22./25.05.2010 - Letzte Aktualisierung: 25.05.2010 | Bundesliga |
Update #1 | KN-Berichte und weitere Stimmen ergänzt... |
Riesiger Jubel nach dem Schlusspfiff: Der THW Kiel hat den HSV Hamburg von der Tabellenspitze gestoßen. |
Filip Jicha erzielte insgesamt acht Treffer. |
Hans Lindberg hielt mit seinen Treffern den HSV Hamburg im Spiel. |
Sechs Treffer und eine Menge Dynamik: Daniel Narcisse. |
Hamburg biss sich danach ein weiteres Mal an der starken Kieler Deckung die Zähne aus, bei angezeigtem Zeitspiel passte Krzystof Lijewski zu ungenau auf Lindberg, so dass der THW in den Ballbesitz kam und der äußerst diszipliniert auftretende Christian Zeitz mit einem Unterarmwurf das 18:16 markierte. Als Filip Jicha wenige Sekunden später den Ball stibitzte und per Gegenstoß vollendete, waren die Kieler beim 19:16 (38.) erstmals mit drei Treffern vorne.
Momir Ilic versenkte alle drei Siebenmeter. |
Doch die "Zebras" zogen sich in der Abwehr auf eine etwas kraftsparendere 6:0-Variante zurück, was zum Einen dem bislang enttäuschenden Pascal Hens entgegen kam. Zum Anderen drückte nun Domagoj Duvnjak der Partie mehr und mehr seinen Stempel auf, bei seinem Treffer zum 22:23 waren die Hamburger wieder dran. Als der Kroate nicht nur einen Ilic-Siebenmetertreffer konterte, sondern Christian Zeitz auch noch für zwei Minuten auf die Bank musste, leckten die Gastgeber und ihre Fans noch einmal Blut. Alfred Gislason beorderte nun Oldie Peter Gentzel für den glücklosen Thierry Omeyer in den Kasten, und diese Einwechslung machte sich sogleich bezahlt: Der Schwede parierte erst einen Wurf von Marcin Lijewski und entschärfte dann sogar zwei Gewaltwürfe Duvnjaks. Durch Ilic und Jicha legten die Kieler wieder auf 27:25 vor und hatten durch Sprenger die Möglichkeit, den Vorsprung gar auf drei zu erhöhen. Der Kieler Rechtsaußen wurde jedoch bei seinem Wurf unfair von Pascal Hens gestoppt, was die ansonsten vernünftig leitenden Unparteiischen Methe/Methe allerdings nicht ahndeten und damit das 26:27 ermöglichten. Nach einem Missverständnis zwischen Palmarsson und Narcisse hatten die Gastgeber sogar noch einmal die Chance zum Ausgleich, doch wieder zeigte Peter Gentzel seine Klasse: Der schwedische Torhüter hechtete einem geblockten Wurf hinterher und sicherte damit den Torabwurf für den THW. Zu diesem Zeitpunkt waren noch fünf Minuten zu spielen.
Enttäuschung bei den Gastgebern. |
Zwei Spieltage vor Schluss haben die "Zebras" also die Tabellenspitze der TOYOTA Handball-Bundesliga zurückerobert. Bis zur Meisterschaft ist es aber noch ein kleines Stück, denn mit Balingen und besonders Großwallstadt am letzten Spieltag warten noch zwei Hürden auf die Kieler. Zunächst einmal gilt die Konzentration dem "EHF Final4" in der Champions League, denn am nächsten Wochenende will der THW sich in der Kölner LANXESS arena zum zweiten Mal nach 2007 als beste Handball-Vereinsmannschaft der Welt krönen.
(Sascha Krokowski)
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Mein Glückwunsch an den THW. Ich glaube wir haben heute ein sehr unterschiedliches Spiel gesehen. Wir hatten unsere Probleme mit einfachen Würfen, das war der Schlüssel zur Niederlage. Ich habe aber auch gesehen, dass wir alle getan haben, alles probiert haben. Wir zollen dem THW für ihre Leistung Respekt, es wird eine verdiente Meisterschaft. Wir können trotzdem mit unserer Saison ebenfalls sehr zufrieden sein. Die Mannschaft hat eine tolle Entwicklung genommen und einen Titel geholt. Nur heute müssen wir eben anerkennen, dass der THW besser war.
