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31.01./01.02.2005 - Letzte Aktualisierung: 01.02.2005 WM 2005 / Nationalmannschaft

Deutschland nach Niederlage gegen Spanien ohne Medaillenchancen

Update #4 Statistik, Spielbericht und KN-Spielbericht ergänzt

Das DHB-Team ist am Montag Nachmittag mit einer Niederlage in die Hauptrunden-Gruppe 2 gestartet. Gegen Spanien verloren die Deutschen verdient mit 28:32 (12:15) und dürften damit bereits die Chance auf einen Medaillenrang vergeben haben. Wieder einmal rächte sich gegen konzentriert spielende Spanier die mangelnde Chancenverwertung, zudem schwächte der verletzungsbedingte Ausfall des in der ersten Halbzeit gut aufgelegten Oleg Velyky das DHB-Team. "Natürlich bin ich enttäuscht", sagte Bundestrainer Heiner Brand nach dem Spiel, "aber wir sind an unseren Grenzen - auch personell - angelangt."
Spanien überraschte mit der Nominierung von Demetrio Lozano, der im bisherigen Turnierverlauf nur sporadisch zum Einsatz kam und nun von Beginn an auf der Platte stand. Davon ließ sich sein Ex-Mannschaftskollege Christian Zeitz offenbar beeindrucken, nach zwei Fehlwürfen in der Anfangsphase wurde "Zeitzi" wieder auf die Bank beordert, während sich Lozano in dieser ausgeglichenen frühen Spielphase, in der Spanien vom konzentrierten und ansehnlichen Spiel der Deutschen überrascht schien, gleich zweimal in die Torschützenliste eintragen konnte. Dennoch: "Demes" Mannschaft hatte Probleme gegen ein kompakt stehendes Team, in dessen Rücken Johannes Bitter mit tollen Paraden den Grundstein für schnell vorgetragene deutsche Angriffe legte. In der Offensive überzeugte Oleg Velyky mit fünf sehenswerten Toren, das schönste brachte nach acht Minuten das 5:4: von Behren hatte Velyky hoch angespielt, und dieser vollendete vom Kreis gekonnt per Kempa-Trick.

Nach 20 Minuten aber folgte der inzwischen beinahe unweigerliche Bruch im deutschen Spiel: nach Glandorfs 9:9 und Sebastian Preiß' einzigem Treffer zum 10:11 (22.) schossen die DHB-Angreifer Torhüter Barrufet förmlich warm oder erleichterten den Spaniern durch technische Fehler Tempogegenstöße: nach Garraldas 14:10 nahm Heiner Brand eine Auszeit, forderte von seiner Abwehr ein energischeres Zupacken: "Wir bekommen zu viele einfache Tore!" Die Angesprochenen setzten seine Forderung in die Tat um, verkürzten auf 12:14, ehe Romero mit seinem einzigen Tor an diesem Tag zwei Sekunden vor dem Abpfiff die spanische 15:12-Führung zur Halbzeit erzielte.

Nach der Pause kam Deutschland zunächst besser in Tritt, Kehrmann verkürzte zum 15:16. Doch auch Garralda kam immer besser in Fahrt, bezwang Johannes Bitter gleich zweimal mit wuchtigen Hüftwürfen und als Rocas und Garcia binnen zwanzig Sekunden zweimal zum 16:20 trafen, schien eine Vorentscheidung gefallen, zumal Roggisch hiernach für zwei Minuten auf die Bank musste. In Unterzahl aber drehte das DHB-Team mächtig auf, von Behren, Glandorf und Jansen glichen zum 20:20 (41.) aus. "Jetzt gehts los" skandierten die deutschen Fans, doch dies galt nur für Spanien: Garralda, stärkster spanischer Akteur an diesem Tag, zweimal Garcia und Lozano konterten zum 24:20, Deutschland verkürzte erneut. Als beim Stand von 23:25 aus deutscher Sicht Urios die dritte Zeitstrafe gegen Roggisch provozierte und sich die ansonsten sicher leitenden Schiedsrichter über "Torab" oder "Ballbesitz Spanien" uneins waren, kippte die Partie schließlich zugunsten der Iberer: Garraldas 26:23 und Lozanos 28:24 markierten die Zwischenschritte zu einem ob der konfusen deutschen Schlussviertelstunde verdienten 32:28-Erfolg, dem man nach Grafenhorsts anderthalb Meter über das Tor geworfenen Tempogegenstoß in der Schlusssekunde nur das Prädikat "symptomatisch" verleihen konnte.

Wieder einmal war es die Chancenverwertung, die dem jungen deutschen Team die Ernte ihrer gesäten Früchte verwehrte. So dürfte bereits nach dem ersten Spiel der Hauptrunde feststehen, dass das DHB-Team bei dieser WM mit der Medaillenvergabe nichts zu tun haben wird. "Spanien war heute stark, nun können wir noch zwei Favouriten ärgern", gab Kapitän Florian Kehrmann die Marschroute für die Spiele gegen Kroatien und Schweden aus, "unzufrieden können wir aber nicht sein. Spanien war heute einfach einen Tick erfahrener, zudem hat uns Oleg gefehlt, während unsere Gegner einen Lozano hervor zauberten, der gleich überzeugte."

(Christian Robohm)

In den beiden weiteren Spielen der Hauptrunden-Gruppe 2 trennten sich Schweden und Serbien & Montenegro mit 26:26 (15:12). Kroatien unterlag Norwegen mit 25:28 (11:12) (siehe auch Extrabericht).

