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26./27.04.2009 - Letzte Aktualisierung: 27.04.2009 Champions League

Champions League: THW-Gala im Halbfinal-Hinspiel gegen die Löwen

Zwölf Tore von Filip Jicha

CL, Halbfinale, Hinspiel: 26.04.2009, So., 17.30: THW Kiel - Rhein-Neckar Löwen: 37:23 (20:8)
Update #2 KN-Spielbericht, weitere Stimmen und Fotos ergänzt ...

Filip Jicha hat viel Grund zum Jubeln: Er erzielte 12/3 Tore.
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Der THW Kiel hat das Hinspiel im Halbfinale der Champions League gegen die Rhein-Neckar Löwen nach einer wahren Galavorstellung mit 37:23 (20:8) gewonnen. Die Zebras zeigten dabei vor allem in der ersten Hälfte perfekten Handball und ließen den Gästen im Tollhaus Sparkassen-Arena nicht den Hauch einer Chance. Durch diesen Erfolg verschafften sich die Kieler eine hervorragende Ausgangssituation für das Rückspiel in Mannheim, das am kommenden Donnerstag um 19 Uhr angepfiffen wird. Bester Torschütze einer herausragenden Kieler Mannschaft war Filip Jicha mit 12/3 Toren.
Eine Stadt im Handballfieber: Schon eine Viertelstunde vor Anpfiff war die Sparkassen-Arena bis auf den letzen Platz gefüllt, in der Forstbaumschule warteten unterdessen über eintausend Fans beim Public Viewing auf den Start des mit Spannung erwarteten Bundesliga-Duell in der Königsklasse. Gänsehautstimmung war unterdessen in der Halle angesagt: Euphorisch begrüßten die THW-Fans ihr Team, mit freundlichem Applaus wurden die Ex-Zebras Wolfgang Schwenke und Henning Fritz empfangen.

Von Außen war Henning Fritz heute kaum zu bezwingen.
Klicken Sie zum Vergrößern! Von Außen war Henning Fritz heute kaum zu bezwingen.
Dieser machte seinen ehemaligen Mannschaftskameraden gleich zu Beginn der Partie das Leben schwer. So zeigte er Paraden am Fließband, weshalb die Kieler sich in der Anfangsphase nicht absetzen konnten. Die 3:1-Führung egalisierten die Gäste beim 3:3, die Löwen fanden immer wieder Lücken im Deckungsverband des THW. Dann setzten die Zebras zum ersten Zwischenspurt an: Der völlig indisponierte Karol Bielecki lieferte dafür die Steilvorlage. Zunächst spielte er Jicha den Ball in die Arme, dieser vollendete zum 6:4. Nach dem Anwurf klaute sich Lund den Ball von Bielecki, schickte Dominik Klein auf die Reise - 7:4. Die Fans waren schon zu diesem Zeitpunkt aus dem Häuschen, stehende Ovationen gab es wenig später: Nikola Karabatic und Klein hatten zum 9:5 (14.) getroffen, Schwenke reagierte mit einer Auszeit. Diese hatte seinen Löwen offenbar gut getan, durch Jurasik und Sigurdsson verkürzten die Gäste auf 7:9.

Was dann passierte, dürfte als eine der besten Abwehrleistungen aller Zeiten in die Geschichtsbücher eingehen. Gleich dreimal klaute sich Marcus Ahlm binnen weniger Sekunden einen Bodenpass auf Klimowets, kaufte Omeyer sich reihenweise Bälle, wurden Pässe auf Außen konsequent geblockt und gesichert. Die Gäste reagierten mit einem völligen Kontrollverlust: Pässe gingen ins Aus, halbherzige Angriffe wurden zu früh abgeschlossen, der THW mit Fehlern förmlich zum Kontern eingeladen. Der bedankte sich - reihenweise. Kavticnik nach einem Gegenstoß, Klein per Heber, Kavticnik zum zweiten nach einer tollen Kombination über Börge Lund, Jicha mit einem Tempogegenstoßdreher, Kavticnik ins leere Tor (Fritz hatte sich verspekuliert), Zeitz mit Wucht, Jicha nach einem Steal, Karabatic mit 105 km/h und noch einmal Klein per Tempogegenstoß: Von 9:7 zogen die Zebras innerhalb von zwölf Minuten auf 18:7 davon, vergaben dabei allerdings noch zahlreiche Möglichkeiten. Die Sparkassen-Arena glich nun einem Tollhaus, Zuschauer und Spieler erlebten diese Phase wie im Rausch. Als Karabatic und Jicha per Siebenmeter noch zweimal trafen, war der 20:8 Halbzeitstand perfekt. Die Fans waren Zeuge einer Galavorstellung geworden, wie man sie selbst in Kiel wohl selten erlebt. Die Hallenregie spielte "The Lion sleeps tonight" - bissige Zebras hatten die Löwen dreißig Minuten lang gejagt, sie förmlich in den Schlaf gezwungen.

