Es ist angerichtet: Wenn am Dienstagabend mit dem
THW Kiel und den Rhein-Neckar Löwen der Spitzenreiter
der DKB Handball-Bundesliga und dessen Verfolger in der
Sparkassen-Arena im direkten Duell aufeinandertreffen,
können sich die "Zebras" mit einem Sieg die insgesamt
18. Deutsche Meisterschaft bereits vorzeitig sichern.
Das Spitzenspiel wird um 20.15 Uhr angepfiffen, Sport1
überträgt live.
Die Voraussetzungen für den THW sind einfach: Nach
dem hart umkämpften
31:28-Erfolg beim TBV Lemgo
am Sonntag können sich die Kieler mit zwei Punkten gegen
die Rhein-Neckar Löwen drei Spieltage vor Schluss
uneinholbar in Front werfen. Bei einer Niederlage
indes bräuchten die "Zebras" aus den letzten drei
Partien in Melsungen (26.5.), gegen Wetzlar (5.6.) und
in Großwallstadt (8.6.) noch mindestens drei Punkte -
sofern die Rhein-Neckar Löwen ihre restlichen Partien
gewinnen. Ein Szenario, das man beim THW nur all zu
gerne vermeiden möchte - steht doch mit dem
"
VELUX EHF Final4"
in der Kölner Lanxess-Arena am 1. und 2. Juni auch noch
das Finalturnier um die Champions League für den
Titelverteidiger an.
Löwen "gesund geschrumpft"
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Linkshänder Alexander Petersson erzielte bislang 139
Saisontreffer - alle aus dem Feld.
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RNL |
Jahrelang wollten die Rhein-Neckar Löwen - unterstützt von den
Millionen des Investors Jesper Nielsen - Titel einheimsen und
dem THW Kiel als Handballmacht Nummer eins den Rang ablaufen.
Jahrelang wurden dafür Trainer gewechselt und Spieler ausgetauscht,
der Erfolg blieb aber trotz sechs "Final Four"-Teilnahmen im
DHB-Pokal und dem Erreichen des Champions-League-Halbfinals 2011
weitestgehend aus. Als in der vergangenen Spielzeit auch noch
die Qualifikation für die Königsklasse verpasst wurde und Jesper
Nielsen zudem das Geld und die Lust an seinem badischen Spielzeug
abhanden kam, drohte bei den Rhein-Neckar Löwen der endgültige
Absprung ins Mittelmaß oder gar der komplette finanzielle Kollaps.
Der Verein stieß daher in einer ersten Reaktion die meisten seiner
Großverdiener ab: Rechtsaußen Ivan Cupic wechselte wie die beiden
Rückraumspieler Karol Bielecki und Krzystof Lijewski zum polnischen
Meister KS Vive Kielce, Kreisläufer Robert Gunnarsson schloss sich
der neuen französischen Handballmacht Paris St. Germain an. Und
während Weltmeister Henning Fritz seine
aktive Karriere beendete, wechselten Michael Müller (Wetzlar) und
Börge Lund (Berlin) innerhalb der DKB
Handball-Bundesliga. Neu zum Team stießen aber ebenfalls klangvolle
Namen: Alexander Petersson von den Füchsen Berlin und der dänische
Europameister Niklas Landin unterschrieben bereits zu der Zeit
Verträge, als das Geld in Mannheim noch locker saß. Mit dem
schwedischen Olympia-Silbermedaillengewinner Kim Ekdahl Du Rietz
wurde aus dem französischen Nantes ein echter Rohdiamant für die
Königsposition im linken Rückraum verpflichtet. Und die spanischen
Zwillingsbrüder Isaias (Atletico Madrid) und Gedeon Guardiola (San
Antonio) hatten sich besonders als starke Abwehrspieler einen guten
Ruf in der Liga Asobal erarbeitet. Komplettiert wurde der Kader
durch hoffnungsvolle Talente hauptsächlich aus der Region: Der
19-jährige Rechtsaußen Marius Steinhauser kam von der HG
Oftersheim/Schwetzingen, Rückraumspieler Matthias Gerlich vom
Bundesliga-Absteiger TV Hüttenberg, Torhüter Jonas Maier und Kevin
Bitz direkt aus der eigenen Jugend.
