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19./20.01.2010 - Letzte Aktualisierung: 20.01.2010 EM 2010

Deutschland startet mit Niederlage gegen Polen ins EM-Turnier

Update #2 Fotos, KN-Bericht und KN-Splitter ergänzt ...

Ernste Miene: Heiner Brand konnte mit dem Turnierstart seiner  Mannschaft alles andere als zufrieden sein.
Klicken Sie zum Vergrößern! Ernste Miene: Heiner Brand konnte mit dem Turnierstart seiner Mannschaft alles andere als zufrieden sein.
Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat bei der Europameisterschaft in Österreich einen klassischen Fehlstart hingelegt: Gegen den WM-Dritten Polen verlor die deutsche Mannschaft am Dienstagabend verdient mit 25:27 (8:12). Hektische Angriffe, eine miserable Wurfausbeute aus dem Rückraum, keine Hierarchie und fehlende Übersicht - die Liste der Mängel, die Heiner Brand bis zum Slowenien-Spiel am morgigen Mittwoch abbauen muss, ist lang. Erfolgreichster Werfer auf Seiten der deutschen Mannschaft war Lars Kaufmann, der jedoch für seine insgesamt sieben Tore gleich 18 Versuche benötigte.
Überraschend stand Christian Sprenger nicht in der Heiner Brands Startformation, in der auch Kapitän Michael Krauß sich nicht wiederfand. Dafür vertraute Brand Stefan Schröder und Michael Haaß.

An ihm lag"s nicht: Johannes Bitter entschärfte viele Würfe der Polen.
Klicken Sie zum Vergrößern! An ihm lag's nicht: Johannes Bitter entschärfte viele Würfe der Polen.
Beiden Mannschaften war in der ersten Hälfte die Nervosität zum Auftakt des Turniers anzumerken. Vor allem in den Angriffsreihen lief nicht viel zusammen - dafür konnten sich sowohl Jogi Bitter als auch Szmal zwischen den Pfosten beider Teams ein ums andere Mal auszeichnen. Da die Offensiv-Bemühungen oftmals Stückwerk blieben, entwickelte sich eine torarme erste Hälfte. Beim 6:4 (12.) drohte Polen erstmals davon zu ziehen, zumal Roggisch eine Zeitstrafe erhielt. Doch die deutsche Mannschaft kämpfte, und Bitter entwickelte sich in dieser Phase zur sprichwörtlichen Wand. Kraus mit einem Zehn-Meter-Hüftgeschoss verkürzte noch in Unterzahl, zwei Minuten später erzielte Kaufmann - einziger gefährlicher deutscher Rückraumspieler der ersten dreißig Minuten - den Ausgleich. Insgesamt blieben die Polen zwischen der 12. und 19. Minute sieben Minuten lang ohne Torerfolg, was die DHB-Auswahl jedoch nicht nutzen konnte, weil sie im Angriff einfach zu viele Fehler produzierte. Nach dem erneuten Ausgleich durch Kaufmann (8:8, 27.) bot sich Deutschland in Überzahl - Jurecki hatte bereits zum zweiten Mal eine Zeitstrafe erhalten - die Chance zur Führung. Doch in den folgenden drei Minuten brachen beim DHB-Team alle Dämme: Ein Fehlwurf des kurz zuvor in die Partie gekommenen Sprenger, ein von Szmal gehaltener Ball und ein Stürmerfoul von Jansen eröffneten den Polen die Möglichkeit, ihrerseits mit einer Führung in die Pause zu gehen. Diese nutzte Bielecki binnen dieser drei Minuten mit drei Gewaltwürfen drei Mal, hinzu kam ein Tor von Rosinski - ungläubig musste Heiner Brand mit ansehen, wie sich seine Mannschaft innerhalb von nur 180 Sekunden um die Früchte einer zumindest kämpferisch und defensiv guten harten Arbeit brachte. Der Vier-Tore-Rückstand zur Pause war eine große Hypothek.

Dies zeigte sich auch zu Beginn der zweiten Halbzeit, als sich die DHB-Auswahl nicht entscheidend heranpirschen konnte. Das lag auch wieder an Szmal, der glänzend hielt. Die deutschen Angreifer machten es ihm aber auch leicht, schlossen viel zu schnell ab und ließen so guten Möglichkeiten gar nicht erst erstehen. Die ponische Mannschaft konnte sich so Tor um Tor absetzen, beim 12:18 (40.) drohte dem deutschen Team, in dem Brand munter weiter die Akteure durchtauschte, sogar ein Desaster zum EM-Auftakt. Auch zehn Minuten vor dem Ende führte Polen noch mit sechs Toren - jedoch schien jetzt ein Ruck durch die Brand-Auswahl gehen. Endlich einmal wurde versucht, schnell zu spielen. Endlich schloss der Rückraum einige Angriffe konsequent ab. Da auch Bitter nun wieder einige Bälle zu fassen bekam und die deutsche Abwehr etwas beweglicher agierte, kam das DHB-Team doch noch einmal heran: Kraus, Haaß und Kaufmann verkürzten binnen drei Minuten auf 20:22 (55.), Polen konterte mit einem Kempa. Zwei Minuten vor dem Ende, Kaufmann saß nach einem erneuten Fehlwurf und dem folgenden Frustfoul auf der "Sünderbank", klaute sich Sprenger in Unterzahl den Ball und verwandelte den Tempogegenstoß zum 22:24 - doch immer wussten die Polen mit einer Antwort aufzuwarten. Als Rosinski mit einem Billardtor den 27. Treffer für Polen (60.) erzielen konnte, war die Partie endgültig entschieden und der deutsche Fehlstart perfekt.

