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27.08.2012 Mannschaft

Zebra-Journal: Die Kreisläufer-Familie

Drei seiner vier Geschwister spielen die gleiche Position wie Rene Toft Hansen

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 25.08.2012:

Rene Toft Hansen wollte unbedingt in die Bundesliga: "Ich will jedes Mal unter Druck stehen."
Klicken Sie zum Vergrößern! Rene Toft Hansen wollte unbedingt in die Bundesliga: "Ich will jedes Mal unter Druck stehen."
Mit Patrick Wiencek und dem Platzhirschen Marcus Ahlm absolvierten zwei Kreisläufer die komplette Vorbereitung, der dritte fehlte in den ersten vier Wochen: Rene Toft Hansen kam mit den Dänen bei den Olympischen Spielen in London ins Viertelfinale.
Sind drei Kreisläufer einer zu viel? "Ja", sagt Ulrik Wilbek, dänischer Nationaltrainer. "Rene und Marcus spielen, für Wiencek wird es schwer." Toft Hansen sei ein viel besserer Abwehrspieler als der junge Deutsche. Wilbek lobt den 112-Kilo-Mann als starken Mittelblocker, der nur bei wendigen Gegnern seine Probleme hätte. "Er will noch besser werden, deshalb hat er sich für Kiel entschieden." Wilbek hält den Zeitpunkt für perfekt. "Im Angriff hat er sich verschlechtert, er braucht eine neue Herausforderung." Er sei bereit für die Bundesliga, sagt der 57-malige Nationalspieler, der mit Dänemark bei der Europameisterschaft in Serbien die Goldmedaille gewann und ins All-Star-Team berufen wurde. In einem Turnier, in dem Toft Hansen und seine Landsleute nach zwei Niederlagen in der Vorrunde die Hauptrunde als Letzter erreichten hatten und mit fünf Siegen in Folge noch ein kurioses Kapitel Sportgeschichte schrieben.

Vor einigen Jahren wollte Alfred Gislason, damals Trainer des VfL Gummersbach, Toft Hansen ins Oberbergische holen. "Da war ich körperlich noch nicht so weit", sagt der Zwei-Meter-Mann. Außerdem wäre es sein Traum gewesen, zu einem deutschen Spitzenclub zu wechseln. Seine Augen leuchten, wenn er von den vollen Arenen in der Bundesliga spricht. Von dem Gastspiel mit seinem Club, dem inzwischen insolventen dänischen Meister AG Kopenhagen, der in der ausverkauften Kieler Arena in der Gruppenphase der Champions-League-Saison 2011/2012 in einem begeisternden Spiel nur knapp unterlag (26:28). "Das will ich regelmäßig erleben." Außerdem könne aufgrund des eigenwilligen Playoff-Systems in Dänemark ein Team Meister werden, das zuvor viele Spiele verloren habe. "Ich will jedes Mal unter Druck stehen." Und Kiel sei für ihn das Manchester United des Handballs. Der 27-Jährige ist Fan des englischen Fußballclubs. Er wuchs im Dörfchen Roslev auf einem Bauernhof auf, den seine Eltern bewirtschaften. Sein Rückzugsgebiet, sagt der Familienmensch, der zwei Brüder und zwei Schwestern hat. Kurios: Vier der fünf sind Kreisläufer geworden, mit Henrik (25) teilte er sich bei der Europameisterschaft einen Arbeitsplatz, die Olympischen Spiele erlebte Henrik nur als Zuschauer. Wilbek musste sich nach dem Comeback des Flensburgers Michael Knudsen für einen Toft Hansen entscheiden und wählte den älteren. Beide hatten im Rückraum begonnen und sich von Kindesbeinen an einen dauerhaften Wettstreit geliefert. Wer springt weiter? Wer fährt besser Rad? "Wenn ich im Training etwas mache, ist es sein Bestreben, es besser zu machen", sagt Henrik, der als der variantenreichere Angriffsspieler gilt, gegenüber dem Internetportal www.inside-handball.net. Weil Rene sich zeitig für Kiel entschied, verpflichteten die Verantwortlichen von AG Kopenhagen den zwei Jahre jüngeren Bruder als Nachfolger. So spielten sie erstmals in ihrer Karriere in einer Mannschaft, wurden Meister, Pokalsieger und Dritter in der Champions League. "Kreisläufer, diese Position liegt uns im Blut", sagt Rene Toft Hansen. Ihm würde sie so gut gefallen, weil er hier die Intensität der Sportart am besten spüren würde. "Für mich liegt der Reiz darin, ein Tor zu verhindern und dann gleich selbst eins zu machen." Seine Verlobte Kathrine Buus Nielsen (24), Spielmacherin eines Handball-Zweitligisten, wird ihn begleiten. "Sie will sich in Kiel einen neuen Verein suchen, um schnell Kontakte zu knüpfen", sagt Toft Hansen, der passabel Badminton und Fußball spielt. Der gerne schwimmt. "Nationalmannschaft war aber nur als Handballer möglich."

Wer in der gemütlichen Elitserie zu Hause ist, muss sich in der Bundesliga umstellen. Damit leben, viele Stunden in Bussen und Flugzeugen zu verbringen. Manch einen schreckt das ab, Toft Hansen nicht. "Ich beginne ein Studium, es gibt schließlich auch ein Leben nach dem Handball." Der Studiengang sei noch offen. Klar wäre aber, dass er sich auf das Reisen freue. "Dabei habe ich viel Zeit zum Lesen."

Das sagt Gislason

Er ist einer der besten Abwehrspieler der Welt und ein herausragender Kreisläufer. Er muss allerdings an seiner Fitness arbeiten und deutlich schneller werden. Für ihn war der Wechsel aus der dänischen Liga in die Bundesliga überfällig. Mit Kopenhagen hatte er ein hartes Spiel pro Monat, das ist zu wenig.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 25.08.2012. Das Gespräch führte Wolf Paarmann)


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