Revanche geglückt, zwei wichtige Punkte eingefahren, ein starkes Ausrufezeichen gesetzt: Der
THW Kiel hat eine intensive Partie beim französischen Meister Montpellier HB mit 34:31 (16:17)
eindrucksvoll gewonnen und damit die
23:24-Heimpleite gegen
die Franzosen nahezu vergessen gemacht. Dabei ließen sich die Kieler auch nicht
durch eine unberechtigte Rote Karte gegen
Christian Zeitz (18.) und
zahlreiche weitere zweifelhafte Entscheidungen des slowenischen Unparteiischen-Gespanns
Krstic/Ljubic aus dem Konzept bringen. Acht Minuten vor dem Ende hatte Montpellier die
Chance, erneut in Führung zu gehen. Doch fünf Minuten lang hielt dann das Kieler Abwehrbollwerk,
die überragenden
Kim Andersson (8 Tore),
Dominik Klein
(5 Tore in der zweiten Halbzeit),
Daniel Narcisse (7 Tore) und
ein starker
Thierry Omeyer machten letztlich den Sack zu.
Karabatic eine Halbzeit lang MHB-Motor
|
Montpellier im Angriff, Karabatic führt Regie.
|
Vor 8.500 frenetischen Fans in der "Park and Suites"-Arena begann der THW
mit
Aron Palmarsson auf der Mitte,
Filip Jicha
rückte erneut an den Kreis. Mit dem Anpfiff entwickelte sich sofort ein heftiger Schlagabtausch zweier
Spitzenmannschaften. Montpellier setzte dabei wie schon in Kiel auf eine extrem körperbetonte
Abwehr, deren hartes Spiel von den Schiedsrichtern kaum geahndet wurde. Im Angriff sorgten vor
allem
Nikola Karabatic und William Accambray für Trubel in der
THW-Deckung, der angeschlagene
Vid Kavticnik wurde zunächst nur auf
Rechtsaußen eingesetzt. Angetrieben vom starken
Aron Palmarsson setzten
aber zunächst die Gäste erste Akzente.
Rot für Zeitz
Dessen 4:2 (8.) war die erste Zwei-Tore-Führung für die
Kieler, die wenig später eine erste brenzlige Situation überstehen mussten: Binnen weniger
Sekunden mussten
Momir Ilic und
Kim Andersson
jeweils nach einem Foul an
Karabatic für zwei Minuten auf die Bank. Die
6:4-Überzahl nutzten die Franzosen durch Tej und
Karabatic zur 6:5-Führung (11.),
die
Zeitz wenig später ausglich. Weiter ging es mit dem Hin und Her,
Jichas fantastische Aktion zum 7:7 wurde postwendend durch Accambray gekontert,
der sich wenig später auch nicht für den inzwischen in der Defensive eingesetzten
Marcus Ahlm
stoppen ließ. Beim Stand von 7:9 kam
Jicha mit einem Wurf nicht durch, beim
Tempogegenstoß attackierte
Zeitz den von Honrubia nach vorn getragenen Ball.
Dieser kam zu Fall, und zum Entsetzen der Kieler Bank zückten die Unparteiischen den Roten Karton.
Eine viel zu harte Entscheidung. Die Überzahl spielten die Franzosen geschickt aus,
Vid Kavticnik verwandelte einen Siebenmeter und wenig später einen Gegenstoß
zum 11:7. Gut, dass
Palmarsson in Unterzahl einen Hüftwurf zum Anschluss
versenkte.
Halle steht Kopf
Doch die Stimmung im angefachten Hexenkessel wollte darunter nicht leiden. Die Fans peitschten ihre
Mannschaft nach vorn, nach dem 12:8 durch
Karabatic (20.) zog
Gislason
die Auszeit-Karte. Fortan spielte
Ahlm auch offensiv, und der THW robbte
sich wieder heran:
Narcisse vollstreckte, und
Andersson
vollendete einen Gegenstoß zum 10:12. Dann scheiterte
Narcisse an Stochl,
woraufhin der Kieler Franzose wenig später einen Gegenstoß mit aller Wucht ins Netz drosch. Wenig später
überlistete er Stochl mit einem Wurf durch die Beine - beim 12:13 war der THW wieder dran. Weil
nacheinander
Henrik Lundström und
Palmarsson
mit Gegenstößen an Stochl und dem Pfosten scheiterten, ließ der Ausgleich weiter auf sich warten.
