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Filip Jicha (beim Wurf) war mit acht Treffern erneut bester
Kieler Torschütze.
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Susanne Schauer |
Mit einem überdeutlichen Kantersieg bei der TSV Hannover-Burgdorf
hat der THW Kiel seinen Bundesliga-Startrekord auf nun 44:0 Punkte
ausgebaut. Beim 43:24 (23:11)-Erfolg stellten die "Zebras", bei denen
Filip Jicha mit 8/1 Treffern bester Schütze
war, die Weichen schnell auf Sieg, führten nach elf Minuten bereits
mit 10:4. Doch obwohl
Alfred Gislason
munter durchwechselte, nahmen die Kieler gegen die teils hilflos
agierenden Hannoveraner das Tempo nicht heraus und bauten den Vorsprung
kontinuierlich aus.
43 Treffer in einem Bundesligaspiel - dies gelang dem THW zuletzt
am 3. Juni 2009 beim
43:28-Erfolg bei TuSEM Essen.
Buspanne erschwerte Anreise
Nachdem sich beide Mannschaften erst am Dienstag im DHB-Pokal
gegenüber standen und sich Hannover beim
29:34
lange Zeit äußerst achtbar aus der Affäre gezogen hatte, wollten die
Kieler diesmal von Beginn an für klare Verhältnisse sorgen. Daran
änderte auch eine Panne des Mannschaftsbusses kurz vor Hamburg nichts.
Aus der Noch-Meisterstadt wurde ein Ersatzbus angefordert, die "Zebras"
kamen eine Stunde später als geplant, aber immer noch rechtzeitig in
der niedersächsischen Hauptstadt an.
Alfred Gislason
musste allerdings auf
Tobias Reichmann
verzichten, der sich am Dienstag eine Knochenabsplitterung an der
Außenseite des Unterarms zuzog und noch voraussichtlich bis Ende
März ausfallen wird. Keine größeren personellen Sorgen hatte auch
TSV-Trainer Christopher Nordmeyer - bis auf die Langzeitverletzten
Torhüter
Katsigiannis und Weiner sowie Kreisläufer Clößner waren
alle seine Spieler einsatzbereit. Sorgen bereiteten ihm eher die
Ergebnisse vom Vortag: Durch die Siege Gummersbachs (25:21 gegen Magdeburg)
und des Bergischen HC (23:22 gegen Wetzlar) war der Vorsprung Hannovers
auf die Abstiegsränge wieder auf zwei Zähler geschrumpft.
Spiel nimmt sofort Fahrt auf
Der THW startete diesmal mit seiner ersten Garde:
Narcisse,
Jicha und
Andersson
bildeten den Rückraum,
Klein und
Sprenger
begannen auf den Außenpositionen,
Marcus Ahlm am
Kreis und
Thierry Omeyer im Tor. Und es entwickelte
sich sofort eine Partie, in der beide Mannschaften rasant zu Werke gingen.
Die Gastgeber glichen die Kieler Führungstreffer durch einen Durchbruch
Jichas und einen
Narcisse-Wurf
aus zehn Metern nach langem Anlauf postwendend durch Olsen und Lehnhoff aus.
Doch schon bald sollte sich der THW absetzen können: Eine tolle Kombination
über Jicha, Andersson
und Narcisse landete letztlich bei Ahlm,
der den diesmal schwachen Puljezevic zum 3:2 überwand. Dann parierte
Omeyer gegen Jurdzs, Narcisse
bügelte einen eigenen Fehlpass selbst wieder aus und bediente
Sprenger zum 4:2. Jurdzs verkürzte zum 3:4,
doch Jichas abgefälschter Sprungwurf,
ein Lattenkracher Olsens, eine weitere Parade des unglaublich starken
Omeyer gegen den freien Johannsen und ein
Treffer Kleins per zweiter Welle bedeuteten
beim 6:3 nach etwas mehr als sieben Spielminuten bereits die erste
Kieler Drei-Tore-Führung.
THW setzt sich früh ab
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So frei kam selten ein Hannoveraner Spieler zum Wurf.