Geballte Energie auch beim Jubeln: Filip Jicha.
Klicken Sie zum Vergrößern! Geballte Energie auch beim Jubeln: Filip Jicha.
Doch so ganz ohne Gegenwehr wollten sich die Löwen nicht geschlagen geben. Mit wesentlich mehr Engagement kamen sie aus der Pause - und hatten es einmal mehr Henning Fritz zu verdanken, dass sie zurück ins Spiel kamen. Auf einmal war der Wurm drin im Kieler Angriff. Vor allem von Außen gab es kein Vorbei am Weltmeister von 2007, nun rollte die Gegenstoßwelle aufs Kieler Tor zu. Gut nur, dass Omeyer ebenfalls einen exzellenten Tag erwischt hatte und nicht nur zwei Siebenmeter, sondern noch eine ganze Reihe klarster Chancen vereitelte. Doch auch er konnte nicht verhindern, dass sich die Gäste Schritt für Schritt an den THW heranrobbten. Zwei Filip-Tore in Unterzahl, ein Gensheimer-Gegenstoß und Schwarzers einzige Tor: Beim 21:12 gestaltete sich das Ergebis aus Gästesicht wieder wesentlich freundlicher, kurz darauf konnten der nun aufdrehende Jurasik und erneut Filip sogar auf einen Acht-Tore-Rückstand verkürzen, den Jicha per Siebenmeter und der bis dato klasse aufgelegte Zeitz mit einem Bodenwurf zum 25:16 (43.) konterten.

Zeitz machte nach einem Wurf Bekanntschaft mit Oliver Roggischs Hand und musste die getroffene Partie kühlen.
Klicken Sie zum Vergrößern! Zeitz machte nach einem Wurf Bekanntschaft mit Oliver Roggischs Hand und musste die getroffene Partie kühlen.
Dann wurde es hektisch, kurzzeitig verloren die Unparteiischen Din/Dino aus Rumänien vollkommen den Überblick. Während die Löwen-Abwehr zunehmend unfairer agierte, wurde Lund für ein Allerweltsfoul und anschließendem Meckern mit einer doppelten Zwei-Minuten-Zeitstrafe belegt, während auf der Gegenseite Klimowets dem einlaufenden Klein rotwürdig, aber unbestraft den Ellenbogen ins Gesicht schlagen durfte. Zeitz bekam nach einem Wurf die Hand Roggischs ins Gesicht, der es ansonsten auf Karabatic abgesehen zu haben schien: Kaum eine Bewegung der Zebras fand nun statt, ohne dass eine Abwehrhand der Mannheimer sich nicht in Richtung Gesicht oder Halsbereich bewegte. Ungesühnt - während Lövgren auf der Gegenseite wegen eines Trikotzupfers auch für zwei Minuten von der Platte musste. Die Fans tobten, unterstützten ihren THW nun in doppelter Unterzahl. Und Jicha übernahm Verantwortung, netzte bei vier gegen sechs zum 26:17 ein, ehe die Löwen dann endlich die Konsequenzen für ihre in dieser Phase überharte Gangart zu spüren bekamen: Zuerst bekam Roggisch zurecht die dritte Zeitstrafe aufgebrummt, kurz darauf musste Schwarzer nach einer Hals-Attacke gegen den frei vor dem Tor stehenden Karabatic auf die Bank, dann erwischte es auch noch Uwe Gensheimer. Urplötzlich war der THW mit fünf Feldspielern im Vorteil, weil sich ihm kurzfristig nur noch drei Feld-Löwen entgegenstellen konnten.