Starkes Torhüterduo
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Spielmacher Andy Schmid galt bereits als Fehleinkauf,
in seiner dritten Saison brilliert der Schweizer und
erzielte bereits 139/50 Treffer.
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Damit sind die Rhein-Neckar Löwen auf den meisten Positionen nicht
mehr doppelt stark besetzt, lediglich bei den Torhütern erlaubt man
sich den Luxus mit zwei Klasseleuten: Goran Stojanovic und
Niklas Landin gelten als eines der stärksten Gespanne der Liga. Durch diese
neue, den fehlenden Geldern geschuldete Personalpolitik und vor allem
die Integration der vielen Neuzugänge tat man sich in Mannheim schwer,
eine genaue Zielsetzung für diese Spielzeit zu formulieren. Viele
Handballexperten sahen die Rhein-Neckar Löwen auf jeden Fall auf dem
absteigenden Ast und nicht mehr in der Lage, mit dem vermeintlichen
Führungsquartett aus Kiel, Flensburg, Berlin und Hamburg Schritt
halten zu können.
Alfred Gislason allerdings
hatte schon eine Vorahnung und die Badener bereits vor Saisonbeginn auf
seinem Zettel: "Sie haben sich stark gesund geschrumpft und einen guten
Kader", so der THW-Coach im August vergangenen Jahres, "mit diesem
Kader sollte die Qualifikation für die
Champions League auf jeden Fall möglich sein."
Saisonstart mit 26:0 Punkten
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86 Saisontreffer erzielte der Schwede Kim Ekdahl Du Rietz bislang -
wenngleich er bislang nicht ganz an das starke erste Saisondrittel anknüpfen konnte.
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Und die Mannschaft von Gudmundur Gudmundsson, seit mittlerweile mehr
als zwei Jahren Coach der Löwen, erwischte einen Bilderbuchstart in
diese Spielzeit: Auch wenn naturgemäß nicht gleich alles funktionierte,
harmonierte der neue Rückraum mit dem überragenden Alexander Petersson,
Kim Ekdahl du Rietz, dem stark verbesserten Spielmacher Andy Schmid und
dem serbischen Vizeeuropameister Zarko Sesum von Beginn an. Zusammen mit
einer starken Abwehr um den ebenfalls aufblühenden Oliver Roggisch und
dem gewohnt starken Kreisläufer Bjarte Myrhol setzten die Rhein-Neckar
Löwen durch ein 30:25 im Derby bei Frisch Auf Göppingen und ein 26:23
bei der MT Melsungen gleich zwei sportliche Ausrufezeichen. Mit jedem
weiteren Erfolg stieg das Selbstvertrauen in Mannheim, beim HSV Hamburg
fuhr man einen völlig ungefährdeten 30:23-Kantersieg ein. Plötzlich
wurden auch die engen Partien entschieden, in denen den "alten Löwen"
oft die Nerven versagt hatten. Mit 26:0 Punkten grüßten die Rhein-Neckar
Löwen bis zum Hinspiel gegen den THW Kiel von der Tabellenspitze, der
beste Start der Vereinsgeschichte machte Hunger auf mehr.
Löwen konnten Ausfälle nicht kompensieren
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Starker Rückhalt: Der dänische Europameister Niklas Landin.
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Die Spitzenpartie in der ausverkauften SAP-Arena geriet allerdings zu
einer klaren Angelegenheit für die Kieler: Mit
28:17
erteilten die "Zebras" den "Löwen" in deren Revier eine Lehrstunde.