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Susanne Schauer |
Als Svavarsson nach schönem Jurdzs-Pass verkürzte, hofften die
Hannoveraner Fans in der diesmal fast ausverkauften AWD-Hall noch
auf eine spannende Partie. Doch die Kieler machten nun ernst:
Jicha tanzte durch die 6:0-Deckung der
Gastgeber zum 7:4, ehe die Kieler 3:2:1-Abwehr um
Daniel Narcisse an der Spitze einen
Fehlpass provozierte und
Andersson im
Gegenstoß zum 8:4 traf. Dann entnervte
Omeyer
ein weiteres Mal Torge Johannsen und
Narcisse'
Kracher sprang vom Innenpfosten gegen Puljezevic und von dort zum
9:4 in den Kasten. Zu diesem Zeitpunkt waren gerade einmal zehn Spielminuten
absolviert, der THW befand sich somit auf
54-Tore-Kurs.
Hannover wittert Morgenluft
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Marcus Ahlm erzielte das 11:5 und vier weitere Tore.
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Susanne Schauer |
Christopher Nordmeyer nahm nun seine Auszeit, doch auch diese schien
nichts zu nützen: Hallgrimsson unterlief der nächste Fehlpass und
Narcisse erhöhte per Konter auf 10:4, ehe
Johannsen endlich sein erster Treffer gelang.
Gislason
wechselte schon jetzt, brachte
Palmarsson
auf der Rückraummitte für
Narcisse, in der
Abwehr rückte
Ilic in die Mannschaft,
Jicha übernahm die Spitze der offensiven
Deckung. Doch nach dem 11:5 durch
Ahlm
geriet ein bisschen Sand ins Kieler Getriebe: Aivis Jurdzs rückte nun
vermehrt neben Svavarsson an den Kreis, von dort traf er zweimal und
verkürzte auf 7:11. Als dann noch ein halbherziger
Palmarsson-Wurf
geblockt wurde, Johannsen per Gegenstoß zum 8:11-Anschluss traf und
Andersson gegen die nun ebenfalls offensiv
stehende Deckung der Gastgeber einen Fehlpass fabrizierte, hatte der
Rechtsaußen Hannovers gar die Chance zum 9:11 - doch Johannsen hämmerte
seinen Gegenstoß an die Latte.
5:0-Lauf bringt Vorentscheidung
Alfred Gislason reagierte auf die neuen
Taktiken der Gastgeber und stellte auf die defensive 6:0 mit
Ilic und
Ahlm im
Mittelblock um. Ein gelungener Schachzug, denn nun setzte sich seine
Mannschaft endgültig vorentscheidend ab:
Andersson
traf per Durchbruch zum 12:8,
Palmarsson
beantwortete einen Lattentreffer Olsens zum 13:8 und
Sprenger
traf im Gegenstoß zum 14:8. Zwei weitere Paraden
Omeyers
gegen
Przybecki und Olsen, ein weiterer
Konter über
Dominik Klein zum 15:8, ein Fehlwurf
Lehnhoffs von Linksaußen und ein trockener Wurf
Jichas
bedeuteten nach zwanzig Spielminuten das 16:8, ehe Svavarsson endlich
wieder ein Treffer für die Gastgeber gelang.
Hannover zerfällt in Einzelteile
Während die TSV Hannover-Burgdorf in der ersten Viertelstunde auch
eine Menge Pech mit Aluminiumtreffern hatte, so rannte sie nun
zunehmends in ihr Verderben: Nach dem 11:18 (23.) durch Buschmann
sollte den Gastgebern kein Treffer mehr in der ersten Halbzeit gelingen,
die Kieler hingegen legten mit viel Spielfreude weiter nach.
Ahlm im Doppelpack nach feinen Anspielen
Palmarssons und
Anderssons
zum 20:11,
Jicha mit seinem sechsten Treffer
zum 21:11, dazu
Omeyer mit weiteren gehaltenen Bällen
gegen Buschmann, Lehnhoff und vor allem
Przybecki,
der sich nun aus allen Lagen vergeblich versuchte. Das Ergebnis wäre
sogar noch höher ausgefallen, wenn der junge Malte Semisch nicht mit
einigen Glanztaten zwischen den Pfosten hätte aufhorchen lassen. Doch
die letzten Aktionen im ersten Durchgang zeigten einmal mehr den
Klassenunterschied auf:
Jicha traf von der
Linksaußen-Position mit einem raffinierten Dreher zum 22:11, Buschmann
versuchte selbiges auf der Gegenseite, doch
Omeyer
stoppte den Ball. Als wollte
Palmarsson noch
einmal zeigen, wie man es - wie
Jicha - richtig
macht, drehte der junge Isländer den Ball kurz vor der Sirene zum
23:11-Pausenstand ins Tor.