Montpellier erhöhte auf 14:12 und 16:14 (29.), ehe
Andersson aus dem linken (!)
Rückraum und
Filip Jicha doch noch den Ausgleich schafften. Ärgerlich: Mit dem
Pausenpiff setzte sich Accambray doch noch einmal durch und erzielte das 17:16 für die Gastgeber. Eine Führung,
die verdient war, weil der THW zuviele klare Chancen ausgelassen hatte.
THW macht Druck
Mit viel Druck und Spielfreude kehrten die Kieler auf die Spielfläche zurück. Der immer stärker
werdende
Narcisse und
Palmarsson sorgten für die
erneute THW-Führung, die Montpellier mit zwei weiteren Toren allerdings schnell wieder egalisierte.
Doch die Franzosen schienen zunehmend Probleme zu bekommen, die intensive Abwehrarbeit der ersten 30 Minuten
fortzusetzen. Zudem liefen sich die Gastgeber nun immer häufiger in der sicher stehenden THW-Abwehr
fest.
Nikola Karabatic wurde nahezu abgemeldet, und auch die Kreisanspiele
auf Tej immer häufiger unterbunden. Nur Accambray und
Kavticnik, inzwischen in den Rückraum beordert,
machten dort weiter, wo sie in der ersten Hälfte aufgehört hatten: So war es der ehemalige Kieler,
der nach
Narcisse' 20:22 (38.) den Anschluss herstellte. Als dann aber
Thierry Omeyer, der sich in der zweiten Halbzeit zu gewohnter Weltklasse-Form aufschwang,
Sprenger mit einem weiten Pass zum 23:21 bediente, schien sich das Blatt in
Richtung des THW zu wenden.
Narcisse und Andersson überragend
Auch, weil
Narcisse und
Andersson von der
gegnerischen Deckung nicht mehr einzufangen waren. Selbst von einer Manndeckung ließ sich
der Kieler Franzose nicht einengen, während
Andersson aus allen
Entfernungen traf. Er erzielte mit einem Hammer das 25:23, dem
Narcisse
wenig später nach einem "Doppelpass" mit Tej ein Kempator zum 26:23 folgen ließ. Die erste
Drei-Tore-Führung eine Viertelstunde vor Schluss ließ den THW aber leichtsinnig werden: Nach individuellen
Fehlern der Kieler kam Montpellier wieder heran. Und auch, als
Palmarsson
den fliegenden
Ahlm mustergültig zum 29:27 bediente (51.), war eine Vorentscheidung
noch nicht gefallen. Tej hatte Glück, einen Abpraller zu bekommen und versenkte das Leder zum 28:29,
dann scheiterte
Narcisse freistehend am Pfosten, den Gegenstoß
verwandelte
Kavticnik zum Ausgleich - die zwischendurch recht ruhig gewordenen
Anhänger der Gastgeber glaubten wieder an den Sieg.
Toller Endspurt
Dass diese Hoffnungen nicht Realität wurden, lag an einer aufmerksamen Kieler Defensive und einem
immer stärker werdenden
Omeyer: Der spielte sich in den Schlussminuten an
seiner ehemaligen und zukünftigen Wirkunsstätte in einen wahren Rausch.
Dominik Klein
schnappte sich einen
Karabatic-Pass und traf zum 30:29 (54.), dann
knüpfte
Omeyer dem frei vor ihm auftauchenden Dragan Gajic den Ball ab,
und
Andersson versenkte aus 11 Metern mit Wucht. Wieder parierte
Omeyer, und
Narcisse bediente den mustergültig
an den Kreis eingelaufenen
Klein zum 32:29. Hätte
Palmarssons Wurf
nicht im Pfosten seinen Meister gefunden, die Partie wäre fünf Minuten vor dem Ende entschieden gewesen. So aber
verkürzte Accambray,
Palmarsson war dann über das Tor. Doch bevor die
Kieler um die Früchte ihrer Arbeit gebracht werden konnte, luchste
Jicha in der
Abwehr einen Ball ab und schickte
Andersson auf die Reise: Dieser machte mit
seinem achten Treffer, fünf davon erzielte er in der zweiten Hälfte, alles klar: Dem 33:30 ließ der
THW noch ein weiteres Zauberanspiel auf
Klein am Kreis folgen, das letzte
Tor der Partie erzielte dann
Karabatic.
