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26./27.12.2012 - Letzte Aktualisierung: 27.12.2012 Bundesliga

29:35 - THW mit klarer Niederlage bei starken Flensburgern

Bundesliga, 19. Spieltag: 26.12.2012, Mi., 18.30: SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 35:29 (19:14)
Update #3 KN-Bericht, Fotos, Spielbericht und Stimmen ergänzt ...

Jubel in rot-blau: Die SG Flensburg-Handewitt kann  doch noch Derbys gewinnen.
Klicken Sie zum Vergrößern! Jubel in rot-blau: Die SG Flensburg-Handewitt kann doch noch Derbys gewinnen.
Erstmals seit dem 22. September 2007 hat der THW Kiel wieder ein Nordderby gegen die SG Flensburg-Handewitt verloren. In der 73. Auflage am frühen Mittwochabend in der ausverkauften Flens-Arena waren die "Zebras" gegen berauscht auftrumpfende Gastgeber chancenlos und kassierten eine deutliche 29:35 (14:19)-Niederlage. Damit gehen die Kieler mit nun 33:5 Punkten als Tabellenzweiter hinter den Rhein-Neckar Löwen in die fünfwöchige WM-Pause.
Erfolgreichster Torschütze beim THW war Filip Jicha mit 9/3 Treffern, bei Flensburg erzielten Holger Glandorf, Thomas Mogensen und Anders Eggert zusammen 24 Tore. Zudem trumpfte Torhüter Mattias Andersson mit 20 Paraden, darunter vier Siebenmeter, groß auf.
THW mit allen Spielern an Bord
Es schienen die besten Voraussetzungen für den 15. Derbysieg in Folge für den THW Kiel gegeben, denn Alfred Gislason konnte erstmals seit vielen Wochen wieder auf seinen kompletten Kader zurückgreifen. Auch Daniel Narcisse war nach seinem im Wetzlar-Spiel zugezogenen Pferdekuss wieder einsatzbereit. Gislason hatte so die Qual der Wahl und entschied sich dazu, zunächst auf Patrick Wiencek und Niclas Ekberg zu verzichten. Und der THW startete mit der Rückraumformation, die zuletzt beim 36:19-Kantersieg gegen den VfL Gummersbach sehr gut harmonierte: Filip Jicha begann auf der Mitte, neben ihm liefen Momir Ilic und Christian Zeitz auf.

Doch dass Flensburg ein ganz anderes Kaliber als Gummersbach darstellen würde, zeigte sich bereits in den ersten Spielminuten. Der erste Wurfversuch von Zeitz wurde geblockt, der erste Wurf Jichas von Andersson pariert und Svan Hansen traf per Gegenstoß zum 1:0 für die SG. Dann scheiterte Ilic sogar per Strafwurf am einstigen Kieler Keeper und Weinhold erhöhte mit einem Schlagwurf zum 2:0. Zwar gelang Ilic danach endlich der erste Kieler Treffer, doch nachdem Knudsen und zweimal Mogensen gar auf 5:1 erhöhten, stand die Flens-Arena bereits nach sechs Minuten Kopf.

