26./27.04.2009 - Letzte Aktualisierung: 27.04.2009 | Champions League |
Update #2 | KN-Spielbericht, weitere Stimmen und Fotos ergänzt ... |
Filip Jicha hat viel Grund zum Jubeln: Er erzielte 12/3 Tore. |
Von Außen war Henning Fritz heute kaum zu bezwingen. |
Was dann passierte, dürfte als eine der besten Abwehrleistungen aller Zeiten in die Geschichtsbücher eingehen. Gleich dreimal klaute sich Marcus Ahlm binnen weniger Sekunden einen Bodenpass auf Klimowets, kaufte Omeyer sich reihenweise Bälle, wurden Pässe auf Außen konsequent geblockt und gesichert. Die Gäste reagierten mit einem völligen Kontrollverlust: Pässe gingen ins Aus, halbherzige Angriffe wurden zu früh abgeschlossen, der THW mit Fehlern förmlich zum Kontern eingeladen. Der bedankte sich - reihenweise. Kavticnik nach einem Gegenstoß, Klein per Heber, Kavticnik zum zweiten nach einer tollen Kombination über Börge Lund, Jicha mit einem Tempogegenstoßdreher, Kavticnik ins leere Tor (Fritz hatte sich verspekuliert), Zeitz mit Wucht, Jicha nach einem Steal, Karabatic mit 105 km/h und noch einmal Klein per Tempogegenstoß: Von 9:7 zogen die Zebras innerhalb von zwölf Minuten auf 18:7 davon, vergaben dabei allerdings noch zahlreiche Möglichkeiten. Die Sparkassen-Arena glich nun einem Tollhaus, Zuschauer und Spieler erlebten diese Phase wie im Rausch. Als Karabatic und Jicha per Siebenmeter noch zweimal trafen, war der 20:8 Halbzeitstand perfekt. Die Fans waren Zeuge einer Galavorstellung geworden, wie man sie selbst in Kiel wohl selten erlebt. Die Hallenregie spielte "The Lion sleeps tonight" - bissige Zebras hatten die Löwen dreißig Minuten lang gejagt, sie förmlich in den Schlaf gezwungen.
Geballte Energie auch beim Jubeln: Filip Jicha. |
Zeitz machte nach einem Wurf Bekanntschaft mit Oliver Roggischs Hand und musste die getroffene Partie kühlen. |
Oliver Roggisch sah nach seiner dritten Zeitstrafe in der 48. Minute die Rote Karte. |
(Christian Robohm)
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Ich bin sehr, sehr zufrieden, dass wir auch in dieser Höhe gewonnen haben. Das war wichtig, weil wir vorlegen mussten. Wir haben in der ersten Halbzeit sehr gut in der Deckung gestanden, dahinter hatte Titi wieder einen ganz starken Tag. Allerdings haben wir uns vorne zu viele Fehlwürfe geleistet. Henning hat einfach gut gehalten. Den Start in die zweite Halbzeit haben wir dann komplett verschlafen. Von den Schiedsrichtern wurden wir im ersten Durchgang nicht benachteiligt, in der zweiten Hälfte auch nicht bevorzugt. Das war ok. Trotzdem ist das 14-Tore-Polster natürlich ein Super-Ergebnis.
Glückwunsch. Wir haben das Spiel heute voll gegen die Wand gefahren. Eigentlich sollte es befreiend sein, dass wir ein Champions-League-Halbfinale spielen konnten, tatsächlich war es wohl aber eher belastend. Wir haben viele Chancen ausgelassen, wenn du dann den Kieler Kick-and-Rush-Handball mitspielst, dann wird es schwer. In der ersten Halbzeit haben wir zunächst gut mitgehalten, als wir dann mit vier oder fünf Toren in Rückstand lagen, haben viele Spieler resigniert und aufgesteckt. In der zweiten Halbzeit war der Zwischenstand einigermaßen erträglich, dann hat uns die doppelte Unterzahl das Genick gebrochen. 33 technische Fehler und 20 Fehlwürfe sind einfach zuviel - wir haben ja zum Teil nicht einmal Richtung Tor geworfen. Allerdings hatte ich auch zu wenige Alternativen im Rückraum. Ich will aber nicht rumheulen. Wir hatten unsere Chancen, im Handball geht es aber ums Torewerfen. Wenn man dann sieht, was wir alles verblasen haben, kann man einfach nicht gewinnen.Natürlich wäre es nach einer 14-Tore-Niederlage vermessen, "Hurra, jetzt gewinnen wir mit 16" zu schreien. Aber solch eine Leistung wie heute werden wir nicht noch einmal abliefern. Wir sind jetzt an der Ehre gepackt, unseren Zuschauern ein gutes Spiel am Donnerstag zu zeigen. Ärgerlich, dass wir unseren schlechten Tag ausgerechnet im Champions-League-Halbfinale haben mussten.
