11./13.12.2008 - Letzte Aktualisierung: 13.12.2008 | Bundesliga |
Update #1 | KN-Vorbericht ergänzt... |
So sah das Team von TuSEM Essen
zu Beginn der Saison aus.
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TuSEM |
Routinier und Spielmacher: Sergio Ruiz Casanova
hält dem TuSEM auch nach der zweiten Krise die Treue.
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Aber von vorne: Die jüngste Clubgeschichte des Altmeisters würde vermutlich sogar für eine Hollywood-Verfilmung taugen, würde man in den Vereinigten Staaten die Sportart "Handball" kennen. Nur wenige Tage, nachdem man mit dem EHF-Pokalsieg im Mai 2005 den größten Erfolg seit 11 Jahren feiern konnte, folgte mit dem Lizenzentzug und dem damit verbundenen Abstieg in die Drittklassigkeit die große Ernüchterung. Immerhin schworen einige Leistungsträger wie Spielmacher Sergio Ruiz Casanova, Linkshänder Evars Klesniks und Rechtsaußen Mark Schmetz dem Traditionsverein die Treue, auch Ex-Nationalspieler Mark Dragunski unterstützte den Neuanfang in der Regionalliga aktiv. Mit diesem Team schaffte der TuSEM tatsächlich mit Leichtigkeit den sofortigen Sprung in die Zweite Bundesliga Süd und euphorisiert sogar den Durchmarsch zurück in die Beletage.
Michal Shejbal kam aus Göppingen zum TuSEM, um mehr Spielanteile
zu bekommen - spätestens nach dem Abgang von Gerrie Eijlers hat
er davon nun mehr als genug.
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TuSEM |
Dennoch hatte dieses zweiwöchige "Nachsitzen" erhebliche negative Auswirkungen auf den Essener Kader, konnte man doch erst ab Anfang Juni für die nächste Spielzeit planen. So gingen dem TuSEM mehrere interessante Spieler durch die Lappen, der Kader wurde deutlich kleiner. Leistungsträger wie die Goalgetter Mark Schmetz (zum TBV Lemgo), David Katzirz (zu Pick Szeged) und Torhüter-Oldie Torsten Friedrich (zum ASV Hamm) konnten zwar durch die Verpflichtungen von Evgeny Vorontsov (vom VfL Edewecht), Maris Versakovs (von Eintracht Hagen) und Michal Shejbal (von FA Göppingen) einigermaßen kompensiert werden. Mit dem talentierten Jörg Lützelberger vom TBV Lemgo, der in die großen Fußstapfen von Mark Dragunski treten soll, wurde die Kreisposition sogar verstärkt. Doch der ein oder andere Rückraumspieler fehlte noch in den Planungen Szargiejs. Mit dem aus Veszprem ausgeliehenen vierfachen ungarischen Nationalspieler Barna Putics wurde man schließlich doch noch fündig und präsentierte einen echten Hochkaräter auf der Königsposition im linken Rückraum.
Jörg Lützelberger kam aus Lemgo zum TuSEM und spielt nicht nur
am Kreis, sondern ersetzte den gesperrten Casanova zuletzt gegen
Wetzlar auf der Spielmacherposition. Mit 60/1 Treffern in 15
Partien ist er nach dem Abgang von Barna Putics (84/24 in 13 Spielen)
nun bester Torschütze der Mannschaft.
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Diese Begegnung sollte aber die letzte für diesen Essener Kader sein, denn wenige Tage später wurde der Insolvenzantrag gestellt und die ersten Spieler verließen den Verein: Kurioserweise zeigte der TuSEM im Anschluss ohne die Leistungsträger Gerrie Eijlers (nach Balingen), Aljoscha Schmidt (nach Minden) und Evars Klesniks die bislang besten Saisonleistungen und konterte die aufkeimenden Befürchtungen einer Wettbewerbsverzerrung mit Beinahe-Punktgewinnen in Gummersbach (30:32) und bei Melsungen (33:36). Mittlerweile unterstützt von einigen Akteuren aus der zweiten Mannschaft Essens, die in der Verbandsliga beheimatet ist, gelang im Kellerduell bei Stralsund sogar der dritte Punktgewinn. Allerdings wird es immer schwerer für den TuSEM, denn mit Vaclav Vrany (zurück nach Tschechien), Maris Versakovs (zum ASV Hamm) und nun auch Top-Goalgetter Barna Putics, der sich dem FC Barcelona anschloss und damit in der Hauptrunde der Champions League in der THW-Gruppe - aber nicht gegen den THW - spielen wird, haben zuletzt drei weitere Spieler dem Verein den Rücken gekehrt. Mark Dragunski ließ sich bei diesem personellen Engpass sogar noch einmal reaktivieren, um der Abwehr mehr Stabilität zu verleihen. Kreisläufer-Talent Lützelberger wurde kurzerhand zum Spielmacher umfunktioniert, wodurch der vom Bergischen HC gekommene und ursprünglich als Kreisläufer Nummer 3 vorgesehene Patrick Wiencek nun ungeahnte Spielanteile bekommt. Ebenso Eigengewächs Martin Wozniak: Nach den Abgängen von Putics und Versakovs trumpft der 20-Jährige auf der Königsposition auf und traf in den letzten beiden Partien jeweils sechsmal. Dennoch war Essen sowohl zu Hause gegen Wetzlar (21:31) als auch bei den Rhein-Neckar Löwen (24:41) mehr als deutlich unterlegen (siehe auch Gegnerkurve Essen).