Ilic hält THW zunächst im Spiel
Momir Ilic hielt die "Zebras" mit seinen Toren in der Anfangsphase im Spiel.
Klicken Sie zum Vergrößern! Momir Ilic hielt die "Zebras" mit seinen Toren in der Anfangsphase im Spiel.
Die "Zebras" taten sich sehr schwer mit der 6:0-Deckung der Flensburger, die allerdings keineswegs defensiv, sondern sehr offensiv auf alle Kieler Rückraumspieler heraus rückte und daher manchmal eher wie eine 3:3-Formation wirkte. Nur selten fand der THW ein spielerisches Mittel, um die Abwehr der Gastgeber zu knacken. Mut machte den schwarz-weißen Fans in der Anfangsphase aber der Auftritt von Momir Ilic, der mit seinen Treffern zwei und drei immerhin den 4:6-Anschluss schaffte.
SG zieht davon
Der THW hatte mittlerweile von der 3:2:1-Deckung mit dem vorgezogenen Jicha auf eine 6:0 mit Ilic und Ahlm im Mittelblock umgestellt, um dem spielfreudigen Flensburger Rückraum um Mogensen, Regisseur Weinhold und Glandorf kompakter entgegen zu treten. Zudem brachte Gislason im Angriff Marko Vujin für den etwas übermotiviert gestarteten Christian Zeitz. Doch das Flensburger Trio, das im Angriff fast die kompletten 60 Minuten durchspielte, zeigte sich davon unbeeindruckt: Weinhold bediente Knudsen, der zum 7:4 traf, und nach einer Andersson-Parade gegen Ilic erhöhte Svan Hansen im Gegenstoß wieder auf vier Treffer Vorsprung. Alfred Gislason nahm seine Auszeit, den SG-Express vermochte er damit und mit der Hereinnahme von Daniel Narcisse aber nicht zu stoppen: Einen Ballverlust im Aufbauspiel und einen Pfostenwurf Vujins später waren die Gastgeber durch zwei weitere schnelle Treffer der beiden Außen gar auf 10:4 (14.) enteilt.

Mattias Andersson überragte mit 20 Paraden.
Klicken Sie zum Vergrößern! Mattias Andersson überragte mit 20 Paraden.
Mittlerweile war auch Rene Toft Hansen für Marcus Ahlm in die Partie gekommen. Und immerhin: Nach einem Sprenger-Gegenstoß, einer Omeyer-Parade gegen Weinhold und einem Treffer von Toft Hansen, der mustergültig von Narcisse in Szene gesetzt wurde, hatte der THW wieder Lunte gerochen. Und als Weinhold einige Minuten später ein Stürmerfoul unterlief und Omeyer mit einem weiten Pass Christian Sprenger zum zwischenzeitlichen 9:12 auf die Reise schickte, schien der THW endgültig in der Partie angekommen zu sein.