Oliver Roggisch sah nach seiner dritten Zeitstrafe in der 48. Minute die Rote Karte.
Klicken Sie zum Vergrößern! Oliver Roggisch sah nach seiner dritten Zeitstrafe in der 48. Minute die Rote Karte.
Jicha, Lundström, noch einmal Jicha - auf 29:18 zogen die Kieler nun davon, schienen durch das unfaire Spiel der Löwen nun auch defensiv wieder völlig aufgeweckt zu sein. Karabatic, in dieser Phase extrem präsent, traf zum 31:21 (53.), Schwenke nahm seine Auszeit. Das nutzte das Publikum, um endgültig in die Feierlichkeiten einzusteigen. La Ola, minutenlanges "Schwarz und Weiß", dröhnendes "Oh wie ist das schön" - sportlich fair wurde die eigene Mannschaft gefeiert und nicht der Gegner mit Häme bedacht. Der holte in Überzahl, Lund hatte sich in der 55. Minute seine dritten Zeitstrafe eingefangen, noch einmal durch Jurasik und Sigurdsson Luft, nach dem 33:23 (55.) regierte dann aber wieder nur noch der Gastgeber. Omeyers Paraden und eine aufmerksame Deckung legten den Grundstein für vier weitere Tore der Zebras, die nach dem Schlusspfiff völlig zurecht noch minutenlang von ihren Fans gefeiert wurden. Keine Frage: Mit dieser Demonstration der Stärke hat sich der THW Kiel eine glänzende Ausgangsposition für das Rückspiel am kommenden Donnerstag in Mannheim verschafft. Und das wurde in der "Handballhauptstadt" noch bis in die Abendstunden mit Hupkonzerten und Freudengesängen gefeiert ...

(Christian Robohm)

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Ich bin sehr, sehr zufrieden, dass wir auch in dieser Höhe gewonnen haben. Das war wichtig, weil wir vorlegen mussten. Wir haben in der ersten Halbzeit sehr gut in der Deckung gestanden, dahinter hatte Titi wieder einen ganz starken Tag. Allerdings haben wir uns vorne zu viele Fehlwürfe geleistet. Henning hat einfach gut gehalten. Den Start in die zweite Halbzeit haben wir dann komplett verschlafen. Von den Schiedsrichtern wurden wir im ersten Durchgang nicht benachteiligt, in der zweiten Hälfte auch nicht bevorzugt. Das war ok. Trotzdem ist das 14-Tore-Polster natürlich ein Super-Ergebnis.
Löwen-Trainer Wolfgang Schwenke:
Glückwunsch. Wir haben das Spiel heute voll gegen die Wand gefahren. Eigentlich sollte es befreiend sein, dass wir ein Champions-League-Halbfinale spielen konnten, tatsächlich war es wohl aber eher belastend. Wir haben viele Chancen ausgelassen, wenn du dann den Kieler Kick-and-Rush-Handball mitspielst, dann wird es schwer. In der ersten Halbzeit haben wir zunächst gut mitgehalten, als wir dann mit vier oder fünf Toren in Rückstand lagen, haben viele Spieler resigniert und aufgesteckt. In der zweiten Halbzeit war der Zwischenstand einigermaßen erträglich, dann hat uns die doppelte Unterzahl das Genick gebrochen. 33 technische Fehler und 20 Fehlwürfe sind einfach zuviel - wir haben ja zum Teil nicht einmal Richtung Tor geworfen. Allerdings hatte ich auch zu wenige Alternativen im Rückraum. Ich will aber nicht rumheulen. Wir hatten unsere Chancen, im Handball geht es aber ums Torewerfen. Wenn man dann sieht, was wir alles verblasen haben, kann man einfach nicht gewinnen.