Unsere Abwehr stand heute ganz anders als noch gegen Lemgo oder auch gegen Wetzlar. Dann haben wir die erste und zweite Welle super ausgespielt. Was soll man anderes sagen: Das war super!
Man wünscht sich vor so einem Spiel, dass man der Mannschaft helfen kann. Dann kommt man gut ins Spiel und liegt trotzdem plötzlich mit acht bis zehn Toren hinten. Natürlich ist das deprimierend. Und wurden heute die Grenzen aufgezeigt.
Wir dürfen uns von dieser Niederlage nicht ins Bockshorn jagen lassen, es war einfach ein schwarzer Tag, an dem auch die personellen Alternativen fehlten. Dieses Ergebnis steht nicht für die Saison, die sehr erfolgreich war. Außerdem: Der THW hat nun mal die beste Mannschaft Europas.
Als die Löwen die Köpfe hängen ließen, sind wir weiter marschiert. Die Stimmung in der Halle war genial.
Wir besitzen natürlich eine super Ausgangsposition, ganz klar. Jetzt fahren wir auch nach Mannheim, um zu gewinnen.
Im Sport ist ja eigentlich alles möglich. Aber in diesem Fall nicht. Der THW hat uns seine Stärke demonstriert. Wir wollen unsere Haut jetzt im Rückspiel einfach nur noch so teuer wie möglich verkaufen.(zu den Äußerungen von Jesper Nielsen):
Wir wollten hier Sport machen und sonst nichts. Um den anderen Scheiß sollen sich andere Leute kümmern.
Bitter! Gegen Kiel mit 15 Toren gewinnen? Das wäre das erste Mal. Ich muss mir selbst den Vorwurf machen, das Spiel nicht in den Griff bekommen zu haben.
Nach dem Hinspiel im Halbfinale des EHF-Pokals kann der finanziell in die Bedrängnis geratene VfL Gummersbach laut vom Finaleinzug träumen: Gegen die Spanier von BM Aragon gab es in der Eugen-Haas-Halle einen deutlichen 39:25 (16:11)-Erfolg. Das Rückspiel findet am 1. Mai um 17.30 Uhr in Spanien statt. Im zweiten Halbfinale im EHF-Cup besiegte RK Velenje (SLO) den TSV St. Otmar St. Gallen aus der Schweiz im Hinspiel mit 27:20.
Im Halbfinale des europäischen Pokalsieger-Wettbewerbs hat die HSG Nordhorn auswärts bei den Kadetten Schaffhausen (SUI) mit 30:28 gewonnen und sich damit ebenfalls eine hervorragende Ausgangsposition für das Rückspiel am 2. Mai um 15 Uhr im Nordhorner Euregium verschafft. Im zweiten Halbfinale besiegte Amiticia Zürich (SUI) BM Valladolid (ESP) mit 35:31 (17:15).
Aus den Kieler Nachrichten vom 27.04.2009:
"Wir haben eine sensationelle erste Halbzeit gespielt", freute sich Kapitän Stefan Lövgren und schnappte nach Luft. Auf der anderen Seite Henning Fritz - mehr als nur enttäuscht. Der ehemalige Kieler Torhüter avancierte zum besten Spieler der hoffnungslos unterlegenen Gäste, hielt 18 schwere Bälle, war der einzige Löwen-Schutzwall gegen einen THW-Angriff, der wie ein riesige Welle über die Mannheimer hereinbrach. Trotzdem diese Schmach. Einfach nur deprimierend sei das gewesen, sagte der ehemalige Welthandballer, "heute wurden uns Grenzen aufgezeigt."
