Der Bundesliga-Start des THW Kiel mit einem letztlich
deutlichen
35:25 bei MT Melsungen
ist am vergangenen Samstag geglückt, bereits am Dienstag
wollen die "Zebras" nachlegen. Zur Heimpremiere erwartet
der deutsche Rekordmeister den Meisterschafts-Mitfavoriten
aus Mannheim, die Rhein-Neckar Löwen. Anwurf in der
Sparkassen-Arena-Kiel ist um 20.15 Uhr, für das Spitenspiel
sind noch wenige Karten im Vorverkauf erhältlich (siehe
Extra-Bericht). Das DSF überträgt
die Partie zudem live und kostenlos im Internet auf
tv.dsf.de.
Die Rhein-Neckar Löwen haben mächtig aufgerüstet. Neue Spieler,
ein neues Trainer-Duo und ein erhöhter Etat sollen den Mannheimern
helfen, bis ganz an die Spitze zu kommen. Ein ehrgeiziger Plan -
aber ein durchaus realistischer.
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Der neue Trainer bei den Löwen: Ola Lindgren wechselte von der
insolventen HSG Nordhorn-Lingen nach Mannheim.
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RNL |
Keine Frage: In der vergangenen Saison sind die Rhein-Neckar Löwen
in die Spitze des europäischen Handballs vorgedrungen. Einzig der
THW Kiel war es, der den Sturmlauf der Mannheimer bremsen konnte.
Im
Halbfinale der Champions League
wie in der
Vorschlussrunde des DHB-Pokals
verwiesen die Zebras die Löwen in ihre Schranken. In der TOYOTA
Handball-Bundesliga erreichte das Team nach einem schwachen Start
mit einer beeindruckenden Aufholjagd unter Trainer
Wolfgang Schwenke noch den dritten Rang.
Jetzt soll es noch höher hinaus gehen. Garant für den Aufschwung
soll Ola Lindgren sein. Der Trainer, dem es in Nordhorn mit bescheidenen
finanziellen Mitteln immer wieder gelang, eine schlagkräftige und
erfolgreiche Mannschaft zusammenzustellen, folgte
Schwenke nach, den es nach seinem bis zum
Saisonende befristeten Vertrag zu den Fußballern von Holstein Kiel
zog. In Mannheim hat Lindgren nun auch den finanziellen Hintergrund,
um seine Ideen umzusetzen. Geschätzte sieben Millionen Euro stecken
die Löwen in dieser Saison in die "Operation Spitze", an der neben
Lindgren auch der Ex-Flensburger Kent-Harry Andersson als Co-Trainer
mitwirken wird. Das Trainergespann hält Löwen-Manager
Thorsten Storm für einen gelungenen Schachzug:
"Es hat sich in der Vergangenheit oft gezeigt, dass es immer wieder
Spieler gegeben hat, die über eine lange Saison ein Stück weit durchhingen.
Diese können wir jetzt durch dieses Zweiergespann individueller trainieren."
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Zurück in der Bundesliga: Olafur Stefansson.
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RNL |
Die Mannheimer haben aber nicht nur in ihre sportliche Führung investiert.
Vielmehr haben die Rhein-Neckar Löwen in der Sommerpause auch auf dem
Spielermarkt wieder kräftig für Wirbel gesorgt. Kein Wunder, mussten
Storm & Co. doch den Abgang von gleich
sechs mehr oder wenigen wichtigen Spielern kompensieren. Vor allem der
Wechsel von Top-Torjäger Mariusz Jurasik nach Kielce riss dabei ein
großes Loch. Zudem verabschiedete sich mit Kreisläufer Christian Schwarzer
eine Identifikationsfigur der Löwen in den aktiven Handball-Ruhestand.
Jan Filip, der unter Ola Lindgren in Nordhorn zu einem der besten
Rechtsaußen der Liga wurde, bekam in Mannheim keinen langfristigen
Vertrag angeboten und wechselte "aus familiären Gründen" zu den Kadetten
Schaffhausen in die Schweiz. Zudem wurde Nachwuchsspieler Steffen Fäth
für eine Saison an den VfL Gummersbach ausgeliehen, während es Sergej
Shelmenko endgültig zum russischen Meister Chehovskie Medvedi Moskau zog.