Trotzdem: 13 Spieltage genossen die Mannheimer den Platz an der Sonne -
auch weil sie in der Hinrunde bis auf die Niederlage im Heimspiel gegen
den THW Kiel kein weiteres Spiel verloren und 16 Siege einfuhren. Doch
in Mannheim - auch das ist neu - übte man sich trotz der Erfolge in
Bescheidenheit. Denn der "gesundgeschrumpfte" Kader barg auch Gefahren:
Die Gefahr, dass sich ein Stammspieler verletzt, hing wie ein
Damoklesschwert über den Mannheimern. Und die Badener erwischte es
heftig: Marius Steinhauser (Kreuzbandriss), Uwe Gensheimer
(Achillessehnenriss), Oliver Roggisch (Innenbandanriss), Kim Ekdahl
du Rietz (Muskelfaserriss) und Denni Djozic (Innenbandanriss) sowie
zuletzt Torhüter Goran Stojanovic, der mit einem Muskelfaserriss mehrere
Wochen ausfiel, fehlten den Mannheimern über weite Strecken der Saison
oder fehlen ihnen auch jetzt noch. Im Dezember vergangenen Jahres
reagierten die "Löwen" und verpflichteten den 22-jährigen Stefan Rafn
Sigurmannsson vom isländischen Top-Klub Haukar Hafnarfjördur.
Auf dem Weg in die Königsklasse
"Aufgrund der Verletzungsprobleme und des kleinen Kaders waren einige
Spieler zuletzt einer extremen Belastung ausgesetzt", stellte Gudmundsson
unlängst fest. Und so ist es auch kein Wunder, dass den Mannheimern zuletzt
ein wenig die Puste auszugehen schien. Nach lediglich sechs Punkten aus
sieben Spielen im März und April ist den "Löwen" aber nach zuletzt zwei
souveränen Heimsiegen gegen die Aufsteiger aus Essen und Minden die
direkte Champions-League-Qualifikation kaum noch zu nehmen. Und dennoch
wollen die Mannheimer am Dienstag unbedingt in Kiel gewinnen, um letzte
Zweifel an einem Platz unter den besten drei Mannschaften in der Liga
auszuräumen und sich ganz auf das Final4 um den
EHF-Pokal
in Nantes konzentrieren zu können. Kim Ekdahl du Rietz, der vor Kurzem
seinen Vertrag um zwei Jahre verlängerte, möchte jedenfalls in die Königsklasse:
"Dort zu spielen, wäre eine geile Sache. Das ist eine Erfahrung, die ich
auf jeden Fall machen möchte. Jetzt zählt jedes Spiel, jede Partie ist wichtig."
Bilanz spricht klar für den THW
Schon einmal gelang es den Rhein-Neckar Löwen, in der Sparkassen-Arena
beim THW Kiel zu siegen: Vor zwei Jahren gewannen die Mannheimer mit
33:31 - es war der dritte und bislang letzte
Bundesliga-Erfolg gegen den THW für den Verein aus insgesamt 17
Duellen. Ein Unentschieden gab es übrigens noch nie (siehe
Gegnerdaten Rhein-Neckar Löwen).
Die Schiedsrichter des Spitzenspiels sind
Robert Schulze und Tobias Tönnies.
Auf geht's, "Zebras", holt euch die Meisterschaft!
Lesen Sie bitte auch
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Aus den Kieler Nachrichten vom 14.05.2013:
Matchball für den THW
"Zebras" können heute Meister werden
Kiel. Mit einem Sieg gegen die Rhein-Neckar Löwen,
die heute (20.15 Uhr/Sport1) zu Gast sind, würden die
"Zebras" vorzeitig als Handballmeister feststehen. Bis
zum "Final4" in der Champions League, in dessen
Halbfinale der THW am 1. Juni in Köln auf den HSV
Hamburg treffen wird, hätten sie dann noch knapp
drei Wochen Zeit. Zeit genug also, um einige Tage auf
Mallorca zu verbringen, um dort mit dem einen oder
anderen Gläschen Bier das Double zu begießen?
Alfred Gislason reagiert überrascht,
als ihm diese Frage gestellt wird. Die Mallorca-Reise ist als
Klassenfahrt für Handball-Profis spätestens seit ihrer Entfremdung
ein heikles Thema. Vor zwei Jahren geschah dies, als der HSV als
Meister in den Süden flog, um sich auf der Finka seines Gönners
Andreas Rudolph vier sehr launige Tage zu gönnen. Gezeichnet von
Alkohol, Sonne und kurzen Nächten waren die Hamburger im
Champions-League-Halbfinale gegen Ciudad Real chancenlos.