Wie hoch er nach dieser 14-Tore-Niederlage die Löwen-Chancen auf den Finaleinzug einschätzen würde, wurde er gefragt. "Ich glaube, darüber müssen wir nicht reden", lautete die Antwort. Im Rückspiel wolle man sich nur gut noch verkaufen, versuchen, den THW zu schlagen.
Die Sparkassen-Arena verwandelte sich gestern wieder einmal in einen Erlebnispark mit allerhöchstem Unterhaltungswert. Schon das konzentrierte Einlaufen, die aggressive Körpersprache, alles deutete die Entschlossenheit der "Zebras" an. Hohe Betriebstemperatur erreichten sie nach nur kurzer Anlaufzeit. Als Schlüssel zum Sieg entpuppte sich einmal mehr die Abwehr um den Mittelblock Marcus Ahlm und Filip Jicha, dahinter steigerte sich der chronisch starke Thierry Omeyer mehr und mehr in eine Form, die gegnerischen Angeifern schlicht das Blut in den Adern gefrieren lässt. Fritz zeigte eine Weltklasse-Partie, Omeyer war noch besser.
So geriet die erste Halbzeit zu einem Lehrstück moderner Handballkunst, geprägt von ganz banalen Begriffen: Abwehr, Gegenstoß, Tor. Was aber so leicht aussieht, ist das Zusammenspiel von Arbeit, Willen, technischer und taktischer Klasse. Und ausgeprägte individuelle Fertigkeiten. Großartig, mit welcher Finesse und Kraft zugleich Filip Jicha die gegnerischen Reihen durchbrach, insgesamt zwölfmal ließ er Fritz hinter sich greifen, oder die wilde Entschlossenheit von Nikola Karabatic, Marcus Ahlms unermüdliche Arbeit am Kreis, das Gespür von Dominik Klein für den richtigen Zeitpunkt des Gegenstoßes, seine zunehmend perfekteren Abschlüsse - auch wenn die Quote gestern nur befriedigend erreichte. Man könnte jeden einzelnen Spieler aufzählen.
Und so zogen die "Zebras" einfach davon, vom 4:4 über 7:4, 9:7 in der 15. Minute und dem folgenden Quantensprung zum 18:7 (27.). Längst hatten sich die "Zebras" ihrem Rausch hingegeben, fanden Verbündete im Publikum, das erneut seine ganz besondere Champions-League-Tauglichkeit demonstrierte und zusehends eins wurde mit den Spielern. Völlig begeistert von den Darbietungen erhoben sich die Fans mitten in der Halbzeit von ihren Plätzen, blieben Minuten lang stehen, wollte ihre Freude einfach nur abstrampeln, zeigen. Beide, Publikum und THW-Mannschaft schmolzen zusammen zu einem Ganzen. Zur Halbzeit, beim 20:8, standen die Leute auf und schüttelten nur ungläubig ihre Köpfe, dankbar für das, was sie erlebt hatten. "Eine unglaublich gute erste Halbzeit", wie Marcus Ahlm sagte, "die Sprüche im Vorfeld von Löwen-Gesellschafter Nielsen haben es uns dabei sicher nicht schwerer gemacht, uns zu motivieren."
Entgegen kam den Kielern indes auch die schwache Gegenwehr, zahnlos die Löwen-Abwehr, drucklos der Angriff, durch eine nur mit Spritzen gelinderte Verletzung von Bielecki zusätzlich gehandicapt, haarsträubend manch' technischer Fehler. Davon will Trainer Wolfgang Schwenke, der sich sicher eine schönere Rückkehr an seine alte Spieler-Wirkungsstätte gewünscht hätte, fast 30 gezählt haben. "So kann man natürlich nichts gewinnen." Dennoch arbeitete sich sein Team Mitte der zweiten Halbzeit noch einmal auf acht Tore (26:18, 45. Minute) heran. Das Aufbäumen, befeuert durch THW-Fehler, erwies sich als Strohfeuer, das am Ende gegen sich wieder steigernde "Zebras" hoffnungslos verglimmte. Deren Abheben ist vor dem Rückspiel am kommenden Donnerstag in der Mannheimer SAP-Arena dennoch nicht zu erwarten. "Wir bleiben am Boden, 14 000 werden dann gegen uns sein. Es kann alles passieren", mahnte Filip Jicha. Schaden kann diese Einstellung nicht.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 27.04.2009)
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