Flensburger 5:0-Serie
Doch weit gefehlt: Linksaußen Anders Eggert nahm sich nach einem Schubser von Christian Zeitz gegen Weinhold den Ball und tunnelte Thierry Omeyer aus dem Rückraum zum 13:9. Doppeltes Unglück für den THW: Zeitz wurde von den guten Unparteiischen zudem für zwei Minuten auf die Bank verbannt. In Unterzahl schwammen den "Zebras" nun wieder die Felle davon: Jicha verfehlte bei angezeigtem Zeitspiel das Tor, Palmarsson scheiterte am starken Andersson und Svan Hansen und Eggert stellten das Ergebnis auf 15:9. Als dann auch noch Aron Palmarsson eine Zeitstrafe kassierte, waren die Gastgeber durch einen Eggert-Siebenmeter und einen weiteren Mogensen-Kracher sogar auf 17:9 (25.) enteilt.
Kieler Aufbäumen vor der Pause
Mit neun Treffern war Filip Jicha zwar bester Schütze der Kieler, er scheiterte aber auch zweimal vom Siebenmeterpunkt.
Klicken Sie zum Vergrößern! Mit neun Treffern war Filip Jicha zwar bester Schütze der Kieler, er scheiterte aber auch zweimal vom Siebenmeterpunkt.
Mit seinem Hüftgeschoss zum 10:17 weckte Christian Zeitz seine Nebenleute noch einmal auf. In der besten Phase - und mittlerweile wieder mit der 3:2:1-Abwehr - robbten sich die Kieler in der Schlussphase des ersten Durchgangs wieder etwas heran: Jicha verkürzte auf 11:17, Omeyer parierte gegen Knudsen und erneut Jicha, der von Zeitz auf halbrechter Position freigespielt wurde, sorgte für das 12:17. Als Ilic mit seinem vierten Treffer und ein drittes Mal Jicha nach Zeitz' Ballgewinn in der Abwehr das Ergebnis sogar auf 14:18 stellten, keimte im Kieler Lager wieder Hoffnung auf. Das letzte Wort im ersten Durchgang hatten aber wieder die Gastgeber: Mogensen setzte einen Rückraumwurf ans Aluminium, doch Jacob Heinl schnappte sich den Abpraller und traf zum 19:14-Pausenstand. Eine symptomatische Szene für die ersten 30 Minuten (und, wie sich später herausstellen sollte, auch für das gesamte Derby), denn die SG wirkte einfach präsenter, bissiger, wacher als die "Zebras". Nichtsdestotrotz war dieser Fünf-Tore-Rückstand zur Pause noch lange kein Grund, die Köpfe in den Sand zu stecken.
Christian Zeitz dreht auf
Nach Wiederanpfiff befürchteten viele Flensburger Fans das große Aufbäumen des THW. Indes: Die Mannschaft von Ljubomir Vranjes ließ dies einfach nicht zu. Mit absoluter Entschlossenheit setzte sich Thomas Mogensen gleich im ersten Angriff des zweiten Durchgangs gegen die Kieler Deckung durch und traf zum 20:14. Und als Christian Zeitz an Andersson scheiterte, erhöhte der im ersten Durchgang noch recht zurückhaltende Glandorf per Sprungwurf gar wieder auf sieben Treffer. Immerhin Christian Zeitz war nun endgültig im Derbymodus angekommen und übernahm in dieser Phase viel Verantwortung: Den von Jicha verwandelten Siebenmeter zum 15:21 bereitete Zeitz mit seinem Anspiel an Sprenger vor, und nach einem Durchbruch sowie einem unglaublichen Stemmwurf des Kieler Linkshänders zum 17:22 keimte noch einmal Hoffnung auf - zumal Omeyer im Anschluss einen abgefälschten Weinhold-Wurf über die Latte lenken konnte.
Flensburg lässt sich nicht nervös machen
Holger Glandorf erzielte sieben seiner neun Treffer im zweiten Durchgang.
Klicken Sie zum Vergrößern! Holger Glandorf erzielte sieben seiner neun Treffer im zweiten Durchgang.
Doch die SG blieb trotz des kleinen Kieler Strohfeuers cool und hatte nun auch das Glück des Tüchtigen auf ihrer Seite, als ein Zeitz-Aufsetzer nur die Latte traf. Statt des 18:22-Anschlusses sorgte so Glandorf mit einem weiteren Sprungwurf-Kracher zum 23:17. Und als dann auch noch die postwendende Jicha-Antwort geblockt wurde und Mattias Andersson im Sitzen einen weiten Pass auf Eggert zum 24:17 initiierte, hielt es kaum noch einen Fan der Gastgeber auf den Sitzen.

Einmal kurz flackerte auf der Kieler Bank noch Hoffnung auf, als Karlsson nach einem Foul an Ahlm eine Zeitstrafe kassierte und die Kieler in Überzahl durch zwei Jicha-Siebenmeter wieder auf 19:24 verkürzten, während Eggert per Strafwurf nur den Innenpfosten traf. Doch die SG blieb auch diesmal nervenstark: Svan Hansen sprintete in ein Anspiel von Narcisse auf Sigurdsson, und Mogensen erzielte den 25. Flensburger Treffer. Nach dem 26:20 durch einen erneuten Glandorf-Kracher stellte Gislason als letzte Trumpfkarte noch einmal seine Deckung auf die 3:2:1-Variante zurück, doch die Kieler stoppten sich bei ihrer Aufholjagd nun auch selbst: Filip Jicha scheiterte mit einem Siebenmeter am immer stärker werdenden Andersson, Omeyers für Sigurdsson gedachter Gegenstoßpass landete in den Händen des aufmerksamen Glandorf. Und spätestens, als Anders Eggert mit einem weiteren Konter gar das 28:20 (46.) erzielte, war das 73. Nordderby bereits entschieden. Die Flensburger Fans sprangen bei diesem Treffer ein weiteres Mal von ihren Sitzen auf, blieben während der folgenden Auszeit Gislasons stehen und dachten selbst bis zum Schlusspfiff nicht mehr daran, sich wieder hinzusetzen.

