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16./17.04.2008 - Letzte Aktualisierung: 17.04.2008 Bundesliga

36:36 - THW holt wichtigen Punkt in Hamburg

Karabatic und Jicha gemeinsam mit 19 Treffern

Bundesliga, 29. Spieltag: 16.04.2008, Mi., 20.15: HSV Hamburg - THW Kiel: 36:36 (19:19)
Update #4 KN-Spielbericht, weitere Stimmen, Fotos und Spielbericht ergänzt...

Stark vom "Punkt": Filip Jicha erzielte in Hamburg  11/6 Treffer.
Klicken Sie zum Vergrößern! Stark vom "Punkt": Filip Jicha erzielte in Hamburg 11/6 Treffer.
Der THW Kiel hat einen wichtigen Punkt im Meisterschaftskampf geholt: Im Duell beim Tabellendritten HSV Hamburg in der ausverkauften Color Line Arena gelang den Zebras in einer jederzeit engen und am Ende dramatischen Partie ein 36:36 (19:19)-Unentschieden, wodurch die Kieler mit nun 7 Minuspunkten weiterhin "gefühlter" Tabellenführer sind. Ein überragend aufspielender Nikola Karabatic erzielte 8/1 Treffer, während Filip Jicha mit 11/6 Toren vor allem vom Siebenmeterpunkt seine Nervenstärke zeigte.
Die Partie hatte kaum begonnen, da gab es schon die erste Schrecksekunde für die vielen hundert nach Hamburg mitgereisten THW-Fans: Kapitän Stefan Lövgren glich mit seiner ersten Offensivaktion den Führungstreffer von Pascal Hens aus, fiel dabei aber unglücklich auf den Rücken und ließ sich zunächst auf der Bank behandeln. Doch auch ohne ihren Spielmacher gingen die Zebras ein atemberaubend hohes Tempo ein, das die Hamburger ebenfalls mitgingen. Nach fünf Minuten stand es bereits 5:5 - Hamburg legte zunächst vor, der Rekordmeister postwendend nach. Die überraschend defensiv agierende 6:0-Abwehr der Gastgeber kam in dieser Phase ebenso wenig dazu sich zu formieren wie die Kieler Deckung, das zuvor häufig zum "Duell der Torhüter" Johannes Bitter und Thierry Omeyer hochstilisierte Match wich zunächst einem Schützenfest.

Stefan Lövgren kehrte nach sechs Minuten für den einmal erfolgreichen Börge Lund zurück aufs Feld, der Tempo-Handball der beiden Teams aber blieb: Während sich auf Seite des HSV zunächst besonders Guillaume Gille und Pascal Hens Bestnoten verdienten, zeigten sich die Zebras sehr variabel - als Marcus Ahlm mit links das 7:7 erzielte, war er bereits der sechste Kieler, der sich in die Torschützenliste eintragen konnte. Nach Hens' bereits dritten Treffer zum 9:8 reagierte Noka Serdarusic und beorderte Mattias Andersson für den glücklosen Thierry Omeyer ins Tor, der lediglich eine Parade aufzuweisen hatte. Und der Schwede war von Beginn an hellwach, entnervte den französischen Kreisläufer Bertrand Gille mit drei Paraden und verhinderte einen Hamburger Gegenstoß, als er einen weiten Pass von Bitter abfing. Indes: Dem THW gelang es nicht, in dieser Phase einmal selbst in Führung zu gehen, weil auch Johannes Bitter nun ein paar Bälle parieren konnte, die Hamburger Abwehr keine klaren Chancen für den THW zuließ. Allerdings konnten sie sich oftmals nur unfair wehren, die in letzter Zeit von den eigenen Fans gefürchteten Strafwürfe wurden aber von Filip Jicha souverän verwandelt.

Anspannung und Jubel auf der Kieler Bank.
Klicken Sie zum Vergrößern! Anspannung und Jubel auf der Kieler Bank.
Mitte der ersten Halbzeit - Pascal Hens hatte gerade in seinem vierten Versuch seinen vierten Treffer zum 12:11 erzielt, stellte Serdarusic seine Abwehr um, beorderte Dominik Klein an die Spitze einer 5:1-Abwehr. Dies zeigte Früchte: Hens und Yoon verwarfen, Lindberg scheiterte an Andersson. Zweimal Karabatic und zweimal Jicha brachten den THW erstmals in Führung, beim 15:12 (21.) wurde es merklich stiller in der Arena.

