14.-16.12.2006 - Letzte Aktualisierung: 16.12.2006 | Bundesliga |
Update #3 | KN-Vorbericht und Historie ergänzt; Aktualisierung vom 15.12. |
Das Team von Frisch Auf Göppingen.
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FAG |
Nationalspieler Michael Kraus verletzte sich beim Lehrgang in Kiel und wird gegen den THW nicht spielen können. |
Großes Erstaunen erregte bei Handball-Kennern die Bundesliga-Tabelle zu Beginn der Saison. Nachdem der THW in den Heimspielen gegen Großwallstadt und Gummersbach geschwächelt hatte, Gummersbach in Flensburg verlor, Letztere gegen Lemgo patzten und auch der SC Magdeburg nicht verlustpunktfrei starten konnte, stand mit einem Mal eine Mannschaft ganz oben, die man dort nicht erwartet hätte: Frisch Auf Göppingen durfte sich zwei Spieltage lang als Tabellenführer die Liga "von oben" betrachten, hatte mit einem fulminanten Start für so große Euphorie bei den Baden-Württembergern gesorgt, dass sie die ersten fünf Meisterschaftsspiele siegreich gestalten konnten. Gegen Balingen, Düsseldorf und Wilhelmshaven gewann man in der heimischen Hohenstaufenhalle, die wegen der begeisterungsfähigen Zuschauer gerne auch als "Hölle Süd" bezeichnet wird, auswärts siegte man in Minden und Hildesheim. "In den ersten Saisonspielen hatten wir verhältnismäßig einfache Gegner, wobei wir die Aufgaben aber auch souverän gelöst haben. Bei den dann folgenden schwereren Spielen gingen unsere Leistungen leider nach unten und wir haben verdient verloren", beschreibt FAG-Linksaußen und Aushilfs-Spielmacher Michael Schweikardt den Saisonbeginn aus seiner Sicht.
Ebenfalls auf dem Sprung zur WM? Rechtsaußen Christian Schöne. |
Das Saisonziel der Grün-Weißen, letztlich besser abzuschneiden als 2005/2006, scheint in greifbarer Nähe zu sein. Von einer Korrektur der Ziele nach oben hält Petkovic indes (noch) nichts. "Wir sind mit der Punktezahl als auch mit der Tabellenplatzierung sehr zufrieden. Allerdings sollte man erst Ende Dezember ein belastbares Resümee ziehen, wenn wir die Spiele gegen hochkarätige Gegner hinter uns haben", spricht Petkovic das Mammutprogramm FAGs an, das dem Traditionsverein im letzten Monat des Jahres das heutige Spiel in Kiel, Auswärtspartien in Lemgo, Hamburg und Balingen sowie ein Heimspiel gegen Nordhorn beschert. "Wenn wir aber bis zum Ende der Saison im Kampf um die EHF-Cup-Plätze bleiben, dann haben wir eine sehr gute Arbeit geleistet."
Ein weiteres, ganz persönliches Ziel Petkovics scheint dagegen bereits jetzt erreicht. "Wir wollten in dieser Saison schneller und attraktiver spielen, was uns bis jetzt zumeist gelungen ist." Dass dabei Frisch Aufs Kader zu einem der jüngsten der Liga gehört, verschweigt der Trainer nicht - schließlich entspricht das genau seinem Konzept, mit erfolgshungrigen jungen Spielern und einigen Routiniers soviel wie irgend möglich zu bewegen. Anderes war ihm in dieser Spielzeit auch kaum möglich, schlug doch auch in Göppingen das Verletzungspech brutal zu. Insbesondere der langfristige Ausfall der Leistungsträger Jaliesky Garcia (Kreuzbandriss) und Aleksandar Knezevic ließ die Jugend in Göppingen noch mehr in den Vordergrund treten. Da aber auch die Nationalspieler Michael Kraus und Volker Michel mit mehr oder minder schweren Blessuren und auch Neuzugang Maciej Dmytruszynski gut vier Wochen mit einem Anriss des Außenbandes im rechten Fuß zu kämpfen hatte, schien das Verletzungspech einen Strich durch die Göppinger Pläne ziehen zu wollen. Doch es kam anders, was Petkovic freute. "Die Verletzungen konnten wir bisher gut kompensieren, aber für den Rest der Saison suchen wir noch einen Ersatz für Garcia."