Natürlich wäre es nach einer 14-Tore-Niederlage vermessen, "Hurra, jetzt gewinnen wir mit 16" zu schreien. Aber solch eine Leistung wie heute werden wir nicht noch einmal abliefern. Wir sind jetzt an der Ehre gepackt, unseren Zuschauern ein gutes Spiel am Donnerstag zu zeigen. Ärgerlich, dass wir unseren schlechten Tag ausgerechnet im Champions-League-Halbfinale haben mussten.

THW-Kapitän Stefan Lövgren:
Unsere Abwehr stand heute ganz anders als noch gegen Lemgo oder auch gegen Wetzlar. Dann haben wir die erste und zweite Welle super ausgespielt. Was soll man anderes sagen: Das war super!
Löwen-Torhüter Henning Fritz:
Man wünscht sich vor so einem Spiel, dass man der Mannschaft helfen kann. Dann kommt man gut ins Spiel und liegt trotzdem plötzlich mit acht bis zehn Toren hinten. Natürlich ist das deprimierend. Und wurden heute die Grenzen aufgezeigt.
Löwen-Manager Thorsten Storm gegenüber den KN:
Wir dürfen uns von dieser Niederlage nicht ins Bockshorn jagen lassen, es war einfach ein schwarzer Tag, an dem auch die personellen Alternativen fehlten. Dieses Ergebnis steht nicht für die Saison, die sehr erfolgreich war. Außerdem: Der THW hat nun mal die beste Mannschaft Europas.
THW-Linksaußen Dominik Klein gegenüber den KN:
Als die Löwen die Köpfe hängen ließen, sind wir weiter marschiert. Die Stimmung in der Halle war genial.
THW-Kreisläufer Marcus Ahlm gegenüber den KN:
Wir besitzen natürlich eine super Ausgangsposition, ganz klar. Jetzt fahren wir auch nach Mannheim, um zu gewinnen.
Löwen-Kreisläufer Christian Schwarzer gegenüber den KN:
Im Sport ist ja eigentlich alles möglich. Aber in diesem Fall nicht. Der THW hat uns seine Stärke demonstriert. Wir wollen unsere Haut jetzt im Rückspiel einfach nur noch so teuer wie möglich verkaufen.

(zu den Äußerungen von Jesper Nielsen):
Wir wollten hier Sport machen und sonst nichts. Um den anderen Scheiß sollen sich andere Leute kümmern.

Löwen-"Aushilfsregisseur" Gudjon Valur Sigurdsson gegenüber den KN:
Bitter! Gegen Kiel mit 15 Toren gewinnen? Das wäre das erste Mal. Ich muss mir selbst den Vorwurf machen, das Spiel nicht in den Griff bekommen zu haben.

 


Champions League, Halbfinale, Hinspiel: 26.04.09, So., 17.30: THW Kiel - Rhein-Neckar Löwen (GER): 37:23 (20:8)

Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-60., 22 Paraden), Martini (n.e.); Lund, Wessig (n.e.), Lundström (3), Kavticnik (6/1), Anic (n.e.), Lövgren (1), Ahlm (2), Zeitz (3), Karabatic (6), Klein (4), Jicha (12/3); Trainer: Gislason
Logo Loewen Rhein-Neckar Löwen (GER Flagge GER):
Szmal (1 Siebenmeter, 1 Parade), Fritz (1.-60., 18 Paraden); Gensheimer (2), Roggisch, Bielecki, Schwarzer (1), Filip (4), Jurasik (8/1), Klimowets (1), Fäth (2) Sigurdsson (5), Groetzki, Richardson; Trainer: Schwenke
Schiedsrichter:
Constantin Din / Sorin Dino (Rumänien)
Zeitstrafen:
THW: 4 (3x Lund (44., 44., 55.), Lövgren (46.);
Löwen: 8 (3x Roggisch (22., 15., 48.), Jurasik (30.), Bielecki (33.), Filip (48.), Gensheimer (49.), Klimowets (57.))
Rote Karte:
THW: Lund (55., nach 3. Zeitstrafe)
Löwen: Roggisch (48., nach 3. Zeitstrafe)
Siebenmeter:
THW: 6/4 (Kavticnik an die Latte (30.), Szmal hält Jicha (57.));
Löwen: 3/1 (Omeyer hält Sigurdsson (4.) und Filip (39.))
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 3:1 (5.), 3:3 (7.), 4:4 (10.), 7:4 (12.), 8:5, 9:6 (14.), 9:7 (15.), 18:7 (27.), 18:8, 20:8;
2. Hz.: 21:8, 21:12 (36.), 23:13, 23:15 (40.), 24:16, 25:17 (44.), 26:18 (45.), 29:18 (50.), 29:20 (51.), 31:21 (53.), 33:21 (54.), 33:23 (55.), 37:23.
Zuschauer:
10250 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena-Kiel, Kiel)

