Nach den
beiden heißen
Duellen mit RK Celje in der "VELUX EHF Champions League" ist der
THW Kiel nun wieder in der DKB Handball-Bundesliga gefordert:
Am Sonntagnachmittag gastiert der TBV Lemgo in der Sparkassen-Arena.
Der Anwurf erfolgt um 17.30 Uhr, Sport1 überträgt das Traditionsduell
live im Fernsehen.
Während ganz Handball-Deutschland dem Spitzenspiel der
DKB Handball-Bundesliga am kommenden Mittwoch entgegen sieht,
wenn der THW Kiel bei den ungeschlagenen Rhein-Neckar Löwen
antritt, konzentriert sich der THW zunächst einzig und allein
auf die Liga-Partie gegen den TBV Lemgo. "Wir werden nicht ändern,
was uns in den vergangenen Jahren so stark gemacht hat", sagt
Linksaußen
Dominik Klein. "Wir schauen
wirklich nur von Spiel zu Spiel. Jetzt wollen wir erst einmal
gegen Lemgo gewinnen." Den Gegner werde man nicht auf die leichte
Schulter nehmen, so
Klein. "Das kann
man sich in der stärksten Liga der Welt bei keinem Gegner erlauben."
Turbulenzen in Ostwestfalen
Gewaltige Turbulenzen schütteln den TBV Lemgo in dieser
Spielzeit ordentlich durch. Von einer Krise mochte der
Beiratsvorsitzende Siegfried Haverkamp trotzdem nicht
sprechen. "Ich nenne es eine Delle. Von Krise reden wir
erst, wenn sämtliche Möglichkeiten zur Verbesserung
ausgeschöpft sind", sagte der starke Mann der Ostwestfalen,
der gemeinsam mit dem neuen Geschäftsführer Christian Sprdlik
das schlingernde Boot TBV Lemgo wieder auf Kurs bringen muss.
Sprdlik räumte indes ein, dass sich der Traditionsverein in
seinem 101. Jahr seines Bestehens in einer der "schwierigsten
Phasen, die der TBV Lemgo in den letzten Jahren hatte" befinde.
Tatsächlich sorgten die Lemgoer, die einst den "TBV Deutschland"
ins Leben riefen, zuletzt eher selten für positive Schlagzeilen.
Die wurden eher bestimmt durch die finanziellen Sorgen der
Ostwestfalen, nachdem sich Hauptsponsor "Heristo" verabschiedete.
Der Rettung in letzter Sekunde, die durch die heimische Wirtschaft
und einen Gehaltsverzicht der Mannschaft ermöglicht wurde, folgte
der ganz große Knall: Erst trennte sich der TBV Lemgo von Urgestein
Volker Zerbe und dann von seinem Geschäftsführer-Kollegen
Fynn Holpert. Ungereimtheiten seien
festgestellt worden, hieß es in einer Erklärung, von einer
sechsstelligen Schädigung des Vereins und nicht erfüllten
Sponsorenverträgen war in Bezug auf Zerbe die Rede.
Holpert geriet aufgrund einer dubiosen
Geschichte, berichtet wurde über einen nicht gedeckten
200-Millionen-Euro-Scheck, in die Schlagzeilen. Gegen Zerbe wurde
sogar Strafanzeige erstattet, der ehemalige Lemgoer Superstar wies
allerdings alle Vorwürfe zurück - genau wie Holpert.
Erst drei Siege auf dem Konto
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Neuzugang Timm Schneider erzielte bislang 47/22 Treffer in
neun Partien.