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Nationalspieler Michael Müller soll mit Stefansson ein starkes
Gespann im rechten Rückraum bilden.
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RNL |
Dafür haben die Mannheimer gleich sechsfach starken Ersatz geholt. Für
Aufsehen hatte vor allem der Transfer von Olafur Stefansson vom Champions-League-Sieger
Ciudad Real zu den Löwen gesorgt. Löwen-Sponsor Jesper Nielsen hatte
Stefansson quasi als "Einstiegsgeschenk" mitgebracht - nun soll der Isländer,
der unter THW-Trainer
Alfred Gislason in Magdeburg
zu einem der weltbesten Linkshänder heranreifte, für den Aufschwung im
Rhein-Main-Gebiet sorgen. Während Stefanssons Wechsel alles andere überstrahlt,
haben die Löwen aber auch für andere Positionen kräftig zugeschlagen. Vom
spanischen EHF-Pokal-Sieger BM Valladolid holten sie den 2,03 Meter großen
Kreisläufer Carlos Prieto, der mit dem FC Barcelona und Ciudad Real bereits
dreimal die Champions League gewinnen konnte. "Er ist ein abwehrstarker und
sehr robuster Kreisläufer", schätzt
Storm die
Qualitäten des Neuzugangs ein, der sich mit Bjarte Myrhol von der HSG
Nordhorn-Lingen ergänzen soll. Aus Gummersbach kam mit Alexis Alvanos einer
der Haupttorschützen des VfL. Für die halbrechte Position verpflichteten die
Badenser neben Stefansson auch noch Nationalspieler Michael Müller vom TV
Großwallstadt. "Die Rhein-Neckar Löwen haben eine riesige sportliche Zukunft
vor sich. Da möchte ich dabei sein und mit den Löwen auch Titel gewinnen",
begründete Müller seinen vorzeitigen Wechsel.
Storm
begrüßte diesen Schritt des Nationalspielers: "Mit ihm hat eines der größten
deutschen Talente bei den Löwen angeheuert, und er passt wirklich hervorragend
in unser Konzept."
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Carlos Prieto, dreifacher Champions League Gewinner, verstärkt den Kreis der
Rhein-Neckar Löwen.
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RNL |
Das sieht wie in den Vorjahren auch eine Mischung aus erfahrenen
Weltklasse-Spielern und jungen Nachwuchsakteuren vor. So rückten mit Alexander
Becker und Maximilian Bender zwei Spieler aus der eigenen Jugend in die
Bundesliga-Mannschaft auf, die den Vorbildern Uwe Gensheimer oder Patrick
Groetzki nacheifern möchten. Gemeinsam haben sich die Löwen für diese Saison
viel vorgenommen. "Wir haben einen starken und breiten Kader, der den ersten
Titel holen kann. Aber Geduld und Ruhe sind dabei wichtige Tugenden", mahnt
Storm trotz der vielen Vorschusslorbeeren vor zuviel
Euphorie.
Der künftige Löwen-Kapitän Gudjon Valur Sigurdsson glaubt an die Stärke der
Neuzugänge des letztjährigen Bundesliga-Dritten. "Wir haben Spieler mit Qualität
und Persönlichkeit bekommen, die etwas erreichen wollen. Darunter sind auch
Kampfschweine, die man so braucht", erklärte der Linksaußen. "Das macht mich
sehr zuversichtlich für die neue Saison." Aufgrund der vielen Neuzugänge könne
es aber ein wenig dauern, bis die Löwen ihre Stärken endgültig ausspielen könnten.
Denn Lindgren setzt nicht nur auf neues Personal, sondern auch eine andere
Spielweise. "Ich setze sehr stark auf das Kollektiv, eben ein bisschen auf ein
skandinavisches Modell", sagte Lindgren in der Vorbereitung. Dazu gehören auch
eine klassische 6:0-Deckung nach skandinavischem Vorbild und das schnelle
Gegenstoßspiel. "Das wollen die Zuschauer sehen, und attraktiver Handball ist oft
auch erfolgreicher Handball."