Martin Wozniak trumpfte im linken Rückraum zuletzt groß auf.
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Beim TuSEM wäre man mit solch einem Endergebnis sicherlich nicht unzufrieden, doch der THW sollte dennoch gewarnt sein - denn Essens Spieler werden alles geben, um sich bei Essens Abschiedstournee erhobenen Hauptes aus der Bundesliga zu verabschieden - und sich natürlich ebenfalls für andere Vereine zu empfehlen. Und wo ginge dies besser als mit einer beeindruckenden Leistung in der Sparkassen-Arena?
Die Schiedsrichter in der Sparkassen-Arena-Kiel sind am Samstag Jörg Mahlich (Stendal) und Martin Harms (Magdeburg).
(Sascha Krokowski)
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Lesen Sie bitte auch den Vorbericht der Kieler Nachrichten.
Aus den Kieler Nachrichten vom 13.12.2008:
Das Jahr 2005 geht als das bisher schwärzeste in die TuSEM-Vereinschronik ein. Nur wenige Tage nach dem Europa-Pokaltriumph im EHF-Cup gegen Magdeburg brach das Essener Finanz-Lügengebäude unter lautem Getöse zusammen. Es folgte der Lizenentzug und Abstieg in die Drittklassigkeit. Unter neuer Führung kam TuSEM dann zurück wie Phönix aus der Asche. 2007 folgte der Wiederaufstieg in die Erste Liga, der Klassenerhalt gelang nach Relegationsspielen gegen Düsseldorf.
Rückblickend hätte sich die gesamte Liga Düsseldorf in der Eliteklasse gewünscht. TuSEM schlitterte nämlich in die nächste Finanzkrise, musste, noch bevor die laufende Saison richtig Fahrt aufgenommen hatte, Insolvenz anmelden und wurde zum ersten Absteiger bestimmt. Schlimm für Spieler und Fans, für den deutschen Profihandball ein Imageschaden von riesigem Ausmaß.
So tingeln die Spieler von Trainer Kristoph Schargy, der seinen Vertrag gerade erst bis 2010 verlängerte, von Niederlage zu Niederlage. Woche um Woche verlassen Leistungsträger den Club, Schargy füllt den Kader mit A-Jugendlichen und Spielern aus der Verbandsliga auf, überredete sogar Oldie Mark Dragunski nach dessen Herzoperation im Sommer zu einem Comeback.
Trotz allem: Der Vorstand will durchhalten, um in der kommenden Saison in der Zweiten statt in der Oberliga starten zu dürfen. So hält sich die Vorfreude auf den heutigen Gegner bei THW-Manager Uwe Schwenker in Grenzen. Eine schwierige Aufgabe sei dieses Spiel, "trotzdem stehen wir gegenüber unserem Publikum in der Pflicht, eine tadellose Leistung aufs Parkett zu bringen." Schwenker verweist auf eine Vorstandssitzung der Handball-Bundesliga Anfang kommender Woche. "Ich will nicht vorgreifen, aber das Thema Essen steht auf der Agenda."
Die bis auf den verletzten Börge Lund in Bestbesetzung zu erwartenden Kieler wünschen sich einen hohen Sieg und "dass alle Spieler gesund bleiben" (Schwenker). Ansonsten blickt man nach vorn. Nach der Vertragsverlängerung von Weltklasse-Torhüter Thierry Omeyer bis 2013 rückt eine weitere Personalie in den Fokus: Aron Palmarsson, das vielleicht größte isländische Handball-Talent aller Zeiten, klopft an die THW-Tür. Gerade erst 18 Jahre alt geworden, überzeugte der Mittelmann von Meister FH Hafnarfjördur kürzlich in den Länderspielen gegen Deutschland, steht schon länger auf dem Wunschzettel des FC Barcelona, wird von der halben Bundesliga gejagt und hat beim TBV Lemgo bereits einen Vorvertrag über eine Ausbildungszeit unterschrieben. Ja, er wolle unbedingt zum THW Kiel, das sei sein Traumverein, wurde Palmarsson in der isländischen Presse zitiert. Lemgo sei für ihn kein Thema mehr, weil mit Kraus und Strobel zwei erstklassige Mittelspieler im Kader stünden. Vielmehr, so Palmarsson, habe es bereits Kontakte zum THW gegeben. Schwenker bestätigt nicht, bemerkt aber, dass "Aron eines der allergrößten Talente in Europa ist." Mehr wolle er dazu nicht sagen. Muss Kiels Manager nicht, denn alle Vorzeichen deuten nur in eine Richtung: Aron Palmarsson ist ab Juni 2009 ein "Zebra".
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 13.12.2008)
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