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27.08.2012 Bundesliga

Zebra-Journal: "Zebras" wieder im Galopp?

Auf Dauer droht der Bundesliga durch Kiels Dominanz die Langeweile

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 25.08.2012:

Die Überflieger!
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Überflieger, Titelhamster, unbesiegbar, beste Mannschaft aller Zeiten: Die perfekte Saison, die der THW Kiel am 2. Juni 2012 mit dem 39:29 gegen den VfL Gummersbach souverän abschloss, erlaubte dem Team von Trainer Alfred Gislason jedes erdenkliche Superlativ. Übertrieben war nichts, gewannen die "Zebras" doch alles, was es zu gewinnen gab. Jetzt hocken sie erneut in den Startlöchern, sind in allen Wettbewerben die Gejagten. Keine ungewohnte Situation, etwas ist jedoch neu: Das Wissen darum, solch eine Bilderbuchsaison nicht wiederholen zu können.
Schier unglaublich erscheint die Bilanz der vergangenen Spielzeit: Pokalsieg, Champions-League-Triumph und die 17. Meisterschaft. Letztere dominierten die Kieler überlegen wie nie. Nur 30 Spieltage brauchten sie, um sich die Schale zu sichern. Nach dem letzten Spieltag war klar: Die Null steht. 68:0 Punkte zierten das Punktekonto. Rekord für die Ewigkeit. In der Liga begann man, die erdrückende Überlegenheit zu fürchten. "Es ist schon langweilig für den Beobachter, wenn der Meister so früh feststeht", sagte Volker Zerbe, Geschäftsführer des TBV Lemgo, gegenüber der FAZ. Gespalten ist die Meinung, die Horst Bredemeier, Manager von Aufsteiger GWD Minden, stellvertretend für andere Kollegen vertritt. Er könne sich nicht tief genug verbeugen vor diesem THW, erklärte er. "Aber dessen Leistung spricht nicht für all die anderen." Soll heißen: Ein Serienmeister, der jetzt auch noch sämtliche Spiele gewinnt, weil die Konkurrenz schwächelt, schadet dem Gesamtprodukt Handball-Bundesliga.

Die Gefahr besteht, dass diese Dominanz auf Dauer das Interesse an der Liga abklingen lässt. Darauf angesprochen, gibt sich auch THW-Manager Klaus Elwardt nachdenklich. Zwar macht er den Mitkonkurrenten Hoffnung auf eine ausgeglichenere Saison. "Angesichts der Olympischen Spiele und der daraus resultierenden miserablen Möglichkeiten, sich mit den neuen Spielern vernünftig einspielen zu können, wird es viel schwieriger." Der THW spiele einfach ganz normal mit, erklärt er gönnerhaft. Dennoch wünscht sich Elwardt eine ähnliche Attraktion wie sie die Basketball-Bundesliga durch den Aufstieg des FC Bayern München "geschenkt" bekam. Das, so der 56-Jährige, wäre eine ganz große Nummer, die zu mehr Aufmerksamkeit für die beste Liga der Welt führen würde. Allerdings: Ein FC Bayern ist im Handball nicht in Sicht.

Den Kieler Überfliegern irgendwelche Schuldzuweisungen anzuhängen, wäre natürlich kompletter Unfug. Vielmehr steht die Konkurrenz in der Bringschuld. Immerhin besteht berechtigte Hoffnung, dass die Mannschaften an der Spitze enger zusammenrücken. "Das wird man nie wieder toppen", prophezeite schon Kim Andersson, als er sich mit seinen Teamkollegen von 20.000 Fans auf dem Rathausplatz für die Überflieger-Saison feiern ließ. Ein perfekter Abschluss für Andersson, der nach der Party seine Koffer packte und sich nach Kopenhagen verabschiedete. Er verließ Kiel aus privaten Gründen, Frau und Kinder wollten zurück zur Familie im nahen Schweden. Doch der neue Job bei AGK war beendet, bevor er begonnen hatte. Die Pleite des Clubs vom ehemaligen Schmuckhersteller Jesper Nielsen machte nicht nur Anderssons Zukunftsplanung zunichte. Beim THW hinterlässt der Schwede eine große Lücke. War er doch mit 225 Saisontoren, zahlreichen Assists und der für ihn typischen Spielintelligenz maßgeblich am "Triple" beteiligt. Ab sofort wird Marko Vujin versuchen, in seine Fußstapfen zu treten. Neben dem Serben muss der Rekordmeister auch Patrick Wiencek, Gudjon Valur Sigurdsson und Rene Toft Hansen integrieren. Die Olympischen Spiele, die viele "Zebras" die Sommerpause kosteten, machten das schwer. Nur sieben Spieler standen Gislason bei der Saisonvorbereitung zur Verfügung. Von den Neuen war lediglich Wiencek dabei. Rückenwind bringen allerdings die beiden Franzosen von den Olympischen Spielen mit an die Förde: Daniel Narcisse und Thierry Omeyer kommen als Goldmedaillengewinner gut gelaunt zurück.

So lautet das Saisonziel wie immer: Meisterschaft. Dass es von Beginn an spannender werden könnte, das hält ausgerechnet der VfL Gummersbach in Händen. Kiels Abschlussgegner aus dem Rekordjahr ist auch Kiels Gastgeber für den Saisonstart 2012/2013.

Bundesliga-Splitter

  • Doppelspitze - Die Handball-Bundesliga (HBL) geht nicht nur mit einem neuen Sponsor (DKB) in die neue Saison, sondern präsentiert sich künftig auch mit einer Doppelspitze. Der bisherige Geschäftsführer Frank Bohmann arbeitet seit dem 1. Juli gleichberechtigt mit Holger Kaiser an der Spitze der Organisation. Der 47-jährige Kaiser hatte sich zuletzt bei der SG Flensburg-Handewitt einen Namen gemacht und war zuvor als Sanierer beim SC Magdeburg erfolgreich. Holger Kaiser wird sich bei der HBL vor allem um die Finanzen und die Lizenzierung kümmern. In Flensburg führt Dierk Schmäschke die Geschäfte alleine weiter.
  • Exot - Bundesliga-Absteiger Eintracht Hildesheim machte eine spektakuläre Verpflichtung, holte sich einen Grönländer. Angutimmarik Kreutzmann heißt der 24-jährige Rückraumspieler. Ausgestattet wird der Nordmann mit einem Jahresvertrag. Er soll die Eintracht in der Zweiten Liga mit seinem schnellen und schnörkellosen Spiel unterstützen.
  • Pech - Der TBV Lemgo wird sehr lange auf seinen Rückraumspieler Patrik Johansson verzichten müssen. Der 25 Jahre alte Schwede hatte eine schwere Schulterverletzung und wurde operiert.
  • Staub - Es sollte eine große Geschichte werden, das Handball-Testspiel unter freiem Himmel am 25. Juli zwischen den Bundesligisten SC Magdeburg und den Füchsen Berlin. Aber die Geschichte endete nach wenigen Minuten. Beide Trainer entschieden, die Begegnung beim Stand von 4:4 zu stoppen. Grund war die zu hohe Verletzungsgefahr. Da es so heiß und trocken war, landete immer wieder Staub auf der Spielfläche. Die Spieler rutschten auf dem Kunststoff-Untergrund reihenweise aus.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 25.08.2012)


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