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TBV |
Doch nicht nur im Umfeld, auch sportlich sorgten die Lipperländer
bei ihren Fans und Freunden für Sorgenfalten auf der Stirn. Denn
aufgrund einer Vielzahl von Verletzungen läuft es auch auf der Platte
alles andere als rund beim TBV. Erst drei Siege stehen auf der
Habenseite der Lemgoer - dem 31:28 gegen Melsungen, dem 33:28-Erfolg
gegen Großwallstadt und dem Befreiungsschlag am vergangenen Sonntag,
dem 32:25-Derbysieg gegen GWD Minden, standen unter anderem bittere
Niederlagen im Derby gegen Lübbecke (29:32), in Balingen (27:29),
Wetzlar (28:31) und zu Hause gegen Magdeburg (26:28) und Hannover
(30:32) gegenüber. "Zwei Heimspiele hintereinander gegen Magdeburg
sowie Hannover so unglücklich zu verlieren - das muss man erst einmal
verkraften", erklärte TBV-Coach Dirk Beuchler, der bei der knappen
19:21-Niederlage bei den Füchsen Berlin aber einen Aufwärtstrend bei
seiner Mannschaft ausmachte: "Vor meiner Mannschaft kann ich nur den
Hut ziehen. Wir haben gekämpft und ein tolles Spiel gemacht. Wenn
man gesehen hat, wie viel die Füchse gewechselt haben und was wir mit
diesem kleinen Haufen Mannschaft zu Stande gebracht haben, dann ist
das aller Ehren wert. Wenn wir weiter so machen, dann werden wir noch
unsere Punkte holen." Mit der Rückkehr einiger verletzter Leistungsträger,
dem Erfolg gegen Minden und dem Verlassen der Abstiegsränge kehrte auch
die Ruhe in die Mannschaft von Dirk Beuchler zurück. "Bei unserem
Auswärtsspiel in Kiel werden wir nun befreit aufspielen", kündigte
der TBV-Coach an.
Lemgo mit einem der jüngsten Kader der Liga
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Rückraumspieler Finn Lemke war der Shootingstar der vergangenen
Rückrunde und hat erneut bereits 35 Saisontreffer erzielt.
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TBV |
Ursprünglich hatte Dirk Beuchler ungeachtet der Probleme Platz sieben
als Ziel ausgegeben: "Diesen Platz aus der Vorsaison wollen wir
verteidigen. Ich hoffe, dass wir in zwei bis drei Jahren wieder
europäisch spielen." Davon ist der TBV Lemgo in der aktuell angespannten
Situation weit entfernt. Aufgrund der finanziellen Probleme konnte
der Verein erneut keine großen Sprünge auf dem Transfermarkt machen.
Mit Kreisläufer
Hendrik Pekeler vom Bergischen
HC, der am Sonntag wie Positions-Kollege
Sebastian Preiß
eine Reise in seine "Zebra"-Vergangenheit unternimmt, dem torgefährlichen
Regisseur Timm Schneider (kam aus Hüttenberg), Linksaußen Patrick Zieker
und Torhüter Dennis Doden (Wilhelmshavener HV) wurden vier junge Spieler
verpflichtet, die die Abgänge der erfahrenen Akteure wie Christoph
Theuerkauf, Manuel Liniger (beide nach Balingen), Avishay Smoler sowie
von Sebastian Schneider (ASV Hamm-Westfalen) und Torjäger Mait Patrail
(Hannover) kompensieren sollen. Zudem rückten aus den Nachwuchsmannschaften
Rechtsaußen Arjan Haenen und der 2,10 Meter große Halblinke Finn Lemke
in den
Profi-Kader. "Wenn man jungen Spielern
eine Chance geben möchte, muss man das jetzt riskieren", hatte Beuchler
vor der Saison gesagt - wohl wissend, dass es dazu wohl keine Alternative
gegeben hätte. "Das hängt auch mit unserer finanziellen Situation zusammen."
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Junioren-Nationalspieler Patrick Zieker kam vom Zweitligisten SG BBM Bietigheim.
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TBV |
Mit einem Durchschnittsalter von 23 Jahren stellen die Lemgoer jetzt
gemeinsam mit dem VfL Gummersbach sowie den beiden Aufsteigern aus
Neuhausen und Essen das jüngste Team der DKB Handball-Bundesliga.
Was Bundestrainer Martin Heuberger freuen dürfte, ist die hohe Anzahl
von deutschen Junioren-Nationalspielern, die, so Beuchler, "beim TBV
reifen können": Tatsächlich stehen in dem jungen Kader der Ostwestfalen
mit dem Niederländer Haenen und dem Schweden Patrik Johanson nur
zwei ausländische Akteure.