Durch den hart erkämpften und hochverdienten Erfolg in Montpellier festigte der THW Kiel in der
Gruppe D seinen zweiten Tabellenrang. Auf Platz eins
steht weiterhin AG Kopenhagen. Die Dänen setzten sich im zweiten Spiel der
Gruppe D
mit 34:31 (19:17) bei Pick Szeged (HUN) durch. Am 18. Dezember kommt es dann in der
Sparkassen-Arena zum ersten Showdown der beiden führenden Teams aus Kiel und Kopenhagen. Im dritten
Spiel gewann Ademar Leon (ESP) bei Partizan Belgrad (SRB) mit 27:24 (14:10).
Das 34:31 in
Montpellier wird den Kielern für die anstehenden harten Bundesliga-Aufgaben in Flensburg (Mittwoch) und
zu Hause gegen den HSV Hamburg (Sonntag) ordentlich Rückenwind für die "Wochen der Wahrheit"
gegeben haben.
(Christian Robohm)
Den Spielbericht aus dem NDR-"Sportclub" finden Sie für die ersten sieben Tage
nach dem Spiel hier:
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/sportclub/sportclub3013.html.
Danach geht er automatisch offline.
Lesen Sie bitte auch
Montpelliers Trainer Patrice Canayer gegenüber den KN:
Ich möchte die Schiedsrichter loben, die dieses intensive Spiel gut
geleitet haben. Kiel war sehr stark, hat auch verdient
gewonnen, weil wir in der zweiten Halbzeit nicht
gut gespielt haben.
Wir hatten schon in Kiel gute Chancen,
diese aber leichtfertig vertan. Aus den Fehlern haben
meine Jungs die richtigen Schlüsse gezogen. Ich habe
mich sehr über die Leistungen von Daniel Narcisse,
Thierry Omeyer, Filip Jicha,
aber auch Aron Palmarsson
gefreut. Die Mannschaft hat viel fürs Selbstvertrauen
und die kommenden schweren Spiele getan. Ich bin sehr zufrieden.
Montpelliers Remi Salou gegenüber den KN:
Schade, dass die Vier-Tore-Führung nicht gehalten
hat. Aber die Kieler haben unsere Fehler bestraft, die
wir vor allem in der zweiten Halbzeit gemacht haben.
THW-Kreisläufer Marcus Ahlm gegenüber den KN:
Das war genau so ein lustiges Spiel wie in Kiel - mit sehr viel Körperkontakt.
Dieses Mal waren wir die clevere Mannschaft.
Ich bin natürlich froh, wieder dabei zu sein, das Knie hat gehalten.
THW-Torhüter Thierry Omeyer gegenüber den KN:
Wir haben in der Abwehr gut zugepackt,
außerdem vorne die richtigen Lösungen gefunden, um Montpelliers Defensive
zu knacken. Ich habe mich sehr gefreut, in dieser Halle zu spielen. Es war
ein großartiges Publikum.
THW-Linkshänder Kim Andersson gegenüber den KN:
Ein Sieg vor solch einer geilen Kulisse ist etwas ganz Besonderes.
Titi Omeyer hat vor seinem Heimpublikum richtig
Spaß gehabt. Unsere 6:0-Abwehr hat ebenfalls prima funktioniert.
THW-Linksaußen Dominik Klein gegenüber den KN:
Ein toller Sieg - auch für das Selbstvertrauen.
Wichtig war, dass wir erkannt haben, in welcher Phase es möglich
wurde, das Spiel zu kippen. Das haben wir clever angestellt.
THW-Spieler Filip Jicha gegenüber den KN:
Wir haben heute schlauer gespielt als beim
Hinspiel in Kiel. Ich freue mich über den Sieg und
über mein Spiel am Kreis, schließlich trifft man nicht jeden Tag auf solche Kaliber
wie die Montpellier-Abwehrspieler. Gut, dass
Marcus wieder dabei ist.
Das Dumme ist nur, dass solche wichtigen Siege schnell wieder vergessen
werden.
