Aus den Kieler Nachrichten vom 11.04.2008:
Kiel - Handballmeister THW muss am Sonntag
(Anpfiff 16.45 Uhr) in die "Höhle des Löwen". Im Palau
Blaugrana, der Heimstätte des FC Barcelona,
fällt nach dem Kieler
41:31-Hinspielsieg die Entscheidung
über den Finaleinzug in der Champions-League.
Vorher sprach
Noka Serdarusic für die Kieler Nachrichten noch mit Reimer Plöhn.
- Kieler Nachrichten:
-
Herr Serdarusic, war der hohe Sieg über Barcelona auch für
Sie das beste THW-Spiel der vergangenen Jahre?
- Noka Serdarusic:
-
Ich habe ja schon in der Pressekonferenz
gesagt, dass ich nach solch einem überragenden
Spiel nicht über Schwächen reden möchte. Es war
ganz sicher eines der schönsten Spiele überhaupt, das wir
abgeliefert haben. Allein der Mythos FC Barcelona, dann
die tollen Kombinationen, die gelungene Umsetzung unserer
spieltaktischen Absichten, die unglaubliche Stimmung
in der Halle. Wenn ich aber heute vor meinen Videoaufzeichnungen
sitze, um sie fürs Rückspiel aufzubereiten,
dann sehe ich Fehler, da dreht sich mir der Magen um. Wir
haben vor allem in der Abwehr schlimme Dinge gemacht.
Aber so ist es, nüchtern betrachtet, sieht man viele
Dinge kritischer. Dennoch: Unvergessen bleibt diese Partie
allemal.
- Kieler Nachrichten:
-
Es war nicht nur ein schönes, sondern auch ein sehr erfolgreiches
Spiel. Sie fahren mit zehn Toren Vorsprung nach Spanien.
Die Schmach der zurückliegenden drei K.o.'s in der Champions
League könnte am Sonntag getilgt werden, oder?
- Noka Serdarusic:
-
Mir geht es nicht darum, irgendwelche
Dinge aus der Vergangenheit geradezubiegen. So bin ich nicht, da sage
ich tschüs, das ist Vergangenheit. Jetzt stehen komplett
andere Mannschaften auf dem Parkett, von uns ist nur
noch Stefan Lövgren dabei, der beispielsweise 2000 bei
der bitteren Final-Niederlage
mitgelitten hat. Nein, es geht um das Heute. In der Vergangenheit,
als Barcelona noch die beste Handballmannschaft
der Welt war, hatten wir das Glück, drei-, viermal
gegen sie spielen zu dürfen. Damals haben wir uns gewünscht,
einmal selbst so stark zu werden und dieses
hohe Niveau erreichen zu können. Tatsächlich hat es
jetzt geklappt. Wir tragen die Krone Europas, sind Titelverteidiger
und haben uns als Bestätigung dafür erneut in die
Halbfinals gekämpft.
- Kieler Nachrichten:
-
Die spanische Presse hat Ihnen vorgeworfen, Sie hätten jegliche
Sportlichkeit vermissen lassen, als Sie bei 39:27 eine Auszeit
genommen haben. Wollten Sie wirklich provozieren?
- Noka Serdarusic:
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So ein Blödsinn, ich wollte niemanden reizen. Ich wollte
meine Jungs darauf einschwören, den Zwölf-Tore-Vorsprung nicht mehr aus der
Hand zu geben. Für das Rückspiel ist jedes Tor mehr ein
größeres Ruhepolster. Leider haben wir kleine Nachlässigkeiten
gezeigt, haben zwei schnelle Angriffe vertan und
die letzten Minuten mit 1:4 Toren abgegeben. Deswegen
müssen wir jetzt in Barcelona zusätzlich kämpfen, das hat
mir nicht gefallen.
- Kieler Nachrichten:
-
Trotzdem erreichen Sie doch die Finalspiele.
- Noka Serdarusic:
-
Ich weiß nur, dass uns noch sehr viel Arbeit bevorsteht,
ich erwarte einen Riesenkampf in dieser gewaltigen
Atmosphäre in der Palau Blaugrana. Ich habe in meiner
Karriere schon alles erlebt: Nach Zagreb sind wir mit
zehn Toren gefahren und lagen
kurz vor Schluss mit elf zurück. In Porto hätten wir
fast noch zwölf Tore verspielt und mit zehn verloren. Solche
Erlebnisse brennen sich ins Gedächtnis ein. Nein, nein,
zehn Tore sind ein schönes Polster, aber noch ist nichts
gewonnen.
- Kieler Nachrichten:
-
Immerhin konnten Sie viele Leistungsträger am Dienstag
gegen Lübbecke schonen, während Barca gegen Pamplona am
Mittwoch Vollgas geben musste. Ein Vorteil?
- Noka Serdarusic:
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Es war ganz gut, dass Lövgren, der völlig ausgepowert
war, eine Pause hatte, außerdem werden Ahlm,
Omeyer, Klein oder
Kavticnik von den kurzen Einsätzen
profitieren. Aber Nikola Karabatic hat immer noch Probleme
mit seinem Knöchel und bis heute nicht trainiert.
Ich hoffe, er wird es noch bis Sonntag schaffen. Sicher ist,
dass wir in Barcelona nicht mit der Einstellung beginnen,
etwas verteidigen zu wollen. Das können wir nicht. Meine
Jungs spielen nur nach vorn, wie zu Hause auf Sieg. Sie
werden ihre Herzen in die Hand nehmen und dann
schauen wir mal, was herauskommt.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 11.04.2008)