Kurzumfragen:

Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.

 

 

Die anderen deutschen Europapokal-Teilnehmer

Im zweiten Halbfinale der Champions League hat es der HSV Hamburg im Heimspiel gegen den spanischen Titelverteidiger Ciudad Real verpasst, für das Rückspiel am kommenden Sonnabend (19 Uhr, live in Eurosport) vorzulegen: Gegen das Star-Ensemble aus der Provinz La Mancha unterlagen die Hansestädter vor 10119 Zuschauern in der Colorline-Arena mit 29:30 (13:12, siehe Extra-Bericht).

Nach dem Hinspiel im Halbfinale des EHF-Pokals kann der finanziell in die Bedrängnis geratene VfL Gummersbach laut vom Finaleinzug träumen: Gegen die Spanier von BM Aragon gab es in der Eugen-Haas-Halle einen deutlichen 39:25 (16:11)-Erfolg. Das Rückspiel findet am 1. Mai um 17.30 Uhr in Spanien statt. Im zweiten Halbfinale im EHF-Cup besiegte RK Velenje (SLO) den TSV St. Otmar St. Gallen aus der Schweiz im Hinspiel mit 27:20.

Im Halbfinale des europäischen Pokalsieger-Wettbewerbs hat die HSG Nordhorn auswärts bei den Kadetten Schaffhausen (SUI) mit 30:28 gewonnen und sich damit ebenfalls eine hervorragende Ausgangsposition für das Rückspiel am 2. Mai um 15 Uhr im Nordhorner Euregium verschafft. Im zweiten Halbfinale besiegte Amiticia Zürich (SUI) BM Valladolid (ESP) mit 35:31 (17:15).

 

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 27.04.2009:

"Zebras" spielten mit Löwen Katz' und Maus

THW stieß nach 37:23 über Mannheim Tor zum Champions-League-Finale weit auf
Kiel - Unbeeindruckt von den Manipulationsvorwürfen und den daraus resultierenden Turbulenzen im Vorfeld steigerte sich Handball-Meister THW Kiel gestern Abend in eine Gala, bezwang die Rhein-Neckar Löwen im Hinspiel des Champions-League-Halbfinales mit 37:23 (20:8) Toren und hat das Tor zum dritten Finaleinzug der Königsklasse in Folge sperrangelweit aufgestoßen.

"Wir haben eine sensationelle erste Halbzeit gespielt", freute sich Kapitän Stefan Lövgren und schnappte nach Luft. Auf der anderen Seite Henning Fritz - mehr als nur enttäuscht. Der ehemalige Kieler Torhüter avancierte zum besten Spieler der hoffnungslos unterlegenen Gäste, hielt 18 schwere Bälle, war der einzige Löwen-Schutzwall gegen einen THW-Angriff, der wie ein riesige Welle über die Mannheimer hereinbrach. Trotzdem diese Schmach. Einfach nur deprimierend sei das gewesen, sagte der ehemalige Welthandballer, "heute wurden uns Grenzen aufgezeigt."

Wie hoch er nach dieser 14-Tore-Niederlage die Löwen-Chancen auf den Finaleinzug einschätzen würde, wurde er gefragt. "Ich glaube, darüber müssen wir nicht reden", lautete die Antwort. Im Rückspiel wolle man sich nur gut noch verkaufen, versuchen, den THW zu schlagen.

