22.01.2010 | EM 2010 |
Sogar die Österreicher, die gerne ihr distanziertes Verhältnis zum Nachbarland pflegen, drücken Deutschland die Daumen. Rund 2000 Fans des Weltmeisters von 2007 sind vor Ort, zu den Spielen reisen weitere 2000 aus dem nahen Grenzgebiet an. Fliegt die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) heute raus, würde das große Löcher in die Etats von Reiseveranstaltern, Restaurants und Hotelbetrieben reißen. Ganz zu schweigen von den Eintrittsgeldern, die dem Veranstalter fehlen würden. "Das Ausscheiden der Deutschen wäre für die EM schlicht eine Katastrophe", bringt es Günter Pfeistlinger, Medienchef von Innsbruck, unverhohlen auf den Punkt. Die Olympiahalle war an den bisherigen Spieltagen mit jeweils 8200 Zuschauern als einziger Vorrundenort komplett ausverkauft. Ohne die Farben Schwarz-Rot-Gold drohen der Hauptrunde in der Metropole Tirols gähnend leere Zuschauerränge.
Dazu soll es nicht kommen. Johannes Bitter, bisher einziger Spieler im deutschen Team, der mit Weltklasse-Leistungen aufwartete und die schwache DHB-Auswahl vor größerem Schaden bewahrte, glaubt fest an einen Sieg. "Die 6:0-Abwehr der Schweden liegt uns besser, allerdings müssen wir um 20 bis 30 Prozent im spielerischen Bereich zulegen, um zu gewinnen", fordert der Hamburger. Vier Wochen nach seiner Ellbogen-OP präsentiert sich der 27-Jährige in Bestform. Auch außerhalb des Spielfeldes zeigt Bitter Führungsstärke, füllt das Vakuum in der Hierarchie nach dem Abschied der Routiniers mit scharfem Profil aus. "Jogi ist unser Lautsprecher", bestätigt Rückraumspieler Sven-Sören Christophersen. "Er gibt in der Kabine den Ton an." Und nicht nur dort. Auch auf dem Spielfeld zeigt der 2,04-Meter-Hüne unübersehbar Präsenz. Läuft es hinten schlecht, schreit er seine Abwehr zusammen, tobt, wenn Fehler passieren, und legt sich bei Fehlentscheidungen auch lautstark mit den Schiedsrichtern an. "Wir wissen, dass wir Handball spielen können", sagt Johannes Bitter mit fester Stimme. "Wir müssen aber unsere Ordnung wieder finden, dann schlagen wir Schweden."
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 22.01.2010)
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