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30.07.2011 Mannschaft / Vorbereitung

KN-Abpfiff: Auf dem Rücken von Marcus Ahlm zur Meisterschaft?

Aus den Kieler Nachrichten vom 30.07.2011:

Wer wird deutscher Handballmeister 2012? Vieles spricht für den THW Kiel, der mit der besten Mannschaft der Vereinsgeschichte an den Start geht. Auf dem Papier ist der Kader im Vergleich zum Vorjahr unverändert, als einziger Spitzenclub haben die "Zebras" keine Ab- und auch keine Zugänge. Kehren Daniel Narcisse und Kim Andersson, die in der vergangenen Spielzeit verletzungsbedingt nur Nebenrollen spielten, zu alter Klasse zurück, dürfte der Rekordmeister kaum zu stoppen sein. Oder? Ja. Nein. Ja, wenn Marcus Ahlm wie der trommelnde Hase im Duracell-Werbesport läuft und läuft. Nein, wenn die Knochen des 33-Jährigen den Druck nicht aushalten. In der Saison 2010/2011, so hat die medizinische Abteilung errechnet, bestritt der Vizemeister 71 Spiele. Zu viel für einen Schlüsselspieler wie Ahlm, der auch in der Deckung eine zentrale Rolle hat. Doch es fehlt eine Alternative.
Trainer Alfred Gislason glaubt wohl nicht mehr daran, dass Milutin Dragicevic in seiner zweiten Saison den Durchbruch schaffen wird. Längst testet er im Training als Ahlm-Ersatz den Abwehrspezialisten Daniel Kubes. Im ersten Spiel der neuen Saison, einem Test gegen die Insel-Auswahl von La Reunion, wechselte Gislason erst Kubes ein und dann Dragicevic. Ein klares Signal für den Serben, dass der Trainer mit seiner Entwicklung unzufrieden ist. Es ist aber fraglich, ob er diese Botschaft verstanden hat. Möglicherweise wird Gislason ihn gar auf die Tribüne setzen, weil er in der Bundesliga nur 14 Spieler melden darf, derzeit aber 15 hat. Sollte das passieren, könnte Dragicevic dort zum Dauergast werden. Manager Klaus Elwardt hat erklärt, dass der Verein einen Transfer nicht durch anteilige Gehaltszahlungen erleichtert werde. Dadurch wird Dragicevic, der in Kiel einen Vertrag bis Juni 2014 besitzt, für viele Clubs unbezahlbar.

Seine Verpflichtung ist aus damaliger Sicht durchaus nachvollziehbar. Ex-Trainer Noka Serdarusic sah in ihm sein Spiegelbild. Einer, der schnell, wendig und so kräftig ist, dass auch mehrere Gegner ihn kaum stoppen können. Es war nicht absehbar, dass im Leben des inzwischen 28-Jährigen die Familie eine so dominante Rolle einnehmen würde, dass daneben der Sport verblasst. Auch die Europameisterschaft, die im Januar 2012 in seiner Heimat stattfinden wird, kann daran nichts ändern. Es gebe in Serbien gute Kreisläufer in ausreichender Zahl, sagt Dragicevic. Denen wolle er nicht im Weg stehen. Auch im Vereinsleben könne er sich gut vorstellen, in die Rolle desjenigen zu schlüpfen, der den Jüngeren Tipps gibt, ihnen auf dem Platz aber den Vortritt lässt. So menschlich es sein mag, dass einer nicht bereit ist, dem Leistungssport alles unterzuordnen, so problematisch ist es nun, dass der THW darauf keine Antwort gefunden hat.

Gislason hatte immer wieder darauf gedrängt, Patrick Wiencek, der im Sommer 2012 ein Kieler wird, vorzeitig zu verpflichten. Der 22-Jährige gilt als größtes deutsches Kreisläufertalent und die, die mit ihm beim VfL Gummersbach spielen, sagen, dass er gerade in der Abwehrarbeit außergewöhnlich begabt sein soll. Offenbar haben sich die Verantwortlichen des THW darauf verlassen, dass Uli Derad diesen Transfer einfädeln würde. Doch der Ex-Manager verspekulierte sich, setzte wohl darauf, dass dem klammen VfL die Lizenz entzogen werden würde und Wiencek aus der Konkursmasse für ein Taschengeld abgefischt werden könnte.

Inzwischen sind die Oberbergischen gerettet und der VfL kann es sich leisten, die Ablöse für Wiencek auf angeblich 500.000 Euro festzulegen. Eine utopische Summe für einen Nachwuchsspieler, der vertraglich bereits an den THW gebunden ist. So bleibt den "Zebras" nur die Hoffnung, dass Ahlm trotz seines Problem-Rückens den Duracell-Hasen gibt. Oder Dragicevic doch noch den Startknopf findet....

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 30.07.2011)


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