Morgen trifft die DHB-Auswahl in Innsbruck um 18.10 Uhr auf die von Noka Serdarusic trainierten Slowenen. Das ZDF überträgt die Partie live, im Handballbahnhof Kiel wird zudem wieder ein Public Viewing angeboten.

(Christian Robohm)

 

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

 


Stimmen zum Spiel:

Heiner Brand:
Vom Kampfgeist her hat die Leistung heute 100-prozentig gestimmt, und es war bewundernswert, wie meine Mannschaft nach dem Rückstand beinahe noch zurück gekommen wäre. Was wir in der ersten Hälfte im Angriff gespielt haben, geht hingegen gar nicht. Wir haben die Angriffe ohne Vorbereitung abgeschlossen. Wir müssen lernen, zu spielen und Geduld zu haben. Nur ein bisschen mehr Disziplin hätte gereicht, und wir wären mit einem ausgeglichenen Ergebnis in die Halbzeit gegangen. Wenn wir den Polen nicht so viele Bälle geben, werfen sie nicht so viele Tore.

Aber Polen hat verdient gewonnen, da gibt es keinen zweifel. Wir hatten praktisch keine Chance zu gewinnen. Vom Kampfgeist her waren wir ebenbürtig, aber Cleverness und Konsequenz haben gefehlt.

Holger Glandorf:
Wir kamen nicht in die richtige Wurfposition. Morgen müssen wir viel mehr ohne Ball spielen und einiges besser machen.
Michael Kraus:
Wir haben sehr früh abgeschlossen und es nie geschafft, unser Spiel aufzuziehen.

Gruppe C, 1. Spieltag: 19.01.10, Di., 18.30: Deutschland - Polen: xx:xx (8:12)

Flagge GER Deutschland:
Bitter (1.-60., 17 Paraden), Heinevetter; Kaufmann (7), Jansen (6), Kraus (3), Haaß (3), Sprenger (2), Glandorf (2), Theuerkauf (1), Müller (1), Roggisch, Schröder, Christophersen, Späth
Torschützen Polen:
Szmal (1.-60., 14 Paraden), Wyszomirski; Bielecki (6), Jurecki (4), Jaszka (4), K. Lijewski (3), Tluczynski (3), Rosinski (3), Jurasik (1), Kuchczynski (1), Jurecki (1), Jachlewski (1), M. Lijewski, Siodmiak, Zoltak, Jurkiewicz,
Schiedsrichter:
Olesen / Pedersen (Dänemark)
Zeitstrafen:
Deutschland: 4;
Polen: 4
Siebenmeter:
Deutschland: 3/3;
Polen: 5/3
Spielfilm:
1. Hz.: 4:6 (12.), 6:6 (16.), 6:7 (19.), 6:8 (20.), 8:8 (27.), 8:12;
2. Hz.: 9:13, 11:14 (35.), 11:17 (38.), 14:18 (46.), 15:21 (50.), 17:22 (51.), 20:22 (55.), 21:23 (57.), 22:24 (58.), 23:26 (59.), 25:27
Zuschauer:
6800 (Olympiahalle, Innsbruck (AUT))

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 20.01.2010:

Drei grausame Minuten

Nach dem 25:27 gegen Polen darf Deutschland heute gegen Slowenien nicht verlieren
Innsbruck - Die deutschen Handballer sind gestern Abend in Innsbruck vor 8200 Zuschauern mit einer 25:27 (8:12)-Niederlage gegen Polen in die Handball-Europameisterschaft gestartet. So muss heute im zweiten Spiel (18.30, ZDF) gegen Slowenien ein Sieg her, sonst droht das Turnier-Aus bereits nach der Vorrunde.

Es wäre kein Wunder, wenn das EM-Ende schon so früh käme, sagte Johannes Bitter. "Unser Team ist noch nicht wirklich eingespielt. Aber um das Ausscheiden zu verhindern, müssen und werden wir gegen Slowenien gewinnen." Der Hamburger Torhüter war gestern bester deutscher Spieler, pushte seine Kollegen mit wacher Körpersprache und hielt insgesamt 18 Bälle auf, darunter zwei Siebenmeter von Bielecki und Tluczinski. Es war ein Spiel kompromissloser Abwehrreihen und überragender Torhüter. Auch bei den Polen befand sich mit Slawomir Szmal der herausragende Mann im Tor, der Rhein-Neckar Löwe stand ebenfalls 18 Mal im Weg, wurde zum Schrecken für die deutschen Angreifer.