Die Sparkassen-Arena verwandelte sich gestern wieder einmal in einen Erlebnispark mit allerhöchstem Unterhaltungswert. Schon das konzentrierte Einlaufen, die aggressive Körpersprache, alles deutete die Entschlossenheit der "Zebras" an. Hohe Betriebstemperatur erreichten sie nach nur kurzer Anlaufzeit. Als Schlüssel zum Sieg entpuppte sich einmal mehr die Abwehr um den Mittelblock Marcus Ahlm und Filip Jicha, dahinter steigerte sich der chronisch starke Thierry Omeyer mehr und mehr in eine Form, die gegnerischen Angeifern schlicht das Blut in den Adern gefrieren lässt. Fritz zeigte eine Weltklasse-Partie, Omeyer war noch besser.

So geriet die erste Halbzeit zu einem Lehrstück moderner Handballkunst, geprägt von ganz banalen Begriffen: Abwehr, Gegenstoß, Tor. Was aber so leicht aussieht, ist das Zusammenspiel von Arbeit, Willen, technischer und taktischer Klasse. Und ausgeprägte individuelle Fertigkeiten. Großartig, mit welcher Finesse und Kraft zugleich Filip Jicha die gegnerischen Reihen durchbrach, insgesamt zwölfmal ließ er Fritz hinter sich greifen, oder die wilde Entschlossenheit von Nikola Karabatic, Marcus Ahlms unermüdliche Arbeit am Kreis, das Gespür von Dominik Klein für den richtigen Zeitpunkt des Gegenstoßes, seine zunehmend perfekteren Abschlüsse - auch wenn die Quote gestern nur befriedigend erreichte. Man könnte jeden einzelnen Spieler aufzählen.

Und so zogen die "Zebras" einfach davon, vom 4:4 über 7:4, 9:7 in der 15. Minute und dem folgenden Quantensprung zum 18:7 (27.). Längst hatten sich die "Zebras" ihrem Rausch hingegeben, fanden Verbündete im Publikum, das erneut seine ganz besondere Champions-League-Tauglichkeit demonstrierte und zusehends eins wurde mit den Spielern. Völlig begeistert von den Darbietungen erhoben sich die Fans mitten in der Halbzeit von ihren Plätzen, blieben Minuten lang stehen, wollte ihre Freude einfach nur abstrampeln, zeigen. Beide, Publikum und THW-Mannschaft schmolzen zusammen zu einem Ganzen. Zur Halbzeit, beim 20:8, standen die Leute auf und schüttelten nur ungläubig ihre Köpfe, dankbar für das, was sie erlebt hatten. "Eine unglaublich gute erste Halbzeit", wie Marcus Ahlm sagte, "die Sprüche im Vorfeld von Löwen-Gesellschafter Nielsen haben es uns dabei sicher nicht schwerer gemacht, uns zu motivieren."

Entgegen kam den Kielern indes auch die schwache Gegenwehr, zahnlos die Löwen-Abwehr, drucklos der Angriff, durch eine nur mit Spritzen gelinderte Verletzung von Bielecki zusätzlich gehandicapt, haarsträubend manch' technischer Fehler. Davon will Trainer Wolfgang Schwenke, der sich sicher eine schönere Rückkehr an seine alte Spieler-Wirkungsstätte gewünscht hätte, fast 30 gezählt haben. "So kann man natürlich nichts gewinnen." Dennoch arbeitete sich sein Team Mitte der zweiten Halbzeit noch einmal auf acht Tore (26:18, 45. Minute) heran. Das Aufbäumen, befeuert durch THW-Fehler, erwies sich als Strohfeuer, das am Ende gegen sich wieder steigernde "Zebras" hoffnungslos verglimmte. Deren Abheben ist vor dem Rückspiel am kommenden Donnerstag in der Mannheimer SAP-Arena dennoch nicht zu erwarten. "Wir bleiben am Boden, 14 000 werden dann gegen uns sein. Es kann alles passieren", mahnte Filip Jicha. Schaden kann diese Einstellung nicht.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 27.04.2009)


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