Die Punkte 21 und 22 konnte der THW Kiel am Mittwoch
mühelos beim
32:22-Erfolg in Lübbecke
sammeln. Am kommenden Samstag soll der zwölfte Sieg im
zwölften Bundesligaspiel in eigener Halle folgen: Zu Gast
ist dann der zweifache Meister TBV Lemgo, der trotz
personellen Umbruchs glänzend in die Saison gestartet ist.
Angepfiffen wird die Partie in der Sparkassen-Arena-Kiel
um 18.30 Uhr, Sport1 überträgt das Duell der Traditionsclubs live.
In Lemgo hat sich vieles verändert. Platz neun in der vergangenen Saison
läutete bei den Ostwestfalen eine Zäsur ein. Zuletzt hatte sich der TBV
Lemgo 1989 derartig schlecht platziert. Zum ersten Mal seit 16 Jahren
verpassten die Lipperländer dadurch auch die Qualifikation für den
Europapokal - und das ausgerechnet im Jubiläumsjahr. Im Sommer feierte
der Verein mit dem "
Jahrhundertturnier", das
der THW Kiel gewann, seinen 100. Geburtstag. Jetzt wird in Lemgo der
Neuaufbau einer erfolgreichen Mannschaft in Angriff genommen.
Beuchler ersetzt Mudrow
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Der neue Trainer: Dirk Beuchler.
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TBV |
Kein leichtes Unterfangen: Der deutsche Meister 2002 musste nicht nur
personell vor dieser Spielzeit einen Aderlass verkraften. Mit Holger
Glandorf (nach Flensburg), Martin Galia (ging nach Großwallstadt) und
Ferenc Ilyes, der zurück nach Ungarn zum Top-Club MKB Veszprem wechselte,
verließen gleich drei Leistungsträger den Verein. Hinzu kam Sergio
Datukaschwili, der keinen neuen Vertrag erhielt. Und auch Trainer Volker
Mudrow, schon als Spieler und von 2002 bis 2007 als Trainer beim TBV
aktiv, musste nach zwei Jahren erneut gehen. Abgelöst wurde Mudrow von
Dirk Beuchler, der vom Zweitligisten SV Post Schwerin ins Lipperland kam.
Beuchler, der als Aktiver zuletzt in Spanien auf der Platte stand und
als Manager bei Portland San Antonio arbeitete, steht beim TBV vor einer
schwierigen Aufgabe. "Wir wollen uns mittelfristig wieder an die
Europapokalplätze heranarbeiten", hatte der Coach als Ziel für die
kommenden Jahre ausgeben. "Das braucht Zeit, in zwei bis drei Jahren
wollen wir den Anschluss geschafft haben."
Finanziell keine großen Sprünge möglich
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Nils Dresrüsse gilt als größtes Torhütertalent Deutschlands.
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TBV |
Dabei muss Beuchler allerdings mit weniger Geld als bisher auskommen:
Der Etat wurde dramatisch gekürzt. Handball-Experten vermuten, dass
die Ostwestfalen in dieser Saison rund 700.000 Euro weniger als im
Vorjahr zur Verfügung haben. Große Sprünge konnte sich der TBV deshalb
auf dem Transfermarkt nicht erlauben. Von den Kadetten Schaffhausen
wechselte der Halblinke Mait Patrail in die stärkste Liga der Welt. Der
erste Este in der TOYOTA Handball-Bundesliga will sich in Lemgo für
höhere Aufgaben beim THW Kiel empfehlen. Beim deutschen Rekordmeister
hat Patrail einen Vorvertrag ab 2013 unterschrieben. Von GWD Minden
kam der junge Torhüter Nils Desrüsse zum TBV, der hinter dem inzwischen
31-jährigen Carsten Lichtlein zur neuen Nummer eins reifen soll. Weil
sich Rolf Herrmann, im rechten Rückraum gesetzt, in der Vorbereitung
einer Schulter-Operation unterziehen musste, die den Linkshänder
vermutlich bis zur EM-Pause außer Gefecht setzen wird, verpflichteten
die Lemgoer zudem den Schweden Patrick Johansson von Guif Eskilstuna.
Zudem kam der 2,03 Meter große Gunnar Dietrich von der TSG Friesenheim
(siehe auch
Gegnerkader Lemgo).
"Wir wollen in den nächsten Jahren ein junges Team mit Perspektive
aufbauen", erklärte Dirk Beuchler. Außerdem müsse man in Lemgo zusehen,
dass man das Geld, das zur Verfügung stehe, sinnvoll anlege: "Deshalb
müssen wir uns gezielt mit Spielern verstärken, die zu uns passen. Dann
werden wir uns auch Schritt für Schritt wieder nach oben arbeiten können."
