27./28.01.2004 - Letzte Aktualisierung: 28.01.2004 | EM 2004 / Nationalmannschaft |
Update #3 | Aktualisierung vom 28.01... |
Trotz des Verletzungspechs ließ Deutschland gegen Tschechien von Beginn an keinen Zweifel, wer die Partie für sich entscheiden würde. Über 2:0 (4.) ging die deutsche Mannschaft ohne Probleme mit 5:2 (7.) und 8:5 (12.) in Führung. Nach dem 6:8-Anschluss der Tschechen (13.) erhöhte das Team von Heiner Brand binnen zehn Minuten auf 15:6. Mit einem komfortablen 19:12-Vorsprung ging die DHB-Auswahl in die Kabine.
Auch im zweiten Durchgang hatten die Tschechen nicht den Hauch einer Chance. 20:15 (35.), 24:16 (40.), 27:18 (46.), 31:21 (50.) und 35:25 (55.) lauteten die Stationen auf dem Weg zum klaren 37:27-Sieg. Bis auf Heiko Grimm und Christian Ramota kamen alle Spieler zum Einsatz. THW-Keeper Henning Fritz konnte innerhalb der 60 Minuten 12 Bälle parieren, darunter einen Siebenmeter, Klaus-Dieter Petersen stand einmal mehr im Mittelblock zusammen mit Volker Zerbe seinen Mann. Christian Zeitz konnte in seinen neun Minuten Spielzeit keinen Treffer erzielen.
Wir hatten vor dem Spiel gehörigen Respekt vor den Tschechen, aber wir haben von Anfang an dominiert und leichtes Spiel gehabt, ohne überzeugt zu haben.[Zum Spiel gegen Slowenien:]
Die Spieler sollten Spaß an solch einem Spiel haben. Wenn die Halle gegen einen ist, sollte das eine Freude sein für jeden Spieler.
[Zum Ausfall von Markus Baur:]
Das war natürlich ein Schock, der Schorsch ist unser Dreh- und Angelpunkt im Angriffer hält die Fäden in der Hand.[Zum Ersatzmann Steffen Weber:]
Es ist wichtig, dass er die Kombinationen und das Spiel kennt. Ich glaube, dass er die Qualitäten hat, die uns weiter helfen.[Zu den Chancen auf das Halbfinale:]
Alles ist offen, im Moment können wir es nicht aus eigener Kraft schaffen - wir müssen nun erstmal unsere eigenen Spiele gewinnen.
Lange Gesichter dagegen bei den Schweden. Nach der Vorrunden-Niederlage gegen Russland patzten Stefan Lövgren und Co. gestern in Celje auch gegen Weltmeister Kroatien. Das 26:28 rückt die EM-Titelverteidigung in weite Ferne, dagegen bleiben die Olympischen Spiele noch in Reichweite. Fast alle auf Halbfinal-Kurs befindlichen Teams sind bereits für Athen qualifiziert. Eine Vorentscheidung im Kampf um das letzte europäische Ticket dorthin könnte heute Abend im Thriller zwischen Dänemark und Schweden fallen. Dänemark triumphierte gestern Abend mit 36:31 über Russland.
Der verletzungsbedingte Ausfall von DHB-Kapitän Markus Baur, dazu die immer noch nicht überwundene Enttäuschung über die schlechte Behandlung durch die Schiedsrichter im Frankreich-Spiel: Soviel Ungemach kann auch Positives bewirken, Negativerlebnisse schweißen zusammen. Gestern Abend zeigte das Team um Neu-Kapitän Daniel Stephan, dass es den EM-Schauplatz nicht kampflos verlassen will. Der Ausfall von Baur sei zwar ein großer Schock, sagte THW-Torhüter Henning Fritz, "aber jeder bei uns weiß jetzt, dass er mehr einbringen muss für einen Erfolg."
Die Deutschen hielten sich dran. Stephan war sofort die Führungskraft, übernahm die Rolle des Regisseurs und Verantwortung. In der Abwehr bildeten Volker Zerbe und Klaus-Dieter Petersen ein Mittel-Bollwerk, an dem sich die im Angriff unbedarften Tschechen schnell Zähne ausbissen. Nur in Anfangsphase ärgerten die der die Spieler um den Nordhorner Rechtsaußen Jan Filip Deutschlands Angreifer mit einer extrem offensiven Abwehrformation. Weil die Lemgoer Stephan, Kehrmann und Schwarzer aber geschickt in die Lücken stießen, ordnete Trainer Rastislav Trtik bald den Rückzug an den eigenen Kreis an. Es half alles nichts. Der Favorit setzte sein Spiel durch, und als Deutschland das 9:6 aus der 14. Minute auf 15:6 (22.) ausbaute, war die Vorentscheidung gefallen. Die zweite Halbzeit geriet zum Schaulaufen, außerdem hatte der Bundestrainer Gelegenheit, vor dem Spiel gegen Slowenien seinen "zweiten Anzug" anzupassen. Der zweite Sieg soll her, und Heiner Brand nannte das Rezept, um im Hexenkessel von Ljubljana zu bestehen. "Wenn die ganz Halle gegen einen ist, muss die Mannschaft Freude daran haben, dagegen zu halten."
Es gibt einen weiteren Aspekt, der die Terminplanung als nicht zeitgemäß entlarvt. Der THW Kiel entsandte zur EM nach Slowenien zehn Beschäftigte. Inklusive Vorbereitung sind diese vier Wochen für fünf Nationalteams im Einsatz. Das Januar-Gehalt jedoch begleicht der THW. Da 2004 außer der EM auch die Olympischen Spiele anstehen, müssen die Klubs im Sommer noch eine weitaus längere Durststrecke überstehen. Im Juli bitten die Nationaltrainer zur Olympiavorbereitung, und wer in Athen die Finalrunde erreicht, der kehrt nicht vor dem 30. August zurück. Zwei weitere Monate, in denen die Vereine ihr Personal entlohnen, ohne es zu Gesicht zu bekommen.
Wenn heute nun Dänemark und Schweden aufeinandertreffen, steht nicht nur der letzte freie europäische Startplatz für Athen auf dem Spiel, es geht auch um eine kleine Vorentscheidung für den Start der nächsten Bundesligasaison am 11. September. Sollten sich unsere nördlichen Nachbarn für Olympia qualifizieren, bekommt die SG Flensburg, die momentan vier dänische Nationalspieler stellt, in der sommerlichen Saisonvorbereitung ein Problem. Sichern sich die Schweden mit fünf Kielern das Olympia-Ticket, so bleibt THW-Trainer Noka Serdarusic nur eine kümmerliche Belegschaft um Spielzüge einzuüben. Wer als THW-Fan heute Lövgren & Co. die Daumen drückt, schneidet sich also womöglich ins eigene Fleisch.
(Von Gerhard Müller, aud den Kieler Nachrichten vom 28.01.2004)
(27./28.01.2004) | Ihre Meinung im Fan-Forum? |