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01.02.2010 Verein

Kieler Nachrichten: Ominöses Schreiben in Berlin

Setzt die Kieler Staatsanwaltschaft bei der Anklage gegen Schwenker und Serdarusic auf einen Freund des Trainers?

Aus den Kieler Nachrichten vom 01.02.2010:

Kiel - Am späten Freitagnachmittag saß Uwe Schwenker in einem Wiener Restaurant, als ihn ein Anruf dieser Zeitung erreichte. Ob er etwas davon wisse, dass die Kieler Staatsanwaltschaft Anklage gegen ihn erheben werde? Der ehemalige THW-Manager verneinte. Knapp 24 Stunden später war der 50-Jährige schlauer.
Während die Staatsanwaltschaft Stillschweigen bewahrte, preschte Kai Thomsen vor. Der Sprecher des Landgerichts Kiel bestätigte den KN am Sonnabendnachmittag, dass am Tag zuvor die Anklage-Akte von Staatsanwalt Axel Goos eingetroffen sei. Uwe Schwenker, dem die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Handball-Manipulationsaffäre Betrug und Untreue vorwirft, konnte gestern vor dem EM-Finale in Wien zu dem Vorgang noch nichts sagen: "Ich muss abwarten, was in der Anklageschrift steht." Seine Stimmung entsprach der Nachrichtenlage. "Klar, dass mich das berührt", meinte der ehemalige THW-Manager, der sich morgen mit seinem Anwalt Harald Rittiens zusammensetzen will.

Nachdem die KN am Sonnabend mit der Meldung "Anklage gegen Schwenker nur ein Gerücht" erschienen war, hatte "Spiegel Online" am Mittag über einen bevorstehenden Prozess spekuliert. Zeuge der Anklage soll ein alter Freund von Ex-Trainer Noka Serdarusic, der des Verdachts der Untreue beschuldigt wird, sein: der Kroate Nenad Volarevic. Der 57 Jahre alte Versicherungsagent aus Zagreb soll vor dem Champions-League-Final-Rückspiel des THW gegen die SG Flensburg-Handewitt am 29. April 2007 mit Geld aus der "Zebra"-Kasse die polnischen Final-Schiedsrichter Miroslaw Baum und Marek Goralczyk gekauft haben. Volarevic, so die Staatsanwaltschaft, habe am 25. April 2007 56 400 Euro vom THW erhalten und sei zwei Tage später als Geldbote nach Warschau geflogen. Während Baum und Goralczyk den Vorgang bestreiten, berichtete "Spiegel Online", von Volarevic läge eine Selbstbezichtigung der Bestechung der beiden Schiris vor, die bei einem Berliner Anwalt deponiert sei. Nach KN-Recherchen existiert ein solches Schreiben tatsächlich - nur der Inhalt ist ungewiss. Selbst die Staatsanwaltschaft kennt ihn nicht, sie stützt sich lediglich auf Zeugenaussagen.

"Auch wir haben keine Kenntnis von diesem Schreiben, die Ereignisse des Wochenendes haben uns überrascht", gab THW-Aufsichtsratsmitglied Reinhard Ziegenbein gestern zu. Aufsichtsrats-Chef Klaus-Hinrich Vater meinte: "Bei mir kommt keine Unruhe auf. Ich hatte zwar gehofft, dass es nicht zu einer Anklage kommen wird, aber ich halte mich an Fakten und bleibe dabei, dass gegen den THW nichts Belastbares vorliegt."

Das müsste sich in einem möglichen Prozess zeigen - mit völlig ungewissem Ausgang. In Kieler Justizkreisen gilt Nenad Volarevic als nicht gerade seriöse Persönlichkeit. Der 57-Jährige, der früher mal Manager des kroatischen Handball-Spitzenklubs Badel Zagreb war, ist ein alter Freund von Noka und Mirjana Serdarusic. Diese enge Verbindung könnte für Schwenker in einem Verfahren ein Problem darstellen. Nicht nur der Hass von Mirjana Serdarusic, hervorgerufen Ende 2007 durch die Trennung Schwenkers von seiner Frau Karin, scheint groß zu sein. Am Rande der Handball-EM sagte der mittlerweile als Nationaltrainer Sloweniens tätige Serdarusic dem Journalisten Erik Eggers: "Uwe Schwenker hat mich rausgeschmissen, schlechter kann man mich nicht aussehen lassen."

Hinzu kommt, dass Schwenker Mirjana Serdarusic gegenüber der Staatsanwaltschaft als "Zockerin" bezeichnet hat und damit unter anderem zwei Zahlungen aus dem Jahr 2008 an den Ex-Coach in Höhe von 60 000 Euro begründete. Jene 56 000 Euro, mit denen Volarevic die polnischen Schiedsrichter geschmiert haben will, rechtfertigte Schwenker im Übrigen als Honorar für "Informationen und Tipps über Spieler".

Während in Kiel spekuliert wird, Serdarusic und Volarevic, der seinen Kumpel wohl kaum belasten dürfte, wollten Schwenker mit einer gezielten Intrige endgültig vernichten, beteuert dieser unverdrossen seine Unschuld. Als nach dem THW-Heimspiel gegen den HSV Hamburg am 20. Dezember 2009 eine Frau auf ihn zusteuerte, frohe Weihnachten wünschte und sagte "wir Fans glauben, dass Sie nichts gemacht haben", entgegnete Schwenker selbstsicher: "Und ich weiß, dass ich nichts gemacht habe."

(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 01.02.2010)


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