THW auch nach der Pause kompromisslos
Als die zweite Halbzeit begann, hatte
Filip Jicha,
mit sieben Treffern überragender Mann der ersten Hälfte, bereits Feierabend.
Der Tscheche sollte nur für einen Siebenmeter kurz vor Schluss noch einmal
aufs Parkett zurückkehren.
Gislason startete dafür
mit
Ilic und
Narcisse im
Rückraum. Und die "Zebras" gaben gleich weiter Gas:
Ilic
bediente
Ahlm zum 24:11, und nachdem Jurdzs verkürzte,
sorgten
Andersson postwendend und
Klein im Gegenstoß nach einer Parade
Omeyers gegen Jurdzs beim 26:12 gar für eine
14-Tore-Führung.
Die TSV Hannover-Burgdorf war mittlerweile völlig auseinander gebrochen und
präsentierte sich wie ein Absteiger. Selbst, wenn die Kieler mal im Angriff
den Ball verdaddelten, konnten die Gastgeber kein Kapital draus schlagen.
Im Gegenteil: Häufig verloren sie sofort im schnellen Aufbauspiel wieder
den Ball und wurden von den Kielern mit einem weiteren Gegentreffer bestraft.
Als Andersson mit einem grandiosen Stemmwurf,
Ilic per Sprungwurf und Sprenger
per Gegenstoß auf 31:15 (40.) erhöhten, war mittlerweile Andreas Palicka
für den mit einer Quote von 56 Prozent überragenden
Thierry Omeyer gekommen.
Viele Wechsel, viel Spielspaß
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Auch Andreas Palicka fügte sich nahtlos in die
tolle Mannschaftsleistung ein.
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Susanne Schauer |
Wenig später folgten
Christian Zeitz,
Henrik Lundström,
Aron Palmarsson
und
Daniel Kubes. Der THW ließ es ein wenig
ruhiger angehen im Hinblick darauf, dass die nächste Bundesligapartie
bereits am Mittwoch gegen HBW Balingen-Weilstetten ansteht. Doch obwohl
der dänische Spielmacher Morten Olsen nun endlich gelungene Aktionen
zeigte und auch Nenad Puljezevic einige Würfe parieren konnte, wurde
der Kieler Vorsprung nicht kleiner. Die "Zebras" zeigten weiterhin tollen
Kreativ-Handball mit Kempatricks, Ballstafetten und tollen
Einzelleistungen.
Daniel Kubes steuerte vom
Kreis zwei sehenswerte Treffer bei,
Kim Andersson
traf per Dreher von der Rechtsaußen-Position,
Ilic
vergoldete per Gegenstoß einen
Zeitz-Steal,
und auch
Lundström trug sich nach anfänglichen
Problemen noch viermal in die Torschützenliste ein. In der 56. Spielminute
war es dann soweit:
Momir Ilic durchbrach mit seinem
vierten Treffer die "magische" 40-Tore-Marke, was dem THW zuletzt im September
2010
gegen Balingen gelang. Am Ende wurden es sogar
43 Treffer, so dass die "Zebras" mit nun 44:0 Punkten und einer Tordifferenz
von exakt +200 einsam an der Spitze verweilen. Der Vorsprung auf die "Verfolger"
wurde sogar auf nun acht bzw. neun Punkte ausgebaut, weil sowohl die Füchse Berlin
(30:30 gegen Göppingen) als auch der HSV Hamburg (26:26 beim TV Hüttenberg) patzten.
Ein perfekter Sonntag also für den THW Kiel!
(Sascha Krokowski)
Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht aus den Kieler Nachrichten und
den KN-Nachbericht vom 6. März.
Ich habe nie erwartet, dass wir in dieser Höhe hier gewinnen können.
Bei uns hat fast alles gestimmt. Wir haben gut gedeckt mit starken
Torhütern dahinter. Im Angriff haben wir wenig Fehler gemacht und
es war viel Druck hinter den Aktionen. Riesenkompliment an meine
Mannschaft. Wir sind mit Respekt angereist, haben uns aber
vorgenommen, besser zu spielen als vor einigen Tagen. Burgdorf
alles Gute und ich hoffe, dass wir diese Form halten können.