Den direkten Bezug will Gislason bei
der Mallorca-Frage vermeiden, schließlich hat er großen Respekt
vor dem HSV. Er sagt stattdessen: "Auf diese Idee ist bei uns
keiner gekommen." Sollten seine Spieler heute die Löwen, den
Zweiten, besiegen und damit die 18. Meisterschaft perfekt machen,
erlässt er ihnen morgen das Vormittagstraining. "Aber am
Nachmittag würde sich schon wieder alles um Köln drehen."
Auch bei einer Niederlage gegen die Badener, die fünf Punkte
Rückstand und das deutlich schlechtere Torverhältnis (+207/+97)
haben, wäre den Kielern die Schale nur noch sehr theoretisch zu
nehmen. In den ausstehenden Spielen gegen Melsungen (26. Mai/Auswärts),
Wetzlar (5. Juni/Heim) und Großwallstadt (8. Juni/A) könnten sie ganz
gelassen noch drei weitere Punkte verspielen.
"Kiel ist gefühlt schon längst Meister", sagt auch
Thorsten Storm. "In einem Spiel ist
der THW zu schlagen, aber über eine ganze Saison ist das nicht
möglich." Der Manager der Rhein-Neckar Löwen ist stolz darauf,
im Jahr eins nach dem unrühmlichen Abgang ihres eigenwilligen
Mäzens Jesper Nielsen eine Mannschaft geformt zu haben, die
diesen Sammelbegriff auch verdient. "Das ist ein klasse Haufen",
sagt Storm, der aber fürchten muss,
auf der Zielgeraden noch um die Ernte gebracht zu werden. In der
Liga droht ein Abrutschen auf Platz vier, womit die direkte
Qualifikation für die Champions League verpasst wäre. Am Sonnabend
wird sich beim "Final4" im EHF-Cup in Nantes zudem entscheiden, ob
die Löwen endlich ihren ersten Titel gewinnen. Im Halbfinale
treffen sie auf den Liga-Konkurrenten FA Göppingen. Eine Ansetzung,
die Storm "verschnupft", haben die
Schwaben doch drei Tage mehr Zeit, um sich vorzubereiten. Und
keine Kiel-Reise als weiteres Hindernis. "Zwei Spitzenspiele
in einer Woche - lustig ist das nicht."
Der Fokus der Mannheimer, die heute Vormittag noch einmal in
ihrem Trainingszentrum in Kronau üben und erst danach anreisen,
liegt bereits jetzt auf Nantes. Leichtere Beute sind sie für die
"Zebras" deshalb aber nicht. Möglicherweise ist sogar das Gegenteil
der Fall. "Sie haben keinen Druck", sagt
Gislason, der vor dem Gegner den Hut
zieht. "Sie haben sich Platz zwei verdient." Besonderen Respekt
hat er vor Mittelmann Andy Schmid ("Er spielt eine überragende
Saison"), der mit Kreisläufer Bjarte Myrhol eine kongeniale Achse
bildet. "Dieses Duo lässt sich nur sehr schwer ausschalten." Zudem
meldete sich der starke Torhüter Goran Stojanovic zurück, der
zuletzt wegen eines Muskelfaserrisses pausierte.
Gislason bangt derweil um
Daniel Narcisse (Knieprobleme).
Nicht ausgeschlossen, dass Christian Zeitz,
der sich vor vier Wochen die rechte Mittelhand brach, sein Comeback
gibt. "Eher nicht", sagt Gislason, der
hofft, ihn am 26. Mai aufstellen zu können. In Melsungen, so der
Wunsch des Trainers, soll der THW die Generalprobe vor dem "Final4"
geben. "Wenn wir Meister sind, könnten wir dort ein wenig
experimentieren." Sollte gegen die Löwen kein Sieg gelingen,
hätte das Melsungen-Spiel, so Gislason,
eine ganz andere Priorität. Eine Aussicht, die den Hessen kaum
gefallen dürfte. Zwar beendeten sie am 9. Dezember (29:25)
die Rekordserie des THW, doch im Pokal-Halbfinale (23:35)
bekamen sie zu spüren, welche Folgen es haben kann, die Kieler derartig
zu verärgern. An einer weiteren Lektion dürften sie nicht interessiert
sein. "Vielleicht drücken sie uns deshalb auch die Daumen", sagt
Gislason und lacht.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 14.05.2013)
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
THW Kiel - Rhein-Neckar Löwen:
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