Handballspiele zweier Mannschaften auf Augenhöhe werden zumeist in den Schlussminuten entschieden, doch in der Innsbrucker Olympiahalle fiel eine Vorentscheidung kurz vor dem Seitenwechsel, als die junge deutsche Mannschaft drei grausame Minuten fabrizierte. Kurz nach dem 8:8 (27.) durch Lars Kaufmann kassierten die Polen eine Zeitstrafe, alles war bereitet für eine deutsche Pausenführung. Statt aber in Überzahl entschlossen auf Chancen zu warten, die Angriffe auszuspielen, suchte ein kollektiver Blackout den deutschen Angriff heim. Nacheinander warfen der Kieler Sprenger, Kaufmann und Müller überhastet, unkonzentriert am Tor vorbei oder Szmal an. Diese Fehler bestrafte Karol Bielecki mit "drei wunderbaren Toren" (Trainer Bogdan Wenta) auf grausame Art und Weise. Als das unsicher leitende dänische Schiedsrichterpaar Olesen/Pedersen zur Pause pfiff, führte Polen mit 12:8. Auf den Zuschauerrängen hatten rund 2000 deutsche gegenüber 1000 polnischen Fans ein zahlenmäßiges Plus, an Lautstärke übertrafen die Polen das gegnerische Lager aber schon jetzt deutlich.

"Wir waren in vielen Phasen nicht in der Lage, das Tempo herauszunehmen. Dieses Spiel haben wir eindeutig im Angriff verloren", analysierte Bundestrainer Heiner Brand nach der Partie mit nachdenklicher Miene. Dass auf der Mittelposition überraschend Michael Haaß den Vorzug vor Michael Kraus bekam, begründete Brand mit "dem Spiel in unserer Abwehr. Dazu stehe ich".

Die Fehler von gestern muss die DHB-Auswahl heute abstellen, kämpferisch allerdings war ihr nichts vorzuwerfen. Selbst nach dem zwischenzeitlichen 12:18 (40.) schlug das Brand-Team zurück, fand beim 20:22 durch den siebenfachen Torschützen Kaufmann (57.) sogar wieder Anschluss. Doch die Polen fanden auf alles eine Antwort - auch weil sie im Angriff mit Bielecki, Jaszka oder Kristof Lijewski die besseren Alternativen zu bieten hatten.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 20.01.2010)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 20.01.2010:

KN-WM-Splitter

  • Überläufer: Arpad Sterbik, Weltklasse- Torhüter von BM Ciudad Real wechselte nach 120 Länderspielen für Serbien das Nationaltrikot. Der 30-jährige Welthandballer des Jahres 2005 will sein Tor bei der EM 2010 für Spanien zunageln. Spanischer Staatsbürgerschaft ist der Zwei-Meter-Mann seit Januar 2008.

  • Der Fingerlose: Linkshänder Ivan Cupic geht für Kroatien auch ohne Ringfinger der Wurfhand auf Torejagd. 2008 blieb Cupic mit seinem Ehering in einem Zaun hängen, dabei verlor er das Gliedmaß. Möglich macht's ein spezieller Tapeverband.

  • Toreverhinderer: Oliver Roggisch, offiziell als Kreisläufer für Deutschland in der EM-Meldeliste geführt, brachte es in 127 Länderspielen gerade mal auf 28 Tore. "Ich kann gar nicht Handball spielen", nimmt der Abwehrchef der Rhein-Neckar Löwen die magere Ausbeute locker.

  • Schwergewichte: Spaniens Kreisläufe Gonzales verschafft sich mit 130 kg Platz bei Gegnern, Torhüter Sterbik bringt 120 kg auf die Waage. Auch die Russen kommen wie eine Dampfwalze daher. Zehn Spieler wiegen mehr als 100 kg.

  • Playboys: Mit 17 Jahren war Mittelmann Michael Kraus "Bravo-Boy" des Jahres, gilt als absoluter Teenie-Schwarm und predigt "Kein Sex vor den Spielen". Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar hat keine großen handballerischen Fortschritte entdecken können, bezeichnet den Lemgoer auch mit jetzt 26 Lebensjahren weiterhin als "Bravo-Boy", der nicht auszurechnen sei. Torhüter Silvio Heinevetter (25) ist seit kurzem mit Tatort-Kommissarin Simone Thomalla (44) liiert. Die Schauspielerin, ehemalige Lebensgefährtin von Ex-Schalke-Manager Rudi Assauer, machte zuletzt mit Nacktaufnahmen im Playboy Geld und Schlagzeilen.

    (Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 20.01.2010)


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