04./05.05.2014 - Letzte Aktualisierung: 05.05.2014 | Bundesliga |
Update #4 | KN-Bericht, Fotos, Stimmen und Spielbericht ergänzt ... |
Marko Vujin war mit 11/4 Treffern einmal mehr bester Schütze. |
Ob der Kantersieg für die Tabellenführung reicht, entscheidet sich am Sonntagabend: Die Rhein-Neckar Löwen benötigen im Spitzenspiel gegen den HSV Hamburg einen Sieg mit neun Toren Unterschied, um die Tabellenspitze zu verteidigen.
Vor allem in der ersten Halbzeit zeigte Johan Sjöstrand eine starke Partie. |
Die offensive Deckung des THW zwang den TBV Lemgo zu vielen Fehlern. |
Die schwarz-weiße Fankolonie im Gerry-Weber-Stadion hatte allen Grund zum Feiern. |
Filip Jicha wird hinter der Kieler Bank behandelt. |
Zwar konnte Jicha seinen Teamkameraden auf dem Parkett nicht mehr helfen, doch auch vom Spielfeldrand aus unterstützte er Palmarsson und Co. lautstark. Und Jicha sah "Zebras", die dem TBV Lemgo auch in der Schlussphase überlegen waren. Zwar gelangen Nils Dresrüsse nun einige Paraden, doch dank der sicher verwandelten Vujin-Siebenmeter und dreier Glanztaten des für die letzten acht Minuten gekommenen Andreas Palicka betrug der Vorsprung beim Schlusspfiff letztlich 22 Treffer. Damit egalisierten die Kieler den Bundesligarekord für den höchsten Auswärtssieg, den sie am 10. März 2004 beim 47:25-Erfolg in Minden aufgestellt hatten.
Ich bin stolz auf meine Mannschaft. Wir wollten heute die Punkte mitnehmen, und das ist uns über eine ausgezeichnete Abwehr und eine super Torwartleistung gelungen. Ich hatte den Spielverlauf so nicht erwartet, wenngleich ich natürlich darauf gesetzt habe, dass die junge Lemgoer Mannschaft mit unserer offensiven Abwehr nicht so gut zurecht kommt. Wir haben hingegen von unserer Erfahrung profitiert. Es tut mir leid für Niels' gute Arbeit, dass wir das so ausgenutzt haben. Natürlich trübt Filips Verletzung ein wenig die Freude: Wenn er die nächsten Spiele ausfällt, haben wir schwere Wochen vor uns.
Das war ein Brett. Hut ab vor der Leistung des THW Kiel, das war großes Kino. Leider war das heute ein Fernsehspiel vor 8.500 Zuschauern hier in Halle. Wir hätten uns heute gerne anders präsentiert. Es sah vielleicht so aus, als ob wir uns nicht vorbereitet hätten. Aber Kiel hat uns mit den ersten drei freien Bällen, die nicht ins Tor gingen, den Zahn gezogen. Zwischendurch sah es dann so aus, als ob wir wie die Kaninchen vor der Schlange agieren würden. Die zweite Halbzeit war dann besser, wir haben mutiger gespielt. Respekt vor der Leistung von Kiel, der THW hat es trotz Umbruchs wieder geschafft, eine große Qualität aufs Feld zu bekommen.
Heute ist ein Donnerwetter mit sintflutartigen Regenfällen über uns hereingebrochen. Wir wurden überrollt. Nun heißt es Mund abputzen und weiter machen. Niels und die Mannschaft werden sich schnell wieder berappeln und das Positive aus dieser Niederlage ziehen. Das Publikum heute war großartig, wir fühlen uns hier sehr wohl.
Wir haben gegen Hannover schon Tore aufgeholt und auch heute richtig Gas gegeben. Die Rhein-Neckar Löwen haben mehr zu verlieren, wir stehen nicht unter Druck. Jetzt sind wir ein wenig aus unserem Bau herausgekommen und haben wieder vorgelegt. Wir hoffen natürlich, dass Filip bald wieder fit ist. Ein Riesen-Dankeschön geht an unsere Fans, die uns hier wieder so großartig unterstützt und beinahe ein Heimspiel aus dem Auswärtsspiel gemacht haben. Unsere Fans sind unser Bonus - auch bei den kommenden Spielen können sie unserer Mannschaft sehr helfen.