Kurzpflichtige Verpflichtungen ausgeschlossen
"Wir wissen um unsere Situation", beschönigte Geschäftsführer Christian
Sprdlik nichts, "aber wir stecken nicht den Kopf in den Sand." Das Wort
"Abstieg" werde er deshalb auch nicht in den Mund nehmen. "Wir werden
mit breiter Brust in die nächsten Spiele gehen." Unterstützung bekommt
er vom Beiratsvorsitzenden Haverkamp: "Nachdem wir die größte personelle
und finanzielle Dramatik hinter uns gebracht haben, trifft uns die aktuelle
Verletzungsserie hart. Bei der Struktur unseres Kaders bleibt das nicht
ohne Folgen." Kurzfristige Verpflichtungen schloss er indes aus: "Wir
müssen Ruhe bewahren und der Mannschaft die notwendige Unterstützung
zukommen lassen. Unser Konzept ist auf Langfristigkeit ausgelegt und
präferiert den Aufbau junger Talente. Wir werden keine Verpflichtungen
eingehen, die wir uns nicht leisten können." Beuchler hofft vor allem
auf ein Ende der Verletzungsserie, um wieder für positive Schlagzeilen
zu sorgen: "Wenn ich erst einmal wieder mehr als sechs Leute für fünf
Positionen habe, Torhüter und Kreisläufer ausgenommen, werden wir auch
die knappen Spiele wieder gewinnen."
Bilanz spricht für den THW
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67 Treffer in elf Spielen: Ex-Nationalspieler Rolf Hermann spielt
bislang eine starke Saison.
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TBV |
Der THW Kiel sollte aber dennoch gewarnt sein, denn in den vergangenen
Spielzeiten stellte der TBV Lemgo desöfteren einen Stolperstein für die
"Zebras" dar: In der Rekordsaison 2008/09 brachten die Lipperländer dem
THW beim
34:27 die einzige Liga-Niederlage bei.
Und auch in der Spielzeit darauf ärgerten sie die Kieler, holten in der
Sparkassen-Arena ein
27:27-Unentschieden und
siegten im Gerry-Weber-Stadion mit
32:30. Seitdem
aber gewann der THW die letzten vier Ligaduelle mit dem TBV und weist
nun eine Bilanz von 44 Siegen aus 73 Pflichtspielen (bei sechs
Remis und 23 Niederlagen) auf (siehe auch
Gegnerdaten Lemgo). Beim letzten
Kieler Heimspiel
gegen Lemgo am 12. November 2011 waren
Kim Andersson
mit sieben und
Daniel Kubes mit fünf Treffern
die besten Torschützen beim
Die Schiedsrichter am Sonntag in der Sparkassen-Arena sind
Fabian Baumgart und Sascha Wild.
Lesen Sie bitte auch
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Aus den Kieler Nachrichten vom 24.11.2012:
Lemgo: Großer Name kommt als Kellerkind
Meister THW Kiel empfängt einen Traditionsverein in der Krise
Kiel. Ein Verein in Not. Der TBV Lemgo, morgen (17.30
Uhr/Sport1) zu Gast beim Rekordmeister THW Kiel,
blickt auf turbulente Monate zurück. Darauf, auf einem
Abstiegsplatz in der Handball-Bundesliga zu stehen.
Darauf, beide Geschäftsführer innerhalb weniger
Wochen verloren zu haben. Darauf, dass im auf vier
Millionen Euro geschätzten Etat 400 000 Euro fehlen.
Warum der Traditionsverein im Juni nur knapp der Insolvenz
entging und seitdem einen Ausgang aus dem Chaos sucht, ist
im Detail unklar. Klar ist, dass die Club-Bosse Strafanzeige
gegen Volker Zerbe gestellt haben, der an einem Burn-out erkrankt
ist und seinen Posten als Geschäftsführer Sport geräumt hat.
Unter anderem soll der 286-malige Nationalspieler einen
Leasingvertrag für eine Telefonanlage abgeschlossen haben,
die bis heute nicht existiert. Ein Vertrag, der sogar um
weitere 72 Monate verlängert worden ist. Es geht um eine
Italien-Reise, die knapp 70 000 Euro kostete. Eine Reise,
die Zerbe allerdings nie antrat. Trotz der Vorwürfe, die
der Beirat nun öffentlich gemacht hat, bleibt es schwer
vorstellbar, dass der Bankangestellte, bis dato ein Sinnbild
für Seriosität, sich am Meister von 1997 und 2003 bereichert
haben soll.