Meisterschaft noch immer selbst in der Hand
Kopf hoch, "Zebras"! Noch ist der THW Kiel an allen  Wettbewerben gut dabei.
Klicken Sie zum Vergrößern! Kopf hoch, "Zebras"! Noch ist der THW Kiel an allen Wettbewerben gut dabei.
Immerhin verhinderten die "Zebras" in den letzten zehn Minuten ein absolutes Debakel, das sich beim zwischenzeitlichen 32:23 durch Weinhold (51.) gar im zweistelligen Differenzbereich andeutete. Mit dem 29:35 - den Endstand besorgte Filip Jicha per Kempa nach Sigurdsson-Vorlage - waren die "Zebras" an diesem zweiten Weihnachtsfeiertag, an dem den Flensburger einfach alles gelingen wollte, letztlich sogar noch gut bedient. Und immerhin: Mit 33:5 Punkten haben die Kieler die deutsche Meisterschaft immer noch selbst in der Hand. Ehe es im Februar weitergeht, steht aber erst einmal die Handball-Weltmeisterschaft in Spanien auf dem Plan, weshalb Alfred Gislason in den kommenden Wochen auf etwa die Hälfte seiner Mannschaft verzichten muss.

(Sascha Krokowski)

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Glückwunsch an Ljubo und Flensburg. Das war ein auch in dieser Höhe verdienter Sieg. Wir haben schlecht angefangen und Flensburg zu Gegenstößen eingeladen, die ihnen Mattias Andersson geschenkt hat - wir sind nicht in die Partie gekommen. Ich bin natürlich enttäuscht, weil wir nicht gut genug gespielt haben. Nach dem schlechten Beginn sind wir immer einem komfortablen Rückstand hinterhergelaufen. Meine Mannschaft hat zwar alles gegeben, aber trotzdem ist es bitter, dass solch ein Jahr auf diese Art und Weise zu Ende geht. Aber: Wenn man beim Tabellendritten der DKB Handball-Bundesliga nicht gut spielt, ist es das normalste auf der Welt, wenn man dieses Spiel verliert. Letztlich ist aber alles offen. Wir haben zwei Punkte Rückstand auf die Löwen und nun nur noch drei Punkte Vorsprung auf Flensburg. Ich habe immer gesagt, dass es eine enge Saison werden wird - die Rückserie wird nun richtig interessant. Ich hoffe aber, dass ich nicht mehr allzu viele Tage wie diesen erleben muss.
SG-Trainer Ljubomir Vranjes:
Wir haben von der ersten bis zur 60. Minute das Spiel kontrolliert. Das schaffen nicht viele Mannschaften in der Welt gegen diesen THW Kiel. Ich bin sehr zufrieden damit, dass unser Spiel keinen Tiefpunkt hatte. Wir haben 60 Minuen lang diszipliniert gespielt, und Mattias Andersson war überragend. In den letzten Jahren haben wir einen Schritt auf den THW zu gemacht, aber das Niveau wie Kiel haben wir noch nicht. Wir haben zu Hause gespielt, wir haben an uns geglaubt, und wir haben Mut gehabt. Ich bin stolz, dass unsere kontinuierliche Arbeit auch von den Fans gesehen wird. Denn heute habe ich das beste Publikum erlebt, seit ich in Flensburg bin.
THW-Geschäftsführer Klaus Elwardt:
Ich hoffe, dass viele Menschen am Fernseher den tollen Handballsport, der heute geboten wurde, gesehen haben. Wir hätten noch 30 Minuten länger spielen können und hätten trotzdem nicht gewonnen. Nachdem wir nun die beiden Duelle mit der SG bereits hinter uns haben, hoffe ich, dass wir uns in Hamburg beim "Lufthansa Final Four" wiedersehen.
SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke:
Das Team hat heute die mentale Stärke gezeigt, die man braucht, um solche Mannschaften wie Kiel zu schlagen. Es war eine unglaubliche Stimmung mit Herz und Leidenschaft auf den Rängen, der Funke ist übergesprungen. Jetzt haben wir eine gute Ausgangslage für die Rückserie, worauf ich stolz bin.
THW-Rückraumspieler Filip Jicha:
Als Sportler muss man auch die Leistung der anderen anerkennen können. Flensburg war heute klar besser und hat verdient gewonnen. Entschieden ist noch lange nichts, und nach nicht so ordentlichen 60 Minuten lassen wir uns eine insgesamt gute Halbserie nicht kaputtreden.