Doch der HSV kämpfte sich wieder heran: Mittlerweile war Per Sandström im Tor für den insgesamt enttäuschenden Johannes Bitter gekommen, und der Schwede führte sich mit Paraden gegen Andersson und Jicha gut ein. Besonders der Tscheche hatte mit seinen Würfen aus dem Rückraum unheimlich viel Pech, traf zweimal in kürzester Zeit die Unterkante der Latte, doch der Ball sprang jeweils wieder raus. Hamburg verkürzte trotz eines famosen Mattias Andersson zwischen den Pfosten Tor um Tor, ließ sich auch von Karabatics eleganten Gegenstoß-Treffer zum 18:16 beirren und verkürzte mit dem wohl schönsten Tor des Tages - einem allerdings leicht abgestandenen Kempa-Trick von Pascal Hens auf Hans Lindberg - postwendend und schaffte vor dem Pausenpfiff durch Lijewski gar den 19:19-Ausgleich.

Auf Nikola Karabatic war erneut Verlass, der Franzose erzielte 8/1 Treffer und setzte seine Mitspieler gut in Szene.
Klicken Sie zum Vergrößern! Auf Nikola Karabatic war erneut Verlass, der Franzose erzielte 8/1 Treffer und setzte seine Mitspieler gut in Szene.
Der zweite Durchgang begann wie der erste, nur in etwas gemäßigterem Tempo: Der HSV legte vor, die Kieler glichen wieder aus. Dass die Tore nun nicht mehr im 30-Sekunden-Takt fielen, lag vor allem an den anderen Deckungsvarianten: Der THW blieb bei seiner 5:1-Deckung, die Pascal Hens mittlerweile völlig abtauchen ließ; der HSV betrieb nun seine aggressive, offensive, harte 3:2:1-Abwehr, die das Kieler Aufbauspiel nun vor arge Probleme stellte. Dennoch fanden die Gäste immer wieder eine Antwort auf die Hamburger Führungstreffer, wirkten vor allem bei Abprallern stets wacher als die Hanseaten, so dass diese sich trotz der vielen Paraden Per Sandströms nicht absetzen konnten.

Die Parallelen zur ersten Halbzeit hielten an, wieder verschaffte ein Torwartwechsel beim THW Kiel den nötigen Vorteil: Als Stefan Lövgren nach einem eigentlich schon unterbundenen Anspiel auf Ahlm der Ball doch noch einmal in die Hände fiel, erzielte der Kapitän beim 27:26 die erste Kieler Führung des zweiten Durchgangs. Anschließend gelang Dominik Klein ein Steal, bekam den Ball erneut zugespielt und schaffte eigenhändig das 28:26. Nachdem Karabatic bei einem Lijewski-Treffer eine Zeitstrafe aufgebrummt bekam, hielten die Kieler in Unterzahl den Vorsprung, weil Filip Jicha mit zwei Rückraumgranaten jeweils eine passende Antwort auf die Hamburger Ausgleichsbemühungen hatte. Der Tscheche ließ sich auch von seinem einzigen Fehlwurf von der Siebenmeterlinie nicht beirren, nach beherztem Einsatz Kavticniks traf Jicha den Nachwurf zum 33:31. Als dann auch noch Bruno Souza nach einem Foul an Karabatic für zwei Minuten auf die Bank musste und der Franzose wieder einmal mustergültig Marcus Ahlm zum 34:31 (52.) in Szene setzte, schien der THW sogar beide Punkte mit an die Förde nehmen zu können.

Doch es sollte anders kommen: In der Unterzahlsituation wuchs Rechtsaußen Hans Lindberg über sich hinaus, traf zweimal aus dem Rückraum zum 33:34, während Jicha an Sandström scheiterte. Ein technisches Foul der Kieler, die unbedingt noch vor dem "Auffüllen" der Hamburger den 35. Treffer markieren wollten, nutzten die Gastgeber erneut aus - wieder war es Hans Lindberg, der damit im Alleingang die Drei-Tore-Führung des THW binnen 64 Sekunden egalisierte.

