04.03.2009 | Bundesliga |
Um 20 Uhr bahnten sich die fünf Teilnehmer, HBL-Präsident Rainer Witte, Geschäftsführer Frank Bohmann, die HBL-Aufsichtsräte Andreas Rudolph (HSV), Dieter Matheis (Rhein-Neckar Löwen) und THW-Manager Uwe Schwenker, ihren Weg durch das Spalier aus rund 70 Pressevertretern. Selten hat die Sportart Handball einen derartigen Rummel verursacht. Es ging um den Branchenriesen THW, natürlich. Die Bayern des Handballs wecken Interesse - vor allem, wenn es um Negativ-Schlagzeilen geht. Am Montag sollte Aufklärungsarbeit stattfinden und das Ergebnis bekannt werden. "Star" der Veranstaltung war zweifelsfrei Uwe Schwenker, ein sehr medienkompatibler Partner des Genres. Ob er sich unter Druck gesetzt fühle, wurde der THW-Manager gefragt, bevor er hinter den verschlossenen Türen des Sitzungszimmers verschwand. "Nein", lautete die karge, aber bestimmt vorgetragene Antwort.
Es war 21.45 Uhr, als sich die Doppeltüren langsam öffneten, Rainer Witte schüchtern in die Runde und Objektive blickte und das offizielle Statement abgab. "Uwe Schwenker hat erklärt, dass der THW keine Spiele manipuliert hat. Die von Dieter Matheis erbetene Klärung hat Schwenker vollzogen. Damit sind die aufgeworfenen Fragen geklärt", sagte der HBL-Präsident. Und: Belastbare Tatsachen lägen nicht vor. An anderer Stelle des Foyers drängelte man sich um Schwenker, der gelassen in die Kameras blickte und in Begleitung des Kieler Anwaltes Matthias Nebendahl verkündete, dass die Korruptionsvorwürfe gegen sein Team völlig haltlos seien. "Der THW hat nie irgendwelche Spiele manipuliert", sagte der 49-Jährige mit fester Stimme. Und: "Ich hatte mir mehr Verantwortungsbewusstsein bei allen Beteiligten gewünscht. So ist der Image-Schaden riesig. Nicht nur für den THW, sondern für den gesamten Handball.
Kiels Manager bezog sich auf den Brief von Dieter Matheis. "Ein Telefongespräch unter Männern hätte auch alles klären können", sagte der Kieler, "dann hätten wir uns diesen Auftritt heute ersparen können." Matheis, der auch Beiratsvorsitzender der Löwen ist, betonte, dass Schwenker seine Fragen aus dem Schreiben zu seiner vollen Zufriedenheit aufgeklärt habe. "Das war eine Sache unter Ehrenmännern." Auf Nachfrage ergänzte Matheis dann noch, dass er auch den Flensburger HBL-Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Werner von den Briefinhalten in Kenntnis gesetzt habe. Wohl im Vertrauen darüber, dass Werner die Angelegenheit vertraulich behandeln würde. Ein Irrtum. Kaum mit den Bestechungsvorwürfen am Wochenende konfrontiert, drängte der ehemalige SG-Manager an die Öffentlichkeit, sprich örtliche Presse. Der THW solle schon ab dem Jahr 2000 internationale Spiele beeinflusst haben, lautete nur eine Passage, die Werner verbreitete. Bei der Sitzung des HBL-Aufsichtsrates gestern im Hamburger Airport-Hotel, legte der Flensburger nach. Der Aufsichtsrat sehe weiteren Informationsbedarf, sagte er. Hatte Werner gar nicht gesteckt bekommen, was Löwe Dieter Mathei am Abend zuvor in kleiner Journalisten-Runde zu berichten wusste? Welchen Quellen denn die Informationen über die Bestechungsvorwürfe entsprungen seien, wurde er gefragt. Mathei ließ durchblicken, dass schon bei den Vertragsverhandlungen mit dem ehemaligen THW-Trainer Noka Serdarusic im Dezember über diese Informationen diskutiert worden sei. Damals hätten Löwen-Manager Storm, Serdarusic, selbst und zwei weitere Gesellschafter am Tisch gesessen.
Könnte sich aus dieser Konstellation nicht, rein spekulativ natürlich, der Schluss ergeben, dass die Löwen jene "Informationen" als Druckmittel beim erhofften Transfer von Nikola Karabatic von Kiel nach Mannheim eingesetzt haben?
Ungeklärt bleibt die Frage, warum der Brief an Schwenker erst jetzt abgeschickt worden ist. Insider der Löwen-Szene vermuten, dass Sponsor und SAP-Gründer Dietmar Hopp, der auch den Fußball-Bundesligisten Hoffenheim finanziell unterstützt, weiteren Image-Schaden vermeiden wollte, der nach diesen Informationen durch eine Zusammenarbeit mit Serdarusic hätte entstehen können. Die überraschende Aufhebung des Drei-Jahresvertrages, offiziell von dem ehemaligen Meistertrainer betrieben, würde in dieem Zusammenhang Sinn machen. Matheis ist ein Weggefährte Hopps aus alten SAP-Zeiten. Ein seriöser Geschäftsmann, der seinem alten Freund aus der Klemme helfen will. Die Handballszene kennt der "Ehrenmann" noch nicht wirklich. Daher ist auch entschuldbar, dass Matheis bei Nachfragen über den Zeitrahmen zwischen Erkenntnis und Brief schreiben leicht die Orientierung verlor. Er habe ein paar Tage drüber nachdenken müssen, ein paar Nächte drüber schlafen, "und dann war ich auch noch krank." Als Matheis am Montagabend über den roten Teppich entschwand, den Ort des "Hamburger Friedens" verließ, war der Presserummel verflogen. Ruhe ist eingekehrt. Wer weiß, wie lange sie anhält?
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 04.03.2009)
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