- Montpellier HB (FRA ):
-
Stochl (1.-51., 9 Paraden),
Prost (51.-60., 3 Paraden);
Gutfreund (n.e.),
Cochard,
Arvin-Berod,
Tej (4),
Accambray (8),
Salou,
Honrubia (3),
N. Karabatic (5),
Kavticnik (7/2),
L. Karabatic,
Gajic (1),
Bojinovic (2),
Hmam (1);
Trainer: Canayer
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-60., 16 Paraden),
Palicka (1 Siebenmeter, keine Parade);
Andersson (8),
Lundström,
Dragicevic (n.e.),
Sprenger (2),
Ahlm (1),
Kubes,
Reichmann,
Zeitz (1),
Palmarsson (5),
Narcisse (7),
Ilic (1),
Klein (5),
Jicha (4/1);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Nenad Krstic/Peter Ljubic (Slowenien)
- Zeitstrafen:
-
MHB: 2 (Hmam (35.), Salou (43.));
THW: 5 (Ilic (10.), 2x Andersson (10., 37.),
Kubes (17.), Jicha (40.))
- Rote Karten:
-
THW: Zeitz (18.) wegen groben Foulspiels
- Siebenmeter:
-
MHB: 2/2;
THW: 2/1 (Stochl hält Ilic (4.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 2:3 (7.), 2:4, 4:4 (9.), 6:5 (11.), 7:7 (14.), 11:7 (19.), 12:8 (20.), 12:11 (23.), 13:12,
14:13 (26.), 15:13, 16:14 (29.), 16:16 (30.), 17:16;
2. Hz.: 17:18 (32.), 19:18, 19:20 (36.), 20:20, 20:22 (38.), 21:23 (41.), 22:24, 23:24 (43.), 23:26 (45.),
25:26 (48.), 26:27, 27:28 (50.), 27:29, 29:29 (52.), 29:30 (54.), 29:32 (56.), 30:32, 30:33 (59.), 31:34.
- Zuschauer:
-
8.500 (ausverkauft) ("Park and Suites"-Arena, Montpellier)
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
In der
Champions-League-Gruppe C hat der HSV Hamburg sich bereits
vorzeitig den Achtelfinal-Einzug gesichert. Am Donnerstag festigte der deutsche Meister
mit einem 36:25 (20:11) gegen den rumänischen Vertreter HCM Constanta seine Tabellenführung
(siehe
Extra-Bericht der KN).
Die Füchse Berlin haben indes in der
Gruppe B beim polnischen Meisterschafts-Zweiten
KS Vive Kielce eine Niederlage erlitten. Mit 29:32 (17:15) unterlagen die Füchse.
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
Im EHF-Pokal legten die Rhein-Neckar Löwen am Sonnabend nach
dem 42:30-Hinspiel-Kantersieg gegen die OCI Lions (NED) im niederländischen Geleen
einen weiteren klaren Erfolg nach: Mit 38:27 (20:11) gewannen die deutschen "Löwen" gegen die
"Löwen" aus den Niederlande.Auch Frisch Auf Göppingen
war am Sonnabend aktiv: Nach dem knappen 28:26 bei den Ungarn von Tatabanya Carbonex KC gewannen
die Göppinger das Rückspiel in eigener Halle klar mit 34:25 (19:14).
Nur noch Formsache nach dem 48:24 im Hinspiel war
das Erreichen der nächsten Runde auch für den SC Magdeburg: Im Schongang gewannen die
Bördestädter das Rückspiel bei HC Izvidac (BIH) in Ljubuski mit 28:27 (16:13).
Alle Ergebnisse dieser Runde finden Sie hier.
Im Pokalsieger-Cup hat der VfL Gummersbach bereits die
nächste Runde erreicht. Gegen den türkischen Vertreter VS Maliye Milli Piyango SK gewannen
die Oberbergischen beide Partien: 27:25 und 41:23 hieß es nach jeweils 60 Minuten.
Und auch die SG Flensburg-Handewitt zog nach dem 37:23 im Hinspiel bei HCB OKD Karvina (CZE)
souverän in die nächste Runde ein: Auch das Rückspiel gewannen die Flensburger locker mit 37:18 (19:9).
Alle Ergebnisse dieser Runde finden Sie hier.
Aus den Kieler Nachrichten vom 05.12.2011
THW setzt Meilenstein
Revanche geglückt: "Zebras" siegen in der Champions League in Montpellier - Rot für Zeitz
Montpellier. Der Dezember wird für den THW Kiel
zum Monat der Wahrheit, fünf Spiele in Folge trifft der
Handball-Rekordmeister durchweg auf Hochkaräter,
national wie international. Der Start in die "Hammerspiele"
war verheißungsvoll, die "Zebras" gewannen
gestern mit 34:31 (16:17) bei Montpellier AHB, revanchierten
sich für die 23:24-Heimniederlage in der
Champions League gegen den französischen Titelträger
und zeigten der Konkurrenz Muskeln - national
und international.