Die Color Line Arena brodelte, der THW wankte, fiel aber nicht. Karabatic holte gegen Yoon einen Strafwurf raus, den Filip Jicha zur erneuten Kieler Führung verwandelte. Nachdem Omeyer einen Unterarmwurf von Guillaume Gille parierte, spielten die Zebras Dominik Klein mustergültig frei, doch auch sein Heber von Linksaußen konnte vom starken Per Sandström entschärft werden. Kyung-Shin Yoon glich in seinem letzten Duell mit dem THW aus, doch Karabatic konterte postwendend zur erneuten Kieler Führung - die Anzeigetafel zeigte ein 36:35 für die Gäste, aber es waren noch vier Minuten zu spielen.

Der letzte Angriff des Spiels: Iwan Ursic, bedrängt von  Klein und Jicha, bekommt den Ball nicht richtig unter Kontrolle.
Klicken Sie zum Vergrößern! Der letzte Angriff des Spiels: Iwan Ursic, bedrängt von Klein und Jicha, bekommt den Ball nicht richtig unter Kontrolle.
Die Kieler Abwehr stand nun sicher, obwohl Börge Lund mittlerweile für zwei Minuten auf die Strafbank musste. So blieb Yoon trotz Überzahl nur ein Verlegenheitswurf, der das Tor verfehlte. Noka Serdarusic nahm nun seine Auszeit, der Kempa-Trick von Jicha auf Kavticnik konnte von Heiko Grimm aber entscheidend gestört werden. Der Ex-Großwallstädter war es dann auch, der nach schönem Anspiel von Guillaume Gille den 36:36-Ausgleich markierte - noch waren allerdings 60 Sekunden zu spielen. 25 Sekunden vor Schluss nahm sich Kim Andersson aus aussichtsreicher Position ein Herz, scheiterte aber am glänzend reagierenden Sandström, so dass der HSV - wie schon im Hinspiel - die Chance auf einen doppelten Punktgewinn hatte. Iwan Ursic am Kreis wurde gesucht und von Guillaume Gille auch gefunden, doch der Schweizer bekam den Ball nicht völlig unter Kontrolle - sein Wurf zwei Sekunden vor der Schlusssirene war so ein gefundenes Fressen für Thierry Omeyer, der damit das Unentschieden für den THW festhielt.

Ob dieses 36:36 im Nordderby nun ein Punktgewinn oder doch ein Punktverlust für den THW war, wird sich vielleicht erst zum Saisonende zeigen. Fest steht aber: Die Zebras können weiterhin aus eigener Kraft Deutscher Meister werden und müssen nicht auf den Erzrivalen im Norden gucken. Für den HSV Hamburg hingegen ist der Meisterschaftszug hingegen abgefahren.

(Sascha Krokowski)

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Noka Serdarusic:
Für die Zuschauer war das Spiel spannend und stressig - bis zur 60. Minute war der Ausgang offen. Wir haben ordentlich gespielt, in der zweiten Halbzeit aber den Faden verloren und leichtfertig die Führung aufgegeben. Im Pokalfinale haben wir zur Pause schlechter ausgesehen als heute und dennoch gewonnen. Wenn ich durch meine schwarz-weiße Brille schaue, trauere ich dem Punktverlust heute schon hinterher.

[Zu den Siebenmetern:]
In den letzten 15 Jahren habe ich immer bestimmt, wer die Siebenmeter schießen darf. Alle anderen haben mir in den letzten Spielen gezeigt, dass sie es nicht können. Deshalb war heute Filip dran.

[Zum MoPo-Artikel, in dem die THW-Spieler als brutal dargestellt wurden:]
Dieser Artikel ist nicht spurlos an meinen Spielern vorbei gegangen. Hätte ich solch einen Kollegen wie Sie, liebe Journalisten, ich würde mich dafür schämen.