Hannovers Trainer Christopher Nordmeyer:
Gratulation zum verdienten Sieg. Man hat heute gesehen, dass der
THW mehr Kraft hatte. Wir wollten heute einige Dinge besser machen,
aber ausschlaggebend war heute, dass wir fast jede freie Chance
vergeben haben. Außerdem wurde für mich zu viel darüber gesprochen,
dass wir heute im zweiten Anlauf den THW schlagen könnten.
Glückwunsch an die Mannschaft und meinen Trainer. Es war ein
hervorragendes Spiel. Es hat mich besonders gefreut, dass die Mannschaft
in der zweiten Halbzeit weiter Gas gegeben hat. Ein besonderer Dank
gilt wieder unseren mitgereisten Fans. Ich wünsche ihnen alles Gute
und eine gute Heimreise.
THW-Spieler Daniel Kubes gegenüber Sport1:
Dass wir heute so hoch gewinnen würden, war für mich nicht so überraschend.
Wir waren am Dienstag richtig müde. Heute haben wir von Beginn an richtig
Gas gegeben, hatten in den ersten Minuten auch ein bisschen Glück. Die
Zuschauer hatten heute sicherlich viel Spaß am Spiel, auch wir haben es
heute genossen.
Natürlich macht Torewerfen Spaß. Ich bin ja dafür da, Marcus
etwas Entlastung zu geben. In Melsungen werde ich mich trotzdem auf die
Abwehrarbeit konzentrieren.
Ein Video mit weiteren Stimmen finden Sie
hier.
- TSV Hannover-Burgdorf:
-
Semisch (22.-30., 52.-60., 4 Paraden),
Puljezevic (1.-22., 31.-52., 5 Paraden);
Johannsen (2),
Repke (2),
Jonsson (2),
Hallgrimsson (1),
Jurdzs (5),
Buschmann (2),
Lehnhoff (2/1),
Rydergard,
Przybecki (1),
Szücs,
Svavarsson (3),
Olsen (4);
Trainer: Nordmeyer
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-37., 18 Paraden),
Palicka (37.-60., 5 Paraden);
Andersson (6),
Lundström (4),
Dragicevic (n.e.),
Sprenger (5),
Ahlm (5),
Kubes (2),
Zeitz,
Palmarsson (2),
Narcisse (4),
Ilic (4),
Klein (3),
Jicha (8/1);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Peter Behrens / Marc Fasthoff
- Zeitstrafen:
-
Hannover: 2 (2x Szücs (22., 45.));
THW: 1 (Ilic (59.))
- Siebenmeter:
-
Hannover: 2/1 (Jonsson an die Latte (59.));
THW: 2/1 (Ilic an den Pfosten (48.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:1, 1:1, 1:2, 2:2, 2:4 (5.), 3:4, 3:6, 4:6, 4:10 (11.),
5:10, 5:11, 8:11 (14.), 8:16 (20.), 9:16, 9:17, 10:17, 10:18, 11:18 (23.), 11:23;
2. Hz.: 11:24, 12:24, 12:26, 13:26, 13:27, 14:27 (35.), 14:29, 15:29, 15:31 (40.),
16:31, 16:32 (45.), 17:32, 17:33, 18:33, 19:33, 19:35 (50.), 20:35,
20:36, 21:36, 21:37, 22:37, 22:39 (56.), 23:39, 23:41, 24:41, 24:43.
- Zuschauer:
-
4.221 (AWD-Hall, Hannover)
- Spielgrafik:
-
Aus den Kieler Nachrichten vom 05.03.2012:
Nur der Bus war ein Hindernis
Kaputte Bremsleitung hielt den THW Kiel auf - Gegner Hannover bei 24:43-Niederlage trotzdem chancenlos
Hannover. Fünf Tage nach dem 34:29-Sieg im Pokalviertelfinale
in der AWD-Hall des TSV Hannover-Burgdorf legte der THW Kiel gestern an gleicher Stelle
nach, landete im Punktspiel einen 43:24 (23:11)-Sieg, verbesserte seinen Bundesliga-Startrekord auf
44:0 Zähler und profitierte zudem von den Punktverlusten
der Verfolger Berlin und Hamburg.