Natürlich bin ich sehr froh und sehr erleichtert, dass wir das Spiel gewinnen konnten. Es war ein Duell zweier Weltklassemannschaften, die wirklich beide alles gegeben haben. Wir hatten das Problem, dass wir einigen Spielern unbedingt Pausen geben mussten, aber Börge Lund und Aron Palmarsson haben das super gemacht - wie die gesamte Mannschaft. Wir sind aber noch nicht Meister, wir haben noch zwei schwere Spiele vor uns.
Wir haben die ganze Zeit an uns geglaubt. Christian Zeitz war zum Schluss überragend.
Wir nehmen noch keine Glückwünsche zur deutschen Meisterschaft an, es sind noch zwei Spiele zu spielen. Unglaublich, wie wir von Anfang an präsent waren, fast übermotiviert, das hat vielleicht den Ausschlag gegeben. Beim THW unterschreibt man, weil man solche Spiele wie heute erleben will. Dafür lebt man in Kiel. Heute genießen wir erst einmal den Augenblick und schauen nicht nach vorne.[Zu Gentzel:]
Wer so viel Erfahrung mitbringt, kann uns natürlich helfen.
Das war ein Riesenschritt in die richtige Richtung "Deutsche Meisterschaft". Hamburg schien gespannter als wir zu sein, wir dagegen wollten einfach gewinnen.
Ich bin unglaublich erleichtert, auch wenn ich fest an den Sieg geglaubt habe. Dieser Erfolg ist auch der Beweis dafür, dass die neue Struktur, die der THW nun hat, funktioniert. Das war die richtige Antwort auf teilweise unberechtigte Kritik und die Stimmen, die von Wachablösung und Neuordnung gesprochen haben.
Wenn wir jetzt nicht Meister werden, haben wir es auch nicht verdient. Wir hatten in der Saison einige Probleme, aber es wenn es wichtig wird, zeigen wir unser Niveau. Wir haben verdient gewonnen, wir waren einfach besser. Ob der Druck für die Hamburger zu groß war? Das kann sein, beim Aufwärmen hatte ich das Gefühl, sie sind nicht so locker wie sonst.
Ich habe keine Stimme mehr. Das ist grausam, ein solches Spiel auf der Tribüne zu erleben. Allerdings - hier durfte ich Dinge schreien, die auf dem Feld verboten gewesen wären. Die Jungs waren unglaublich und wenn Zeitzi weiter so spielt, brauche ich gar nicht wiederkommen. Daniel hat gezeigt, was für eine Verstärkung er in der nächsten Saison sein wird und zu Filip muss man gar nichts mehr sagen...
Wir haben einen ganz wichtigen Sieg geholt. Aber wir bleiben mit den Beinen auf dem Teppich stehen. Noch haben wir die Schale nicht gewonnen. Aber - hier gewonnen zu haben, ist ein unglaublich gutes Gefühl.
Wir haben mit diesem Spiel wohl auch die Meisterschaft verloren. Ich glaube nicht, dass sich der THW noch einen Ausrutscher erlaubt. Die Enttäuschung ist riesengroß.
Es war das große Finale, und wir sind die Verlierer. Der THW hat hier gewonnen und den Titel auch verdient. Kiel war uns die ganze Zeit über überlegen. Der Frust ist riesig.
Es tut sehr weh, vor 13 000 Zuschauern in unserer Halle so etwas zu erleben. Momentan herrscht nur Leere in unseren Köpfen. Wir haben zuviel Respekt gezeigt und heute unsere Leistung nicht abrufen können.
Aus den Kieler Nachrichten vom 25.05.2010:
Mit dem neunten Bundesligasieg in Folge legte der THW den Grundstein für die 16. Meisterschaft. Sicher, alle Kieler lehnten die vorzeitigen Glückwünsche am 32. Spieltag ab. Doch wer soll diesen schwarz-weißen Express stoppen? Zu eindrucksvoll hatten die Schützlinge von Alfred Gislason in der Höhle des Löwen aufgetrumpft. Eiskalt, ohne Nerven und mit einem Team, in dem jeder die Hand des Kollegen ergriff. Egal, wen Gislason in das hitzige Ringen warf, er war sofort zur Stelle. So wie Peter Gentzel, der in der 48. Minute kam und gleich Würfe von Marcin Lijewski und dem starken Domagoj Duvnjak parierte. Hamburger Medien glaubten zuvor, in dem 41-Jährigen eine Schwachstelle in der THW-Rüstung entdeckt zu haben. Gentzel gab die richtige Antwort.