19. Spieltag: 26.12.12, Mi., 18.30: SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 35:29 (19:14)

Logo SG Flensburg-Handewitt:
Andersson (1.-60., 20/4 Paraden), Rasmussen (bei einem Siebenmeter, keine Parade); Karlsson, Machulla, Eggert (8/2), Glandorf (9), Mogensen (7), Svan Hansen (5), Weinhold (3), Heinl (1), Gustafsson (n.e.), von Gruchalla (n.e.), Knudsen (2); Trainer: Vranjes
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-48., 8 Paraden), Palicka (48.-60., 1 Parade); Toft Hansen (2), Sigurdsson (2), Sprenger (4), Ahlm (1), Ekberg (1/1), Zeitz (3), Palmarsson (1), Narcisse, Ilic (5), Klein, Jicha (9/3), Vujin (1); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Andreas Pritschow / Marcus Pritschow
Zeitstrafen:
SG: 3 (Karlsson (37.), Knudsen (52.), Heinl (59.));
THW: 4 (Zeitz (21.), Palmarsson (24.), Toft Hansen (55.), Narcisse (56.))
Siebenmeter:
SG: 3/2 (Eggert an den Pfosten (40.));
THW: 8/4 (Andersson hält Ilic (2.), 2x Jicha (44., 53.) und Ekberg (50.))
Spielfilm:
1. Hz.: 2:0, 2:1, 5:1 (7.), 5:3, 6:3, 6:4 (11.), 10:4 (14.), 10:6, 11:6, 11:7, 12:7, 12:9 (20.), 17:9 (25.), 17:12, 18:12, 18:14, 19:14;
2. Hz.: 21:14, 21:15, 22:15, 22:17 (34.), 24:27, 24:19, 25:10, 25:20 (41.), 28:20 (46.), 28:21, 29:21, 29:22, 30:22, 30:23, 32:23 (50.), 32:26 (54.), 34:26, 34:27, 35:27, 35:29.
Zuschauer:
6.300 (ausverkauft) (Flens-Arena, Flensburg)
Spielgrafik:
Spielgrafik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 27.12.2012:

THW ging im Flensburger Handball-Wirbel unter

"Zebras" liefen beim 29:35 immer der Musik hinterher - Andersson großer SG-Rückhalt
Flensburg. Die Serie ist gerissen: Gestützt auf einen überragenden Torhüter Mattias Andersson besiegte die SG Flensburg-Handewitt gestern Abend in eigener Halle den THW Kiel verdient mit 35:29 (19:14). Das Team von Alfred Gislason, der erstmals in seiner Amtszeit bei den "Zebras" dieses Derby verlor, war von Beginn an chancenlos und musste die Tabellenführung in der Handball-Bundesliga wieder an die Rhein-Neckar Löwen abgeben.