Aus den Kieler Nachrichten vom 05.05.2014:
Die Demontage der Ostwestfalen deutete sich bereits nach wenigen Minuten an. Johan Sjöstrand, schon im Hinspiel (38:25) ein zuverlässiger TBV-Schreck, parierte dreimal gegen Finn Lemke und Patrick Zieker (2). Und seine Kollegen nutzten den Ballbesitz, um nach vier Minuten mit 4:0 zu enteilen. Im weiten Rund der Arena, in der vor dem Anpfiff bei der Verabschiedung von Weltmeister Florian Kehrmann eine Stimmung der Rührung vorgeherrscht hatte, machten sich auf den Gesichtern der TBV-Fans bereits erste Anzeichen von Frustration breit. Ihre schlimmsten Befürchtungen sollten sich im Verlauf einer denkwürdigen Partie bestätigen.
Nach dem 37:20-Heimsieg gegen die TSV Hannover-Burgdorf am vergangenen Mittwoch hatte "Goggi" Sigurdsson die aktuelle Situation als "Balanceakt" beschrieben. Es ginge darum, bei der Löwenjagd nicht das aktuelle Geschehen aus den Augen zu verlieren. Ihr Job sei, das Spiel in 3600 Sekunden aufzuteilen, um es dann Sekunde für Sekunde abzuarbeiten. "Angriff, Abwehr, Gegenstoß, Angriff, Abwehr, Gegenstoß." Was sich banal anhörte, hatte in seiner Umsetzung für die Lemgoer schmerzhafte Folgen. Dass eine Sekunde als Maßeinheit im Handball durchaus seine Berechtigung hat, musste der TBV auf brutale Art erfahren.
Als Zieker mit einem Lattenwurf das 2:4 verpasste, traf der elfmalige Torschütze Marko Vujin vier Sekunden später für den THW. Das 2:6 durch den Ex-Kieler Hendrik Pekeler, der sich im ersten Durchgang allein gegen die schwarz-weiße Übermacht stemmte, beantwortete Aron Palmarsson acht Sekunden später mit dem siebten Tor der Gäste, die mit ihrer offensiven Deckung frühzeitig den ostwestfälischen Kinderriegel geknackt hatten.
"Wir standen wie das Kaninchen vor der Schlange", sagte Niels Pfannenschmiedt, der bereits in der 13. Minute seine zweite Auszeit genommen hatte. Doch das richtige Rezept gegen die Schockstarre fiel auch dem TBV-Trainer nicht ein. Selbst Routiniers wie Ex-Nationalspieler Rolf Herrmann unterliefen katastrophale Abspielfehler, Torhüter Nils Dresrüsse berührte im ersten Durchgang kaum einen Ball.
Offenbar hatten die Gedemütigten sich in der Pause ein wenig Mut zugesprochen. Die blutjunge Mannschaft absolvierte in der zur Handball-Arena umgebauten Tennishalle ihr erstes Saisonspiel. Die ungewohnte Umgebung, der namhafte Gegner, die Liveübertragung im Fernsehen - in der "Bubi-Truppe" hatte sich mit dem Anwurf nachhaltig die Angst eingenistet. Zu Beginn der zweiten Halbzeit bekamen die Lemgoer ihre Nerven etwas besser in den Griff, ließen durch einen 4:1-Lauf aufhorchen und verwandelten den THW kurzzeitig wieder in einen Tabellenzweiten. Nur drei Minuten nach Wiederanpfiff stoppte ein verärgerter Alfred Gislason den Sinkflug. Der THW-Trainer fand in der Auszeit die richtigen Worte, seine Spieler besannen sich darauf, diese einmalige Chance zu nutzen, das Torverhältnis nachhaltig aufzubessern. Ein Sieg, den der Rekordmeister teuer bezahlte: Jicha knickte in der 43. Minute um und kam, den linken Knöchel eisgekühlt, nur noch einmal auf das Feld, um sich mit seinen Kollegen bei den 200 mitgereisten Fans zu bedanken. "Einen Sieg in dieser Höhe hätte ich nicht erwartet", sagte Gislason, dem angesichts dieser Gala die Worte fehlten. Ihm war die Höhe des Erfolges, Seite an Seite mit dem von ihm geschätzten Pfannenschmiedt bei der anschließenden Pressekonferenz sitzend, regelrecht unangenehm: "Niels, das tut mir leid."
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 05.05.2014)
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