Dabei steckten die Kieler auch die frühe Rote Karte gegen
Christian Zeitz ungerührt
weg. Der Linkshänder hatte sich in der 18. Minute auf die
Verfolgung des enteilten Samuel Honrubia gemacht,
hatte die Hände im Spiel und brachte den Rechtsaußen unter
lautem Gebrüll der Fans zu Fall. Die slowenischen Schiedsrichter zögerten keine
Sekunde, schlossen Zeitz sofort aus. Eine harte, aber vertretbare
Entscheidung.
Selbst das einheimische Publikum würdigte den couragierten
Auftritt der Kieler. Noch Minuten nach dem Spiel
gab es in der neuen, futuristisch anmutenden Arena stehende Ovationen - für die
sich tapfer wehrenden Verlierer und den Sieger. "Das war
ein fantastisches Spiel, beide Teams haben großartig gekämpft
und Handball auf höchstem Niveau abgeliefert",
sagte Bhakti Ong, Spielerberater der fast kompletten französischen
Nationalmannschaft und einer der starken Handball-Männer im Nachbarland.
"Wir haben uns viel besser bewegt als bei der Niederlage in Kiel
- im Angriff und in der Abwehr", nannte THW-Trainer
Alfred Gislason als Hauptgrund
für den Sieg. Ein anderer war die Leistung der Torhüter.
Hatte AHB-Schlussmann Primoz Prost den Kielern in der Sparkassen-Arena noch den Zahn gezogen,
so wurden der Slowene und sein Kollege Richard Stochl
gestern klar von Thierry Omeyer in den Schatten gestellt.
In seiner ehemaligen und zukünftigen sportlichen Heimat trumpfte Kiels Franzose
vor allem in der zweiten Halbzeit großartig auf, nagelte
sein Tor zu, als die Entscheidung nahte. 16 Bälle machte
der 35-Jährige unschädlich, immer wieder streckte Omeyer
nach seinen Reflexen die Faust in die Höhe. Kiels Torhüter
fühlte sich wohl, wurde später begeistert von Montpellier- und THW-Fans gefeiert.
Gefeiert wurde auch Daniel Narcisse, der in seinem Heimatland
ebenfalls eine formidable Leistung ablieferte, seine
individuellen Fähigkeiten immer dann aufblitzen ließ,
wenn der THW dringend Tore benötigte. Insgesamt traf "Air France"
siebenmal ins Schwarze, er wurde nur von
Kim Andersson (8) übertroffen,
der auf die Zähne biss, nachdem er ausgerutscht war
und mit Knieprobleme behandelt werden musste. "Heute
hat jeder alles für die Mannschaft getan. Ein schöner
Sieg", freute sich Andersson. Und: "Er war auch deswegen
wichtig, weil Montpellier in der Lage ist, jedes Team auf der Welt zu schlagen."
Das Spiel schrieb noch andere Geschichten. Auch die,
dass Rückraumspieler Filip Jicha tatsächlich ein sehr
brauchbarer Kreisläufer ist. Kiels Rückraum-Ass hielt
prächtig gegen die hart einsteigende Mittelachse der
Gastgeber mit Nikola Karabatic
oder Wissem Hmam dagegen, erzielte vier Tore - und
machte gute 20 Minuten Platz für das Comeback von Marcus Ahlm.
Es war ein gelungenes nach drei Wochen Zwangspause
(Knie). Kiels Kapitän versüßte sich die Rückkehr mit
seinem Tor zum 29:27 (51.).
Es war jene Phase, in der der THW seine mentale Stärke beeindruckend
ausspielte. Die Gastgeber waren in der zweiten Halbzeit ständig einem
Rückstand von zwei, drei Toren hinterhergelaufen. Beim
29:29 (52.) schien die Wende möglich, die Halle bebte. Doch
dann gab es diesen frechen Ballklau von Dominik Klein
mit finalem Abschluss zur erneuten Führung. Eine Aktion,
die die endgültige Entscheidung einläutete. Als Klein und
Kim Andersson in der Folge
noch zweimal eindrucksvoll trafen, war die Halle ruhig, ein
Meilenstein gesetzt.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 05.12.2011)
Aus den Kieler Nachrichten vom 05.12.2011
THW-Splitter aus Montpellier
- Option
- Der Dezember ist ein
Monat für wichtige THW-Personalentscheidungen.