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Ein Schwede im rechten Rückraum: Patrick Johansson.
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Um der jungen Mannschaft Zeit zur Entwicklung zu geben und nicht mit
überzogenen Erwartungen unter Druck zu setzen, hat der TBV erstmals keine
Platzierung als Saisonziel ausgegeben. "In dieser Saison gilt unser
Hauptaugenmerk dem einzuleitenden Umbruch", sagt TBV-Manager Volker Zerbe,
der seine Mannschaft vor allem für die Spiele vor eigenem Publikum in die
Pflicht nahm: "Wir wollen unsere Zuschauerzahl wieder steigern, das geht
aber nicht, wenn man wie wir in der Vorsaison acht Heimspiele verliert."
Bittere Pokalpleite in Nordhorn
Auch deshalb schmerzte das Aus in der zweiten Runde des DHB-Pokals beim
Zweitligisten HSG Nordhorn-Lingen (30:41) besonders. In einem offenen
Brief entschuldigte sich die Mannschaft bei Fans und Sponsoren für diesen
Fauxpas. "Das war nicht das, was wir uns selbst vorgenommen haben und was
man von uns erwarten darf. Kampf, Leidenschaft und Emotionen waren nicht
vorhanden", erklärten die Profis selbstkritisch. In der Liga hingegen
lief es bisher besser, als manch einer im Lipperland erwartet hatte:
Bisher verloren die Ostwestfalen in eigener Halle nur unglücklich mit
25:26 gegen die Rhein-Neckar Löwen. Und auch auswärts musste sich der
TBV, bei dem Routinier Florian Kehrmann als Kapitän auch schon im rechten
Rückraum aushalf, nur der SG Flensburg-Handewitt (26:32) und HBW
Balingen-Weilstetten (28:32) geschlagen geben. Zuletzt siegte der TBV in
einer wahren Abwehrschlacht durch einen direkt verwandelten Freiwurf von
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Mait Patrail ist mit 35/2 Treffern bislang bester Schütze beim TBV.
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TBV |
Mait Patrail mit 19:18 gegen den TV Großwallstadt. Mit 12:6 Punkten
schnuppern die Lemgoer jetzt wieder an den Europapokalplätzen (siehe auch
Tabelle und
Gegnerkurve Lemgo).
"Wir sind auf einem guten Weg", so Beuchler. "Aber wir brauchen weiterhin auch Geduld."
Bilanz spricht für den THW
Der THW Kiel sollte aber dennoch gewarnt sein, denn in den vergangenen
Spielzeiten stellte der TBV Lemgo desöfteren einen Stolperstein für die
"Zebras" dar: In der Rekordsaison 2008/09 brachten die Lipperländer dem
THW beim
34:27 die einzige Liga-Niederlage bei.
Und auch in der Spielzeit darauf ärgerten sie die Kieler, holten in der
Sparkassen-Arena ein
27:27-Unentschieden und
siegten im Gerry-Weber-Stadion mit
32:30. Erst
in der vergangenen Saison konnten die Kieler den kleinen Lemgo-Fluch
ablegen und feierten ungefährdet die Bundesliga-Siege
31
und
32 aus bislang 56 Duellen (sechs Unentschieden,
18 Niederlagen - siehe auch
Gegnerdaten Lemgo).
Die Schiedsrichter am Samstag in der Sparkassen-Arena-Kiel sind
Lars Geipel und Marcus Helbig.
(Christian Robohm / Sascha Krokowski)
Lesen Sie bitte auch
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Aus den Kieler Nachrichten vom 12.11.2011
Stoppt Lemgo THW-Express?
Ostwestfalen heute ohne "weiße Fahne" in Kiel
Kiel. Beim 32:22 am Mittwoch in Lübbecke demonstrierte der THW
seine Klasse, setzte seinen Triumphzug durch die Handball-Bundesliga
fort und führt die Spielklasse weiterhin verlustpunktfrei an,
garniert mit einem überragenden Torverhältnis von plus 107 Toren.
Der Reise ins Ostwestfälische folgt heute Besuch aus Ostwestfalen -
Ex-Meister TBV Lemgo ist um 18.30 Uhr Gast in der Kieler Sparkassen-
Arena. Anwurf ist um 18.30 Uhr, Sport1 überträgt die Partie live.
22:0 Punkte stehen auf der Habenseite der "Zebras", der vereinseigene Rekord
von 15:1 Zählern ist längst geknackt. Eine makellose Serie - zugleich
ein Grund, von der "perfekten Saison" zu träumen?