HSV-Trainer Martin Schwalb:
Ich kann Noka verstehen, auch ich hätte heute gerne zwei Punkte gewonnen. Unsere Abwehr war heute aber einfach zu schlecht, hat dem THW immer wieder Abpraller geschenkt und ihn leichte Tore machen lassen. Flensburg wird sich nach dem heutigen Abend noch mehr über den Punktverlust gegen Göppingen ärgern, für mich ist der THW mit seinem Restprogramm dennoch Favorit auf den Titel.
THW-Rückraumspieler Nikola Karabatic gegenüber den KN:
Wir müssen mit diesem einen Punkt zufrieden sein. Das Gute ist, dass wir das Schicksal jetzt in der eigenen Hand haben. Wenn wir alle Spiele gewinnen, sind wir Meister. In der ersten Halbzeit hat uns in der Abwehr etwas gefehlt, das wurde nach der Pause besser. Insgesamt sind wir zufrieden mit dem Punkt.
THW-Torhüter Mattias Andersson gegenüber den KN:
Natürlich sind viele von uns total kaputt, alle haben alles gegeben. Es war eine Superstimmung, die vielen THW-Fans in der Halle haben uns sehr geholfen.
THW-Kapitän Stefan Lövgren gegenüber den KN:
Das war ein sehr hartes Spiel. Aber mit dem Punkt im Rücken haben wir im Titelkampf alles in der Hand.
THW-Linksaußen Dominik Klein gegenüber den KN:
Der HSV hat in Sachen Härte im Vergleich zum Pokalfinale noch einen draufgelegt. Wir denken weiter nur von Spiel zu Spiel.
HSV-Linksaußen Heiko Grimm gegenüber den KN:
Es war wieder ein unglaublich intensives Spiel. Den Titel müssen wir jetzt abschreiben.

29. Spieltag: 16.04.08, Mi., 20.15: HSV Hamburg - THW Kiel: 36:36 (19:19)

Logo HSV Hamburg:
Bitter (1.-19. und ein Siebenmeter, 5 Paraden), Sandström (19.-60., 16/1 Paraden), Müller (n.e.); Ursic (2), Souza (1), Schult (n.e.), Torgowanow, Grimm (5), B. Gille (2), G. Gille (5), Lindberg (6), Lijewski (5), Hens (5), Yoon (5/3); Trainer: Schwalb
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-12., 39.-60. und ein Siebenmeter, 7 Paraden), M. Andersson (12.-39., 8 Paraden); Lund (1), K. Andersson (5), Lundström (n.e.), Kavticnik (2), Anic (n.e.), Lövgren (3), Ahlm (3), Szilagyi (n.e.), Zeitz (n.e.), Karabatic (8/1), Klein (3), Jicha (11/6); Trainer: Serdarusic
Schiedsrichter:
Frank Lemme / Bernd Ullrich (Magdeburg)
Zeitstrafen:
HSV: 6 (Torgowanow (7.), G. Gille (16.), Lijewski (20.), Ursic (40.), Hens (49.), Souza (51.));
THW: 3 (K. Andersson (30.), Karabatic (45.), Lund (58.))
Siebenmeter:
HSV: 3/3;
THW: 9/7 (K. Andersson drüberweg (2.), Sandström hält Jicha (50., Nachwurf verwandelt))
Spielfilm:
1. Hz.: 1:0, 1:1, 3:1, 3:2, 4:2, 4:3, 5:3, 5:5 (6.), 6:5, 6:6, 7:6, 7:7, 8:7, 8:8, 9:8, 9:9, 10:9, 10:10 (12.), 11:10, 11:11, 12:11 (16.), 12:15 (21.), 13:15, 13:16, 15:16 (25.), 15:17, 16:17, 16:18, 17:18, 17:19, 19:19;
2. Hz.: 20:19, 20:20, 21:20, 21:21 (35.), 22:21, 22:22, 23:22, 23:23, 24:23, 24:24, 25:24, 25:25 (40.), 26:25, 26:28 (45.), 27:28, 27:29, 28:29, 28:30, 29:30, 29:31, 30:31, 30:32, 31:32 (49.), 31:34 (52.), 34:34 (53.), 34:35, 35:35 (55.), 35:36 (56.), 36:36 (59.).
Zuschauer:
13000 (ausverkauft) (Color Line Arena, Hamburg)
Spielgrafik:
Spielgraphik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 17.04.2008:

THW Kiel hält den Kurs auf die 14. Meisterschaft

36:36 im Top-Spiel der Handball-Bundesliga in Hamburg - Linker Rückraum überragend
Hamburg - Der THW Kiel hat einen großen Schritt in Richtung 14. Deutsche Meisterschaft gemacht. Die "Zebras" erkämpften sich gestern Abend in einem packenden Spitzenspiel beim HSV Hamburg ein 36:36 (19:19). Ein Punkt, der in der Schlussrechnung den feinen Unterschied zum Zweiten, der SG Flensburg-Handewitt, ausmachen könnte.

