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20.01.2011 WM 2011

Kieler Nachrichten: Eine WM der gefühlten Freundschaftspiele

Tunesiens Kapitän Heykel Megannem vermisst Stimmung wie in Deutschland -Politik kann nicht ausgeblendet werden

Die Weltmeisterschaft 2011 findet vom 13. bis 30. Januar in Schweden statt.
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Aus den Kieler Nachrichten vom 20.01.2011:

Kristianstad. "Gegen Deutschland sind wir völlig chancenlos." Was sich wie Understatement anhört, kommt Heykel Megannem, 241-maliger Nationalspieler Tunesiens, glaubhaft über die Lippen. "Außer, wir finden einen Zaubertrank."
Nach der Niederlage gegen Ägypten scheint die Tunesier die Lust verlassen zu haben. Die Lust an einem Turnier, mit dem sie sich nie anfreunden konnten. "Ich spüre hier gar keine Atmosphäre", sagt Megannem. "Eine Weltmeisterschaft sollte ein großes Turnier sein, aber diese fühlt sich so an, als würden hier nur ein paar Freundschaftsspiele ausgetragen." Das Hotel, in dem alle sechs Teams der Gruppe A untergebracht sind, hätte wenig Ablenkung zu bieten. Die Lobby, kaum größer als ein deutsches Wohnzimmer, sei viel zu klein. "Das ist die schlechteste WM, die ich bisher erlebt habe", sagt der 33-Jährige, der seit 1999 bei den großen Turnieren dabei ist. "Die beste war die in Tunesien, die zweitbeste in Deutschland. Da stand ein ganzes Land dahinter."

Die Erinnerung lässt ihn nicht unberührt, zumal er es als schwarzen Fleck empfindet, nie in der Bundesliga gespielt zu haben. Ein Angebot des VfL Gummersbach hätte es gegeben, als der Franzose Francois Houlet dort Manager gewesen war. "Ich habe abgelehnt, das war ein Fehler."

Auch die Nachrichten aus der Heimat hätten es nicht erleichtert, sich auf den Sport zu konzentrieren. "Entweder sind wir in der Halle, oder sitzen auf unseren Zimmern, um über Facebook und Internet die letzten Nachrichten zu erfahren." Inzwischen seien sie beruhigt, die Lage hätte sich entspannt. "Wir bekommen eine Demokratie, das ist viel besser für uns." Tunesien sei immer ein stabiles Land gewesen, hätte aber ein politisches Problem gehabt. Das sei nun gelöst. Zwar wäre aus den Familien der Spieler niemand in die Unruhen verwickelt gewesen, doch es sei trotzdem schwer, die Politik auszublenden. Sie würden aber die Verantwortung spüren, gerade jetzt guten Sport abliefern zu müssen: "Bei unserem ersten Spiel war die Lage noch chaotisch, aber seitdem fiebern alle mit."

Megannem, der beim französischen Erstligisten St. Raphael beschäftigt ist, sieht die Seinen gegen Deutschland auch als Außenseiter, weil wichtige Spieler verletzt sind. Mit Wissem Hmam und Aymen Hammed, Stars des französischen Meisters Montpellier, fehlen ihm, der auf der Mitte spielt, die linke und die rechte Hand. "Außerdem haben wir neun Spieler dabei, die ihr erstes großes Turnier bestreiten." Viele seien nur in der heimischen Liga aktiv. "Der Sprung von dort zu einer WM ist gewaltig."

Der Kapitän will in Schweden seine Karriere im Nationalteam beenden. Er wird wohl durch den Hinterausgang gehen. Verpassen die Tunesier einen der ersten drei Plätze, spielen sie im Präsidenten-Cup weiter. Wer den 13. Platz belegen will, muss in der Vorrunde Vierter geworden sein. Wer das verpasst, verschwindet im Keller der Rangliste. "Noch eine Woche, noch zwei Spiele - dieser Cup ist völliger Unsinn", sagt Megannem. "Ich will nach Hause, zu meiner Familie." Ein verständliches Anliegen.

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 20.01.2011)


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