Es war ein bisschen wie früher. Damals, als die SG in eigener Halle die Derbys gegen den Lieblingsfeind in der Regel gewonnen hat. Die Campushalle heißt zwar mittlerweile "Flens-Arena", doch die Euphorie um und in der Arena erinnerte an alte Zeiten. Bereits eineinhalb Stunden vor dem Anpfiff reihten sich die Fans bei strömendem Regen in langen Schlangen vor der seit Wochen ausverkauften Halle auf. Die "Zebras" hätten auch mit ihrer A-Jugend anreisen können, es wäre nicht aufgefallen. Als der Hallensprecher sie vorstellte, gingen die Namen in einem gellenden Pfeifkonzert unter.

Thierry Omeyer und Christian Zeitz, bei den SG-Fans besonders unbeliebt, wurden schon beim Aufwärmen leidenschaftlich beschimpft. Das Zentrum der Emotionen ist in Flensburg traditionell die Nordkurve, in der es nur Stehplätze und sehr wenig Tierliebe gibt. "Zebras" sind für diese Fans "Hurensöhne", welchen Stellenwert Zeitz für sie hat, soll an dieser Stelle aus Gründen des Jugendschutzes verschwiegen werden.

Nach zwölf Minuten feierte nicht nur die Nordkurve ihre Helden, die zuletzt acht Liga-Spiele in Serie gewonnen hatten. Alle, mit Ausnahme der rund 200 mitgereisten THW-Fans, erhoben sich von ihren Sitzen, um die hoch überlegene Mannschaft von Ljubomir Vranjes zu feiern. 8:4 führte die SG, als Gislason eine Auszeit nahm. Die Seinen fanden gegen die bewegliche Deckung der Flensburger, die in Andersson (23 Paraden) ihren Felsen hatten, einfach kein Rezept. Für Mittelmann Filip Jicha brachte Gislason nun den Franzosen Daniel Narcisse, der zuletzt zwei Wochen lang wegen eines schmerzhaften Pferdekusses pausieren musste.

Mit Narcisse lief es etwas besser, die THW-Deckung wurde von Minute zu Minute stabiler, die Gäste kamen auf 9:12 heran. Die Wende? Nein. Der lediglich 1,79 Meter kleine Linksaußen Anders Eggert traf frech aus dem Rückraum, und Zeitz wurde nach einem Schubser gegen Steffen Weinhold auf die Strafbank beordert. Anschließend erkannten die pfeifenden Zwillinge Marcus und Andreas Pritschow nicht, dass Andersson einen Wurf von Aron Palmarsson hinter der Linie pariert hatte.

Den Gegenstoß verwandelte Eggert zum 15:9. Dann kassierte ein verärgerter Palmarsson eine Zeitstrafe, und die SG nutzte die Überzahl, um erstmals mit acht Toren in Führung zu gehen (17:9/24.). Zwar verkürzten die Kieler, doch die erste Halbzeit war aus ihrer Sicht nicht mehr zu retten. Die wie aufgedreht spielenden Hausherren verabschiedeten sich als klarer Punktsieger von ihren Fans, die spätestens jetzt daran glaubten, dass die endlose Niederlagen-Serie gegen Kiel (14 in Folge) an diesem 26. Dezember 2012 enden würde.

Die SG konnte ihr Feuer tatsächlich in die zweite Halbzeit retten. Vielleicht wäre in der 45. Minute eine Wende möglich gewesen, doch der famose Andersson parierte einen Siebenmeter von Jicha, es hätte das 21:26 aus Kieler Sicht sein können. Im Gegenzug warf der überragende Holger Glandorf, der nach eigener Aussage seine Tore stets in der ersten Halbzeit erzielt, weil er noch an den Folgen seiner schweren Fuß-Operation leidet, sein fünftes Tor nach dem Seitenwechsel, dann vollendete Eggert einen Gegenstoß - 29:21 aus SG-Sicht, Minute 49, die Party auf den Rängen konnte beginnen. Nach dem Abpfiff mit SG-Mittelmann Thomas Mogensen in der Nordkurve. Er mit Megaphon, die Kollegen auf dem Hallenboden sitzend - Szenen, die es sonst nur in Fußballstadien gibt.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 27.12.2012)


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