Alfred Gislason
winkt ab. Nein, sagt Kiels Trainer, daran
denke er nicht. "Ich habe Markus Baur am Mittwoch schon beruhigt,
dass sein Bundesliga-Rekord nicht gefährdet sei." Markus Baur ist Coach
von TuS N-Lübbecke und Mit-Rekordinhaber der neun Jahre
alten Liga-Bestmarke von 34:0, die ausgerechnet
den heutigen THW-Gast schmückt. Baur war Spielmacher
beim damaligen "TBV Deutschland", der in der Saison 2002/03 wie ein Express
durch die Liga rauschte, 17 Spiele in Folge gewann. "Ich bin erst einmal
froh, wenn wir am Sonnabend Abend 24 Punkte auf dem Konto haben,
gegen Lemgo haben wir uns zuletzt immer schwer getan. Außerdem
lenken Gedankenspiele nur ab, man läuft Gefahr, den Faden zu verlieren",
erklärt Gislason.
Der THW-Coach muss heute auf
Linksaußen Henrik Lundström verzichten,
der mit einer Schulterverletzung aus Lübbecke zurückkehrte. Ein
Fragezeichen steht zudem weiter hinter
THW-Torschützenkönig Momir Ilic (70 Treffer in der Bundesliga). Den
Serben behindert eine hartnäckige Entzündung in der Ferse. Zur Siebenmetermarke
werde Ilic es aber trotzdem
schaffen, weiß Gislason. Die einstige
THW-Sorgen-Disziplin ist dank des 29-jährigen Rückraumspielers zur
Glanznummer mutiert. 38-mal nahm Momir Ilic
bisher von der Strafwurfmarke Maß, 37-mal versenkte er die
Lederkugel im gegnerischen Tornetz, einzig Magdeburgs Torhüter Björgvin
Gustafsson bremste Ilic.
Lemgo startete "gemischt" in die Saison, sammelte 12:6 Punkte, liegt
nach einer personellen Zäsur aber im Soll. Nach Platz neun in der abgelaufenen
Saison machten die TBV-Verantwortlichen einen Schnitt, verbunden
mit einem Kassensturz; der Etat schrumpfte von rund 5,2 Millionen auf
4,5 Millionen Euro. So musste der Meister von 1997 und 2003 bewährte
Kräfte wie Holger Glandorf (Flensburg), Martin Galia (Großwallstadt),
Ferenc Ilyes (Veszprem) und Sergo Datukaschwili (Presov) ziehen lassen, ersetzte
diese durch junge Spieler. Den Start in die neue Zukunft vertraut Geschäftsführer
Volker Zerbe Trainer Dirk Beuchler an, der vom Zweitligisten
Schwerin kam und Volker Mudrow
ersetzte.
Beuchler saß am Mittwoch mit seinem kompletten Team auf der Tribüne,
war Zeuge der THW-Gala in Lübbecke.
Mit der weißen Fahne schickt er sein Team dennoch nicht
in die Sparkassen-Arena. "Ich habe den Spielern
gesagt, dass es keinen Grund gibt, in Ehrfurcht zu versinken." Vielmehr, so
Beuchler, müsse es für jeden Lust, Ansporn und Freude zugleich sein, vor
10 250 Zuschauern gegen eine der weltbesten Mannschaften spielen zu
dürfen.
"Das war sehr souverän", bewertete Sebastian Preiß die THW-Leistung.
Lemgos Kreisläufer startete seine Karriere 2001 in Kiel, wechselte 2005
zum TBV, ist mittlerweile 30 Jahre alt und hat 145 Länderspiele angesammelt.
Preiß freut sich auf die Rückkehr
in seine Vergangenheit ("Ich habe
noch einige Freunde in Kiel"), ist in Lemgo aber sesshaft geworden. Die
gemeinsame zweite Tochter brachte Ehefrau Hanne vor einem halben Jahr
zur Welt, das eigene Haus ist gerade im Bau. "Wir fühlen uns hier sehr wohl,
planen zu bleiben", sagt der gebürtige Franke. Heute rechnet er sich nur Außenseiterchancen
aus: "Die Favoritenstellung ist eindeutig."
Spektakulärster Neuzugang beim TBV ist Mait Patrail. Der Este kam von
Kadetten Schaffhausen - und hält einen Vorvertrag ab 2013 mit dem THW
in Händen. "Das ist unser Spieler", betont Kiels Geschäftsführer
Klaus Elwardt, "wir hatten eine Option, haben
ihn für den TBV aber vorerst bis 2013 freigegeben." Dem 23-jährigen
Rechtshänder wird eine glänzende Karriere vorhergesagt. Sein Debüt in
der Kieler Arena dürfte er heute genießen. Ob Mait Patrail aber eines Tages
tatsächlich ein "Zebra" wird, steht in den Sternen. "Jetzt ist er Lemgoer",
sagt Gislason, "alles andere warten
wir ab".
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 12.11.2011)
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THW Kiel - TBV Lemgo:
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