Oder Börge Lund und Aron Palmarsson, die immer wieder für Daniel Narcisse und Filip Jicha in die Bresche sprangen, die nach ihren Verletzungspausen Auszeiten benötigten. Wegweisend deshalb die Phase zwischen der 20. und 25. Minute, als Jicha nach einem Päuschen wieder die nötige Luft hatte, vier Tore in Folge zu werfen.
Während in den Reihen der Hamburger der zehnfache Torschütze Hans Lindberg und der von HSV-Trainer Martin Schwalb zu spät eingewechselte Duvnjak den Karren allein ziehen mussten, glänzte auf Kieler Seite das Kollektiv. Eines, aus dem keiner abfiel. Eines, aus dem Christian Zeitz herausragte. Nach einer durchwachsenen Saison hatten ihm viele eine solche Weltklasse-Leistung nicht mehr zugetraut. Die kurzen Einsatzzeiten, die er im Schatten von Kim Andersson bekam, konnte der 29-Jährige oft nicht nutzen. Zu sehr setzte er sich unter den Druck, in Kürze etwas Großes zu bewegen. Doch zu welchen Leistungen er fähig ist, wenn er mit Gelassenheit seinen Job ausübt, wurde am Sonnabend deutlich. Mit einer fast fehlerlosen Vorstellung entzauberte er in der Abwehr nicht nur die "Halblinken" Pascal Hens und Blazenko Lackovic. Auch im Angriff war Zeitz nicht zu stoppen. Symptomatisch für seinen Willen war das Tor zum 32:29 (58.), als die Hamburger bereits auf offene Manndeckung umgestellt hatten. Er umkurvte erst Duvnjak, dann Torsten Jansen, stolperte, warf und traf. "Alfred hat mich in der letzten Woche im Training permanent beleidigt", meinte ein grinsender Zeitz. "Das hat mich sehr motiviert." Den Schlüssel zum Erfolg sah er in der aggressiven 3:2:1-Deckung, die der THW perfekt praktiziert hatte. "Das hat Hamburg wohl überrascht."
Die Kieler machten nicht den Fehler, Hens in Manndeckung zu nehmen und den anderen HSV-Schützen so Freiräume zu gestatten. Sie erwarteten die Angriffe als ein bugförmiges Bollwerk, an dem sich Hens & Co die Zähne ausbissen.
Es war der größere Siegeswillen, der den Ausschlag gab. Szenen wie die in der 14. Minute, als der gewaltige HSV-Kreisläufer Igor Vori mit großen Schritten einen Gegenstoß lief. Es wäre der Anschlusstreffer zum 6:7 gewesen. Wurde es nicht, weil Christian Sprenger, trotz eines gefühlten Rückstandes von 15 Metern, über das Feld flog und dem verdutzten Kroaten den Ball noch aus der Hand spitzelte.
Die coolen Kieler verloren auch dann die Nerven nicht, als die guten Unparteiischen Methe/Methe wankten. In der 54. Minute übersahen sie ein hartes Foul von Hens an Sprenger. Es hätte Siebenmeter geben müssen. Stattdessen verkürzte der HSV im Gegenzug auf 26:27. Der THW schüttelte sich, traf durch Narcisse zum 28:26. Dann blockte Jicha den enttäuschenden Kristof Lijewski, bediente Dominik Klein, und der knallte den Ball zum 29:26 ins Netz.