Vier Sekunden fehlten den Gästen, um in der Bundesliga den fünften Auswärtssieg in Folge bei den Hanseaten zu feiern. Thierry Omeyer parierte einen Wurf seines französischen Landsmannes Bertrand Gille, schickte den Ball quer über das Feld in die ausgestreckte Hand von Börge Lund. Doch bevor der Norweger den Torkreis erreichte, pfiffen die Unparteiischen Bernd Ullrich und Frank Lemme ein Spiel ab, das ein gerechtes Ende finden sollte.

Die Neuauflage des von den Kielern vor zwei Wochen gewonnenen Pokalendspiels fand in einer hitzigen Atmosphäre statt. Der Hamburger Boulevard hatte am Spieltag eine haarsträubende Geschichte abgedruckt, die beide Klubs in "Täter" und "Opfer" aufteilte. Große Bilder von Hamburgern, die sich vor Schmerzen am Boden krümmten. Dazu ein Abbild der "Täter" im Stile von Fahndungsfotos. Namentlich wurden Vid Kavticnik, Lund und "Rippenbrecher" Marcus Ahlm erwähnt.

Eine Kampagne aus der untersten Schublade, die offensichtlich die Billigung der HSV-Verantwortlichen fand. So wird Trainer Martin Schwalb mit den Worten "wir lassen uns nicht wieder verkloppen" zitiert. Betonung auf "wieder". Und Präsident Andreas Rudolph plauschte auf vertrauliche Art und Weise in der Halbzeit mit dem Autor in den Katakomben. Worte und Bilder, die Feuer in ein sowieso brisantes Derby kippten. "Dieser Bericht war nicht fair", ärgerte sich stellvertretend für die Kieler Nikola Karabatic. "So etwas gehört nicht in eine Sportarena."

Vor allem die Hamburger offenbarten sich gestern keineswegs wie die angekündigten Opferlämmer. Die Deckung des Vizemeisters ist für seine robuste Gangart bekannt und hatte auch gestern nicht die Samthandschuhe übergestreift. Angetrieben von einem wild gestikulierenden Schwalb überschritten die Hausherren immer wieder jene Grenze, die von Handballern noch als gesunde Härte akzeptiert wird. Höhepunkt war das Foul von Nationalspieler Pascal Hens, der in der 48. Minute Kiels Rechtsaußen Vid Kavticnik beim Flug durch den Torkreis rüde bremste. Ein Frustfoul des Weltmeisters, dem in der zweiten Halbzeit kein Treffer gelang. Auch ein Verdienst von Dominik Klein, der ihn mit einer Sonderbewachung ausgeschaltet hatte.

Überhaupt stand die Kieler Deckung nach der Pause besser. Im ersten Durchgang erinnerte die Abwehr in ihrer Widerstandskraft eher an Sandstein als an Beton. Auch, weil Omeyer nicht zur gewohnten Form fand. Gut für Kiel, dass Mattias Andersson, in der 12. Minute gekommen, einen starken Start erwischte und seine Kollegen im Angriff feinen Tempohandball boten. Zudem feierten sie Erfolge an einer Stelle, um die sie am liebsten einen großen Bogen machen würden - der Siebenmeterlinie. Als Kim Andersson den ersten Strafwurf als Heber weit über die Latte setzte, übernahm Filip Jicha die Verantwortung. Der Tscheche verwandelte sechs Siebenmeter im ersten Anlauf und den siebten zum 33:31 (51.) im zweiten. Ein Verdienst von Kavticnik, der den von Sandström gehaltenen Ball in die Arme des elffachen Torschützen Jicha tippte.

Ein Beleg für die Intensität und den Willen, mit dem beide Teams miteinander rangen. Nach 60 Minuten putzten sich alle Beteiligten den Schaum aus dem Gesicht, reichten sich die Hände und der HSV, der seine letzte Titelchance verspielte hatte, verteilte in Person von Johannes Bitter Komplimente. "Jungs", rief der Nationaltorhüter den Kielern in die Kabine. "Jetzt habt Ihr es in der eigenen Hand. Glück gehabt." Glück, das die "Zebras" sich allerdings verdient hatten.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 17.04.2008)


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