Fynn Holpert, der kaufmännische
Geschäftsführer trat zurück, nachdem Einzelheiten über einen
Immobiliendeal bekannt wurden, der in seinen Dimensionen
abenteuerlich ist. So sollte im beschaulichen Lemgo, direkt
neben der beschaulichen Lipperlandhalle, für rund 60 Millionen
Euro ein Shopping-Boulevard mit einem exklusiven Hotel-Komplex
entstehen, den, so die Vision, Touristen aus dem reichen Emirat
Katar mit verbindlicher Regelmäßigkeit bis auf das letzte Bett
belegen werden. Ein Deal, der dem klammen TBV auch einen potenten
Hauptsponsor hätte einbringen sollen. "Holpert
glaubte bis zum Ende daran", sagte Beirats-Vorsitzender Siegfried
Haverkamp der Handballwoche. "Unter dieser Aussicht hat er seine
Vernunft geopfert."
Eine Telefonanlage ohne Telefone, dazu ein Luftschloss -
was ist bloß in Lemgo los? "Die Situation ist nicht einfach",
sagt Trainer Dirk Beuchler, dessen Sorgen ausreichen, um nicht
über Telefone und Schlösser nachdenken zu müssen. Teilweise
trugen vier seiner Spieler gleichzeitig Gips. Nicht weil sie
es schick fanden, sondern diverse Knochenbrüche es nötig machten.
Bei der 22:33-Niederlage in Flensburg reisten die Ostwestfalen nur
mit zwei Rückraumspielern an. Als Max Höning (19) für Kapitän
Florian Kehrmann eingewechselt wurde, hatte die Gäste-Sieben ein
Durchschnittsalter von 20,5 Jahren. "Das jüngste TBV-Team aller
Zeiten", sagt Beuchler, der nach dem jüngsten 32:25-Erfolg im
Derby gegen Minden wieder etwas gelassener in die Zukunft
schauen kann. "Kiel ist für uns das leichteste Spiel der Saison.
Keiner erwartet etwas von uns." Zudem hat sich bis auf den
Langzeitverletzten Patrik Johansson der gesamte Kader
zurückgemeldet. Zumeist sind es junge Spieler, denen eine
große Zukunft zugetraut wird. So wie Kreisläufer
Hendrik Pekeler, der wegen
anhaltender Disziplinlosigkeit einst in Kiel ausgemustert
wurde. Oder der 2,10 Meter große Rückraumraumspieler Finn
Lemke. Oder der 2,03 Meter große Rückraumspieler Gunnar Dietrich.
Getragen wird das Team von Routiniers wie Kehrmann,
Sebastian Preiß, dem bislang
67-maligen Torschützen Rolf Herrmann und Torhüter Carsten
Lichtlein. Wozu Lichtlein & Co fähig sind, zeigten sie
gerade in Berlin (19:21). Noch in der 58. Minute (18:18)
standen die Füchse am Rande einer Niederlage. Warum? Weil
Lichtlein fünf Siebenmeter parierte, und das Beuchler-Team in
der Lage ist, eine sehr kompakte 6:0-Deckung auf die Beine zu
stellen.
"Eine gefährliche Mannschaft, die zuletzt sehr ordentlich
gespielt hat", sagt Alfred Gislason,
der wohl auf Christian Sprenger
verzichten muss. Der Rechtsaußen knickte beim
30:26-Sieg gegen Celje um und
schaute zu, wie Vertreter Niclas Ekberg
neun Tore warf. Auch Rene Toft Hansen
(Rippenprellung) wird wohl erst gegen die RN Löwen (28. November)
oder Madrid (2. Dezember) wieder dabei sein. Was seine Mannschaft
gegen Lemgo noch beachten sollte? "Wir dürfen nicht an die Löwen
denken", sagt der THW-Trainer. "Erst nach dem Sieg gegen Lemgo."
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 24.11.2012)
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
THW Kiel - TBV Lemgo:
Das Tippspiel ist nicht mehr verfügbar.
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