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Ganz "frisch" aus Gudme verpflichtet: Der isländische Spielmacher
Snorri Gudjonsson.
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GOG |
Allerdings schlug das Verletzungspech in der Vorbereitung bei den Löwen zu:
Ausgerechnet der einzige gelernte Mittelmann, der Pole Grzegorz Tkaczyk,
fällt nach einer weiteren Knie-Operation vermutlich für den Rest des
Kalenderjahres aus. Die Rhein-Neckar Löwen reagierten und verpflichteten
am vergangenen Donnerstag den Isländer Snorri Gudjonsson vom dänischen
Club GOG Svendborg Gudme, der zuvor in der Bundesliga bereits für Minden
und Großwallstadt auf Torejagd ging. Bereits am Samstag beim 29:23-Auftaktsieg
der Mannheimer gegen den Aufsteiger TuS N-Lübbecke konnte Ola Lindgren auf
den Olympia-Silbermedaillengewinner zurückgreifen. Und auch auf der
Rechtsaußen-Positionen soll sich bei den Rhein-Neckar Löwen noch kurzfristig
etwas tun: Da Alexis Alvanos, nur Nummer drei im rechen Rückraum, auf dem
ungewohnten Flügel in der Vorbereitung nicht zu überzeugen wusste und somit
Jungnationalspieler Patrick Groetzki die einzige Option auf dieser Position
wäre, plant man einen weiteren Coup: Der kroatische Nationalspieler Ivan Cupic
vom slowenischen Meister Gorenje Velenje soll zum letztjährigen Liga-Dritten
wechseln. "Er ist ein Weltklassespieler und steht auf unserer Liste", bestätigt
Ola Lindgren.
Doch egal ob mit oder ohne Cupic: Die Löwen haben ihren Kurs auf die Spitze
eingeschlagen und wollen den beiden Top-Favoriten auf den Meistertitel,
dem THW Kiel und dem HSV Hamburg, die Spitzenpositionen so lange wie möglich
streitig machen. In Kiel jedoch konnte das Team noch nie überzeugen. In fünf
Liga-Duellen in der Sparkassen-Arena-Kiel jeweils mit fünf oder mehr Treffern
Vorsprung. Unvergessen bei den meisten THW-Fans bleibt aber natürlich die
Deklassierung der Löwen im letztjährigen
Halbfinal-Hinspiel in der Champions League: Wie
entfesselt aufspielende "Zebras" siegten im April 2009 in einer wahren
Handball-Gala mit 37:23, Filip Jicha erzielte
allein zwölf Treffer (siehe auch
Gegnerdaten Rhein-Neckar Löwen).
Der Anwurf zur Kieler Heimpremiere in der Bundesliga-Saison 2009/10 erfolgt
am Dienstag um 20.15 Uhr. Das DSF, das die Partie ursprünglich im TV übertragen
wollte, entschied sich kurzfristig doch für das Fußball U21-Länderspiel, aber
Handballfans mit Internet-Anschluss können das Spiel dennoch gratis verfolgen:
Der Preis der auf tv.dsf.de
gestreamten Begegnung wurde auf 0,00 Euro festgesetzt, lediglich eine kostenfreie
Registrierung auf der Seite ist erforderlich. Die Schiedsrichter der Partie sind
Lars Geipel (Steuden) und Marcus Helbig (Landsberg).
(Christian Robohm / Sascha Krokowski)
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Lesen Sie bitte auch den Vorbericht der Kieler Nachrichten
und das KN-Interview mit Wolfgang Schwenke.
Aus den Kieler Nachrichten vom 08.09.2009:
Geschenke für Gislason?
THW heute im Spitzenspiel gegen Löwen
Kiel - Alfred Gislason feierte
gestern runden Geburtstag, der THW-Trainer
wurde glatte 50 Jahre alt. Ein vorgezogenes Geschenk
überreichte ihm sein Team am Sonnabend mit dem
35:25-Auftaktsieg in der
Handball-Bundesliga bei MT Melsungen. Heute
steht das erste Topspiel der Liga auf dem Plan: Die
Rhein-Neckar Löwen werden in der Sparkassen-Arena
losgelassen. Anpfiff ist um 20.15 Uhr.