So ist vereinbart, dass sich der Rekordmeister
erklären will, ob er den Vertrag mit Rechtsaußen
Tobias Reichmann (23),
der am 30. Juni 2012 ausläuft, verlängert oder nicht. "Wir
werden in Kürze unsere Entscheidung mitteilen", erklärte
Manager Klaus Elwardt in
Montpellier. Die Entscheidung über den Verbleib von
Torhüter Andreas Palicka (25)
ist gefallen. Der Schwede hat einen Vertrag bis 30. Juni 2012
- inklusive einer beidseitigen Option bis Juni 2013. Soll heißen,
wenn eine Seite gekündigt hätte, wäre das Arbeitsverhältnis
2012 beendet worden. Aber der Schwede bleibt,
der Club will ihn behalten, der Torhüter fühlt sich wohl. "Das
ist gut so", sagt Trainer Alfred Gislason. "Mit
Omeyer und
Palicka haben wir ein prima
Gespann und Ruhe, es gibt keinen Grund, etwas zu verändern."
- Odyssee
- Der THW war mit
einem Charterflugzeug angereist. Ankunft wie geplant am
Sonnabend gegen 14 Uhr. Gestern Abend um 21 Uhr machte
sich der Tross auf den Heimflug nach Lübeck. Eine gute
Entscheidung - das werden jene 17 Fans denken, die sich per
Gruppenreise und Linienflug mit Umsteigen in Paris auf den
Weg nach Montpellier gemacht hatten. Sie erlebten eine
kleine Odyssee. Weil der Flieger, aus Hamburg kommend,
zehn Minuten Verspätung aufgesammelt hatte, die
Gruppe sich neu einchecken, zudem das halbe Flughafengelände
durchlaufen musste, erreichten die Fans das Gate
zum Einstieg nach Montpellier um 12.20 Uhr. Einsteigen
durften aber nur zwei Gruppenmitglieder,
die ein wenig schneller waren, der Rest wurde
brüsk abgewiesen. "Boarding beendet." Eine Viertelstunde
vor dem geplanten Abflug! Die Folge: Eineinhalb
Stunden auf das aussortierte Gepäck warten, dann ging es
mit dem Bus quer durch den Pariser Dauerstau zum Fughafen
Orly. Ankunft in Montpellier 17.30 Uhr, dreieinhalb
Stunden später als geplant.
- Baby an Bord
- Für Thierry Omeyer war Montpellier eine
gefühlsbetonte Dienstreise.
Schließlich war Kiels Weltklasse-Torhüter 2006 vom
französischen Meister nach Kiel gewechselt, und dorthin
kehrt der 35-Jährige im Juni 2013 auch zurück, will in Südfrankreich
seine aktive Karriere ausklingen lassen. Die
Wohnungssuche bleibt den Omeyers erspart. Sie haben
ihr eigenes Haus im Herzen der Stadt nach dem Kiel-Umzug
behalten, nur vermietet. Wegen der eigenen Immobilie
zählte auch Ehefrau Laurance zur THW-Reisegruppe, Baby
Loris (1) war ebenfalls an Bord. Allerdings fehlte Tochter
Manon, die musste die Familie Omeyer schweren Herzens
in Kiel bei Freunden zurücklassen. Der Grund für die
kurzzeitige Trennung: Zwar ist die Achtjährige ein Leichtgewicht,
dennoch geht sie für die Fluggesellschaft als Erwachsene
mit 76 kg in die Statistik ein. So hätte die Maschine
Übergewicht gehabt und zwischenlanden müssen.
- Sportstadt
- Montpellier ist
eine schöne Stadt, geprägt vom mediterranen Klima, einer
bemerkenswerten Architektur, drei Universitäten mit
60 000 Studenten und einer freundlichen Atmosphäre.
Zum Paradies wird die 400 000 Einwohner zählende
Großregion für Freunde des Sports. Dass die Handballer seit Jahren die Nummer eins
in Frankreich sind, Rekordtitelträger mit 13 Meisterschaften,
das ist bekannt. Jetzt aber machen die Fußballer Konkurrenz.
Montpellier ist Spitzenreiter der 1. Liga, fegte am
Wochenende den Achten Lorient mit 4:0 vom Platz und
festigte die Tabellenführung (36 Punkte) vor Lille (31) und
Paris SG (30). Ein echtes Paradies.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 05.12.2011)