Während THW-Trainer Alfred Gislason während der
Pressekonferenz bei Bekanntgabe der Ergebnisse
aus den anderen Hallen keine Miene verzog, huschte über
das Gesicht von Klaus Elwardt
ein unübersehbares Lächeln. "Nein", korrigierte
der Kieler Manager später, er habe sich nicht über die
Punktverluste der Konkurrenz gefreut, sondern vor allem
über die eigene großartige Leistung. "Das war eine Demonstration, alle haben
100 Prozent gegeben. Auch, als schon alles entschieden
war."
Hannover gegen den THW, Probleme sind bei diesem Duell wohl inklusive. Sorgte
beim Pokalspiel am Dienstag eine unsachgemäße Reinigung
für einen rutschigen Hallenboden und Aufregung bei beiden Teams, so war gestern
eine abgerissene Bremsleitung im Mannschaftsbus
die Ursache für eine THW-Anreise mit Hindernissen.
Kurz hinter dem Elbtunnel kam es zum unfreiwilligen Zwischenstopp, der allerdings
nur eine knappe Stunde dauerte, weil, aus Hamburg
kommend, schnell ein Ersatzbus zur Stelle war.
Im Pokal waren nur 1900 Fans Zeuge des Kieler Sieges
gewesen, gestern wollten 4221 das Ausnahmeteam aus dem Norden sehen. Sie hofften
auf die Sensation, "vielleicht können wir Geschichte
schreiben", hatte TSV-Coach Christopher Nordmeyer große Worte gefunden. Mit Respekt
war auch sein Kieler Kollege angereist. Am Dienstag
hatten die "Zebras" den Start verschlafen, schnell 2:6
(9.) zurückgelegen. Das dürfe sich nicht wiederholen,
warnte Gislason. "Wenn diese
Halle kocht, kann es unangenehm
werden."
Die ausverkaufte "Hölle" AWD-Hall brannte aber nur
knappe zehn Minuten, nahm schon bald die Atmosphäre
einer Bibliotheks-Lesehalle an. Zu hören waren nur noch
die rund 150 THW-Fans, die gut gelaunt alle Register ihrer
Gesangskunst zogen. Höhnisch wurden sie nicht, trotz der katastrophalen Gegenwehr,
die Hannover bereits Ende der ersten Halbzeit
bot. Als Filip Jicha, mit acht Treffern bester Kieler
Schütze, in der 24. Minute zum 18:10 traf, war's bereits
um den Widerstand der Gastgeber geschehen. Kiel habe
nun einmal eine super Mannschaft, relativierte der Ex-THWer
Piotr Przybecki die
peinliche Vorstellung vor eigenem
Publikum. "Allerdings", schränkte er ein, " so
dürfen wir uns auch nicht hängen lassen, das ist nicht
gut für die Moral."
Sicher, die 3:2:1-Deckung, die bewegliche und offensive
Kieler Variante, machte es den TSV-Angreifern wirklich
nicht leicht, außerdem sammelte Torhüter Thierry Omeyer
bis zum Halbzeitpfiff 15 Striche für gehaltene Bälle.
Hinzu kam, dass die Kieler Angriffsmaschinerie wieder auf Hochtouren lief, viele Tore
auch über gewonnene Bälle in der Abwehr fielen. Ja,
der THW erwischte einen guten Tag, hatte seine herausragenden
Kräfte neben Omeyer und Jicha in
Daniel Narcisse, Dominik Klein und
Marcus Ahlm. Dennoch: Selten einmal
mussten die "Zebras" in fremder Halle so wenig Widerstand
brechen. Marcus Ahlm zuckte nur mit den
Schultern. Zum Gegner wolle er nichts sagen, so der Schwede,
"aber für uns war wichtig, dass wir im Angriff besser gespielt
haben, dann kommt auch ein solches Ergebnis heraus."
Gislason hatte sein Team "in der ersten Halbzeit
sehr gut gesehen. Wir sind gut in die Gegenstöße gekommen,
deutlich besser als vor ein paar Tagen." Er hoffe, so
der THW-Trainer, "dass die Mannschaft diese Form weiter
halten kann."
Die TSV-Fans schlichen zumeist mit bedröppelten Gesichtern
von dannen. Sie mussten eine Niederlage verschmerzen,
die noch mehr weh tat, weil die Konkurrenz um den Klassenerhalt Punkte
gesammelt hatte. Ein grünweißer Anhänger tröstete
sich mit schwarzem Humor: "Wenn man nicht mithalten
kann", stöhnte der junge Mann, "dann muss man sich
wenigstens richtig einseifen lassen."
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 05.03.2012)