieger
der Landesmeister in Zukunft Geschehnisse wie an diesem
historischen 26. Dezember 2011 erspart bleiben.
Triple-Sause auf dem Rathausplatz
Die Kieler wollen indes am Sonnabend auch im 34. Ligaspiel nichts anbrennen lassen und
mit einem Sieg die große Triple-Sause starten und ihren Mannschaftskollegen, die
sich aus der Zebra-Herde verabschieden, ein tolles, letztes Spiel bereiten. Ein Sieg am Sonnabend
wäre der 41. im Duell mit dem
Altmeister aus dem Oberbergischen, der den THW 32 Mal besiegte. Dreimal trennten sich die
Traditionsvereine unentschieden (siehe auch
Gegnerdaten VfL Gummersbach).
Die Partie wird geleitet von
Matthias Brauer und Kay Holm.
Nach dem Spiel und der Verabschiedung der den Verein verlassenden Spieler
bekommen die Kieler aus den Händen von HBL-Präsident Reiner Witte und HBL-Geschäftsführer
Frank Bohmann endlich die Schale überreicht. Das wird der Auftakt für eine Party, wie sie
Kiel wohl noch nicht erlebt haben wird. Im Autokorso fahren die Zebras zum Rathausplatz, wo
nach dem Empfang durch den Oberbürgermeister Peter Todeskino und Stadtpräsidentin Cathy Kietzer
gemeinsam mit den Fans gefeiert wird (zu den Details:
Extra-Bericht: Am Samstag steigt die Triple-Feier)
Auf geht's, THW Kiel: Holt Euch die 68:0 Punkte!
(Christian Robohm)
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Lesen Sie bitte auch
Aus den Kieler Nachrichten vom 02.06.2012:
Mit der Null in die Party-Nacht
THW Kiel will gegen Gummersbach seine weiße Weste verteidigen - Schindler: "Ich habe in Kiel noch nie verloren"
Kiel. Das Triple in der Tasche, den Rekord für
die Ewigkeit greifbar nah - Handballmeister
THW Kiel will heute auch das Heimspiel gegen
den VfL Gummersbach (16.30 Uhr/Sport1) gewinnen, um eine perfekte
Saison mit 68:0 Punkten abzuschließen.
Geht es nach Christoph Schindler, Rückraumspieler
in Diensten der Gäste, wird die Null wackeln.
"Ich habe in Kiel noch nie verloren."
Inzwischen hat sich aber auch Alfred Gislason an die Null gewöhnt.
"Ich wünsche mir, dass wir sie behalten", sagt der
THW-Trainer. "Es wird sehr, sehr schwer, so etwas noch einmal
zu erreichen." Vor der großen Sause auf dem Rathausplatz
stehen für Gislason und Co
noch 60 intensive Minuten gegen einen Gegner auf dem Programm,
der im Winter bereits abgestiegen schien und sich in
der Rückrunde zu außergewöhnlichen Leistungen aufraffte.
Für Gislason ist der VfL, den er selbst einmal trainierte,
die Wundertüte der Liga. "Sie können jeden schlagen, aber
auch gegen jeden verlieren." So wie am Mittwoch, als sie zu
Hause gegen das Kellerkind HSG Wetzlar patzten.
Wie beim 35:24-Sieg in Hildesheim,
werden auch heute die angeschlagenen Christian Zeitz und
Thierry Omeyer geschont.
Was passiert, wenn sich
mit Andreas Palicka auch der
zweite Torhüter verletzt? "Aron Palmarsson wäre die Alternative",
sagt Gislason. "Er
sagt, er kann das ganz gut."
Die Laune ist bestens beim Triple-Sieger, auch ein Ausrutscher
gegen Gummersbach könnte sie nicht nachhaltig
eintrüben. Tränen werden trotzdem fließen, verlassen mit
Henrik Lundström (Göteborg),
Daniel Kubes (Melsungen), Tobias Reichmann (Wetzlar),
Milutin Dragicevic (?) und Kim Andersson (Kopenhagen) doch
gleich fünf "Zebras" diese
wohl einmalige Mannschaft.