Gislason hätte gegen ein nachträgliches
Präsent in Form eines doppelten Punktgewinns
nichts einzuwenden. Natürlich will der Isländer auch das
zweite Saisonspiel gewinnen. Dabei wird der THW-Coach
Löwen in Kiel begrüßen, die er auch auf seiner privaten Geburtstagsfeier
gern empfangen hätte. "Ich freue mich auf meine alten Bekannten", hatte
er schon am Sonnabend mit Blick auf das heutige Spiel erklärt.
Im Team der Mannheimer stehen drei isländische
Landsleute. Vor wenigen Tagen erst wechselte Snorri Gudjonsson
von GOG Gudme in den Süden. Der ehemalige
Großwallstädter soll den Langzeitverletzten Gregorsz
Tkaczyk auf der Spielmacherposition ersetzen.
Gudjon Valur Sigurdsson gehört dem RNL-Kader seit 2008 an. Der
30-jährige Linksaußen, der auch als Spielmacher eine gute
Figur abgibt, ist aus gemeinsamen Gummersbacher Zeiten
mit Gislason befreundet. Dritter
Nordmann im Bunde ist Olafur Stefansson, jener
THW-Schreck, der im Juli von Champions-League-Sieger
BM Ciudad Real in die Bundesliga zurückgekehrt war
und mit 36 Jahren noch einmal angreifen möchte. Stefansson
erzielte 2008 und 2009 in den Champions-League-Finals
gegen Kiel die spielentscheidenden Treffer. Beim SC Magdeburg
wurde der Linkshänder zum Weltklassemann - geformt
von Alfred Gislason, der
von 1999 bis 2006 in Sachsen-Anhalt arbeitete und Titel gewann.
Seitdem besteht diese Männerfreundschaft.
Freundschaftlich geht es nach gemeinsamen Jahren in
Magdeburg auch zwischen Gislason und
Henning Fritz zu. Zwei Spielzeiten arbeiteten
diese beiden beim SCM zusammen, feierten 2001 mit
Magdeburg die deutsche Meisterschaft. Gleich danach
musste der SCM seinen Weltklasse-Torhüter ziehen lassen,
weil Kiel aufmerksamer war, als der Vertrag von
Fritz auslief.
Danach stand der Torhüter sechs Jahre zwischen den
THW-Pfosten, wurde Welt-und Europameister. 2007 verabschiedete
er sich nach Mannheim.
Dort möchte Fritz seine Karriere
mit weiteren Titeln bereichern. Zuletzt stand ausgerechnet
der THW in allen Wettbewerben im Weg. Unvergessen
bleibt die 37:23-Halbfinal-Klatsche,
die entfesselte "Zebras" den Löwen in der Champions League am 26.
April verpassten. Jetzt wehe ein frischer Wind, sagt
Henning Fritz. Mit Ola Lindgren
und Kent-Harry Andersson ist eine schwedische Trainer-Philosophie
eingezogen, neun zum Teil namhafte Neuzugänge, wie Stefansson, Myrhol,
Prieto oder Müller, haben den Kader aufgefrischt. "Die Ergebnisse
in der Vorbereitung hätten besser sein können, aber wir sind
variabler geworden", erläutert der 34-Jährige, der heute im Fokus steht.
Die Torhüter-Gespanne könnten den Bundesliga-Gipfel entscheiden.
"Omeyer und Gentzel
sind unglaublich stark", zieht Fritz den Hut,
"aber ich ergänze mich mit Slawomir Szmal ebenfalls sehr gut. Läuft es
gut bei uns, ist ein Punkt oder mehr drin." Nachträglich werden die Löwen
ihrem "alten Bekannten" gratulieren wollen, Geschenke
haben sie für Alfred Gislason nicht dabei.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 08.09.2009)
THW Kiel - Rhein-Neckar Löwen:
Das Tippspiel ist nicht mehr verfügbar.
Mittippen!
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