Schwalb brachte nun Hens als siebten Feldspieler. Im gelben Laibchen traf der Nationalspieler aber nicht besser, scheiterte am Pfosten, und Sprenger warf den Ball geistesgegenwärtig ins verwaiste HSV-Tor. Der Rest war Kieler Jubel und tiefer Frust bei den Hamburgern, denen die Worte von THW-Manager Uli Derad ("es gab heute zwei Sieger, den Handball und uns") nur wenig Trost spenden konnten.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 25.05.2010)
Aus den Kieler Nachrichten vom 25.05.2010:
Ilic - Nach seinem ersten Siebenmeter humpelte Momir Ilic vom Platz. Stefan Kretzschmar, Co-Kommentator bei Sport1, vermutete eine Finte. "Der wird bestimmt noch eingewechselt." Doch der Serbe kam nur bei drei Siebenmeter, die er alle verwandelte. "Beim ersten Wurf habe ich tatsächlich Schmerzen gehabt, später wurde es besser. Mitspielen wäre aber noch nicht möglich gewesen." Ob das gedehnte Kreuzband, das Seitwärtsbewegungen schmerzhaft macht, einen Einsatz beim "Final4" in Köln zulässt, wusste er nicht. "Ich bin aber sehr zuversichtlich." Sonst würde er mitfahren, um die Strafwürfe zu verwandeln. Mut müsse man haben, um sich nur für die Siebenmeter einwechseln zu lassen, lobte sein Berater Sascha Bratic. "Das war echter Balkan-Mut."
Krücken - Wer dem THW die Daumen drückte, war geschockt. Wer für den HSV fieberte, gewann an Zuversicht, als der Bus der Kieler vor der Arena hielt. Die Tür öffnete sich, und Christian Zeitz, nach der Operation von Kim Andersson einziger Linkshänder im Rückraum, humpelte auf Krücken heraus. Nach Andersson, Jicha und Ilic nun auch Zeitz nicht dabei? Keineswegs. Nach einigen Metern warf Spaßvogel Zeitz die Krücken, eine Leihgabe des mitgereisten Andersson, weg.
Restprogramm - Der THW Kiel erwartet am 2. Juni HBW Balingen-Weilstetten (15./18:46 Punkte) zum letzten Heimspiel. Am 5. Juni steht beim TV Großwallstadt (8./32:26) das letzte Saisonspiel an. "Gegen Balingen haben wir noch eine Rechnung offen", sagte Kim Andersson, der auch die bittere 37:39-Niederlage im Hinspiel nicht vergessen hat. Die Bilanz gegen die Schwaben ist sonst blütenweiß. Sieben Siege, die drei Heimspiele mit mindestens acht Toren gewonnen. In Großwallstadt verlor der THW zuletzt am 21. Februar 2001 (27:29). Anschließend folgten 16 Siege und drei Unentschieden. Ein Remis im Frankenland würde Kiel dank des besseren Torverhältnisses gegenüber dem HSV (plus 62) reichen. Hamburg spielt noch am 28. Mai zu Hause gegen den TSV Hannover-Burgdorf (14./20:44) und am 5. Juni in Balingen.
Rudolph - Gewöhnlich fiebert Andreas Rudolph, Präsident des HSV, gemeinsam mit seinem Sohn in einem der vier Zugänge zum Spielfeld mit. Im Stehen, nur wenige Meter von der Bande entfernt, stets mit zwei Fingern Strafzeiten fordernd. Diesmal hielt Rudolph Senior es nicht bis zum Schlusspfiff aus. Als Christian Sprenger den Ball zum 31:27 ins verwaiste HSV-Tor geworfen hatte, verschwand er in der Mannschaftskabine und kam erst nach einer Stunde wieder raus. Trotz der Enttäuschung, wieder einmal am THW gescheitert zu sein, blieb er ein fairer Verlierer. "Kiel hat sehr verdient gewonnen." Auch wenn der HSV nun noch Meister werden würde, wäre der THW die bessere Mannschaft gewesen, da sie die direkten Vergleiche (Remis, Niederlage) gegen Kiel nicht für sich entscheiden konnten.
Schauspieler - Ist Martin Schwalb ein guter Schauspieler? Wenn nicht, dann ist er ein Verlierer mit Stil. Auf der Pressekonferenz gratulierte der HSV-Trainer dem THW zur "verdienten" Meisterschaft. Vor dieser Mannschaft hätte er "den größten Respekt". Es bestehe aber für seinen Club kein Anlass, nun in "Sack und Asche" durch Hamburg zu laufen, "Hätte ich vor einem Jahr gesagt, dass wir Kiel diesmal bis zum Ende ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern würden, wäre ich ausgelacht worden." Der HSV hätte trotz der verpassten Meisterschaft eine tolle Saison gespielt. "Im nächsten Jahr greifen wir wieder an." Geplantes Understatement, oder ehrliche Einsicht - entscheiden Sie selbst.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 25.05.2010)
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