Der VfL Gummersbach hat sich vorgenommen, mehr als eine Randnotiz zu werden.
"Ich bin mir sicher, dass die Null eine zusätzliche Motivation
für die Kieler sein wird", sagt Christoph Schindler, der
von 2004 bis 2006 das THW-Trikot getragen hat. "Aber wir sind Sportler und wollen jedes
Spiel gewinnen. Auch dieses." Zudem hätte er in Kiel noch nie
verloren. Mit dem THW nicht. Und auch mit seinen anderen
Clubs, dem TSV Dormagen und dem VfL, nicht. Mit dem
TSV entführte der 28-Jährige im September 2008 einen Punkt (28:28).
Es war das erste Pflichtspiel für Gislason als
THW-Trainer. In der vergangenen Saison war es der fünfmalige
Torschütze Schindler, der mit einem Freiwurf in letzter
Sekunde zum 26:26 für Gummersbach
traf. Verloren seine Clubs in Kiel, fehlte er jeweils
verletzungsbedingt.
Der angehende Versicherungskaufmann
blickt auch persönlich auf ein turbulentes
Jahr zurück. Er spielte bis in den Dezember hinein mit einem
nicht ausgeheilten Bänderriss im Sprunggelenk. Er ließ sich bereits für das erste
Pflichtspiel spritzen, schluckte Schmerztabletten, um den
dramatischen Niedergang des VfL in der Hinrunde aufzuhalten.
Vergeblich. "Im Januar war ich nicht mehr weit davon
entfernt, Sportinvalide zu werden", sagt Schindler, der
sich schließlich in die Hände von Dr. Müller-Wohlfahrt flüchtete. "Er hat meinen Fuß
gerettet." Für Schindler war
der zehntägige Aufenthalt in der Münchner Nobelklinik, in
der sich Stars wie 100-Meter-Weltrekordler Usain Bolt und
Kevin-Prince Boateng (AC Mailand) die Klinke in die
Hand gaben, ein denkwürdiger. "Es wurde nur Englisch
gesprochen", sagt Schindler, der am Tag eins noch leicht
verschüchtert im Wartesaal saß. Neben Edmund Stoiber,
Andrea Petkovic, Herbert Grönemeyer, Franck Ribery und
Bastian Schweinsteiger. "Dann kam ein Chiropraktiker
rein und fragte mich, ob er ein Trikot von mir haben kann",
erzählt Schindler. "Von mir, dem kleinen Handballer aus
Gummersbach."
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 24.12.2011)
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
THW Kiel - VfL Gummersbach:
Das Tippspiel ist nicht mehr verfügbar.
Mittippen!
Fernseh-, Radio und Internet-Tips:
-
TV: Sport1:
Sa., ab 16.30 Uhr: THW Kiel - VfL Gummersbach
live aus der Sparkassen-Arena in Kiel
-
Radio: NDR 1 Welle Nord:
Sa., ab 16.10 Uhr: Liveeinblendungen THW Kiel - VfL Gummersbach
(Einblendungen um 16.10 (Rathausplatz), 16.30, 17.00, 17.10, 17.40, und
in der Schlussphase gegen 18.00, 18.20 Uhr und 19.40 Uhr (live vom Rathausplatz), Reporter vor Ort sind
Norman Nawe (Sparkassen-Arena) und Stefan Eilts (Rathausplatz))
So. und Mo.: Stimmen der Beteiligten und vieles mehr
Tip: Welle Nord kann man auch im Internet live hören!
-
Radio: NDR 2:
Sa., ab 16.30 Uhr: Liveeinblendungen THW Kiel - VfL Gummersbach
Einblendungen aus der Sparkassen-Arena und vom Rathausplatz; Reporter ist Thomas Koos
- Internet:
Eine Übersicht über verschiedene Live-Ticker finden Sie auf unserer
Live-Ticker-Seite.