Gruppe 2, 29.01.05, Mo., 16.10: Spanien - Deutschland: 32:28 (15:12)

Spanien:
Hombrados (1 Minute, 0 Paraden), Barrufet (59 Minuten, 7 Paraden); Garabaya (6/1), Garralda (11), Lozano (6), Hernandez, Perez (4/1), Davis, Garcia, Iker Romero (2) Ortega, Rodriguez (1/1), Urios (2), Rocas
Deutschland:
Lichtlein (53.-60., 1 Parade), Bitter (1.-52., 10 Paraden); von Behren (3), Roggisch, Glandorf (5), Weber, Preiß (1), Tiedtke, Hegemann (2), Grafenhorst, Zeitz, Jansen (8/5), Velyky (5), Kehrmann (4)
Schiedsrichter:
Dolejs/Kohout (CZE)
Zeitstrafen:
Spanien: 4 (Ortega, Garralda, Urios, Rocas);
Deutschland: 7 (3x Roggisch (15., 39., 52.), Jansen (24.), 2x v. Behren (33.), Preiß (44.), Weber (46.))
Rote Karte:
Deutschland: Roggisch nach dritter Zeitstrafe (52.)
Siebenmeter:
Spanien: 5/3 (Bitter hält Garcia, Romero an den Pfosten);
Deutschland: 5/5
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 2:2, 3:3, 4:5 (8.), 6:6 (15.), 9:9 (20.), 11:9, 11:10 (23.), 14:10 (27.), 14:12, 15:12 ;
2. Hz.: 16:13, 16:15 (33.), 20:16 (38.), 20:20 (41.), 24:20 (45.), 25:23 (52.), 26:24, 28:24, 28:25 (55.) 30:25 (55.), 31:26, 32:28
Zuschauer:
3000 (Nabeul,TUN))
 

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 01.02.2005:

Sensation verpasst

Rückraum fehlte beim 28:32 gegen Spanien Durchsclagskraft-Bangen um Velyky
Nabeul - Diesen Start in die Hauptrunde der Handball-WM in Tunesien hatten zwar alle erwartet. Doch die Enttäuschung über die 28:32 (12:15)-Niederlage gestern gegen Spanien war bei der deutschen Nationalmannschaft dennoch riesig.

Schließlich lag vor 3000 Zuschauern im Sportstadium von Nabeul lange eine Sensation in der Luft. Nun haben die Deutschen vor dem heutigen Spiel gegen Olympiasieger Kroatien (16.15 Uhr/ARD) auch die letzte Chance verspielt, noch das Halbfinale zu erreichen. Daran wird auch Tobias Schröder (TuS N/Lübbecke) nichts ändern können, den Bundestrainer Heiner Brand möglicherweise nachnominieren wird.

"Diese junge Mannschaft ist ein gutes Projekt", lobte der Spanier Demetrio Lozano, der in der letzten Saison noch beim THW Kiel unter Vertrag war. "Es fehlen nur ein paar echte Typen. Das braucht eben seine Zeit." Lozano, der bislang bei dieser WM nur gegen Australien und Argentinien mitspielen durfte, hatte mit fünf Toren seinen Anteil daran, dass die Spanier heute mit einem Sieg gegen die Serben (18.15 Uhr/ DSF) die Tür ins WM-Halbfinale aufstoßen können.

Die Vorentscheidung fiel gestern in der 40. Minute, als sich die Brand-Schützlinge mit großer Moral wieder einmal heran gekämpft (20:20) hatten. Bitter, dass die schwachen Unparteiischen aus Tschechien in dieser Phase die "Abwehrwand" Oliver Roggisch nach einer harmlosen Aktion zum dritten und letzten Mal auf die Strafbank schickten. "Ich kommentiere diese Entscheidung nicht", meinte Frank von Behren. "Aber das war ein Witz." Immer, wenn das Spiel auf der Kippe stand, hatten die mit der Erfahrung von mehr als 1200 Länderspielen ausgestatteten Spanier die bessere Antwort. Mit vier Toren in Folge zogen sie auch diesmal auf 24:20 davon und machten vorzeitig alles klar. Einen weiteren Kraftakt konnten die ausgepumpten Deutschen nicht mehr leisten. "Wir hatte heute eine echte Chance", ärgerte sich Torhüter Johannes Bitter, der wie sein Kollege Carsten Lichtlein keinen guten Tag erwischte. "Aber ohne Daniel Stephan und Pascal Hens fehlt es unserem Rückraum an der nötigen Durchschlagskraft."

Einer der wenigen, der diese Power hatte, war Oleg Velyky. Anscheinend hatte es sich bei den Spaniern noch nicht herumgesprochen, dass der gebürtige Ukrainer nun eine deutsche Lizenz zum Torewerfen besitzt. Vier Treffer, schöne Anspiele - Velyky gehörte zu den auffälligen Figuren im deutschen Team. So lange, bis er nach einer rüden Attacke auf den harten Hallenboden knallte. Der Essener versuchte es in der zweiten Halbzeit noch einmal, doch der Rücken wollte nicht mehr. Da auch dem Kieler Christian Zeitz gar nichts gelingen wollte, sorgte lediglich der junge Holger Glandorf für kleinere Sorgenfalten auf der spanischen Bank.

"Uns fehlt einfach die nötige Erfahrung", sagte Kapitän Florian Kehrmann. Einer der ganz wenigen Spieler im deutschen Team, der diese Routine hat. Kehrmann wird gegen Kroatien sein 150. Länderspiel absolvieren. Seine Hoffnung zum Jubiläum: "Wir haben nichts zu verlieren, schließlich sind wir hier, um zu lernen. Wenn wir lange mithalten, werden sie vielleicht sogar nervös."

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 01.02.2005)


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