Volker Michel gehört zum 28er Kader von Heiner Brand für die WM. |
Bester Torschütze bei FAG: Linksaußen Dragos Oprea. |
In bislang 34 Ligavergleichen ging der THW 23 Mal als Sieger vom Parkett, neunmal siegte Göppingen. Aussagekräftig sind aber lediglich die Duelle nach dem Wiederaufstieg des Traditionsclubs, der zwischen 1989 und 2001 in tieferen Spielklassen Punkte sammelte. Seitdem hat Göppingen zwei von zehn Vergleichen - beide in eigener Halle - für sich entschieden, aber auch in der Ostseehalle konnte FAG schon punkten: In der Kieler Meistersaison 2004/2005 entführten die Baden-Württemberger beim dramatischen 33:33 einen Punkt aus Kiel, nachdem sie bereits in der Hinrunde beim 31:30-Heimsieg den Rekordmeister ärgerten und sich so kurzzeitig den Titel "Angstgegner" erarbeiteten. In der vergangenen Saison war davon indes nichts mehr zu spüren: Beim Spiel in der Ostseehalle trumpfte Viktor Szilagyi erstmals im Zebra-Trikot groß auf und schickte FAG mit 12 Treffern fast im Alleingang beim 43:33 nach Hause. Beim Rückspiel in der Hohenstauffenhalle diente Göppingen dann als Frustabbau für die kurz zuvor erlittene Kieler Niederlage in Minden: Der THW brachte sich selbst wieder auf Kurs, der 39:30-Auswärtserfolg war der Anfang einer Siegesserie, die erst in Magdeburg wieder abriss, als Kiel längst als Meister feststand (siehe auch Gegnerdaten FA Göppingen).
Die Schiedsrichter der Partie am Samstag sind Matthias Dang und Thorsten Zacharias (Mainz).
(Christian Robohm / Sascha Krokowski)
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Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Die Tradition der Grün-Weißen reicht bis ins Gründungsjahr 1896 zurück. Zum ersten Aufeinandertreffen mit dem THW Kiel kam es allerdings erst 61 Jahre später - dafür dann aber gleich im geschichtsträchtigen Doppelpack. Am 9. März 1957 gewannen die Zebras mit 8:6 gegen den Hallen- und Feldmeister von 1954. Anlass war die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft. Einen Tag später war Göppingen mit seinem überragenden Spieler Bernhard Kempa im Finale der Meisterschaft erneut Gegner der Zebras. Nach einem dramatischen Spiel, das die Kieler zur Pause mit 5:4 in Führung sah, gewannen die Herren Riekmann, Sievers, Hinrichs, Hein Dahlinger, Lietz, Beck, Heinzel, Spielertrainer Westheider, Knoop, Bartels, Stoldt, Rittke und Baller durch den 7:5-Erfolg gegen Göppingen zum ersten Mal die Deutsche Meisterschaft - der Beginn der Kieler Erfolgsgeschichte im Vereinshandball. Fünf Jahre später wiederholte sich dieses Ereignis: Am 24. Februar 1962 gewann der THW das Gruppenspiel der Meisterschaftsendrunde klar mit 8:2, um einen Tag später durch den 6:3 (2:0) - Triumph gegen Göppingen den zweiten Titel an die Kieler Förde zu holen - das Duell Kempa/Dahlinger fand nun nicht mehr auf der Platte, sondern an der Seitenlinie statt. Der Kieler Spielertrainer hatte auch ein Jahr später gut Lachen, gewann der THW doch im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft 1962/1963 mit 7:2 gegen die Grün-Weißen und konnte wenig später den dritten Meistertitel auf seinen Briefkopf schreiben - während FAG 1972 seinen elften und bisher letzten nationalen Titel gewinnen konnte.
Was folgten, waren bittere und lehrreiche Jahre für beide Vereine, die fortan zunächst nichts mehr mit Entscheidungen um Pokale und Trophäen zu tun haben sollten. Göppingen musste gar 1989 - nach dem Zwangsabstieg mit sofortigem Wiederaufstieg 1985 - den Gang in die Zweitklassigkeit antreten, dem 1994 gar der Abstieg in die Regionalliga folgte. Genau in diesem Jahr holte der THW seinen ersten Deutschen Meistertitel seit dem Triumph 1963 - und sollte Göppingen fortan in der ewigen Titel-Bestenliste jagen. 2005 hatten die Zebras ihre Kontrahenten endgültig eingeholt - in einer Saison, in der FAG mit einem Heimsieg und einem Punktgewinn in der Ostseehalle zu überraschen wusste und so seinen Teil dazu beitrug, dass diese Spielzeit bis zum letzten Abpfiff spannend blieb. Dass FAG den Ruf als "Angstgegner" wieder verlor, lag nicht zuletzt an den letzten beiden Bundesliga-Spielen zwischen den Klubs: Die gewannen die Kieler jeweils deutlich, um am Ende der letzten Saison mit zwölf Meistertiteln zum Rekordmeister zu avancieren und Göppingen damit auf Platz drei der ewigen Meister-Bestenliste zu verweisen.
(aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra")
Aus den Kieler Nachrichten vom 16.12.2006:
Die Wahrheit liegt bekanntlich auf dem Platz. Heute wird sich aus Kieler Sicht vor allem zeigen müssen, ob die sechs schwedischen und drei deutschen Nationalspieler im THW-Team ihre Formdelle aus dem Mittwoch-Länderspiel ausgebeult haben. Stefan Lövgren, der im Sommer nach missglückter WM-Qualifikation seinen Abschied aus der Schweden-Auswahl genommen hatte, saß auf der Tribüne und glaubte kaum, was seine Augen sahen. "Es kommt vor, dass es mal nicht läuft", wunderte sich der THW-Kapitän, "aber dass so elementare Dinge wie Kampf und Einsatzbereitschaft fehlen, das darf nicht passieren." Woran es lag? Lövgren hebt die Schultern: "Ich war bei den Besprechungen und im Training nicht dabei."
Mit dem Trikottausch, Schweden-Gelb gegen THW-Weiß, sollen die Defizite allerdings abgestellt werden. "Das war einmalig", versichert der 35-Jährige, "mit einer Niederlage in der Nationalmannschaft kehrt man leichter in den Bundesliga-Alltag zurück als mit Siegen. Die heben Spieler oft auf Wolke sieben." Noka Serdarusic hat sich ebenfalls "Gedanken über meine Nationalspieler gemacht. Die waren alle schlecht, auch die deutschen." Unverständlich sei für ihn in erster Linie, "dass die Jungs nicht wenigstens das Beste für sich selbst herausholen, wenn es in der Mannschaft nicht läuft." Da frage man sich, so Kiels Trainer weiter, "ob es überhaupt sinnvoll ist, mit solch einer Einstellung in der Nationalmannschaft zu spielen."
Vom Trikotwechsel erwartet Serdarusic ebenfalls neue Impulse. Auch, weil sein Kader langsam wieder Normalstärke annimmt. Die Verletztenliste führt nur noch den Namen Viktor Szilagyi. Mannschaftskollege Krogh Jeppesen kehrt nach überstandenem Rippenbruch und Rückenbeschwerden zurück und war gestern im Training so gut wie voll belastbar. "Es sieht ganz gut aus", sagt Serdarusic. Weitaus größere Personalprobleme beschäftigen Velimir Petkovic. Zu den Langzeitverletzten Jaliesky Garcia und Alexandar Knezevic gesellten sich kürzlich Mittelmann Michael Kraus, der mit einer Handverletzung von der Nationalmannschaft zurückkehrte und Torhüter Martin Galia. Dem Tschechen brach im Spiel gegen Kronau der Zeigefinger. Immerhin gab es schnellen Ersatz für Galia. Per Blitztransfer holte FAG den serbischen Nationaltorhüter Ivan Gajic aus Nis ins Schwäbische. Am Donnerstag landete der 27-Jährige in Stuttgart, heute steht er in Kiel zwischen den Pfosten.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 16.12.2006)
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